Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art94;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der C, geboren 1980, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 23. Juli 2004, Zl. SD 654/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 23. Juli 2004 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine chinesische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 9 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführerin seien auf Grund ihrer in China geschlossenen Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen ab 20. Februar 2001 Niederlassungsbewilligungen, zuletzt gültig bis 25. März 2004, erteilt worden. Am 11. September 2003 habe die Beschwerdeführerin die Erteilung eines Niederlassungsnachweises beantragt und sich hiezu neuerlich auf ihre bestehende Ehe berufen.
Bei der niederschriftlichen Vernehmung vom 17. Jänner 2002 habe der Gatte der Beschwerdeführerin angegeben, die Beschwerdeführerin nur zum Schein geheiratet zu haben, weil ihm dafür ein Geldbetrag von S 75.000,-- (EUR 5.450,46) versprochen worden wäre. Da ihn das Geld gereizt hätte, hätte er dem diesbezüglichen Angebot eines ihm bekannten chinesischen Staatsangehörigen zugestimmt. Um sämtliche Formalitäten hätte sich dieser Chinese gekümmert. Am 14. Jänner 2001 wäre er dann in Begleitung dieses Chinesen und eines weiteren Österreichers nach China geflogen und hätte zwei Tage nach seiner Ankunft die Beschwerdeführerin geheiratet. Der Flug, der Aufenthalt und alle weiteren Kosten wären von diesem Chinesen bezahlt worden. Die Beschwerdeführerin wäre nach der Einreise nach Österreich 14 Tage bei ihm aufhältig gewesen und dann mit ihren gesamten persönlichen Gegenständen ausgezogen. Der Gatte habe ausdrücklich zugegeben, eine Scheinehe geschlossen zu haben.
Bei der niederschriftlichen Vernehmung am 28. Februar 2003 habe der Gatte ausgeführt, nunmehr eine tatsächliche Ehe mit der Beschwerdeführerin zu führen, auch wenn es sich anfänglich um eine gegen einen nicht unerheblichen Bargeldbetrag vermittelte Scheinehe gehandelt hätte. Seit November 2002 würde die Beschwerdeführerin wieder bei ihm wohnen. Er wäre optimistisch, dass die Beziehung funktionieren würde.
Am 17. Dezember 2003 habe der Gatte der Beschwerdeführerin bei einem Telefongespräch erklärt, dass die Beschwerdeführerin nur von November 2002 bis März 2003 bei ihm Unterkunft genommen hätte. Unmittelbar nach Erhalt des weiteren Aufenthaltstitels hätte sie die Wohnung jedoch verlassen und wäre ohne nähere Angaben abgereist. Zwischen den Ehegatten bestünde kein Kontakt mehr. Er wäre zur Einsicht gekommen, dass die Beschwerdeführerin lediglich ein gemeinsames Eheleben vorgetäuscht hätte, um die Verlängerung ihres Aufenthaltstitels zu erlangen.
Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Stellungnahme vom 5. Februar 2004 angegeben, eine aufrechte Ehe zu führen. Lediglich auf Grund der Arbeitsmarktsituation hätte sie von Graz nach Wien gehen müssen, um eine Arbeit zu finden. Sie hätte nicht die Absicht, die Ehe in nächster Zeit aufzulösen. Es sei nicht richtig, dass sie im März 2003 die eheliche Wohnung in Graz verlassen hätte. Bei der diesbezüglichen Aussage ihres Gatten würde es sich um Vermutungen bzw. falsche Schlussfolgerungen handeln. Sie hätte das Eheleben nicht vorgetäuscht. Ihr Gatte behaupte dies möglicherweise nur, um sich leichter von ihr trennen zu können. Der Hinweis auf den chinesischen Ehevermittler wäre nicht stichhaltig, weil es auch Vermittler von Liebesheiraten gäbe.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom 12. November 2003 sei der vom Gatten der Beschwerdeführerin erwähnte Scheinehevermittler sowie zwei weitere österreichische Staatsangehörige wegen gewerbsmäßiger Vermittlung von Scheinehen in 22 Fällen zwischen österreichischen und chinesischen Staatsangehörigen rechtskräftig verurteilt worden. Nach diesem Urteil sei für die zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Gatten geschlossene Scheinehe den Vermittlern insgesamt ein Betrag von S 100.000,-- (EUR 7.267,28) gezahlt worden. Das Gericht habe u. a. festgestellt, dass die Beschwerdeführerin zunächst an der Wohnung ihres Gatten angemeldet worden wäre. Nach 14 Tagen wäre sie jedoch unter Mitnahme ihrer Fahrnisse wieder ausgezogen, nachdem sie in einem Chinalokal zu arbeiten begonnen hätte. Eine eheliche Lebensgemeinschaft wäre nie aufgenommen worden.
