Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz Gerhard A wegen des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB.
über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 23. Mai 1980, GZ. 10 Vr 325/80- 11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Oehlzand und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe auf 6 (sechs) Monate herabgesetzt.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21. Jänner 1912 geborene, zuletzt als Landmaschinenverkäufer tätige Franz Gerhard A des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. schuldig erkannt, weil er ('im Rückfall / § 39 StGB. /') mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit, insbesondere durch Verschweigen seiner hohen Verbindlichkeiten und zahlreichen anhängigen Exekutionsverfahren, zu Handlungen verleitete, welche die Nachgenannten an ihrem Vermögen schädigten, und zwar 1. in wiederholten Angriffen in der Zeit zwischen dem 29. November 1976 und dem 14. Dezember 1977 in Klagenfurt und anderen Orten (Österreichs) Angestellte österreichischer Postämter zur Gewährung von Überziehungen seines Kontos Nr. 1359.688 (bei der Österreichischen Postsparkasse) durch Ausstellung (und Einlösung) von Schecks im Gesamtbetrag von 30.364 S, wodurch die Österreichische Postsparkasse geschädigt wurde (derzeit aushaftender Betrag: 9.373,94 S);
2. am 29. August 1978 in Perchtoldsdorf die Verantwortlichen der Firma B (GesmbH & Co. KG.) zum Verkauf einer Motorsäge samt Zubehör im Gesamtwerte von 13.513,95 S, wodurch die genannte Firma geschädigt wurde (derzeit aushaftender Betrag: 12.000 S). Allein den Schuldspruch zu Punkt 1. bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die er ziffernmäßig auf § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. stützt, wobei er jedoch der Sache nach Nichtigkeiten im Sinne der Z. 5 und 9 lit. a der zitierten Gesetzesstelle behauptet, indem er dem Ersturteil Feststellungs- bzw. Begründungsmängel in Ansehung der Annahme einer betrügerischen Täuschung der Angestellten der von ihm für die Einlösung der Schecks in Anspruch genommenen Postämter, und zwar über seine Bonität, sowie in Ansehung seines auf eine solche Täuschung gerichteten Vorsatzes vorwirft.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Soweit der Beschwerdeführer zunächst - im Hinblick auf die Anführung der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. - einen Subsumtionsirrtum des Erstgerichtes releviert, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil die Beschwerde weder direkt noch indirekt angibt, welchen anderen Tatbestand der im Urteil zu Punkt 1. festgestellte Sachverhalt seiner Ansicht nach erfüllt bzw. inwieweit die von ihm behaupteten Feststellungsmängel einer solchen nicht näher bezeichneten geänderten rechtlichen Beurteilung entgegenstehen, und eine gesetzmäßige Ausführung der Subsumtionsrüge voraussetzt, daß der Beschwerdeführer zu erkennen gibt, welches andere Strafgesetz auf seine Tat hätte angewendet werden sollen (KH 911, 1025, 3502; RZ. 1936, 128; 10 0s 146/77 u.a.). Soweit die Beschwerdeausführungen aber - ihrem Inhalte nach - als Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe der Z. 9
lit. a bzw. (auch) der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. verstanden werden können, weil damit Begründungs- und Feststellungsmängel in Ansehung der betrügerischen Täuschung über Tatsachen und des Täuschungsvorsatzes behauptet werden, so ist auch damit für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Denn die diesbezügliche Rechtsrüge entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung, weil der Beschwerdeführer mit seiner Behauptung, ihm sei nicht bekannt gewesen, daß Überziehungen des Postscheckkontos unzulässig sind, die im Urteil getroffene gegenteilige Konstatierung mißachtet, wonach ihm das Fehlen einer solchen (legalen) Überziehungsmöglichkeit bekannt war (S. 63 d.A.), wobei diese Annahme in der vom Schöffengericht als glaubwürdig und unbedenklich beurteilten Aussage des Zeugen C gedeckt ist und ihr auch die Verantwortung des Beschwerdeführers, der bloß eine (dolose) Täuschung der Postbediensteten in Abrede stellte (vgl. S. 55/56 sowie auch 36 d.A.), nicht entgegensteht. Die erfolgte Täuschung der Postbediensteten und den diesbezüglichen Täuschungs-
(und Schädigungs-)vorsatz hat das Erstgericht mit dem (zutreffenden) Hinweis, daß die durch hohe Verbindlichkeiten und zahlreiche anhängige Exekutionsverfahren sowie durch wiederholte Kontoüberziehungen gekennzeichneten wirtschaftlich ungünstigen Verhältnisse des Beschwerdeführers zwar bei der Postsparkasse in Wien, nicht aber den jeweiligen Postamtsbediensteten, welchen er - unter Verschweigung dieser Umstände - die (ungedeckten) Schecks, stets nur mit Schecksummen bis zu 5.000 S, zur Einlösung vorlegte, einleuchtend und mängelfrei begründet (vgl. S. 65 d.A.).
