TE OGH 1980/9/11 12Os82/80

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Veröffentlicht am 11.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.September 1980

unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Steininger, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10.April 1980, GZ. 5 d Vr 8952/79-43, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Ernst Wolfgang Mayer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Strafe auf 15 Monate Freiheitsstrafe herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.Mai 1947 geborene Schuhmachergeselle Gerhard A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 14.September 1979 in Wien 138 S Bargeld Verfügungsberechtigten der Firma B durch Einbruch in ein Geschäftslokal mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte Gerhard A mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Ziffern 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Der Strafausspruch wird mit Berufung angefochten.

Als Begründungsmangel im Sinne des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes rügt der Beschwerdeführer das Unterbleiben einer Erörterung der Aussage der Zeugin Helga C, vor dem Geschäft sei Kleingeld ausgestreut gewesen und sie nehme an, daß es die fehlenden 138 S seien, obwohl die Anklage ein wichtiges Indiz für die Täterschaft des Angeklagten darin ersehen habe, daß bei ihm anläßlich seiner Anhaltung Kleingeld in dem gestohlenen Betrag entsprechender Menge gefunden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der geltend gemachte Begründungsmangel liegt jedoch nicht vor, weil das Erstgericht die Annahme der Täterschaft des Angeklagten nicht allein auf diesen Umstand, sondern auf eine Reihe anderer, vom Beschwerdeführer gar nicht in Zweifel gezogener Umstände wie die Identifizierung des Angeklagten durch Zeugen, die Auffindung aus dem Geschäft entzogener Gegenstände im unmittelbaren Bereich des Ortes der Anhaltung und die Entdeckung dem Angeklagten gehörender Sachen beim beschädigten Geschäftsportal stützt.

Ein Feststellungsmangel im Sinne des § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. erblickt der Beschwerdeführer im Fehlen einer - durch

die Aussage der Zeugin Helga C indizierten -

Feststellung, daß der gestohlene Betrag vor dem Geschäft ausgestreut und demnach vom Angeklagten noch nicht in seine 'engere Gewahrsame' gebracht gewesen sei, weshalb sich die Apprehensionstheorie nicht anwenden lasse und nur der Tatbestand des versuchten Diebstahls vorliegen könne.

Auch die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.

Zwar ist dem Beschwerdeführer darin beizupflichten, daß den Angaben der Zeugin Helga C zufolge Geld - und zwar Kleingeldbeträge, deren Höhe die Zeugin nicht angeben konnte (S. 166 d.A.) - vor dem Geschäftslokal ausgestreut war. Diese Bekundung der Zeugin ist jedoch für die Beurteilung der vorliegenden Rechtssache ohne Bedeutung. Denn der Diebstahl ist (nach der weiterhin herrschenden Apprehensionstheorie) vollendet, sobald der Täter durch die Wegnahme die tatsächliche Herrschaft über die Sache erlangt und der bisherige Gewahrsamsträger nicht mehr die Macht hat, über die Sache zu verfügen, was dann der Fall ist, wenn die Beute vom Dieb wenigstens vor einer unverzüglichen Wahrnehmung durch den Bestohlenen geborgen ist. Zur Vollendung ist weder das Wegschaffen vom Tatort noch die Bergung und Sicherung der erlangten Herrschaft erforderlich. An verhältnismäßig kleinen Sachen (wie Geld), die leicht in der Kleidung oder am Körper verborgen werden können, ist der Diebstahl schon mit dem .... Einstecken dieser Sache durch den Dieb am Tatort vollendet (Leukauf-Steininger2, RN. 40, 41 zu § 127, Bertel im Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch, RN. 50 und 51 zu § 127). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat der Angeklagte den im Spruch angeführten Bargeldbetrag (Wechselgeld) gestohlen (S. 173). Für die im Verfahren niemals vorgebrachte Annahme, daß der Angeklagte das Kleingeld nicht eingesteckt, sondern auch noch bei Verlassen des Geschäftes in der Hand getragen hat, fehlen jegliche Anhaltspunkte, im Gegenteil, nach den Aussagen der Zeugen, die den Täter beobachtet haben und denen das Erstgericht vollen Glauben schenkt (S. 174, 175), haben keine dieser Zeugen beobachtet, daß der Angeklagte beim Verlassen des Tatortes irgendeinen Gegenstand in der Hand getragen hat. Die Organe oder Angestellten des Bestohlenen haben den Diebstahl überhaupt nicht (vor Anzeigeerstattung) bemerkt. Wenn der Angeklagte somit nach dem Verlassen des Tatorts auf der öffentlichen Straße einen Teil des bereits eingesteckten Geldbetrages ausgestreut hat, ist ein solcher Umstand für die Beurteilung, ob Versuch oder vollendeter Diebstahl vorliegt, ohne Bedeutung, da wie bereits erwähnt, der Diebstahl bereits durch das Einstecken der kleinen, leicht in der Kleidung oder am Körper zu verbergenden Sachen, vollendet war. Es liegt somit kein rechtlich relevanter Mangel vor, wenn das Erstgericht nicht ausdrücklich feststellt, ob der Angeklagte das ganze oder einen Teil des gestohlenen Geldes auf der Straße in der Nähe des Tatortes verloren hat oder ob er es noch im Zeitpunkt der Anhaltung bei sich trug. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Gerhard A wurde nach § 129 StGB. zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Bei der Strafbemessung nahm das Erstgericht als erschwerend an, daß der Angeklagte schon wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist und den raschen Rückfall, als mildernd die Sicherstellung des gestohlenen Bargeldes.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Die Berufung ist berechtigt.

Mit Rücksicht auf den geringen Wert des gestohlenen Betrages ist trotz des Vorlebens des Angeklagten und des relativ raschen Rückfalls eine Freiheitsstrafe in der Höhe von nur 15 Monaten seinem Verschulden und dem Unrechtsgehalt der Tat angemessen. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390 a StPO.

Anmerkung

E02781

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00082.8.0911.000

Dokumentnummer

JJT_19800911_OGH0002_0120OS00082_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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