Aktenkundig sei, dass die Ehe der Beschwerdeführerin am 28. Mai 2004 geschieden worden sei.
Auf Grund dieser Umstände sehe die Behörde als erwiesen an, dass die Beschwerdeführerin eine Scheinehe eingegangen sei und sich auf diese Ehe zur Erteilung eines Aufenthaltstitels berufen habe, obwohl sie mit ihrem Gatten kein gemeinsames Familienleben geführt habe. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei somit verwirklicht. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots im Grund des § 36 Abs. 1 seien gegeben.
Die Beschwerdeführerin sei geschieden und habe keine Sorgepflichten. Nach ihren Behauptungen lebe sie nunmehr wieder mit einem österreichischen Staatsbürger, den sie zu ehelichen beabsichtige, im gemeinsamen Haushalt. Zwar sei angesichts aller Umstände das Aufenthaltsverbot mit einem Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin verbunden, dieser Eingriff sei jedoch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Wer gegen Bezahlung eine Scheinehe eingehe, um sich solcherart ein Aufenthaltsrecht für das Bundesgebiet zu verschaffen, verstoße in erheblichem Ausmaß gegen öffentliche Interessen.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei auf die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration der Beschwerdeführerin Bedacht zu nehmen gewesen. Diese Integration erweise sich keinesfalls als ausgeprägt, sei doch zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin erst durch die rechtsmissbräuchliche Eheschließung die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung habe erwirken können. Weiters sei zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin mit mehreren Unterbrechungen beschäftigt gewesen sei. Diese Beschäftigungsverhältnisse bzw. der Zugang zum Arbeitsmarkt gründeten sich ebenfalls auf die genannte Scheinehe. Angesichts des Mangels familiären Bindungen sei das der Beschwerdeführerin insgesamt zuzusprechende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet keinesfalls ausgeprägt. Dem stehe das maßgebliche, einen hohen Stellenwert genießende öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte mit Beschluss vom 4. Oktober 2004, B 1151/04-7, die Behandlung der Beschwerde ab und trat mit Beschluss vom 24. November 2004, B 1151/04-9, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt
1.
die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet oder
2.
anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Nach § 36 Abs. 2 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 9) eine Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nie geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat.
2.1. Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, dass sie seit 1. September 2004 wieder mit einem österreichischen Staatsangehörigen verheiratet sei. Dabei handle es sich nach der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) um eine "zulässige Neuerung".
2.2. In dem in der Beschwerde zitierten Urteil vom 29. April 2004 u.a. in der Rechtssache Oliveri, C-493/01, hat der EuGH ausgesprochen, dass Art. 3 der Richtlinie 64/221 einer innerstaatlichen Praxis entgegenstehe, wonach die innerstaatlichen Gerichte nicht verpflichtet sind, bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der gegen einen Angehörigen eines anderen Mitgliedstaates verfügten Ausweisung einen Sachvortrag zu berücksichtigen, der nach der letzten Behördenentscheidung erfolgt ist und der den Wegfall oder eine nicht unerhebliche Verminderung der gegenwärtigen Gefährdung mit sich bringen kann, die das Verhalten des Betroffenen für die öffentliche Ordnung darstellen würde. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn ein längerer Zeitraum zwischen dem Erlass der Entscheidung über die Ausweisung und der Beurteilung dieser Entscheidung durch das zuständige Gericht liege (RZ 82).
