TE OGH 1980/10/7 5Ob685/80

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Veröffentlicht am 07.10.1980
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Norm

ABGB §863
ABGB §1090
HGB §346

Kopf

SZ 53/128

Spruch

Ein Kaufmann, der einen Leasing-Vertrag abschließt, muß sich mit dessen Grundsätzen, insbesondere der Risikoverschiebung auf den Leasingnehmer und der Unaufkundbarkeit des Vertrages, vertraut machen und abfinden. Er muß bei Unterfertigung eines derartigen Vertrages damit rechnen, daß dieser von den Dispositivnormen über den Mietvertrag abweichende Regelungen enthält

OGH 7. Oktober 1980, 5 Ob 685/80 (LGZ Wien 45 R 127/80; BG Innere Stadt- Wien 23 C 200/79)

Text

Mit der am 14. Feber 1979 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von 64 581 S samt 1.2% Zinsen monatlich seit 2. Oktober 1977. Sie brachte vor, sie habe ausschließlich auf Veranlassung der Beklagten einen von dieser selbst ausgewählten M-Telefoncomputer 1100 von der Firma M erworben, um ihn der Beklagten im Rahmen eines Leasingverhältnisses zu überlassen. Mit Bestandvertrag vom 5. April/6. Mai 1977 sei dieses Gerät, dessen Übernahme frei von Mängeln sowie auf eigene Kosten und Gefahr die Beklagte am 13. April 1977 bestätigt habe, der Beklagten auf eine Bestanddauer von 60 Monaten gegen ein monatliches Bestandentgelt von 1174.10 S in Bestand gegeben worden. Mit Schreiben ihres Rechtsfreundes vom 3. Jänner 1978 habe die Beklagte ihr (der Klägerin) mitgeteilt, daß sie wegen zwischenzeitig eingetretener Unbrauchbarkeit des Bestandobjektes vom Vertrag zurücktrete. Darauf habe sie (Klägerin) am 12. Jänner 1978 geantwortet, daß der Vertrag für die Beklagte auf die Dauer von 60 Monaten unkundbar sei, aber gemäß Punkt B XII der Vertragsbedingungen am Tage des Eintretens dieses Ereignisses ende, in welchem Falle die Beklagte ihr gemäß Punkt B VIII der Vertragsbedingungen den nicht gedeckten Ausfall zu ersetzen habe.