Die Nichtigkeitsbeschwerde erweist sich daher zur Gänze als
unbegründet.
Allerdings ist dem Erstgericht (und auch schon der Anklagebehörde) bei der strafrechtlichen Beurteilung des dem Schuldspruch zu Punkt 1. des Urteilssatzes zugrunde liegenden Sachverhalts insofern ein - vom Angeklagten nicht gerügter - Subsumtionsirrtum unterlaufen, als die ihm angelastete, nach dem Anklagevorwurf (S. 47 d.A.) unter Verwendung der ihm zur Verfügung gestellten Scheckkarte erfolgte (rechtswidrige) Ausstellung ungedeckter (Inhaber-) Schecks der Österreichischen Postsparkasse und Vorlage dieser Schecks bei österreichischen Postämtern zur Auszahlung der jeweils 5.000 S nicht übersteigenden Schecksumme an ihn, rechtsrichtig nicht als Betrug, sondern als Untreue nach § 153 StGB. zu beurteilen gewesen wäre. Denn die betreffenden Postämter sind (bloß) Einzahlungs- und Auszahlungsstellen der Österreichischen Postsparkasse, nicht aber (wie diese) das kontoführende Institut; sie haben auf Grund von Vereinbarungen mit der Postsparkasse Schecks, die unter Vorlage der ausgestellten Scheckkarte vom Kontoinhaber präsentiert werden und auf jeweils höchstens 5.000 S lauten, zu Lasten der Postsparkasse einzulösen. Der sich in der Ausstellung ungedeckter Schecks und deren Vorlage zur Zahlung bei Postämtern manifestierende (wissentliche) Mißbrauch der dem Kontoinhaber auf Grund des mit der Österreichischen Postsparkasse abgeschlossenen Scheckkartenvertrags in diesem Rahmen (bei gegebener Deckung) eingeräumten Befugnis, über Vermögen des kontoführenden Instituts durch Ausstellung und Einlösung derartiger Schecks bei Postämtern zu verfügen, begründet Untreue im Sinne des § 153 StGB.
(ÖJZ-LSK. 1980/144; ÖJZ-LSK. 1975/6 = SSt. 45/28;
EvBl. 1977/120; Leukauf-Steininger, Kommentar2 RN 36 zu § 153;
Proske in ÖJZ. 1979, 598 ff.).
Rechtsrichtig wäre daher das zu Punkt 1. des Urteilssatzes festgestellte Tatverhalten des Angeklagten als Untreue nach § 153 Abs. 1 StGB., infolge des 5.000 S übersteigenden Schadens strafbar nach § 153 Abs. 2 erster Fall StGB., zu beurteilen gewesen, wobei allerdings die Strafdrohung des § 153 Abs. 2 erster Fall StGB. jener des vom Erstgericht (insgesamt) angenommenen Vergehens nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. entspricht. Der Angeklagte hat sich jedoch durch die rechtsirrige Subsumtion nicht beschwert erachtet; soweit er seine Nichtigkeitsbeschwerde auf die Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. stützt, ist sie - wie dargetan - nicht gesetzmäßig ausgeführt und zielt auch sonst in keiner Weise auf die Beseitigung des aufgezeigten Subsumtionsirrtums ab. Dieser könnte somit - anders als etwa in dem zu EvBl. 1977/120 entschiedenen Fall - nur in amtswegiger Wahrnehmung gemäß § 290 Abs. 1 StPO. aufgegriffen werden, wozu sich jedoch der Oberste Gerichtshof - mangels eines Nachteils für den Angeklagten im Sinne des § 290 Abs. 1 StPO. (vgl. hiezu 13 0s 85/80) - nicht veranlaßt sieht.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 (acht) Monaten; dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und die Wiederholung der strafbaren Handlungen, als mildernd hingegen die teilweise Schadensgutmachung und eine gewisse verlockende Gelegenheit im Schuldspruchfaktum 1. des Urteilssatzes. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Reduzierung des Strafmaßes an.
Der Berufung kommt im Ergebnis Berechtigung zu.
Richtig ist, daß der Berufungswerber mehrfach einschlägig vorbestraft ist. Andererseits hat er jedoch in beiden Schuldspruchfakten nicht unbeträchtliche Schadensgutmachung geleistet, wodurch er doch eine gewisse Schuldeinsicht dokumentiert hat, aber auch objektiv seine Taten weniger schwer wiegen. Dazu kommt, daß sich der nunmehr im 69.Lebensjahr stehende Berufungswerber zu den Tatzeiten offensichtlich in einer beträchtlichen wirtschaftlichen Notlage befunden hat, die für die Begehung der neuerlichen Straftaten jedenfalls mitbestimmend gewesen ist. Aus diesen Erwägungen hat daher der Oberste Gerichtshof die über den Berufungswerber in erster Instanz verhängte Strafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß herabgesetzt.
Es war sohin spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02798European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00114.8.0917.000Dokumentnummer
JJT_19800917_OGH0002_0120OS00114_8000000_000