Dabei hatte der EuGH den Fall der Ausweisung eines - bereits im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung - italienischen Staatsangehörigen aus Deutschland zu beurteilen. Der vorliegende Fall unterscheidet sich davon (u.a.) insofern, als die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Erlassung des Aufenthaltsverbots unstrittig nicht mit einem Österreicher verheiratet war und ihr in diesem Zeitpunkt daher nicht die - gemäß § 49 FrG den begünstigten Drittstaatsangehörigen gleichgestellte - begünstigte Stellung als Angehörige eines österreichischen Staatsangehörigen zukam. Die gerichtliche Überprüfung einer behördlichen Entscheidung über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen eine chinesische Staatsangehörige, die nicht begünstigte Drittstaatsangehörige ist, wird vom Gemeinschaftsrecht nicht gefordert. Es ist daher für den vorliegenden Fall unerheblich, ob die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen für die Überprüfung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung über die Verhängung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen EU-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen entspricht.
Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid auf Grundlage des von der Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen hat, kann die nach dem Beschwerdevorbringen erst nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte - weitere - Eheschließung der Beschwerdeführerin mit einem Österreicher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen.
Hinzugefügt sei, dass die neuerliche Eheschließung jedoch zur Aufhebung des Aufenthaltsverbots gemäß § 44 FrG - nach der Aktenlage wurde bereits ein entsprechender Antrag gestellt - führen kann.
3.1. Die Beschwerdeführerin macht weiters geltend, dass die Verhängung eines Aufenthaltsverbots wegen einer "Scheinehe" unzulässig sei, wenn die Ehe nicht gemäß § 23 Ehegesetz aufgehoben worden sei. Über die Frage, ob eine nichtige Scheinehe vorliege, hätten auf Grund des Grundsatzes der Trennung von Justiz und Verwaltung ausschließlich die Gerichte zu entscheiden. Diese verfassungsrechtlichen Überlegungen würden durch die Anordnung des § 27 Ehegesetz, wonach sich vor der Nichtigerklärung durch das Gericht niemand auf die Nichtigkeit der Ehe berufen dürfe, verstärkt.
3.2. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass nach der ständigen hg. Judikatur die Nichtigerklärung der Ehe keine Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0326). In diesem Erkenntnis - und in einer Reihe von Folgeerkenntnissen, so etwa in dem von der Beschwerde zitierten Erkenntnis vom 31. Oktober 2002, Zl. 2002/18/0145 - hat der Verwaltungsgerichtshof auch ausgesprochen, dass es für die Stellung eines Fremden als begünstigter Ehegatte eines Österreichers nicht darauf ankommt, ob Gründe für die Nichtigkeit einer (formal bestehenden) Ehe vorliegen, weil sich gemäß § 27 Ehegesetz niemand auf die Nichtigkeit einer Ehe berufen kann, solange die Ehe nicht durch gerichtliches Urteil für nichtig erklärt worden ist. Weder diese Bestimmung noch der in Art. 94 B-VG verankerte Grundsatz der Trennung der Justiz von der Verwaltung steht jedoch der Beurteilung, ob der Fremde eine - vor der ex tunc wirkenden Nichtigerklärung durch das Gericht jedenfalls als gültig anzusehende - Ehe geschlossen, sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels oder eines Befreiungsscheines auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben nie geführt und für die Eheschließung eines Vermögensvorteil geleistet hat (§ 36 Abs. 2 Z. 9 FrG), durch die Verwaltungsbehörde entgegen.
4.1. In der Beschwerde wird auch die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die zu der Feststellung führte, die Beschwerdeführerin habe die Ehe nur zum Schein geschlossen und nie ein gemeinsames Familienleben geführt, bekämpft. Die Beschwerdeführerin bringt dazu insbesondere vor, die belangte Behörde habe die Stellungnahme vom 5. Februar 2004 ignoriert, insbesondere habe sie sich mit dem Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin nur wegen ihrer Berufstätigkeit im Raum Wien aus der Grazer Wohnung ihres Gatten ausgezogen wäre, nicht auseinandergesetzt. Hätte die belangte Behörde den Gatten der Beschwerdeführerin am 17. Dezember 2003 nicht nur telefonisch befragt, sondern unter Erinnerung an die Wahrheitspflicht niederschriftlich vernommen, hätte der Gatte wahrheitsgemäß die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin als Grund für deren Verlassen der Ehewohnung genannt.