Die Beklagte wendete ein, ein Vertreter der Firma M., der Vertragsformulare für den Abschluß von Leasingverträgen mit der Klägerin mit sich geführt habe, habe sie Anfang 1977 zum Abschluß eines solchen Vertrages über einen M-Telefoncomputer 1100 bewogen. Der von der Firma M in der Folge gelieferte Telefoncomputer habe einwandfrei von April bis September 1977 funktioniert. Während dieser Zeit habe die Beklagte insgesamt sechs Leasingraten im Gesamtbetrag von 7044.60 S an die Klägerin bezahlt. Nach Auftreten technischer Mängel Anfang Oktober 1977 sei die Firma M mehrmals ergebnislos zur Behebung der Mängel aufgefordert worden. Es habe sich herausgestellt, daß die Firma M sich etwa zur gleichen Zeit "de facto aufgelöst" habe. Am 8. Feber 1978 sei der Telefoncomputer von der Post- und Telegraphendirektion für Tirol demontiert worden, da eine den Zulassungsbedingungen für die betreffende Privatzusatzeinrichtung nicht entsprechende Schaltung festgestellt worden sei. Am 29. Jänner 1979 habe die Beklagte den Telefoncomputer an die Klägerin zurückgestellt. Da der Bestandgegenstand Anfang Oktober 1977 irreparabel funktionsunfähig geworden sei, sei sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verpflichtet gewesen, das Bestandentgelt zu entrichten. Die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Bestandvertrages vorgesehene Ausfallshaftung der Beklagten für den Fall des Unterganges des Bestandobjektes sei mangels ihrer Einwilligung rechtlich nicht wirksam geworden (§§ 869, 914, 915 ABGB) und wäre überdies im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 1096 und 1106, je zweiter Satz, sowie 1112 ABGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Der Bestandvertrag werde schließlich wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes angefochten, weil gleichwertige Geräte um weniger als die Hälfte des vereinbarten Bestandentgeltes mietbar und um weniger als die Hälfte des vorgesehenen Kaufpreises erwerbbar seien.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Der Oberste Gerichtshof änderte über Revision der Klägerin die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß dem Klagebegehren stattgegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der zwischen den Streitteilen durch Unterfertigung am 5. April 1977 (seitens der Beklagten) und 6. Mai 1977 (seitens der Klägerin) zustande gekommene Vertrag ist seinem Inhalt nach als sogenanntes mittelbares Finanzierungsleasing zu beurteilen, bei dem der Leasingnehmer (hier die Beklagte), der für seinen Betrieb Maschinen oder ähnliche Gegenstände benötigt, den Leasinggeber (hier die Klägerin), der dabei wirtschaftlich die Rolle eines Kreditgebers ähnlich dem Finanzierungsinstitut beim drittfinanzierten Kauf spielt, veranlaßt, den gewünschten Gegenstand vom Hersteller oder Händler (hier von der Firma M) käuflich zu erwerben und ihm (dem Leasingnehmer) "mietweise" zu überlassen, wobei die Dauer der Überlassung so bemessen wird, daß sie hinter der erwarteten Gebrauchsdauer des Gegenstandes um einiges zurückbleibt. Auch wenn der Mietvertragscharakter eines solchen Vertrages überwiegend bejaht wird, unterscheidet sich das mittelbare Finanzierungsleasing in seiner typischen vertraglichen Ausgestaltung, insbesondere in der Regelung der Gefahrtragung, doch ganz wesentlich von den im ABGB für den Mietvertrag über bewegliche Sachen aufgestellten Dispositivnormen. Es gehört zum Wesen des Leasingvertrages, daß dem Leasingnehmer während der vereinbarten Vertragsdauer ein Kündigungsrecht nicht zusteht, daß er den Leasinggegenstand auf eigene Kosten in brauchbarem Zustand zu erhalten und nach Ablauf des Vertrages dem Leasinggeber in einem sich durch den ordentlichen Gebrauch ergebenden Zustand zurückzustellen hat, daß ihn das Risiko des Besitzers einschließlich der zufälligen Zerstörung trifft, er also auch bei Einwirkung auf den Leasinggegenstand von dritter Seite zinszahlungspflichtig bleibt. Der Leasinggeber leistet nur dafür Gewähr, daß sich die Sache bei Beginn in brauchbarem Zustand befindet, nicht aber dafür, daß dies auch während der gesamten Vertragsdauer der Fall ist. Es ist mit anderen Worten für den Leasingvertrag typisch, daß der Leasingnehmer das Verlustrisiko und das Risiko einer über die normale Abnützung hinausgehenden Verschlechterung oder Beschädigung des Leasinggegenstandes nicht anders als ein Käufer trägt, der die Sache in sein Eigentum erworben hat; das normalerweise den Eigentümer treffende Risiko ist durch die Vertragsbedingungen auf ihn verlagert. Der Leasinggeber trägt lediglich das Kreditrisiko, d. h. das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers, und ist durch sein Eigentum an der Sache gesichert (JBl. 1980, 259 mit im Ergebnis zustimmender Glosse von Wilhelm; 2 Ob 571/79, teilweise veröffentlicht in MietSlg. 31.165, 6 Ob 652/79, teilweise veröffentlicht in MietSlg. 31.112; s. auch Koziol - Welser[5] I, 311 f. mitweiteres Nachweisen).

Davon ausgehend ist zunächst die Frage zu untersuchen, ob durch die Unterfertigung des Vertrages seitens der Beklagten Punkt B XII lit. b der Vertragsbestimmungen, auf den die Klägerin im gegenständlichen Prozeß ihre Forderung stützt, Vertragsbestandteil geworden ist.

Nach dieser Vertragsbestimmung hat der Bestandnehmer bei Untergang, Abhandenkommen oder Unbrauchbarwerden des Bestandobjektes der Klägerin den durch Versicherungsleistung nicht gedeckten Ausfall gemäß Punkt B VIII der Vertragsbestimmungen zu ersetzen, also den Ausfall, den sie unter Berücksichtigung aller vom Bestandnehmer bereits geleisteten Bestandentgeltzahlungen gegenüber dem Leasing-Gesamterlös, der sich laut Punkt B IX der Vertragsbedingungen aus der Summe des für die gesamte bedungene Bestanddauer (Punkt A 5 der Vertragsbestimmungen) zu entrichtenden Bestandentgeltes (Punkt A 6 der Vertragsbestimmungen) und dem sodann erwarteten Restwert (Punkt B XVI der Vertragsbestimmungen) zusammensetzt, erleidet. Punkt B XII der Vertragsbestimmungen bezieht sich, wie eine Betrachtung desselben im Zusammenhang mit den übrigen unter B aufscheinenden Vertragsbestimmungen, insbesondere mit jenen über die Gewährleistung (Punkt V), die Haltung des Bestandobjektes und die Obliegenheiten des Bestandnehmers (Punkt VI) sowie die Haftung für das Bestandobjekt (Punkt XI) ergibt, offenbar hauptsächlich auf den Untergang, das Abhandenkommen oder das Unbrauchbarwerden des Bestandobjektes, der oder das weder von den Vertragspartnern noch vom Lieferanten oder dritten Personen zu vertreten ist, sondern auf Zufall beruht, jedenfalls aber nicht auf bereits bei Übergabe vorhanden gewesene Mängel zurückzuführen ist (vgl. zu einer ähnlichen Bestimmung in einem Vertrag über unmittelbares Finanzierungsleasing 6 Ob 652/79, teilweise veröffentlicht in MietSlg. 31.112).

Die Untersuchung der vorerwähnten Frage hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu geschehen, die zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Konsumentenschutzgesetzes (1. Oktober 1979), durch das § 864a ABGB geschaffen wurde, ergangen ist, weil sich der hier zu beurteilende Sachverhalt vor diesem Zeitpunkt verwirklicht hat.

Diese Rechtsprechung läßt sich wie folgt zusammenfassen: Wer eine Urkunde unterfertigt, ist verpflichtet, sich mit ihrem Inhalt bekanntzumachen. Die Unterfertigung einer Urkunde gilt grundsätzlich auch ohne Kenntnisnahme ihres Inhalts als Erklärung des Einverständnisses mit ihrem Inhalt und bildet eine rechtsverbindliche Willensäußerung. Eine Ausnahme kann nur gelten, wenn der Urkundeninhalt so ungewöhnlich ist, daß ein Einverständnis damit nicht angenommen werden kann. Das entspricht der herrschenden Auffassung zum Vertragsrecht, wonach im Interesse der Sicherheit des Rechtsverkehrs grundsätzlich derjenige, der eine Urkunde ungelesen unterschreibt, deren Inhalt als seine Erklärung gegen sich gelten lassen muß und eine Irrtumsanfechtung nur möglich ist, wenn in der Urkunde Bestimmungen und Klauseln stehen, die in Schriftstücken von der Art des unterzeichneten unüblich sind und sachlich nicht hineingehören (RZ 1980/63 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; vgl. auch Koziol - Welser I, 104 f.). Ungewöhnliche Geschäftsbedingungen werden, etwa wenn bloß auf der Vorderseite eines Bestellscheins auf sie hingewiesen wird, selbst durch die Unterfertigung der Verweisung nicht zum Geschäftsinhalt (SZ 51/9). Vertragsbedingungen, die nicht ganz außer der üblichen Linie liegen und auch nicht versteckt auf irgendeiner Urkunde angebracht sind, müssen vom Empfänger der Urkunde, der selbst Kaufmann ist, beachtet und abgelehnt werden, wenn er nicht als damit einverstanden angesehen werden will (SZ 18/144 u. v. a., zuletzt etwa 8 Ob 580/78; vgl. ferner JBl. 1961, 635; HS IV, 2. Teil Nr. 18). Allgemeine Vertragsbedingungen binden den Partner grundsätzlich nur dann, wenn er sie kannte oder grob fahrlässig nicht kannte, wozu im allgemeinen erforderlich ist, daß dem Vertragspartner eine Kenntnisnahme der Bedingungen zumindest möglich gemacht wird (SZ 42/112; HS 6238 u. a., zuletzt etwa 2 Ob 509/79).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte eine vier Seiten umfassende Vertragsurkunde, die auf Seite 1 unter A die "Vertragsdaten" und auf den Seiten 2 bis 4 unter B die "Vertragsbestimmungen" enthält, am Ende des gesamten Vertragstextes auf der Seite 4 unten unterschrieben, ohne die einzelnen Vertragspunkte eingehend zu studieren; dies ungeachtet ihrer Verpflichtung - insbesondere als Kaufmann -, sich mit dem Inhalt der Vertragsurkunde hinreichend bekanntzumachen. Hätte die Beklagte die im redlichen Verkehr zwischen Kaufleuten erforderliche Sorgfalt angewendet (wobei zu beachten ist, daß sie sich immerhin zu einer monatlichen Zahlung von 1 174.10 S auf die Dauer von 60 Monaten verpflichtete), so hätte ihr, selbst wenn man zunächst vom Inhalt der umfangreichen, auf den Seiten 2 bis 4 unter B abgedruckten, in die (allerdings jeweils mit fettgedruckten, ihren Gegenstand kurz angebenden Überschriften versehenen) Punkte I bis XXI gegliederten Vertragsbestimmungen absieht, schon angesichts dessen, daß der Vertrag auf Seite 1 mit "Bestandvertrag" und darunter in etwas kleinerer Schrift mit "System X-Leasing" überschrieben ist und einen grünen Rand aufweist, in dem in weißer Schrift das Wort "Leasing" in ständiger Wiederholung aufscheint, zur Kenntnis gelangen müssen, daß es sich bei dem ihr zur Unterschrift vorgelegten Vertrag um einen Leasingvertrag handelt. Ihre allfällige Unkenntnis müßte als grob fahrlässig und daher unbeachtlich angesehen werden. Da die Klägerin den Vertrag somit hinreichend deutlich als Leasingvertrag deklariert hat, kann auch nicht gesagt werden, sie hätte den vordergrundig präsentierten Vertragstyp (Mietvertrag) "heimlich" in einen anderen (Leasingvertrag) umfunktioniert (s. hiezu Krejci - Schilcher - Steiner, KSchG, 53). Hat die Beklagte aber der Klägerin gegenüber die Kenntnis, einen Leasingvertrag abgeschlossen zu haben, zu vertreten, dann hat sie auch die Kenntnis des für einen Leasingvertrag üblichen, ja geradezu charakteristischen und wesentlichen Vertragsinhalts gegen sich gelten zulassen. Insbesondere ein Kaufmann, der einen Leasingvertrag abschließt, hat sich nämlich mit dessen Grundsätzen vertraut zu machen - dazu hatte die Beklagte auch spätestens vor Unterfertigung des Vertrages auf Grund der Vertragsurkunde Gelegenheit - und muß daher bei dessen Unterfertigung insbesondere damit rechnen, daß er von den Dispositivnormen über den Mietvertrag abweichende Regelungen enthält (vgl. hiezu BGH in NJW 1977, 848). Daß es sich bei der hier zu prüfenden Klausel (Punkt B XII lit. b der Vertragsbestimmungen) um eine beim mittelbaren Finanzierungsleasing allgemein übliche, ja für diese Art des Leasing charakteristische und wesentliche Klausel handelt, kann nicht zweifelhaft sein (JBl. 1980, 259; vgl. ferner Frotz in Hämmerle-FS, Leasing in Österreich und seine Rechtsfragen, 110 ff., insbesondere 111). Es erweist sich die Bemerkung Bydlinskis in der Kastner-FS, zur Einordnung der allgemeinen Geschäftsbedingungen im Vertragsrecht, 45 ff., 61, als richtig, daß die Unüblichkeitsregel gegenüber allgemeinen Geschäftsbedingungen nur selten hilft, weil die in Frage stehenden Klauseln eben üblich sind. Dies gilt selbst dann, wenn man bei der Prüfung dessen, was üblich bzw. gewöhnlich ist, nicht auf die tatsächliche, sondern auf die redliche Verkehrsübung im Sinne des § 863 ABGB, auf das, was bei objektiver Betrachtung sachlich angemessen und fair ist, abstellt und damit schon bei der Beurteilung der Einbeziehungsvoraussetzungen Kriterien der Inhaltskontrolle heranzieht (vgl. dazu die EB der RV des KSchG zu § 33 Z 1 KSchG a. a. O.; ferner Koch - Stübing, Kommentar zum dAGBG, RN 8 zu § 3); diese Klausel ist nämlich, versteht man sie in dem oben erläuterten Sinn, grundsätzlich - wie noch im folgenden darzulegen sein wird - auch im Rahmen der Inhaltskontrolle nicht zu beanstanden. Eine Anwendung der Klausel auf den Fall, daß der Leasinggegenstand von Anfang an einen Mangel aufgewiesen hat, wovon das Berufungsgericht bei Prüfung der Ungewöhnlichkeit der Klausel ausgeht, ist verfehlt. Da die Beklagte besondere Umstände, infolge deren Vorliegens sie mit der in Rede stehenden Klausel ungeachtet des zuvor Ausgeführten dennoch nicht hätte rechnen müssen, nicht vorgebracht hat (zur Behauptungs- und Beweislast in diesem Zusammenhang vgl. Loewe - von Westphalen - Trinkner, Kommentar zum dAGBG, RN 31 zu § 3) und derartige Umstände auch im Verfahren nicht hervorgekommen sind - die Notwendigkeit, zum Verständnis des Inhalts des Punktes B XII lit. b der Vertragsbestimmungen weitere Vertragspunkte heranzuziehen, auf die darin verwiesen wird, stellt hier deshalb keinen solchen Umstand dar, weil die Verweisungen bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt und Aufmerksamkeit durchaus verständlich sind -, gelangt der OGH demnach im Gegensatz zu den Vorinstanzen zu dem Ergebnis, daß Punkt B XII lit. b der Vertragsbestimmungen weder als unüblich oder als ungewöhnlich noch als für die Beklagte überraschend beurteilt werden kann und somit Bestandteil des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrages geworden ist.

