TE OGH 1980/10/7 9Os136/80

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Veröffentlicht am 07.10.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Oktober 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen August A wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. Juni 1980, GZ. 6 c Vr 1023/80-49, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wegrostek und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil dahin ergänzt, daß gemäß § 38 Abs. 1 StGB auch die Zeit vom 4. Oktober 1979, 0,00 Uhr, bis zum 14. Oktober 1979, 5,00 Uhr, auf die Strafe angerechnet wird.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 29. Dezember 1942 geborene beschäftigungslose August A des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB und des Vergehens nach § 36 Abs. 1

lit. a WaffenG schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, am 10. März 1979 in Wien den Kurt B durch einen Schuß aus einer unberechtigt geführten Faustfeuerwaffe und durch einen Schlag mit dieser absichtlich am Körper schwer verletzt (Steckschußverletzung an der rechten Schulter mit Schußbruch des rechten Schulterblattes) zu haben.

Mit seiner auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde wendet sich der Angeklagte - der Sache nach - lediglich gegen den Schuldspruch wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung.

In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes wird eine unvollständige, undeutliche und unzureichende Begründung des Ersturteils behauptet, weil entscheidende Tatsachen und im Beweisverfahren hervorgekommene Umstände, bei deren Berücksichtigung eine andere Lösung der Beweisfrage denkbar gewesen wäre, übergangen bzw. ungewürdigt geblieben und entscheidende Aussprüche nur unzureichend begründet seien. So sei die Annahme, der Beschwerdeführer habe die Wohnung der Zeugin C nur deshalb aufgesucht, um dort an Kurt B Rache zu nehmen, eine unbegründet gebliebene Vermutung; weiters übergehe das Erstgericht die Verantwortung des Beschwerdeführers, der Besuch bei C sei nur aus Sorge um seine Freundin D erfolgt, deren sofortiger Auszug aus der von ihr gemeinsam mit C bewohnten Wohnung vorgenommen werden sollte; schließlich sei der Ausspruch, der Beschwerdeführer habe absichtlich gegen B geschossen, undeutlich und unzureichend begründet.

Rechtliche Beurteilung

Keinem dieser Einwände kommt Berechtigung zu.

Daß der Beschwerdeführer kurz nach Mitternacht des 10. März 1979 die Wohnung der Zeugin C aufsuchte, um sich an Kurt B, den er in der Wohnung vermutete, zu rächen, konnte das Schöffengericht im Rahmen seiner Beweiswürdigung denkrichtig daraus schließen, daß der Beschwerdeführer kurz zuvor von dem von B seiner Freundin D zugefügten Messerstich erfahren hatte, wobei er auch darüber informiert wurde, daß B mit C befreundet ist, weshalb er erwarten konnte, B in der Wohnung der C anzutreffen, wozu kommt, daß der Beschwerdeführer - wie er selbst wiederholt angegeben hat (vgl. S 240, 493/Bd. I d.A) - in der Wohnung sogleich gegen B tätlich geworden ist. In diesem Zusammenhang hat sich aber das Schöffengericht - entgegen den Beschwerdebehauptungen - auch mit der Verantwortung des Beschwerdeführers, die Wohnung nur aufgesucht zu haben, um der Zeugin D beim sofortigen Auszug behilflich zu sein, ausdrücklich auseinandergesetzt und diese Verantwortung mit einleuchtender Begründung als unglaubwürdig abgelehnt (S 10/Bd. II d. A). Die behaupteten Begründungsmängel in Ansehung des in Rede stehenden Ausspruchs liegen somit nicht vor.

Die Annahme hinwieder, wonach der Beschwerdeführer den Schuß gegen sein Opfer absichtlich abgegeben hat, hat das Schöffengericht zutreffend mit dem Hinweis auf die Sachverständigengutachten (S 496, 498/Bd. I d.A), die Aussage des Verletzten Kurt B, daß ihm die Waffe angehalten wurde (S 246, 248, 495/Bd. I d.A), und die Tatsache, daß der Beschwerdeführer nach seiner eigenen Darstellung die Waffe am Griff und nicht, wie dies bei der Verwendung als Schlagwerkzeug naheliegend gewesen wäre, am Lauf gehalten hat, begründet. Aus allen diesen Verfahrensergebnissen konnte es denkrichtig schließen, daß der Schuß absichtlich abgefeuert wurde und sich nicht etwa bloß unabsichtlich bei einer Schlagführung mit der Faustfeuerwaffe gelöst hat (S 13, 14/Bd. II d.A). Was der Beschwerdeführer gegen diese Konstatierung vorbringt, ist - auch wenn er dies nicht wahrhaben will - nichts anderes als eine im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässige und damit unbeachtliche Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung; Begründungsmängel in der Bedeutung des geltendgemachten Nichtigkeitsgrundes werden damit nicht aufgezeigt. Die Mängelrüge versagt somit zur Gänze.

Mit Beziehung auf den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO wirft die Beschwerde dem Ersturteil Feststellungsmängel in Ansehung der angenommenen absichtlichen Zufügung einer schweren Körperverletzung vor, indem sie ausführt, aus der Verwendung einer Faustfeuerwaffe bei Zufügung eines Schultersteckschusses ergebe sich keineswegs die Absicht im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB, das Opfer dadurch schwer zu verletzen; die Verfahrensergebnisse sprächen vielmehr gerade gegen eine absichtliche Zufügung der schweren Verletzung, sodaß seine Tat richtig den §§ 83 Abs. 1 und 88 Abs. 4 StGB zu unterstellen gewesen wäre.

Absichtlich im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB in Verbindung mit § 87 Abs. 1 StGB handelt, wem es darauf ankommt, seinem Opfer eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs. 1 StGB) zuzufügen. Eine solche Absicht kann aber aus der - einen derartigen Vorsatz indizierenden - Begehungsweise, insbesondere der Verwendung eines lebensgefährlichen Mittels, erschlossen werden. Vorliegend hat der Beschwerdeführer eine scharf geladene Faustfeuerwaffe, also ein außerordentlich gefährliches Werkzeug, zur Abgabe eines Schusses gegen die Schulter des Opfers verwendet, woraus das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, ohne daß es weiterer Feststellungen bedurfte, auf ein Handeln des Beschwerdeführers in der Absicht, sein Opfer schwer zu verletzen, schließen konnte. Der Beurteilung als absichtliche Zufügung der schweren Verletzung haftet somit kein Feststellungsmangel an. Soweit der Beschwerdeführer aber unter weiterer Berufung auf den genannten Nichtigkeitsgrund erneut die absichtliche Zufügung der Verletzung des Kurt B in Abrede stellt und behauptet, der Schuß habe sich unabsichtlich beim Hinschlagen mit der Faustfeuerwaffe gelöst, was sich auch aus der eher ungewöhnlichen Einschußstelle (Schultersteckschuß in Kopfnähe) ergebe, weshalb seine Tat den vorhin genannten Bestimmungen der §§ 83 Abs. 1 und 88 Abs. 4 StGB zu unterstellen wäre, wird der angerufene Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, weil der Beschwerdeführer nicht die ausdrücklichen gegenteiligen Feststellungen des Schöffengerichtes mit dem darauf angewendeten Gesetz vergleicht, sondern, ausgehend von seiner als unglaubhaft abgelehnten Verantwortung, einen anderen Sachverhalt, nämlich den einer unabsichtlichen Zufügung der schweren Verletzung, der rechtlichen Beurteilung unterzieht. Auf dieses Vorbringen braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist deshalb zur Gänze unbegründet. Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugt, daß das Urteil zum Nachteil des Angeklagten an einem Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 11 StPO bewirkenden Mangel leidet, der nicht geltend gemacht wurde, sodaß er gemäß § 290 Abs. 1 StPO von amtswegen wahrzunehmen ist. Gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 und 2 StPO wurde dem Angeklagten nämlich nur die Vorhaft ab dem 14. Oktober 1979, 5 Uhr früh, angerechnet, wiewohl sich aus dem Akteninhalt ergibt, daß der Angeklagte bereits in den Morgenstunden des 4. Oktober 1979 (ohne Angabe einer genauen Uhrzeit) in der Bundesrepublik Deutschland festgenommen wurde und sich seither ununterbrochen in Haft befand (S 167, 243/ Bd. I d.A). Es muß ihm daher gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB auch diese Zeit, und zwar, um jedwede Möglichkeit eines Nachteils für ihn auszuschließen, schon von 0,00 Uhr des 4. Oktober 1979 an, auf die Strafe angerechnet werden.

Es war demnach die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen, gemäß § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil jedoch in Ansehung der Vorhaftanrechnung spruchgemäß zu ergänzen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 87 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 1/3 (dreieinhalb) Jahren.

Dabei wertete es als erschwerend die teilweise einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen das Teilgeständnis. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Auch wenn zusätzlich (neben dem vom Erstgericht angenommenen Milderungsgrund des teilweisen Geständnisses) noch als mildernd berücksichtigt wird, daß der Berufungswerber die Tat in einer gewissen Erregung über die zuvor von Kurt B an Anita D verübte Körperverletzung begangen hat, erweist sich dennoch das vom Erstgericht gefundene Strafmaß als tatschuldangemessen und täterpersönlichkeitsgerecht. Entgegen der Meinung des Berufungswerbers kommt dem Umstand, daß Kurt B seinerseits mehrfach vorbestraft ist, für die Strafbemessung in Ansehung des Berufungswerbers keine Bedeutung zu, sodaß das Erstgericht diesen Umstand bei der Ausmessung der Strafe zu Recht nicht berücksichtigt hat.

So gesehen mußte daher auch der Berufung des Angeklagten ein Erfolg

versagt bleiben.

Es war somit spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02841

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00136.8.1007.000

Dokumentnummer

JJT_19801007_OGH0002_0090OS00136_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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