Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 30. September 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter A und einen anderen wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127
Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB über die vom Angeklagten Peter A gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 6. Dezember 1979, GZ. 5 Vr 606/79-15, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Feitzinger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Peter A und Ernst B des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie am 13. März 1979 in Wien in Gesellschaft als Beteiligte eine Hose im Wert von 455 S mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, ohne Bezahlung aus einem Kaufhaus mitzunehmen versuchten.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a, 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter A gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.
Mit seinen in der Mängelrüge (Z 5), der Sache nach aber zum Teil auch in einer Rechtsrüge (Z 10) vorgebrachten Argumenten gegen die Feststellung einer ernstlichen Diebstahlsvereinbarung zwischen B und ihm ficht der Beschwerdeführer, ohne formelle Begründungsmängel des Urteils im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes zu behaupten, nur nach Art und Zielsetzung einer Schuldberufung unzulässigerweise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung an. Damit gleichwie mit der nicht auf die Urteilsfeststellungen, sondern ausschließlich auf die vorerwähnten Einwände abgestellten erstbezeichneten Rechtsrüge (Z 9 lit. a) läßt die Beschwerde demnach eine gesetzmäßige Ausführung vermissen (§ 285 a Z 2 StPO). Die in der Subsumtionsrüge (Z 10) vertretene Rechtsansicht des Angeklagten aber, mit der er eine Beurteilung seines Tatverhaltens bloß als Entwendung (§ 141 StGB) anstrebt, weil ihm insoweit Unbesonnenheit zuzubilligen sei - und die, ohne daß dies in der Beschwerde erkannt würde, mangels einer Ermächtigung des Verletzten zur Strafverfolgung (§ 141 Abs. 2 StGB) zu einem Freispruch (§ 259 Z 3 StPO) führen müßte (Z 9 lit. b) -, ist verfehlt. Denn unbesonnen handelt ein Täter nur, wenn er einem solchen plötzlichen Willensimpuls spontan nachgibt, der aus besonderen Gründen der Steuerung durch überlegtes Denken entzogen ist und ansonsten von ihm (auf Grund seiner Charakterbeschaffenheit regelmäßig) unterdrückt würde; dabei geht es im Kern um eine Tatfrage (EvBl. 1978/33). Im gegebenen Fall hat das Erstgericht die Feststellung einer derartigen Unüberlegtheit unter Berücksichtigung der konkreten, planmäßigen Tatgestaltung (mit mängelfreier Begründung) ausdrücklich abgelehnt: demzufolge zog es die Annahme einer Unbesonnenheit im Sinn des § 141 StGB mit Recht nicht in Betracht (EvBl. 1979/148 ua). Daß der Tatentschluß erst im Verlauf des ursprünglich geplanten Einkaufs sowie ohne Bedacht auf seine etwaigen Konsequenzen gefaßt wurde, reicht zur Verwirklichung des in Rede stehenden (privilegierenden) Tatbestandsmerkmals, der Beschwerdeauffassung zuwider, nicht aus.
Gleichermaßen versagen auch die weiteren Argumente des Beschwerdeführers (Z 9 lit. b), mit denen er eine mangelnde Strafwürdigkeit seiner Tat (§ 42 StGB) darzutun sucht. Setzt doch die Annahme einer 'geringen Schuld' des Täters im Sinn des § 42 Abs. 1 Z 1 StGB ein erhebliches Zurückbleiben seines tatbestandsmäßigen Verhaltens hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt voraus, sodaß die Anwendbarkeit des § 42 StGB, dem Wesen dieses Straflosigkeitsgrundes entsprechend, auf sowohl in Ansehung des Schuldgrades als auch hinsichtlich der Sozialschädlichkeit und des Störwerts für die Umwelt deutlich unter der Norm liegende Fälle beschränkt bleibt (ÖJZ-LSK 1976/379, EvBl. 1977/102
ua). Davon kann hier mit Rücksicht auf die konkreten Umstände der Tatbegehung, bei der durch das Herumwickeln der zu stehlen versuchten Hose um den Bauch des B und ihr solcherart bewirktes Verbergen unter dessen Jacke in einem stark frequentierten Kaufhaus doch eine nicht unerhebliche deliktische Energie aufgebracht wurde, sowie darauf, daß es gerade der Beschwerdeführer war, der durch seine oben wiedergegebene Äußerung zu diesem Diebstahlsversuch den Anstoß gab und damit seinen (gleichfalls) noch jugendlichen unbescholtenen Freund in das kriminelle Geschehen hineinzog, selbst ohne Anlegung eines extrem strengen Maßstabes (vgl. EvBl. 1980/7) nicht gesprochen werden.
Schon aus diesem Grund hat das Jugendschöffengericht zu Recht das Fehlen einer Strafwürdigkeit der Tat nicht angenommen, sodaß sich eine Erörterung der weiteren (kumulativ erforderlichen) Voraussetzungen des § 42 StGB erübrigt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Anmerkung
E02895European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00127.8.0930.000Dokumentnummer
JJT_19800930_OGH0002_0100OS00127_8000000_000