Was nun die Frage betrifft, ob der vorgenannte Punkt der Vertragsbestimmungen der Inhaltskontrolle standhält oder wegen Sittenwidrigkeit ungültig ist, so kann dieser Vertragspunkt wegen des eingangs dargelegten Wesens des mittelbaren Finanzierungsleasing nicht an den gesetzlichen Dispositivnormen für Mietverträge über bewegliche Sachen gemessen werden (2 Ob 571/79). Kramer weist in seiner Abhandlung über die normative Kraft des dispositiven Rechts, dargestellt am Beispiel der allgemeinen Geschäftsbedingungen der österreichischen Kreditunternehmungen (ÖJZ 1973, 505 ff., 507), zutreffend darauf hin, daß das dispositive Recht als Kontrolle für allgemeine Geschäftsbedingungen dann versagt, wenn der betreffende Geschäftstyp keine oder keine hinreichende gesetzliche Regelung gefunden hat. Dies ist aber beim Leasingvertrag der Fall. Der OGH hält daher seine in der Entscheidung JBl. 1980, 259 ausgesprochene Rechtsansicht aufrecht, daß kein Anlaß besteht, die von der dispositiven gesetzlichen Regelung für Mietverträge über bewegliche Sachen abweichende, dem Leasingvertrag wesensgemäße Risikoverschiebung auf den Leasingnehmer abzulehnen; daß insbesondere ein Kaufmann, der einen Leasingvertrag schließt, sich mit dessen Grundsätzen und damit insbesondere mit der Risikoverschiebung und der Unkundbarkeit des Vertrages abfinden muß (vgl. dazu ferner Loewe - von Westphalen - Trinkner, Kommentar zum dAGBG, RN 51 zu § 9; Emmerich in Staudinger, BGB[12], RN 48 e vor §§ 535, 536). Punkt B XII lit. b der Vertragsbestimmungen ist mithin als rechtswirksam anzusehen.

Da dem Vorbringen der Beklagten, Anfang Oktober 1977, also noch innerhalb der sechsmonatigen Gewährleistungsfrist, seien an dem von ihr geleasten Telefoncomputer Mängel aufgetreten, die ihn funktionsunfähig gemacht hätten, sie habe die Firma M erfolglos zur Vornahme der Reparatur aufgefordert, der Telefoncomputer habe überdies eine den postamtlichen Zulassungsbedingungen nicht entsprechende Schaltung aufgewiesen und sei daher von der Post- und Telegraphendirektion für Tirol und Vorarlberg demontiert worden, immerhin auch entnommen werden könnte, sie mache Gewährleistungsansprüche geltend, ist noch zu untersuchen, ob die Beklagte dadurch die vorliegende Klage erfolgreich abwehren könnte.

Aus dem (neben der Übernahme des Bestandobjektes auch) die Gewährleistung regelnden Punkt B V der Vertragsbestimmungen, bei dem es sich auch um keine ungewöhnliche oder überraschende Klausel (vgl. 8 Ob 580/78; BGH in NJW 1977, 848) handelt, ergibt sich, daß die Klägerin keinerlei wie immer geartete Gewährleistungspflicht treffen soll (lit. a); die Beklagte ist beauftragt, bevollmächtigt und verpflichtet, alle der Klägerin zustehenden Rechte aus Gewährleistungsansprüchen, Garantien, Wartungsverpflichtungen, Vertragsverletzungen, Verzug, Beschädigung und dgl. gegenüber dritten Personen, insbesondere gegenüber dem Lieferanten des Bestandsobjektes, fristgerecht auf eigene Kosten geltend zu machen; die Klägerin soll jedoch berechtigt sein, solche Ansprüche auch selbst im Interesse und auf Kosten der Beklagten zu betreiben (lit. d; in dieser litera wird zwar nur das Wort "beauftragt" verwendet, es gilt jedoch der Natur der Sache nach auch hier, was über die Befugnisse und Pflichten der Beklagten bei Übernahme des Leasinggegenstandes vom Lieferanten in lit. b ausdrücklich gesagt wird, zumal in lit. a auch vereinbart wird, die Beklagte habe sich hinsichtlich allfälliger Gewährleistungsansprüche allenfalls, d. h. wenn die Klägerin diese Ansprüche nicht selbst betreibt, namens der Klägerin an den Lieferanten zu halten; vgl. JBl. 1980, 259, wonach aus der Verpflichtung zur Geltendmachung der hier in Rede stehenden Ansprüche auch die Berechtigung hiezu folgt).

