TE OGH 1980/10/2 12Os136/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.10.1980
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Oktober 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Köck als Schriftführerin in der Strasache gegen Emmanuel A u.e.a. wegen des Verbrechens wider die Volksgesundheit nach §§ 6 Abs. 1

SuchtgiftG. und 15 StGB. über die vom Angeklagten Kwesi B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. Juni 1980, GZ. 6 d Vr 3293/80-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Waldeck und der Verteidigerin Rechtsanwalt Dr. Berta Mühl sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Kwesi B wird verworfen. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und die vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafen bei Emmanuel A auf 12 Monate, bei Kwesi B auf 15 Monate erhöht und zugleich der bei beiden Angeklagten erfolgte Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht aus dem Urteil ausgeschieden.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Kwesi B auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 6. März 1954 geborene Techniker Emmanuel A und der am 6. Juni 1954 geborene Kaufmann Kwesi B des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens (wider die Volksgesundheit) nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG. und dem § 15 StGB. schuldig erkannt, weil sie am 29. März 1980

als Mittäter vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen aus Nigerien ausführten und über Wien-Schwechat nach Frankreich einzuführen versuchten, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem sie unter Mitnahme von 3,8 kg Marihuana in einer Reisetasche gemeinsam auf dem Luftwege aus Nigerien ausreisten und in Wien-Schwechat nach Österreich in der Absicht einreisten, von hier unter Mitnahme der erwähnten Suchtgiftmenge nach Frankreich weiterzureisen.

Während dieses Urteil vom Angeklagten Emmanuel A unangefochten blieb, bekämpft es der Angeklagte Kwesi B mit einer auf die Z. 5 und 10 (der Sache nach 9 lit. a) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Der Strafausspruch wird sowohl von dem genannten Angeklagten wie auch von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich beider Angeklagten angefochten.

Mit seiner den erstgenannten Nichtigkeitsgrund relevierenden Mängelrüge wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Feststellung des Erstgerichtes, auch er - und nicht nur sein Mitangeklagter A - habe wissentlich Rauschgift eingeführt, als unzureichend begründet, da sie durch die Verfahrensergebnisse, insbesondere durch das vom Erstgericht als Feststellungsgrundlage herangezogene Geständnis des Emmanuel A, nicht gedeckt sei.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist zu erwidern, daß entgegen dem Beschwerdevorbringen der letztgenannte Angeklagte in der Hauptverhandlung keineswegs nur eingestand, auch der Beschwerdeführer (in der Urteilsausfertigung zufolge eines offensichtlichen Schreibfehlers als 'A' anstatt als 'B' bezeichnet, vgl. S. 121) habe vom Inhalt der (von den österreichischen Zollbeamten am Flughafen Wien-Schwechat bei A sichergestellten) Marihuanapakete Kenntnis gehabt, sondern ferner auch - wie das Erstgericht zutreffend feststellte (S. 121) - bekundete, daß beide Angeklagte die Pakete (in Paris auf der Post) aufgeben sollten (S. 107). Wenn das Erstgericht, welches diesen Angaben in freier Beweiswürdigung Glauben schenkte und sie seinem Urteil zugrundelegte, im Zusammenhalt damit weiters konstatierte, daß auch beide Angeklagte den Transport des Suchtgiftes übernommen hatten, so stellt sich dies in Verbindung mit dem Umstand, daß beide mit dem Marihuana gemeinsam von Nigerien nach Österreich flogen, bloß als den Denkgesetzen wie auch der allgemeinen Lebenserfahrung völlig entsprechende Schlußfolgerung tatsächlicher Art aus der eingangs erwähnten Feststellung dar, welche der Anfechtung im Rahmen der Mängelrüge entzogen ist. Eine Nichtigkeit im Sinne der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. liegt daher nicht vor.

