TE OGH 1980/11/11 10Os148/80

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Veröffentlicht am 11.11.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 11. November 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Kunigunde A wegen der Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 21. Mai 1980, GZ. 20 Vr 78/79-27, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Sarlay und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in der getrennten rechtlichen Beurteilung des von den Punkten I 1 und 2 des Schuldspruches erfaßten (deliktischen) Verhaltens als Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Kunigunde A hat durch die ihr zu Punkt I 1 und 2 des Schuldspruches zur Last liegenden Tathandlungen das Verbrechen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB begangen und wird hiefür sowie für das ihr nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last fallende Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB (Punkt II) gemäß §§ 28, 288 Abs. 2 StGB zu 7 (sieben) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB wird diese Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihrer Berufung wird die Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen ihr die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 10. Juni 1941 geborene Angestellte Kunigunde A 1.) des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 und Abs. 2 StGB sowie

2.) des Vergehens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil sie (zu 1.) vor dem Bezirksgericht Innsbruck als Zeugin in der Strafsache gegen DDr. Rudolf B wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 2 StGB bei ihrer förmlichen Vernehmung zur Sache (in der Hauptverhandlung) am 14. September 1978 durch die unter Eid abgelegte Aussage 'als es läutete, öffnete ich das Gartentor mit dem Drücker .... daraufhin versetzte er (DDr. B) mir einen Schlag gegen die linke Brust mit der Hand und während ich benommen an der Wand klebte, ging DDr. B an mir vorbei in den Vorraum', sowie (in der gemäß § 276 a StPO neu durchgeführten Hauptverhandlung) am 12. Dezember 1978 durch die unbeeidete Aussage 'als es läutete, habe ich die Haustüre aufgemacht und den Drücker für die Gartentüre betätigt .... und er (DDr. B) versetzte mir mit brutalster Gewalt einen Stoß mit seiner rechten Hand gegen meine linke Brust.

Ich bin ca. einen halben Meter zurückgetaumelt .... Ing. C hat den Vorfall nicht gesehen, da er sich im Wohnzimmer oder in irgendeinem anderen Raum aufgehalten hat', falsch aussagte (Punkt I/1 und 2 des Schuldspruchs) und (zu 2.) hiedurch DDr. B wissentlich einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens nach § 83 Abs. 2 StGB fälschlich verdächtigte und ihn (dadurch) der Gefahr einer behördlichen Verfolgung aussetzte, wobei sie wußte, daß die Verdächtigung falsch ist (Punkt II des Schuldspruchs).

Diesen Schuldspruch bekämpft die Angeklagte mit ihrer auf die Z 1 (richtig: 1 a), 3, 4, 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; die zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 1 a) erhobenen Einwände und der damit im Zusammenhang stehende (in die gleiche Richtung) zielende Abschnitt der Verfahrensrüge nach § 281 Abs. 1 Z 4 StPO wurden vom Verteidiger im Gerichtstag ausdrücklich zurückgezogen. Unter Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO rügt die Beschwerdeführerin die Vernehmung des Zeugen Rechtsanwalts Dr. Manfred Schmid in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1980 als Verstoß gegen § 152 Abs. 1 Z 2 StPO mit der Argumentation, daß die Genannte nur in bezug auf die Angeklagte (von deren Verteidiger) von der Verschwiegenheitspflicht entbunden wurde, nicht aber (auch) von Helmut D (dem Lebensgefährten der Beschwerdeführerin, für den er die von diesem erstattete Strafanzeige gegen DDr. B wegen der in Rede stehenden Auseinandersetzung mit der Beschwerdeführerin konzipierte), bzw. der von diesem repräsentierten - 'E Ges.m.b.H.' (in deren Namen er wegen desselben Vorfalles eine Besitzstörungsklage gegen DDr. B einbrachte).

Auch dieser Einwand versagt.

Die Aussage des Zeugen Dr. Manfred F (S 143 bis 146) berührte schon formal nur insoweit das Verhältnis zwischen ihm und Helmut D (bzw. der -'E Ges.m.b.H.'), als sie sich unter anderem auch mit der oberwähnten Strafanzeige und Besitzstörungsklage befaßte. Nach den Bekundungen des als Zeugen vernommenen Helmut D war er bei dem in Rede stehenden Vorfall (vom 18. Februar 1978) gar nicht zugegen und kannte den Ablauf der (damaligen) Ereignisse nur aus Erzählungen der Angeklagten (S 139/ 140). Aus deren - vom Erstgericht insoweit übernommenen (S 156) - Verantwortung hinwieder geht hervor, daß die (von Dr. Manfred F abgefaßte) Strafanzeige gegen DDr. B (wegen der angeblichen Körperverletzung) von Helmut D über ihre Veranlassung erstattet (S 134), der Letztgenannte sohin insoweit nur als ihr Beauftragter tätig wurde. Die Information für die Strafanzeige (und die Besitzstörungsklage) wurde dem Rechtsanwalt Dr. F daher offensichtlich von der Angeklagten erteilt, die nach den Angaben Dris. F zu diesem Zweck mit Helmut D bei ihm erschienen war (S 144, 145). Mithin betraf die Aussage des Zeugen Dr. Manfred F, der vom Verteidiger Dr. Gerhard G vor Beginn seiner Vernehmung von der Verschwiegenheitspflicht in Ansehung der seine Beziehung zur Beschwerdeführerin betreffenden Angelegenheiten entbunden worden war (S 143), nur diese und damit keine Angelegenheiten, welche der Verschwiegenheitspflicht nach § 152 Abs. 1 Z 2 StPO unterlagen. Die Vernehmung dieses Zeugen ohne vorherigen Verzicht auf ein (aus den angeführten Gründen gar nicht bestehendes) Entschlagungsrecht bewirkte sohin keine Nichtigkeit seiner Aussage nach der bezeichneten Gesetzesstelle.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen der auf die Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Verfahrensrüge wurden durch das Zwischenerkenntnis (S 147, 160 f), mit dem der Gerichtshof die vom Verteidiger der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1980 (teils neu) gestellten (teils wiederholten) Beweisanträge auf Beischaffung des Aktes (28 Hv 187/79) des Landesgerichtes Innsbruck gegen DDr. B wegen Verdachtes der falschen Zeugenaussage (bzw. 9 St 2110/80 der Staatsanwaltschaft Innsbruck), auf Vornahme eines Lokalaugenscheines sowie auf zeugenschaftliche Vernehmung der Ärztin Dr. Henrike H Verteidigungsrechte der Beschwerdeführerin nicht beeinträchtigt.

Abgesehen davon, daß die Beischaffung des Aktes 9 St 2110/80 der Staatsanwaltschaft Innsbruck von der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung nicht beantragt wurde, läßt auch der Antrag auf Beischaffung des diesem Vorgang der Staatsanwaltschaft Innsbruck entsprechenden Aktes des Landesgerichtes Innsbruck einen Hinweis vermissen, inwieweit der den dortigen Verfahrensgegenstand bildende Sachverhalt (angeblich eine falsche Beweisaussage DDris. B vor einer Verwaltungsbehörde) mit dem gegenständlichen Vorfall im Zusammenhang stehen soll. Zudem hätte der bezügliche Akteninhalt nicht einmal als Kontrollbeweis in Ansehung des Zeugen DDr. B herangezogen werden können, weil sich dieses Verfahren nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch im Untersuchungsstadium befindet und demnach in keiner Weise geklärt ist, ob und inwieweit die dort gegen DDr. B erhobenen Anschuldigungen als erwiesen anzusehen sind. Vollkommen unklar bleibt nach dem Beschwerdevorbringen, welche Bewandtnis es mit dem Akt 28 Hv 187/79 - eine Vr-Zahl ist nicht angeführt - des Landesgerichtes Innsbruck hat, der sich mit einem Leserbrief DDris. B in der Tiroler Tageszeitung befassen soll, in welchem vom Genannten unhaltbare Vorwürfe gegen die Beschwerdeführerin und deren Lebensgefährten erhoben worden sein sollen. Sollte dieser Akt mit dem erwähnten, dem Vorgang zu 9 St 2110/80 der Staatsanwaltschaft Innsbruck entsprechenden Akt des Landesgerichtes Innsbruck ident und die letzterwähnte Materie ebenfalls Gegenstand dieses Strafverfahrens sein, dann gilt auch insoweit das eben Gesagte. Andernfalls fehlt es zur Geltendmachung des von der Angeklagten im Unterbleiben der Beischaffung eines (weiteren) Aktes 28 Hv 187/79 des Landesgerichtes Innsbruck ersehenen Verfahrensmangels im Sinne der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO schon am prozessualen Erfordernis eines in der Hauptverhandlung (konform) gestellten Beweisantrages. Im übrigen hat das Erstgericht dem Beschwerdevorbringen zuwider weder die Beischaffung eines gerichtlichen noch eines staatsanwaltschaftlichen Aktes mit dem Argument abgelehnt, daß 'die Auslegung dieses Aktes der freien Beweiswürdigung des Gerichtes obliegt', sondern diese Begründung allein für die unbekämpft gebliebene Abweisung des weiteren Beweisantrages der Angeklagten auf Beischaffung des Aktes St 87/80 der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (betreffend ein Verwaltungsverfahren gegen die Beschwerdeführerin) ins Treffen geführt (vgl. S 142, 147).