Diese Regelung der Gewährleistung widerspricht nicht den guten Sitten. Eine Gewährleistungsregelung könnte nämlich zwar insbesondere dann sittenwidrig sein, wenn der Leasingnehmer danach nicht einmal die Möglichkeit hätte, die einem Käufer gegenüber dem Verkäufer zustehenden Gewährleistungsansprüche geltend zu machen; dies ist hier aber nicht der Fall, weil die Beklagte sämtliche der Klägerin als Käuferin gegenüber der Firma M als Verkäuferin zustehenden Gewährleistungsansprüche namens der Klägerin geltend machen konnte (JBl. 1980, 259; siehe ferner BGH in NJW 1977, 848, wonach der in einem als Mietvertrag zu wertenden Leasingvertrag formularmäßig vereinbarte vollständige Gewährleistungsausschluß wirksam ist, wenn der Leasinggeber dem Leasingnehmer sämtliche ihm gegenüber dem Lieferanten zustehenden kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche einschließlich der Wandlungsbefugnis überträgt; vgl. dazu auch Emmerich in Staudinger, BGB[12], RN 48 a vor §§ 535, 536, wonach für die Wirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses auch die Ermächtigung des Leasingnehmers durch den Leasinggeber genügt, dessen Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten im Namen des Leasinggebers geltend zu machen; Loewe - von Westphalen - Trinkner, Kommentar zum dAGBG, RN 51 zu § 9).

Geht man von der Gültigkeit der in Punkt B V der Vertragsbestimmungen enthaltenen Regelung der Gewährleistungsfrage aus, dann könnte die Beklagte die Abweisung des Klagebegehrens erreichen, wenn sie zu behaupten und zu beweisen vermöchte, sie habe den zwischen der Klägerin und der Firma M über den Telefoncomputer abgeschlossenen Kaufvertrag namens der Klägerin durch Wandlung beseitigt, wodurch im Sinne der Entscheidung JBl. 1980, 259 auch die Geschäftsgrundlage des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Leasingvertrages weggefallen sei (vgl. die Glosse Wilhelms zu dieser Entscheidung in JBl. 1980, 262, wonach die Beklagte behaupten und beweisen müßte, die Firma M habe sich mit der Verbesserung des Telefoncomputers in Verzug befunden, weshalb sie, die Beklagte, den Kaufvertrag zwischen der Klägerin und der Firma M durch Rücktrittserklärung letzterer gegenüber gemäß § 918 ABGB zur Auflösung gebracht habe). Ein derartiger Sachverhalt ist aber weder von der Beklagten behauptet worden noch sonst im Verfahren hervorgekommen. Insbesondere kann das an die Klägerin gerichtete Rücktrittsschreiben vom 3. Jänner 1978, das die Auflösung des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Leasingvertrages herbeiführen sollte, nicht die Auflösung des Kaufvertrages zwischen der Klägerin und der Firma M zur Folge gehabt haben. Die Beklagte könnte sich aber dem gegenständlichen Begehren der Klägerin gegenüber auch nicht auf den Verzug der Firma M mit der Verbesserung eines dem Telefoncomputer bereits bei- seiner Übergabe anhaftenden Mangels berufen. Dies ist ihr nach Punkt B V lit. d letzter Satz der Vertragsbestimmungen verwehrt, wonach Gewährleistungsansprüche (gegenüber der Firma M) gleichgültig ob sie durch die Klägerin oder die Beklagte vertreten werden, letztere weder von der Verpflichtung zur Zahlung des Bestandentgelts noch von irgendeiner Verpflichtung aus dem Vertrag entbinden. Daß die Vornahme von Garantieleistungen und Wartungsarbeiten durch die Firma M während der gesamten Vertragsdauer von 60 Monaten Geschäftsgrundlage des zwischen den Streitteilen geschlossenen Leasingvertrages gewesen sei, die durch das faktische Unmöglichwerden dieser von der Firma M zu erbringenden Leistungen weggefallen sei, behauptet die Beklagte erstmals in der Revisionsbeantwortung. Diese Behauptung ist weder durch das erstinstanzliche Vorbringen der Beklagten noch durch die erstgerichtliche Feststellung, daß die Firma M für die gesamte Mietzeit von 60 Monaten die Garantie und Wartung des Telefoncomputers übernommen hat, gedeckt. Im Vertrag ist lediglich die Obliegenheit der Beklagten festgehalten (Punkt B VI lit. c der Vertragsbestimmungen), sofern das Bestandobjekt einer laufenden fachgemäßen Wartung bedarf, die durch eigenes Personal nach Angaben des Herstellers nicht besorgt werden kann, eine Vereinbarung mit dem Lieferanten zu treffen, die eine ordnungsgemäße Haltung des Bestandobjektes gewährleistet. Die Klägerin ist aber nach dieser Bestimmung bei Fahrzeugen berechtigt, für Servicearbeiten eine Werkstätte zu nominieren. Dies muß bei einer Auslegung des Vertrages nach § 914 ABGB im Bedarfsfall auch für die Wartung sonstiger Leasinggegenstände gelten. Der Wegfall der Garantie- und Wartungsleistungen durch die Firma M könnte daher schon nach dem Leasingvertrag nicht als Wegfall von dessen Geschäftsgrundlage gewertet werden. Die gegenteilige Annahme stunde überdies mit der dem Leasingvertrag eigenen Risikoverteilung zu Lasten des Leasingnehmers im Widerspruch.

Es bleibt die Frage zu untersuchen, ob die Beklagte aus der in Lehre und Rechtsprechung vertretenen Auffassung etwas zu ihren Gunsten ableiten könnte, daß der volle Ausschluß jeder Gewährleistung bei fabriksneuen Waren sittenwidrig, ein Gewährleistungsausschluß in diesem Falle vielmehr nur dann und insoweit anzuerkennen sei, als eine Verbesserungspflicht bestehe und die Verbesserung im Einzelfall auch durchführbar sei und durchgeführt werde (Bydlinski in Kastner-FS, Zur Einordnung der allgemeinen Geschäftsbedingungen im Vertragsrecht, 45 ff., 63, unter Hinweis auf HS 1548 und JBl. 1970, 251 sowie in Klang[2] IV/2.404 bei den Fußnoten 113 und 114; BGHZ 22/12; vgl. ferner BGHZ 62/41) bzw. daß sich der Leasinggeber wegen seiner ähnlichen wirtschaftlichen Rolle gleich dem Finanzierungsinstitut beim drittfinanzierten Kauf bei Vorliegen der Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffes gegen ihn (s. hiezu EvBl. 1964/364; JBl. 1964, 324; JBl. 1969, 663; EvBl. 1971/126 u. a.; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 405 ff.) die Einwendung des Leasingnehmers entgegenhalten lassen müsse, er könne sich nicht mit Erfolg an den Lieferanten wenden, etwa weil sich dieser nicht als leistungsfähig erweise, die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche, die geltend zu machen ihn der Leasinggeber ermächtigt habe oder die dieser an ihn abgetreten habe, gewährten ihm keinen ausreichenden Schutz (BGH in NJW 1977, 848 mit weiteren Nachweisen).

Diese Frage ist deshalb zu verneinen, weil die Beklagte in beiden Fällen den Gewährleistungsmangel gegenüber der Klägerin - sei es in ihrer angenommenen Stellung als Verkäuferin, sei es in ihrer angenommenen Stellung als Drittfinanzierer - rechtzeitig im Sinne des § 933 Abs. 2 ABGB rügen hätte müssen, um derartige Gewährleistungsansprüche gegenüber der Klägerin auch noch nach Fristablauf durch Einrede gerichtlich geltend machen zu können (vgl. zur Perpetuierung der Einrede Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 555). Dies versteht sich im erstgenannten Fall (Behandlung der Klägerin als Verkäuferin) von selbst und folgt im zweiten Fall (Behandlung der Klägerin gleich einem Finanzierungsinstitut) aus der Überlegung, daß nach dem Zweck des § 933 ABGB auch der Drittfinanzierer, der sich dem Einwendungsdurchgriff des Käufers ausgesetzt sieht, von dem der Sache bei Übergabe anhaftenden Mangel innerhalb der Gewährleistungsfrist erfahren soll, um über seine Rechtsposition im klaren zu sein, das Vorliegen des Mangels und seine Ursachen feststellen zu können und gegebenenfalls in der Lage zu sein, die zur Behebung des Mangels erforderlichen Maßnahmen selbst zu treffen, um seine vertraglichen Rechte gegenüber dem Käufer zu wahren. In diesem Sinne führen die EB der RV des KSchG zu § 18 KSchG a. a. O., 38 f. aus, es reiche nicht aus, daß der Käufer es dabei bewenden läßt, seine Zahlungen an den Drittfinanzierer "wortlos" einzustellen; er müsse vielmehr diejenigen Ansprüche, auf die er seine "Einwendungen" gegenüber seinem Geldgeber stütze, gegenüber dem Verkäufer auch geltend machen, wobei freilich deren außergerichtliche Geltendmachung ausreiche. Kraft Größenschlusses ergebe sich schließlich, daß der Verbraucher Handlungen, die er zur Erhaltung seiner Einwendungen gegenüber dem Verkäufer zu setzen habe (etwa die Erhebung einer Mängelrüge), umso mehr gegenüber dem Geldgeber setzen müsse, um sich diesem gegenüber das Recht zu erhalten, seine Zahlungen einzustellen. Der letzte Satz des § 18 KSchG schreibe für den dort in Rede stehenden Bereich nur fest, was nach herrschender Rechtsprechung imwesentlichen ohnedies schon allgemein gelte. Das Erfordernis der rechtzeitigen Mängelrüge auch gegenüber der Klägerin ergab sich für die Beklagte bei Anwendung der von ihr zu verlangenden Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes auch schon aus der verständigen Würdigung der aus dem Vertrag hervorleuchtenden Interessen der Klägerin, die sie im Punkt B V der Vertragsbestimmungen mit der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber der Firma M beauftragt sowie ihr die Anzeige der bei Übernahme des Leasinggegenstandes vorhandenen Mängel an sie (Klägerin) und ein Vorgehen gegen die Firma M wegen nicht ordnungsgemäßer Übergabe des Leasinggegenstandes im Einverständnis mit ihr (Klägerin) aufgetragen hatte. Die Beklagte durfte nicht einfach die weitere Zahlung des Bestandentgeltes einstellen, ohne der Klägerin, die sie mehrfach mahnte, eine Begründung hiefür zu geben. Die Zahlungseinstellung kann, da sie verschiedene Gründe haben kann, keinesfalls als Mängelrüge gewertet werden. Das bereits erwähnte Schreiben der Beklagten vom 3. Jänner 1978 liegt außerhalb der Gewährleistungsfrist. Die Rüge der mangelnden postamtlichen Genehmigung des Telefoncomputers wurde überhaupt erst in der Klagebeantwortung erhoben.

Der Beklagten ist es somit auch versagt, gegen die Klageforderung Einwendungen aus dem Titel der Gewährleistung zu erheben, sodaß eine nähere Prüfung der weiteren Gewährleistungsvoraussetzungen unterbleiben kann. Die Klägerin ist berechtigt, die im Punkt B XII lit. b der Vertragsbestimmungen gültig vereinbarte Ausfallshaftung der Beklagten in Anspruch zu nehmen. Daß die Beklagte mit der Einrede der Verletzung über die Hälfte nicht durchdringen kann, haben bereits die Vorinstanzen zutreffend dargelegt. Da die Beklagte selbst zugibt, die Leasingraten nur von April bis September 1977 bezahlt zu haben, und auch gegen die Angemessenheit des von der Klägerin im Sinne des Punktes B XVI der Vertragsbestimmungen mit 1000 S angesetzten Restwertes des Leasinggegenstandes nichts Konkretes vorgebracht hat und das Verzugszinsenbegehren gleichfalls berechtigt ist, besteht der Klageanspruch sowohl dem Gründe als auch der Höhe nach zu Recht.

Anmerkung

Z53128

Schlagworte

Kaufmann Obliegenheiten eines - bei Abschluß eines Leasingvertrages, Leasingvertrag, Bindung an Vertragsgrundsätze, Leasingvertrag, Obliegenheiten eines Kaufmannes bei Abschluß eines -, Mietvertrag, Obliegenheiten eines Kaufmannes bei Abschluß eines -, (Leasing)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0050OB00685.8.1007.000

Dokumentnummer

JJT_19801007_OGH0002_0050OB00685_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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