TE OGH 1980/9/23 9Os117/80

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Veröffentlicht am 23.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Reisenleitner und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Himmet A wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengericht vom 9. April 1980, GZ 11 b Vr 1264/79-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Peisteiner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 1. Jänner 1947 geborene Hilfsarbeiter Himmet A des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 14. Oktober 1979 in Lichtenwörth Annemarie B dadurch gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, daß er die Äußerung machte: 'Wenn du nochmals mit Gerti sprechen, dann ich dich mit Messer abstechen ...

Ich dich jetzt gleich mit Messer abstechen, ohne was zu sprechen'. Von zwei weiteren Anklagepunkten in Richtung des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB und des Verbrechens (im Urteil unrichtig: 'Vergehens') der Verleumdung nach § 297 Abs. 1, 2. Fall, StGB, wurde er unter einem gemäß § 259 Z 3 StPO (unangefochten) freigesprochen.

Gegen den schuldigsprechenden Teil dieses Erkenntnisses wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Gründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Soweit der Angeklagte in Ausführung seiner den erstgenannten Nichtigkeitsgrund relevierenden Mängelrüge dem Erstgericht zum Vorwurf macht, es habe sich nicht hinreichend mit Widersprüchlichkeiten in den Beweisergebnissen hinsichtlich der Fragen befaßt, ob die Bedrohte den Angeklagten bislang nur vom Sehen kannte und ob sie zufällig an ihrem Fenster stand oder von Gertrude C aufgefordert worden war, dort stehen zu bleiben, als der Angeklagte die inkriminierten Worte an sie richtete, bedarf es schon deshalb keines weiteren Eingehens auf dieses Vorbringen, weil es völlig entscheidungsunwesentliche Umstände betrifft, zu deren näheren Erörterung das Erstgericht nicht verpflichtet war (§ 270 Abs. 2 Z 5 StPO).

Wenn sich der Angeklagte aber weiters dadurch als beschwert erachtet, daß sich das Erstgericht nicht entsprechend mit den Angaben der Zeugin B über seinen Erregungszustand zum Tatzeitpunkt auseinandergesetzt habe, ist ihm zu erwidern, daß der Schöffensenat ohnedies zur Feststellung gelangte, daß er damals auf Grund von Vorhalten seiner Lebensgefährtin Gertrude C 'offenbar erzürnt' war (S 245), wobei entgegen der Meinung des Beschwerdeführers aus der Verwendung des Wortes 'offenbar' entsprechend dessen sprachlicher Bedeutung nicht abgeleitet werden kann, daß vom Gericht etwa nur ein (gegenüber den Angaben der Zeugin B) gelinderer Grad des Erzürntseins angenommen wurde. Diffizile Unterscheidungen über das Ausmaß des Zornes des Angeklagten zur Tatzeit sind im übrigen hier für die rechtliche Beurteilung der Tat belanglos und konnten daher unterbleiben.

Auch mit dem auf § 281 Abs. 1 Z 5 StPO gestützten Vorbringen des Beschwerdeführers, das Erstgericht habe zu Unrecht auf Grund der Aussage der Zeugin C festgestellt, daß auch sie die erste der beiden inkriminierten Äußerungen gehört habe, zumal die Genannte vor der Gendarmerie - in der Hauptverhandlung entschlug sie sich der Aussage - nach dem aufgenommenen Protokoll nicht bekundet habe, daß vom 'Abstechen' die Rede gewesen sei, sondern nach ihren Angaben vielmehr diese Äußerung des Angeklagten gelautet habe: 'Du mit Gertrude noch einmal sprechen, dann ich dir so machen' (S 83), weshalb in Wahrheit einander widersprechende Beweisergebnisse vorhanden seien, mit denen sich das Erstgericht aber nicht auseinandergesetzt habe, wird ein Begründungsmangel der behaupteten Art nicht dargetan. Denn der Beschwerdeführer übergeht hiebei, daß die Zeugin C bei ihrer Vernehmung durch die Gendarmerie der vorerwähnten Bekundung noch beifügte: 'Dabei machte er mit der Hand die Bewegugung, als würde er ein Messer in der Hand halten'. Da aber die unmittelbare Äußerung gegenüber einer anderen Person, man werde ihr 'so machen', verbunden mit einer Geste, als würde man mit der Hand ein Messer führen, auch nichts anderes bedeutet, als daß man sie mit einem Messer stechen werde, deckten sich die Angaben der Zeuginnen C und B über den ersten Teil der Drohungen in ihrem wesentlichen Punkt - nämlich darüber, daß der Angeklagte mit dem Stechen mit einem Messer gedroht habe - durchaus. So besehen kommt aber der vermeintlichen Diskrepanz in den beiden Zeugenaussagen allein über die Verwendung des Wortes 'Abstechen' (dem übrigens ersichtlich auch das Erstgericht nicht seine eigentliche sprachliche Bedeutung zugemessen hat, da die Tat sonst dem § 107 Abs. 2 StGB zu unterstellen gewesen wäre) keine Relevanz zu, weshalb in seiner Nichterörterung im Urteil ein Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten formellen Nichtigkeitsgrundes nicht zu erblicken ist.

