TE OGH 1980/10/2 12Os98/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.1980
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführer in der Strafsache gegen Alois A u. a.

wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 u. a.

StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerden des Walter B und des Viktor C und die Berufungen des Gert D und der Staatsanwaltschaft Wien in Ansehung des Viktor C gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 11. Dezember 1980, GZ. 6 a Vr 4243/ 78-292, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Viktor C wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Genannten zu Pkt. D und E des Urteilssatzes sowie gemäß § 289

StPO auch im Schuldspruche zu N des Urteilssatzes und demgemäß im Strafausspruch aufgehoben und die Strafsache zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an die erste Instanz zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Walter B sowie über die Berufung des Gert D wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderem der am 9. Oktober 1933 geborene Kaufmann Viktor C zu Pkt. D/ und E/ des Urteilssatzes des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12, 146, 147 Abs. 1, Abs. 3 und 15 StGB zu Pkt. N/ des Urteilssatzes des Vergehens nach § 48 KreditwesenG (a.F.) als Beteiligter nach § 12

StGB und zu Pkt. P/ des Urteilssatzes des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden als Beteiligter nach §§ 12, 223 Abs. 1, 224 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Ihm liegt zur Last, in Wien 1.) zur Ausführung strafbarer Handlung anderer, welche mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte von Kreditinstituten durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe der Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit der jeweiligen Kreditnehmer, zur Gewährung von Krediten, somit zu Handlungen verleitet, die diese am Vermögen schädigten, diese bestimmt oder zumindest zur Ausführung beigetragen zu haben, daß er die Mitangeklagten teils aufforderte, falsche Gehaltsbestätigungen auszustellen, bzw. selbst falsche Lohnbestätigungen ausstellte (Pkt. D und E des Urteilssatzes).

2.) Zur strafbaren Handlung der Mitangeklagten Alois A und Walter B, welche vorsätzlich zur Erlangung eines Kredites bei der E, - Zweiganstalt Margareten, wissentlich falsche Erklärungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers Alois A abgegeben haben, indem sie eine Lohnbestätigung vorlegten, in der Alois A fälschlich als Arbeitnehmer der Firma -

G, Handel mit keramischen Fliesen, Viktor C, mit einem Wochennettogehalt von S 2.093,30 angegeben wird, beigetragen zu haben, indem er den Angeklagten Alois A fingierte Lohnbestätigungen ausstellte (Pkt. N/ des Urteilssatzes) und 3.) zu einem vor dem 5.6.1977 gelegenen Zeitpunkt einen unbekannten Täter dazu bestimmt, eine falsche inländische öffentliche Urkunde, nämlich einen Führerschein auf seinen Namen, mit dem Vorsatz herzustellen, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, nämlich seiner Befugnis zur Lenkung eines Kraftfahrzeuges, gebraucht werde. Allein die vorstehenden unter Pkt. D/ und E/ des schuldigsprechenden Erkenntnisses bekämpft der Angeklagte Viktor C mit einer auf die Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. In dieser rügt er die Abweisung seines Antrages auf Einholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen zum Beweise dafür, daß nicht er, sondern sein Angestellter Gerhard H die Lohnbestätigungen der Firma -G, die beiden vollendeten und versuchten Kreditbetrügereien Verwendung fanden, unterfertigt habe. Das Schöffengericht hielt diese (im übrigen auch von der Staatsanwaltschaft beantragte) Beweisaufnahme für entbehrlich, weil es die jede Beteiligung an Betrugshandlungen leugnende Verantwortung des Angeklagten schon durch die übrigen Beweisergebnisse, insbesondere durch die Angaben von Mitangeklagten für widerlegt erachtete (vgl. Band VI, S 271 f d.A).

Rechtliche Beurteilung

Der Verfahrensrüge kommt Berechtigung zu.

Dem Beschwerdeführer muß es unbenommen bleiben, durch das Gutachten eines Schriftsachverständigen den Vorwurf, er habe (selbst) falsche Lohnbestätigungen ausgestellt zu widerlegen und damit die Richtigkeit seiner - insoweit im gesamten Verfahren gleichbleibenden - gegenteiligen Verantwortung nachzuweisen. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß eine Beteiligung des Beschwerdeführers an den Betrugshandlungen auch dann angenommen werden könnte, wenn die fingierten Lohnbestätigungen von einem Dritten ausgestellt und weitergegeben worden wären, dies aber über Auftrag oder mit Wissen des Beschwerdeführers als Firmeninhaber geschehen ist, oder dieser auf andere Weise - etwa durch Aufforderung zur betrügerischen Kreditaufnahme (vgl. das Urteilsfaktum D/) - an der Tatausführung mitgewirkt hätte.

Da das Erstgericht die Annahme der Täterschaft des Angeklagten C aber ausdrücklich darauf stützte, daß er die fingierten Lohnbestätigungen selbst angefertigt habe, betrifft das Beweisthema einen entscheidungswesentlichen Umstand. Durch dessen Ablehnung wurden sohin Verteidigungsrechte des Angeklagten C verletzt, sodaß eine Urteilsaufhebung im Schuldspruch wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges auch als Beteiligter gemäß § 285 e StPO nach Anhörung der Generalprokuratur nicht zu vermeiden war, da die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung damit notwendig geworden ist, zumal eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst nicht erfolgen konnte.

In Handhabung der Norm des § 289 StPO mußte auch der nach § 48 KreditwesenG (a.F.) in der Form einer Tatbeteiligung nach § 12 StGB (Pkt. N/ des Urteilssatzes) erfolgte, allerdings nicht angefochtene Schuldspruch aufgehoben werden, und zwar vornehmlich in der Erwägung, daß im Hinblick auf die Aufhebung des Reichsgesetzes vom 25. September 1939 über das Kreditwesen (KWG), DRGBl. I S 1955 (Kundmachung GBl§. Nr. 1390/1939) und das Inkrafttreten des - keine entsprechende Strafbestimmung enthaltenden - Bundesgesetzes vom 24. Jänner 1979

über das Kreditwesen, BGBl. Nr. 63/1979 (KWG), mit 1. März 1979 (siehe dessen § 36 Abs. 1 und 5 Z 1) jedenfalls eine Strafneubemessung nach der - nunmehr aus dem Rechtsbestand ausgeschiedenen - (Strafsatz-) Bestimmung des § 48 KWG (alt), wie sie das Erstgericht im ersten Rechtsgang vorgenommen hatte, im zweiten Rechtsgang nicht mehr in Betracht kommen kann (vgl. auch die allgemeine Vorschrift des § 1 Abs. 1 StGB).

Mit ihrer Berufung war die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Walter B sowie über die Berufung des Gert D wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Anmerkung

E02868

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00098.8.1002.000

Dokumentnummer

JJT_19801002_OGH0002_0120OS00098_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten