TE OGH 1980/9/8 11Os102/80

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Veröffentlicht am 08.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wilhelm A und einen anderen Angeklagten wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z 3, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Thomas B und über die Berufung des Angeklagten Wilhelm A gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengerichtes vom 5. Mai 1980, GZ. 21 a Vr 3978/79-12, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Böhm und Dr. Leitner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO der Wilhelm A betreffende Ausspruch über die Vorhaftanrechnung dahin ergänzt, daß diesem Angeklagten gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auch die verwaltungsbehördliche Verwahrungshaft vom 7. November 1979, 16 Uhr, bis 9. November 1979, 11 Uhr 20, auf die Freiheitsstrafe angerechnet wird.

Der Berufung des Angeklagten Wilhelm A wird dahin Folge gegeben, daß die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 8 (acht) Monate herabgesetzt wird.

Der Berufung des Angeklagten Thomas B wird nicht Folge gegeben. Gemäß dem § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24. März 1955 geborene, zuletzt als Kraftfahrer tätige Wilhelm A des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 3, 128 Abs. 1 Z 4 StGB und der am 30. Juli 1954 geborene Hilfsarbeiter Thomas B des Vergehens des fahrlässigen Verheimlichens von Sachen nach dem § 165 StGB schuldig erkannt.

Nach den wesentlichen Feststellungen stahl der Erstangeklagte Wilhelm A am 2. November 1979 seinem Dienstgeber Windeln und verübte am 4. November 1979

in Salzburg einen weiteren Diebstahl aus einem auf einem Abstellplatz geparkten LKW seines Arbeitgebers Anton C, bei dem er als Kraftfahrer beschäftigt war, wobei er - in Gegenwart des Zweitangeklagten Thomas B - neun Kartons Weichspüler der Marke 'Lenor' und neun Kartons Waschmittel der Marke 'Ariel' im Gesamtwert von 7.476,89 S erbeutete. Er verlud die 18 Kartons in seinen PKW. Seinem Begleiter Thomas B hatte er schon vorher unter Verschweigung seines Diebstahlsvorhabens erklärt, die Waschmittel teils von seinem Chef, teils von belieferten Firmen geschenkt erhalten zu haben. Über Ersuchen des Angeklagten A brachte sodann der Angeklagte B die Kartons von Salzburg nach Braunau am Inn und verwahrte sie in einem Kellerabteil seines Wohnhauses.

Schon auf der Fahrt dorthin erfaßten den Angeklagten B - nach den seinem bezüglichen Eingeständnis in der Hauptverhandlung (S 88 d.A) folgenden Urteilsfeststellungen - Zweifel an der redlichen Herkunft dieser Sachen, weshalb er auch gegenüber seiner Gattin nichts von dem Transport der Kartons und der Lagerung im Kellerabteil erwähnte (S 97 und 98 d.A). Im Hinblick auf die näheren Tatumstände und die beim Angeklagten B schon während des Transports aufgetretenen Bedenken erachtete das Erstgericht den Vorwurf eines fahrlässigen Verhaltens im Sinn des § 165 StGB für begründet.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte Thomas B bekämpft seinen Schuldspruch wegen Vergehens des fahrlässigen Verheimlichens von Sachen nach dem § 165 StGB mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

In Ausführung der Mängelrüge meint der Beschwerdeführer, das Ersturteil leide deshalb an einem (inneren) Widerspruch in der Bedeutung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO, weil die Urteilsfeststellungen, nach denen er Wilhelm A nur aus Gefälligkeit zum Tatort gebracht und dieser Angeklagte ihm dort unter Verschweigung seines Diebstahlsvorhabens erklärt hatte, die (aus dem LKW entnommenen und in den PKW verladenen) Sachen zum Teil von seinem Chef, zum Teil von anderen, von ihm belieferten Firmen geschenkt erhalten zu haben, mit dem ihm vom Erstgericht zum Vorwurf gemachten Sorgfaltsverstoß in Ansehung der redlichen Herkunft der von ihm (im PKW des Wilhelm A) weggebrachten und in Verwahrung genommenen Sachen nicht in Einklang zu bringen seien. Er verkennt jedoch dabei das Wesen eines Urteilsnichtigkeit im Sinn der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO bewirkenden inneren Widerspruchs, der nur gegeben ist, wenn im Urteil verschiedene Tatsachen festgestellt werden, die sich gegenseitig ausschließen, oder wenn die gezogenen Schlußfolgerungen tatsächlicher Art nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen können (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Nr. 50, 51 und 51 a zu § 281 Abs. 1 Z 5 StPO).

