Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.September 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gustav A wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB. über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 27.März 1980, GZ. 28 Vr 603/80-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Freiheitsstrafe gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.März 1929 geborene Kraftfahrer Gustav A des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2
StGB. schuldig erkannt. Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte am 8.Juni 1979 im Exekutionsverfahren E 157/79
des Bezirksgerichtes Hopfgarten durch die - als richtig und vollständig beschworenen - Angaben im Vermögensverzeichnis, daß er von der Firma B, Malerei in Kirchberg, ein Diensteinkommen von 5.000 S, hingegen keine sonstigen Einkünfte habe, einen falschen Offenbarungseid geschworen. Tatsächlich war der Angeklagte niemals bei dem Malermeister Manfred B beschäftigt gewesen; er hatte von B lediglich im Vorjahr für die Vermittlung von zwei Aufträgen Provisionen im Betrag von 3.000 S erhalten, zur Zeit der Eidesleistung war er jedoch - was er verschwieg - dadurch einem Erwerb nachgegangen, daß er regelmäßig Anstreicherarbeiten im 'Pfusch' ausführte.
Rechtliche Beurteilung
Der auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Den in der Mängelrüge gegen das Ersturteil erhobenen Vorwürfen der Unvollständigkeit, Widersprüchlichkeit, offenbar unzureichender Begründung und Aktenwidrigkeit ist folgendes zu entgegnen:
Die Frage B.6. des Vermögensverzeichnisses (EForm. Nr. 165) nach einem Diensteinkommen, nämlich Gehalt, Arbeits- oder Dienstlohn, nach dem Dienst- oder Arbeitgeber und nach der Höhe des Bezuges zielt derart unmißverständlich auf das aufrechte Bestehen eines Dienstals Dauerverhältnisses, daß das Schöffengericht nicht nur die (objektive) Unrichtigkeit der darauf gegebenen (beschworenen) Antwort im Vergleich mit dem unbestritten feststehenden wahren Sachverhalt ohne weiteres konstatieren, sondern auch die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe gemeint, hier unter Nennung der Firma B (als 'Dienst- oder Arbeitgeber') die Summe seiner erwarteten Aufträge und Provisionen anführen zu müssen, bei lebensnaher Betrachtung der Gegebenheiten als unglaubwürdig erachten konnte. Mit den bloß das Gegenteil behauptenden Beschwerdeausführungen wird kein dem Gericht diesbezüglich unterlaufener Begründungsmangel dargetan. Das Schöffengericht hat vielmehr die Beweisergebnisse eingehend erörtert und seine daraus gezogenen Schlüsse logisch begründet.
Die weitere Urteilsannahme, daß der Angeklagte zur Zeit der Eidesleistung Einkünfte aus noch nicht zur Gänze ausgeführten Anstreicherarbeiten zu erwarten hatte, die er bewußt verschwieg, ist durch seine Angaben bei der Gendarmerie, auf die sich das Gericht in diesem Zusammenhang stützt, gedeckt (vgl. S. 29). Weder dort noch vor Gericht hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, im betreffenden Zeitpunkt das Entgelt für die abgeschlossenen Arbeiten bereits (zur Gänze) kassiert, neue aber (noch) nicht in Angriff genommen zu haben. Seine dahin lautende Beschwerdebehauptung ist daher schon deshalb - als Neuerung - im Nichtigkeitsverfahren unbeachtlich. Abgesehen davon wird damit keine entscheidungswesentliche Tatsache releviert: Außer über bereits entstandene - wenn auch noch nicht fällige - Forderungen und ein etwa vorhandenes Arbeitseinkommen hatte der Angeklagte im Vermögensverzeichnis auch noch über 'sonstige Einkünfte' (Frage B.9.) Auskunft zu geben; hierunter fällt aber jedes dem Schuldner regelmäßig - wie hier im maßgeblichen Zeitraum - zufließende Einkommen aus selbständiger Tätigkeit, auch soweit daraus nicht gerade ein offener Anspruch gegen einen Drittschuldner existiert, wie ihn der Angeklagte lediglich hinsichtlich einer einzigen Forderung (von 550 S) im Vermögensverzeichnis einbekannt hat. Angaben über solche Einkünfte betreffen einen wesentlichen Umstand der Vermögenslage des Schuldners, der zur Ausmittlung allfälliger Exekutionsobjekte dienlich sein kann (vgl. § 47 Abs. 3 EO.). Sie unterliegen daher jedenfalls, wie grundsätzlich alles, was die beschworene Richtigkeit und Vollständigkeit des Vermögensverzeichnisses betrifft, der Meineidsanktion des § 288 Abs. 2 StGB.
Der Umstand schließlich, daß der Beschwerdeführer ein in seinem Besitz befindliches Kraftfahrzeug 'VW Käfer Baujahr 1971' im Vermögensverzeichnis anführte, ist auch unter Berücksichtigung der Höhe der im Offenbarungseidesverfahren betriebenen Forderung von 2.935,50 S samt Anhang bei dem aus der Anzeige ersichtlichen Vorhandensein zumindest einer weiteren vollstreckbaren Forderung kein besonderer Erörterung bedürftiges Indiz gegen die Annahme des Schöffengerichts, daß der Angeklagte die im Bewußtsein ihrer Wahrheitswidrigkeit gemachten Angaben beschworen hat, um bevorstehende Exekutionsschritte der betreibenden Gläubiger fehlzuleiten.
Die Rechtsrüge (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.) geht ins Leere, soweit geltend gemacht wird, noch nicht fällige Forderungen - für 'halbfertige' Arbeiten - seien in das Vermögensverzeichnis nicht aufzunehmen gewesen. Abgesehen davon, daß auch noch nicht fällige Forderungen, wenn sie nur überhaupt zur Entstehung gelangt sind, einen der Exekution unterliegenden Vermögensbestandteil bilden können und deshalb auch beim Offenbarungseid gemäß § 47 Abs. 2 EO. anzugeben sind, geht es vorliegend - wie schon bei Behandlung der Mängelrüge dargelegt - nicht um das Verschweigen bestehender Forderungen, sondern um die bewußt wahrheitswidrige Behauptung eines nicht existenten Dienstverhältnisses und im Sinnzusammenhang damit um das vorsätzliche Verschweigen einer (sonstige) Einkünfte erbringenden Erwerbstätigkeit (ÖJZ-LSK. 1978/340). Der hier wiederholte - bereits mit der Mängelrüge erledigte - Einwand, die Beantwortung der Frage nach dem Diensteinkommen sei vorliegend weder objektiv noch subjektiv falsch gewesen, muß - da der Beschwerdeführer sich damit über die urteilsmäßige Feststellung eines gegenteiligen Sachverhalts hinwegsetzt - mangels gesetzmäßiger Ausführung der Rechtsrüge in diesem Belang unbeachtet bleiben. Gustav A wurde nach § 288 Abs. 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, als mildernd, daß der Angeklagte durch seine Angaben zur Wahrheitsfindung beigetragen hat, gewertet.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe und bedingten Strafnachlaß.
Die Berufung ist teilweise berechtigt.
Unter Berücksichtigung der Bedeutung einer falschen Beweisaussage und des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat hat das Erstgericht die Strafe nicht zu hoch bemessen.
Die Vorstrafen nach § 1 Unterhaltsschutzgesetz, die nicht auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, liegen schon rund zehn Jahre zurück. Im Jahre 1975 wurde der Angeklagte wegen eines im Jahre 1974 begangenen Betruges mit einer Schadenshöhe von 9.451 S zu einer Geldstrafe verurteilt.
Seither hat er sich bis zur vorliegenden Tat nichts zuschulden kommen lassen. Bei diesem langen Wohlverhalten ist die Annahme gerechtfertigt, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe genügen werde, den Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Da durch den falschen Offenbarungseid die betreibende Partei keinen Vermögensschaden erlitten hat, sprechen auch generalpräventive Erwägungen nicht gegen den bedingten Strafnachlaß.
Es war somit in teilweiser Stattgebung der Berufung die Strafe bedingt nachzusehen (§ 43 Abs. 1 StGB.) und eine angemessene Probezeit von drei Jahren zu bestimmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der angeführten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02829European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00094.8.0918.000Dokumentnummer
JJT_19800918_OGH0002_0120OS00094_8000000_000