Mit der Frage schließlich, ob Grund zur Annahme besteht, daß Gertrude C den Angeklagten vor der Gendarmerie vorsätzlich wahrheitswidrig belastete, hat sich das Erstgericht eingehend beschäftigt und sie mit einer weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung widerstreitenden Begründung verneint (S 246, 247), wobei es ersichtlich auch den Umstand in den Kreis seiner Erwägungen einbezog, daß die Vorliebe des Angeklagten für andere Frauen zu Zwistigkeiten mit seiner Lebensgefährtin Gertrude C geführt hatten (S 246 oben). Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen stellt sich daher bloß als Versuch dar, die Beweiswürdigung des Schöffensenates in unzulässiger und folglich unbeachtlicher Weise zu bekämpfen.

Die Mängelrüge muß sohin versagen.

Was den weiters geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO anlangt, so bringt ihn der Angeklagte insoweit, als er die nach § 107 Abs. 1

StGB erforderliche Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) bestreitet, die Zeugin B in Furcht und Unruhe zu versetzen, nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da das Erstgericht das Vorliegen eines solchen Vorsatzes ausdrücklich und mit hinreichender Begründung festgestellt hat (S 247). Keine Berechtigung kommt der Rechtsrüge aber zu, soweit in ihr die Ansicht vertreten wird, den festgestellten drohenden Äußerungen des Angeklagten mangle es in objektiver Hinsicht an der Eignung, der Bedrohten im Sinne des § 74 Z 5

StGB begründete Besorgnisse einzuflößen. Denn gerade Südländer - der Angeklagte ist Türke - verfügen, wie schon das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat (S 247, 248), in der Regel über ein besonders temperamentvolles Naturell und es entspricht allgemein den Erfahrungssätzen, daß derartige Personen häufiger als andere auch tatsächlich gleich mit dem Messer agieren, wenn sie in Erregung geraten. Wenn der in unmittelbarer Nachbarschaft der Annemarie B wohnende Angeklagte - der im übrigen bereits mit Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 11. Dezember 1978, GZ 9 b E Vr 844/78-16, des Vergehens nach § 107 Abs. 1 StGB schuldig erkannt worden war, weil er am 26. April 1978 in Gloggnitz Peter C durch die mit dem Zücken eines ca. 10 cm langen Messers begleitete Äußerung 'Ich Türke, ich dich abstechen', gefährlich bedrohte, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen - die Genannte nunmehr zweimal hintereinander mit dem Stechen mit einem Messer bedrohte, so besaßen diese Drohungen unter den gegebenen Umständen - objektiv betrachtet - durchaus die Eignung, bei einer solcherart attackierten weiblichen Person die ernsthafte Sorge der Verwirklichung (durch den Drohenden) und damit die im Gesetz geforderte begründete Besorgnis aufkommen zu lassen (vgl. SSt 48/34; EvBl. 1979/180, 9 Os 9/80). Ob und in welchem Ausmaß sich die Bedrohte in concreto durch die Drohung tatsächlich in Furcht und Unruhe versetzen ließ, ist hiebei ohne rechtliche Bedeutung (Kienapfel, Grundriß I, RN 797, 849, 850 u. a.).

Auch der Rechtsrüge kommt nach dem Gesagten sohin keine Berechtigung zu, weshalb die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Himmet A zu verwerfen war.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 107 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten. Dabei wertete es als erschwerend die (einschlägige) Vorstrafe und den raschen Rückfall, während es als mildernd keinen Umstand in Betracht zog.

Die Berufung des Angeklagten, mit der er eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Gewährung bedingter Strafnachsicht anstrebt, ist nicht begründet.

Daß sich der Berufungswerber in einer allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung zur Tat hat hinreißen lassen, findet in der Aktenlage ebensowenig Deckung wie die Behauptung, zur inkriminierten Drohung sei es auf Grund einer besonders verlockenden Gelegenheit gekommen. Das Erstgericht hat mithin dem Angeklagten keinen Milderungsgrund vorenthalten. Es hat die im wesentlichen vollständig erfaßten Strafzumessungsgründe aber auch zutreffend gewürdigt, und über den Angeklagten eine Strafe verhängt, die dem Obersten Gerichtshof durchaus tat- und tätergerecht erscheint. Zu einer Strafreduzierung bestand sonach kein Anlaß. Der Anwendbarkeit des § 43 Abs. 1 StGB hingegen stand die relativ kurz zurückliegende einschlägige Vorverurteilung entgegen, welche die Vollziehung der verhängten Freiheitsstrafe erfordert, um den Angeklagten von weiteren Straftaten abzuhalten.

Der im ganzen unbegründeten Berufung mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02792

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00117.8.0923.000

Dokumentnummer

JJT_19800923_OGH0002_0090OS00117_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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