In Ausführung seiner den Nichtigkeitsgrund der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. anrufenden, im Hinblick auf die letztliche Bestreitung jedes Zusammenhanges zwischen dem Beschwerdeführer und der in Rede stehenden Suchtgiftmenge der Sache nach jedoch jenen der Z. 9 lit. a der genannten Gesetzesstelle zur Darstellung bringenden Nichtigkeitsbeschwerde versucht der Angeklagte B darzutun, daß er auch unter der Annahme, er habe gemeinsam mit A den Transport des Suchtgiftes übernommen, in rechtlicher Hinsicht weder unmittelbare Ausführungshandlungen in bezug auf den Tatbestand des ihm angelasteten Verbrechens noch sonstige Tatbeiträge im Sinne des § 12 StGB. gesetzt habe. Auch damit ist er jedoch nicht im Recht. Denn wenn - so die Feststellung des Erstgerichtes - auch er (zusammen mit A) das Suchtgift 'zum Transport übernahm', d. h. ein körperliches Naheverhältnis hiezu mit der Verpflichtung herstellte, es nach Österreich (und dann weiter nach Frankreich) zu transportieren und zusammen mit seinem Mitangeklagten auch tatsächlich damit nach Österreich flog (und beide nach ihrem Einlangen in Frankreich dort auch wieder gemeinsam das Suchtgift bei der Post an einen bestimmten Adressaten aufgeben sollten), dann trat der Beschwerdeführer, hiedurch in gleicher Weise unmittelbare Ausführungshandlungen in bezug auf die ihm angelastete Tat setzend wie sein Mitangeklagter, ebenso wie dieser als unmittelbarer Täter und sohin als Mittäter in Erscheinung. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers vermag nämlich der Umstand, daß er gerade zum Zeitpunkt der Zollkontrolle auf dem Flughafen Wien-Schwechat das Suchtgift nicht bei sich hatte, sondern dieses vom Mitangeklagten A bei sich getragen (und bei diesem auch sichergestellt) wurde, während der Beschwerdeführer die Zollkontrolle bereits passiert hatte, ebensowenig an der rechtlichen Beurteilung seines Verhaltens zu ändern, wie die Tatsache, daß A die Tat auch allein in gleicher Weise hätte begehen können.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aber auch behauptet, es mangle an der Feststellung einer von ihm gesetzten Ausführungshandlung bei der Ausfuhr des Suchtgiftes aus Nigerien, und das bloße Wissen um die deliktische Absicht einer anderen Person reiche für keine Form der Beteiligung an einer Straftat aus, bringt er weder den angezogenen, noch einen anderen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung, da er nicht von den urteilsmäßigen Feststellungen ausgeht, wonach er (schon in Nigerien) den Transport des Suchtgiftes über Österreich nach Frankreich zusammen mit A übernahm und es sohin nicht bei einem bloßen Wissen um den verbrecherischen Vorsatz des A geblieben ist. Es kommt sohin auch der Rechtsrüge des Angeklagten B keine Berechtigung zu.

Seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte beide Angeklagte nach § 6 Abs. 1 SuchtgiftG., und zwar Emmanuel A zu acht Monaten, Kwesi B zu zwölf Monaten Freiheitsstrafen, wobei es diese gemäß § 43 Abs. 1 StGB. für die Dauer einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Gemäß § 6 Abs. 3 SuchtgiftG. wurde die sichergestellte Suchtgiftmenge von 3,8 kg Marihuana für verfallen erklärt. Bei der Strafzumessung nahm es als erschwerend bei beiden Angeklagten die große Menge des Rauschgiftes, sowie die zweifache Qualifikation nach § 6 Abs. 1 SuchtgiftG., als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel, bei Emmanuel A überdies das zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis an.

Die erfolgten Strafaussprüche bekämpft hinsichtlich beider Angeklagten die Staatsanwaltschaft, welche Erhöhung des Strafausmaßes sowie Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht begehrt, von Seiten der Angeklagten hat nur Kwesi B das Rechtsmittel der Berufung erhoben, mit welcher er eine Minderung des Strafmaßes begehrt.

Allein die Berufung der Staatsanwaltschaft (und zwar zur Gänze) ist begründet.

§ 6 Abs. 1 SuchtgiftG. sieht eine Mindeststrafe von einem Jahr vor. Das Erstgericht hat ohne Zitierung des § 41 StGB. wie auch ohne nähere Begründung bei Emmanuel A dieses Mindestmaß unterschritten, wenngleich schon für eine solche Maßnahme nach den von ihm angeführten Strafzumessungsgründe kein Anlaß bestand. Auch bei den (leugnenden) Angeklagten Kwesi B liegen keine triftigen Gründe vor, um mit dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe das Auslangen zu finden. Wenn sich die vom Obersten Gerichtshof unter Berücksichtigung aller Umstände der Tat und der Täterpersönlichkeiten ausgesprochenen Freiheitsstrafen an der Untergrenze des Strafrahmens orientierten, so deswegen, weil die Rauschgiftmenge beschlagnahmt werden konnte und es bei der Begehung dieses Verbrechens in einem Falle beim Versuch geblieben ist. Aber auch die Anwendung der bedingten Strafnachsicht erweist sich als verfehlt. Das Erstgericht nimmt nicht Bedacht darauf, daß der (nicht rauschgiftsüchtige) Händler, wie es auf Seite 124 der Akten ausdrücklich feststellt, kriminalpolitisch einen höheren Stellenwert einnimmt, als etwa jener Täter, der - um der eigenen Sucht nachgehen zu können - nur eine geringe Menge Rauschgift, gleich welcher Art, verteilt oder zu verteilen versuchte. Dem Einwand der Angeklagten, daß im Inland durch Beschlagnahmung der Rauschgiftmenge ein Schaden nicht entstehen konnte, und auch nicht entstanden ist, ist zu entgegnen, daß die Bekämpfung des Rauschgifthandels (wie in verschiedenen zwischenstaatlichen Verträgen festgelegt) ein Internationales Anliegen ist, und es im Ergebnis nicht mehr darauf ankommt, ob der inländische Rauschgifthandel betroffen ist oder betroffen werden könnte.

Demgemäß war allein der Berufung der Staatsanwaltschaft wie im Spruche Folge zu geben, die Berufung des Angeklagten Kwesi B im übrigen auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Anmerkung

E02799

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00136.8.1002.000

Dokumentnummer

JJT_19801002_OGH0002_0120OS00136_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten