Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 22. September 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführerin in der Strafsache gegen Karl A wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems/Donau als Schöffengericht vom 10. April 1980, GZ. 9 Vr 193/79- 17, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Ferdinand Weber und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:
Spruch
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. April 1958 geborene Installateur Karl A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 und Abs. 2, 1. Fall, StGB, schuldig erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der gegen dieses Urteil vom Angeklagten erhobenen, allein auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5
des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, hat sich der Oberste Gerichtshof überzeugt, daß das angefochtene Urteil mit einem vom Angeklagten nicht geltend gemachten, ihm zum Nachteil gereichenden Feststellungsmangel im Sinne des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist. Das Erstgericht hat sich nämlich in bezug auf die subjektive Tatseite in tatsächlicher Richtung in den Urteilsgründen auf die Feststellung beschränkt, daß der Angeklagte dem Jakob B im Zuge einer heftigen tätlichen Auseinandersetzung ein Viertelliter-Nescafe-Glas 'mit dem Willen ins Gesicht warf, daß es ihn dort treffen sollte' (S 105). Diese Konstatierung genügt aber - zumal das Werfen eines eher kleinen Glases in das Gesicht eines anderen keineswegs typischerweise zu einer schweren Verletzung führt - nicht zur Beurteilung der Tat als Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 StGB. Es bedarf vielmehr näherer, entsprechend zu begründender Feststellungen dahingehend, daß und warum das Gericht zur Überzeugung gelangte, der Täter habe insoweit absichtlich gehandelt, als es ihm darauf ankam, den schweren Verletzungserfolg - in Ansehung des Eintrittes schwerer Dauerfolgen bedarf es nur der Schuldform der Fahrlässigkeit - zu verwirklichen (§ 5 Abs. 2 StGB, vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 4 und 5 zu § 87). Die in den Urteilsgründen zum Ausdruck gebrachte Ansicht des Erstgerichtes, der Angeklagte habe 'alle wesentlichen Tatmerkmale der im Schuldspruch angeführten strafbaren Handlungen (gemeint wohl: Handlung)' - also des oberwähnten Verbrechens - erfüllt und sei folglich derselben für schuldig zu erkennen gewesen, entbehrt daher eines hinreichenden Substrates auf der Ebene der Tatsachenfeststellungen.
Im übrigen ist auch in objektiver Hinsicht der Urteilsspruch durch die getroffenen Feststellungen nicht gedeckt, da laut Urteilsspruch der Angeklagte dem Jakob B ein Nescafe-Glas auf sein rechtes Auge geschlagen habe, wodurch das Glas zersprang, in den Urteilsgründen hingegen festgestellt wird, daß er dem Genannten das erwähnte Glas auf Armeslänge ins Gesicht geworfen habe.
Aus Anlaß der vom Angeklagten ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde war wegen des aufgezeigten Feststellungsmangels, der eine abschließende Beurteilung nicht zuläßt, und durch den Obersten Gerichtshof nicht beseitigt werden kann, das erstgerichtliche Urteil gemäß § 290 Abs. 1 StPO aus dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Ein Eingehen auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erübrigt sich somit. Der Angeklagte war daher mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Anmerkung
E02755European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00126.8.0922.000Dokumentnummer
JJT_19800922_OGH0002_0120OS00126_8000000_000