TE OGH 1980/9/25 13Os147/80

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Veröffentlicht am 25.09.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ernst A wegen des Vergehens nach § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG.

nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Jugendschöffengerichts vom 17.April 1980, GZ. 24 Vr 1436/79-12, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ernst A des Vergehens nach dem § 1 Abs. 1 lit. a und c PornG.

schuldig erkannt, weil er am 20.Juni 1979 in dem von ihm gepachteten Zeitungskiosk in Salzburg unzüchtige Schriften und Abbildungen, nämlich das Druckwerk 'Gay Man Nr. 6' -

Juni 1979, in gewinnsüchtiger Absicht zum Zweck der Verbreitung vorrätig hielt und anderen anbot.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Schuldspruch in Anrufung der Gründe der Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich als berechtigt.

In vermeintlicher Widerlegung der Verantwortung des Angeklagten, er habe den Inhalt der nach den Urteilsfeststellungen pornographischen (weil gleichgeschlechtliche Unzuchtsakte widergebenden) Zeitschrift nicht gekannt, stellt das Erstgericht zwar fest, daß er dieses unzüchtige Druckwerk 'zweifellos in Kenntnis des Inhaltes' im Zeitungskiosk zum Verkauf auflegte und ... Kunden anbot (S. 48, 49), doch führt es in Begründung dazu weiter aus, daß die Cellophanhülle (in die dieses Druckwerk eingeschweißt geliefert worden sein soll) 'vom Angeklagten ...

geöffnet und damit auch der Inhalt besichtigt worden' sei (S. 49). Mit dieser Wendung gibt das Erstgericht zu erkennen, daß es insoweit nur die Öffnung der Plastikhülle durch den Angeklagten für erwiesen hält, ihm aber weiters bloß vorhält, daß er auf Grund seiner durch eine fast einjährige Tätigkeit im Zeitungs- und Zeitschriftenvertrieb gewonnenen Erfahrung angesichts des Titels des Druckwerks: 'Gay Man' und des Hinweises auf dem Deckblatt: 'Heiße Kontakte', die 'unzweideutig auch auf einen unzüchtigen-kriminellen Inhalt homosexueller bildlicher Darstellungen .... schließen' ließen, 'mit diesem unzüchtigen Inhalt rechnen mußte' (S. 51); die weitere Urteilspassage, daß 'eine bloß einfache oberflächliche Einschau in das Druckwerk genügt hätte', um zu erkennen, daß es strafbare, verbotene unzüchtige Darstellungen gleichgeschlechtlicher Betätigungen von Männern beinhalte (S. 53), spricht in ihrer konjunktivischen Fassung eindeutig gegen die Urteilskonstatierung, daß der Angeklagte 'zweifellos Kenntnis des Inhaltes' des Druckwerks hatte (S. 48, 49).

Zur Annahme der subjektiven Tatseite ist bei § 1 PornG. unter anderem erforderlich, daß der Täter die Eigenschaften des Tatgegenstands, die ihn als unzüchtig erscheinen lassen, kennt oder daß er solche Eigenschaften wenigstens für möglich hält und sich damit abfindet.

Nach den an sich widersprüchlichen - und damit die angerufene Nichtigkeit nach der Z. 5 des § 281 Abs. 1

StPO. bewirkenden - Urteilsgründen ist nicht zu erkennen, ob der Angeklagte nun Kenntnis vom Inhalt des inkriminierten Druckwerks hatte, oder nur mit einem solchen Inhalt rechnen mußte, in welchem Fall aber die subjektive Tatseite selbst in der Form des für einen Schuldspruch nach dem § 1 PornG. an sich ausreichenden bedingten Vorsatzes nicht gehörig festgestellt wäre; denn damit wäre nur besagt, daß der Täter die Tatbildverwirklichung (wenn auch ernstlich) für möglich gehalten hätte, ohne daß damit aber schon ein sicherer Schluß gezogen wäre, daß er sich mit der Verwirklichung des Tatbilds auch abgefunden hätte (§ 5 Abs. 1, letzter Teil des 2. Halbsatzes, StGB.); insoweit ist der angefochtene Schuldspruch auch mit einem Feststellungsmangel (§ 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO.) behaftet.

Das Urteil war daher zur Gänze aufzuheben und, weil die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, gemäß § 285 e StPO. wie im Spruch zu erkennen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Urteilsaufhebung zu verweisen.

Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, daß die Beurteilung einer bildlichen oder schriftlichen Darbietung als unter allen Umständen unzüchtig (harte Pornographie) nach überwiegender Rechtsprechung erfordert, daß die betreffende Darstellung zumindest eine (im Sinn des § 220 StGB.) propagandistische Wirkung entfaltet, d.h. geeignet ist, Menschen (hier) zur Homosexualität zu verleiten (13 Os 62/78, 9 Os 168/78, 13 Os 47/79, 10 Os 61/79 = LSK. 1980/33, 10 Os 63/79, 11 Os 154/79, 10 Os 180/79, 13 Os 27/79, 11 Os 2/80; a.M. 9 Os 89/80, 9 Os 100/80).

Anmerkung

E02802

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00147.8.0925.000

Dokumentnummer

JJT_19800925_OGH0002_0130OS00147_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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