Überdies sei der Beschwerdeführerin die Aktenzahl des gerichtlichen Strafverfahrens gegen die - von der belangten Behörde nicht namentlich genannten - Scheinehevermittler nicht bekannt gegeben worden. Dadurch sei sie daran gehindert worden, die Beischaffung dieses Gerichtsaktes zu beantragten.
4.2. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die belangte Behörde die Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 5. Februar 2004 im angefochtenen Bescheid ausdrücklich genannt und das darin erstattete Vorbringen, die Beschwerdeführerin wäre nur auf Grund der Arbeitsmarktsituation nach Wien gezogen, wiedergegeben hat.
Dass die belangte Behörde diesem Vorbringen keinen Glauben geschenkt hat, kann angesichts der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Aussagen des Gatten, der unstrittigen Verurteilung des Vermittlers wegen gewerbsmäßiger Vermittlung von Scheinehen u. a. auch hinsichtlich der Ehe der Beschwerdeführerin und des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin nach Erhalt der Niederlassungsbewilligung im März 2003 unstrittig nie mehr - also auch nicht etwa an den Wochenenden - zu ihrem Gatten zurückgekehrt ist, nicht als unschlüssig erkannt werden. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang, dass die Beschwerdeführerin sowohl in der Stellungnahme vom 5. Februar 2004 als auch in der Berufung vom 10. Mai 2004 ausgeführt hat, in aufrechter Ehe zu leben und an einer Auflösung der Ehe nicht interessiert zu sein, während sie in der Beschwerde behauptet, bereits seit 1. Oktober 2003 mit ihrem nunmehrigen Gatten eine Lebensgemeinschaft geführt zu haben.
Aus diesen Gründen begegnet die Beweiswürdigung der belangten Behörde im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich zukommenden Überprüfungsbefugnis (vgl. zum Umfang dieser Befugnis insbesondere das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keinen Bedenken.
Davon, dass der Vermittler ihrer Ehe wegen gewerbsmäßiger Vermittlung von Scheinehen verurteilt worden sei, wurde die Beschwerdeführerin von der Erstbehörde am 15. Jänner 2004 mit der Aufforderung zur Stellungnahme verständigt. Dadurch wurde sie - ungeachtet dessen, dass ihr die Aktenzahl und der Name des Verurteilten nicht bekannt gegeben worden sind - jedenfalls in die Lage versetzt, die Beischaffung des Gerichtsaktes zu beantragen.
Da die belangte Behörde somit auf Grund eines mängelfreien Verfahrens zur Feststellung gelangt ist, dass die Beschwerdeführerin die Ehe geschlossen, sich für die Erteilung des Aufenthaltstitels auf die Ehe berufen, aber mit dem Ehegatten ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK nicht geführt und für die Eheschließung einen Vermögensvorteil geleistet hat, kann die Ansicht, der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 9 FrG sei erfüllt, nicht als rechtswidrig erkannt werden.
5. Da ein derartiges Verhalten die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens erheblich beeinträchtigt, ist die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.
6. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde zu Gunsten der Beschwerdeführerin auf die Dauer des inländischen Aufenthalts, die Berufstätigkeit und die Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsangehörigen Bedacht genommen. Die aus diesen Umständen ableitbaren persönlichen Interessen werden in ihrem Gewicht dadurch erheblich gemindert, dass die Berechtigung zum Aufenthalt - und damit auch die Möglichkeit, rechtens in Österreich eine Lebensgemeinschaft zu führen - und die Berechtigung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit auf die rechtsmissbräuchliche Eingehung einer Ehe zurückzuführen sind. Den privaten Interessen der Beschwerdeführerin am Verbleib im Bundesgebiet kommt daher kein großes Gewicht zu.
Dem steht gegenüber, dass die Beschwerdeführerin durch die rechtsmissbräuchliche Eingehung der Ehe maßgebliche öffentliche Interessen im Sinn des Art. 8 Abs. 2 EMRK (Wahrung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) erheblich beeinträchtigt hat. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, das Aufenthaltsverbot sei zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin wögen nicht schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.
7. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
8. Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.
9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 3. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004180387.X00Im RIS seit
14.06.2005Zuletzt aktualisiert am
25.01.2009