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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §10 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des B, geboren 1946, vertreten durch Dr. Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Jörgerstraße 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Februar 2005, Zl. 141.792/3- III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 4. Februar 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß § 14 Abs. 2 und § 10 Abs. 1 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei mit einem von 26. Februar 2002 bis 26. März 2002 gültigen Visum C nach Österreich eingereist und halte sich seither im Inland auf. Am 2. März 2004 habe er die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit beantragt. Da der Beschwerdeführer noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung verfügt habe, sei dieser Antrag als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten. Derartige Anträge seien grundsätzlich vom Ausland aus zu stellen. Der Beschwerdeführer habe den gegenständlichen Antrag im Inland gestellt und die Entscheidung darüber nicht vom Ausland abgewartet, obwohl er keine der in § 14 Abs. 2 FrG für die Inlandsantragstellung normierten Voraussetzungen erfülle. Darüber hinaus würde die begehrte Niederlassungsbewilligung an ein Visum C anschließen, weshalb der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 FrG vorliege.
Der Beschwerdeführer habe in der Berufung humanitäre Gründe im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG geltend gemacht. Eine Überprüfung im Sinn dieser Gesetzesstelle sei durchgeführt worden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich pensionsberechtigt sei, stelle keinen humanitären Aspekt im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG dar. Auch sonst hätten keine ausreichenden humanitären Gründe festgestellt werden können. Eine Inlandsantragstellung sei daher gemäß § 14 Abs. 2 FrG nicht zugelassen worden.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erübrige sich bei einer auf § 14 Abs. 2 FrG gestützten Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eine Abwägung der privaten und familiären Interessen des Fremden mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ihrem Inhalt nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, mit einem von 26. Februar bis 26. März 2002 gültigen Visum C nach Österreich eingereist, nach Ablauf dieses Visums ohne Einreise- oder Aufenthaltstitel in Österreich geblieben zu sein und den gegenständlichen Antrag vom Inland aus gestellt zu haben. Da der Beschwerdeführer ebenso unstrittig - mit Ausnahme des erwähnten Visums C - noch nie über einen Sichtvermerk, eine Aufenthaltsbewilligung oder eine Niederlassungsbewilligung verfügt hat, hat die belangte Behörde den vorliegenden Antrag in unbedenklicher Weise als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung qualifiziert. Dieser Antrag könnte fallbezogen nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 leg. cit. für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen gemäß § 14 Abs. 2 letzter Satz FrG im Inland gestellt werden.
Vor der Abweisung eines derartigen Antrages nach dem in § 14 Abs. 2 erster Satz FrG normierten Grundsatz der Auslandsantragstellung hat die Behörde daher zu prüfen, ob die - vom Fremden behaupteten - materiellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 leg. cit. vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 2003, Zl. 2003/18/0037).
§ 10 Abs. 4 stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltserlaubnis zukommen zu lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2003/18/0320). Weiters liegen "besonders berücksichtigungswürdige Fälle" im Sinn des § 10 Abs. 4 FrG auch dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK abzuleitender Anspruch auf Familiennachzug besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zlen. 2004/21/0195 bis 0197).
2. Der Beschwerdeführer bringt vor, im Verwaltungsverfahren nachstehende Gründe für das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG geltend gemacht zu haben:
Er lebe in Österreich gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, einer schweizer Staatsangehörigen, die er vor mehreren Jahren kennen gelernt habe. Sowohl der Beschwerdeführer als auch seine Lebensgefährtin hätten "gesundheitlich große Probleme". Hinsichtlich des Beschwerdeführers seien im Verwaltungsverfahren umfangreiche Dokumentationen des Krankheitsverlaufs und der notwendigen Behandlungen vorgelegt worden. Der Verwaltungsgerichtshof werde ersucht, sich aus diesen Unterlagen ein Bild darüber zu machen, dass die ärztliche Betreuung in Österreich besser sichergestellt sei als im Ausland. Zudem sei zu beachten, dass der Beschwerdeführer in Österreich pensionsberechtigt und daher auch krankenversichert sei. Die Durchführung der notwendigen Krankenbehandlung im Ausland hätte einen erhöhten Verwaltungs- und Kostenaufwand (des österreichischen Krankenversicherungsträgers) zur Folge. Die gesundheitliche Situation der Lebensgefährtin sei noch viel schlechter. Diese leide nach wiederholten operativen Eingriffen an der Wirbelsäule an schweren Bewegungseinschränkungen und könne ohne fremde Hilfe den Alltag nicht mehr allein bewältigen. Zudem sei sie Schmerzpatientin mit einer ausgeprägten Symptomatik, die nur mit umfangreicher Medikation (zuletzt Morphiumpflicht) unter Kontrolle gehalten werden könne. Die Lebensgefährtin beziehe einen Ruhegenuss aus der Schweiz und erhalte in Österreich Pflegegeld. Mit diesem Einkommen könnten die Unterhaltsbedürfnisse des Beschwerdeführers und seiner Lebensgefährtin gesichert werden. Sollte der Beschwerdeführer Österreich verlassen müssen, wäre seine Lebensgefährtin auf soziale Unterstützung angewiesen. Eine finanzielle Belastung der öffentlichen Hand wäre zu befürchten.
3. Es kann dahinstehen, ob eine Lebensgemeinschaft geeignet ist, einen aus Art. 8 Abs. 2 EMRK abzuleitenden Anspruch auf Familiennachzug zu begründen. Vorliegend befindet sich der Beschwerdeführer nämlich erst seit Februar oder März 2002, sohin seit etwa drei Jahren im Bundesgebiet, wobei sein Aufenthalt nur höchstens einen Monat (auf Grund eines Visums C) berechtigt war. Die nur während dieses Zeitraums im Inland geführte Lebensgemeinschaft begründet keinesfalls einen Anspruch auf Familiennachzug. Auch die vorgebrachte Krankheit seiner Lebensgefährtin vermag einen solchen Anspruch nicht zu begründen.
Mit dem - in der Beschwerde nicht konkretisierten - Hinweis auf seine Krankheit vermag der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen, im Verwaltungsverfahren einen einer Notlage oder einer besonderen Gefährdung gleichzuhaltenden Umstand dargetan zu haben, bringt er doch nicht konkret vor, unter einer schwerwiegenden Krankheit zu leiden, deren Behandlung allein in Österreich möglich wäre. Der in diesem Zusammenhang ins Treffen geführte Pensionsanspruch und der damit verbundene Krankenversicherungsschutz in Österreich sind für die hier zu lösende Frage des Vorliegens von humanitären Gründen gemäß § 10 Abs. 4 FrG unerheblich.
Die Ansicht der belangten Behörde, dass die materiellen Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 FrG nicht vorliegen würden, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
4. Da die belangte Behörde den Antrag daher in unbedenklicher Weise mangels Berechtigung zur Inlandsantragstellung gemäß § 14 Abs. 2 FrG abgewiesen hat, braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob auch der Versagungsgrund gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vorliegt.
5. Somit lässt bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am 3. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005180118.X00Im RIS seit
13.06.2005