Davon kann vorliegend keine Rede sein. Denn die anläßlich des Diebstahls abgegebene Erklärung des Angeklagten A sowie der Umstand, daß der Beschwerdeführer diesen Angeklagten gefälligkeitshalber zum Tatort gebracht hatte, stehen der festgestellten und den Schuldspruch (bloß) wegen des Fahrlässigkeitsdeliktes nach dem § 165 StGB begründenden, zeitlich nach dem Diebstahl liegenden Sorgfaltsverletzung in Ansehung der Herkunft der abtransportierten und in Verwahrung genommenen Sachen nicht entgegen. Es schlägt somit die Mängelrüge des Beschwerdeführers nicht durch.

Es versagt aber auch seine auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützte Rechtsrüge, in der er die Auffassung vertritt, die ihm angelastete Verwahrung der (vom Angeklagten A gestohlenen) Gegenstände in einem Kellerabteil seines Wohnhauses entspreche nicht dem Begriff des Verheimlichens. Unter 'Verheimlichen' im Sinn des (im § 165 StGB zitierten) § 164 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB fällt nämlich jedes Verhalten, das die Wiedererlangung der Sache durch den Berechtigten verhindert oder erschwert. Hiezu zählt das Aufbewahren einer gestohlenen Sache in einem Kellerabteil (ÖJZ-LSK 1976/218), aber auch der - dem Beschwerdeführer hier überdies zur Last fallende - Abtransport der gestohlenen Sachen vom Tatort, wurde doch dadurch gleichfalls das Auffinden der Diebsbeute durch den Berechtigten oder die Organe der Strafverfolgung zumindest objektiv erschwert.

Nach den Urteilsannahmen lag der dem Beschwerdeführer angelastete, die redliche Herkunft (der Sachen) betreffende Sorgfaltsverstoß schon während des Abtransportes der Sachen vom Tatort vor. Im Hinblick darauf, daß die (vom Beschwerdeführer fahrlässig begangene) Hehlerei durch Verheimlichen ein Dauerdelikt darstellt, könnte selbst eine allenfalls erst im Lauf der Verwahrung der (gestohlenen) Sachen im Kellerabteil beim Beschwerdeführer einsetzende, die redliche Herkunft dieser Gegenstände berührende Fahrlässigkeit an einem Schuldspruch wegen des Vergehens nach dem § 165 StGB nichts ändern (vgl. ÖJZ-LSK 1975/141, 1976/216, 1978/317). Dem Beschwerdevorbringen zum Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO, mit dem die Nichtanwendung des § 42 StGB gerügt wird, ist entgegenzuhalten, daß angesichts der im Ersturteil angenommenen Schuldform der bewußten Fahrlässigkeit (vgl. S 97 und 98 d.A) von einer spezifisch das Delikt nach dem § 165 StGB betreffenden geringen Schuld des Beschwerdeführers keineswegs gesprochen werden kann, weil das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechtsund Schuldgehaltes nicht erheblich zurückblieb. Die Anwendbarkeit des § 42 StGB ist daher schon infolge Fehlens der im Absatz 1 Z 1 dieser Gesetzesstelle normierten Voraussetzung zu verneinen, sodaß dem Erstgericht - im Ergebnis - auch in diesem Belang kein Rechtsirrtum unterlief.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Thomas B war

sohin zu verwerfen.

Aus Anlaß dieser Beschwerde war gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Ersturteil zum Nachteil des Erstangeklagten Wilhelm A, der keine Nichtigkeitsbeschwerde ergriff, mit Nichtigkeit im Sinne der Z 11 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, weil entgegen der Bestimmung des § 38 Abs. 1 Z 1 StGB die im Zusammenhang mit den urteilsgegenständlichen Diebstählen verfügte Anhaltung in polizeilicher Verwahrungshaft in der Zeit vom 7. November 1979, 16 Uhr, bis zum 9. November 1979, 11 Uhr 20, (vgl. S 3, 6, 7, 25 und 54 d. A) nicht auf die Freiheitsstrafe angerechnet wurde. Der Oberste Gerichtshof hatte daher den Wilhelm A betreffenden Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dahin zu ergänzen, daß auch die vorerwähnte Verwahrungshaft gemäß dem § 38 Abs. 1 Z 1 StGB auf die ausgesprochene Freiheitsstrafe angerechnet wird. Das Landesgericht verurteilte den Angeklagten A nach dem § 128 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten und den Angeklagten B nach dem § 165 StGB zu einer Geldstrafe von dreißig Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von fünfzehn Tagen; die Höhe des Tagessatzes wurde mit 40 S bestimmt.

Es wertete bei der Strafbemessung beim Angeklagten A als erschwerend die einschlägigen, auch über die Voraussetzungen des § 39 StGB hinausreichenden Vorstrafen, einen überaus raschen Rückfall trotz einer bald nach Haftentlassung gefundenen geregelten Beschäftigung und den zweimaligen diebischen Angriff, als mildernd sein Geständnis, das im Wert allerdings dadurch herabgesetzt erschien, daß er die Tat erst nach Konfrontation mit Sachbeweisen zugab, und eine teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung von Teilen der Beute und Möglichkeit der Aufrechnung mit einem Lohnguthaben. Beim Angeklagten B wertete das Erstgericht als erschwerend den verhältnismäßig hohen Wert des verheimlichten Gutes, als mildernd den bisherigen ordentlichen Lebenswandel.

Mit den Berufungen streben der Angeklagte A die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und der Angeklagte B die Gewährung einer bedingten Nachsicht der Geldstrafe an.

Lediglich der Berufung des Angeklagten A kommt Berechtigung zu. Das Geständnis dieses Angeklagten wurde vom Erstgericht zutreffend bewertet. Auch die (weitgehende) Schadensgutmachung durch teilweise Sicherstellung der Beute und teilweise Deckung des Schadens infolge Kompensation mit einem Lohnguthaben berücksichtigte das Erstgericht, doch findet der Oberste Gerichtshof, daß diesem Umstand einer (nahezu vollständigen) Schadensgutmachung in erster Instanz zu geringes Gewicht beigemessen wurde. Es entspricht die Verhängung einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten im vorliegenden Fall den generalpräventiven und den spezialpräventiven Strafzwecken. Der Angeklagte B, der in seiner Rechtsmittelanmeldung lediglich Berufung (ohne Spezifizierung) angemeldet hatte, begehrte in seiner Rechtsmittelschrift - sowohl in den Ausführungen als auch in den darin gestellten Anträgen - ausschließlich eine bedingte Strafnachsicht.

Der Oberste Gerichtshof vermochte daher einer Herabsetzung der Anzahl der Tagessätze oder der Höhe des Tagessatzes - wie dies im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung angeregt wurde - nicht näherzutreten; denn die Bezeichnung der Punkte des angefochtenen Urteils, durch welche sich der Angeklagte beschwert findet (§ 294 Abs. 2 StPO), muß im schöffengerichtlichen und geschwornengerichtlichen (Berufungs-)Verfahren spätestens in der Rechtsmittelschrift stattfinden und kann zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr nachgeholt werden.

Eine - allein zulässigerweise begehrte - bedingte Nachsicht der über den Angeklagten B verhängten Geldstrafe kommt aus der Erwägung nicht in Frage, daß angesichts der hier gegebenen Schuldform der bewußten Fahrlässigkeit der Vollzug der verhängten Geldstrafe schon aus spezialpräventiver Sicht geboten ist.

Der Berufung des Angeklagten B war somit Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02745

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00102.8.0908.000

Dokumentnummer

JJT_19800908_OGH0002_0110OS00102_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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