Die Vornahme eines Lokalaugenscheines (im Haus DDris. B in Neu-Götzens Nr. 282) lehnte das Erstgericht sinngemäß mit der Argumentation ab, daß die von der Beschwerdeführerin vorgelegte Skizze (S 13, 19) und der vom Zeugen DDr. Rudolf B zur Verfügung gestellte Vermessungsplan (S 139) ein 'genaues Bild' vom Tatort vermittle (S 65, 147, 160). Das Schöffengericht konnte auf Grund dieser Beweisaufnahmen die örtlichen Verhältnisse (und damit auch insbesondere die Sichtmöglichkeit des Zeugen Dipl.Ing. C im Zusammenhang mit dem Vorfall zwischen der Angeklagten und DDr. B) im Rahmen freier Beweiswürdigung (welche sich unter diesen Umständen nicht als eine 'vorgreifende' darstellt) für hinreichend geklärt erachten und hat schlüssige Erwägungen dafür angeführt, warum es diesem Beweisantrag die Eignung absprach, einen Einfluß auf die Entscheidung zu üben.

Der Antrag auf Vernehmung der Zeugin Dr. Henrike H verfiel schon deshalb zu Recht der Abweisung, weil die Beschwerdeführerin auch hiezu kein Beweisthema angegeben hat, und sich aus dem Zusammenhang als solches bloß die - vom Erstgericht ohnehin als erwiesen angenommene - Tatsache der Verletzung (Bluterguß an der linken Brust) und deren Feststellung durch diese Ärztin ergab. Aber sogar nach dem Inhalt der Verfahrensrüge erhoffte sich die Beschwerdeführerin durch diese Beweisaufnahme bloß die Bestätigung dessen, daß die von ihr behauptete Zufügung der Verletzung durch DDr. B 'möglich' und 'wahrscheinlich' war (S 173). Mit dieser nach der Art der Verletzung an sich bestehenden Möglichkeit hat sich das Erstgericht ebenfalls auseinandergesetzt (S 157); es ist allerdings, gestützt auf andere - für glaubwürdig erachtete - Beweisergebnisse (vgl. S 155, 156) in freier Beweiswürdigung zur Annahme gelangt, daß der Beschwerdeführerin eine derartige Verletzung durch DDr. B nicht zugefügt wurde.

Soweit die Beschwerdeführerin ferner einen Verfahrensmangel auch darin sieht, daß das Erstgericht der Vorschrift des § 255 StPO zuwider in der Hauptverhandlung vom 21. Mai 1980 - nachdem es sich zunächst zur Urteilsberatung zurückgezogen hatte - das Beweisverfahren zur Vernehmung des Zeugen Dr. Manfred F wieder eröffnete, dieses hierauf aber weder (nochmals) formell schloß noch dem Staatsanwalt und dem Verteidiger Gelegenheit zu einem (neuerlichen) Schlußvortrag gab (S 143, 147, 148), ignoriert sie abermals die bereits dargelegten prozessualen Erfordernisse für die Geltendmachung des in Rede stehenden Nichtigkeitsgrundes, wurde doch der eingehaltenen Vorgangsweise nicht widersprochen. Gleiches gilt für das unter der Z 5 - sachlich wiederum Z 4 - gerügte Unterbleiben der (von der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung gar nicht beantragten) Beiziehung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigen.

Die Angeklagte kann sich sohin durch das bekämpfte Zwischenerkenntnis in ihren Verteidigungsrechten nicht mit Fug beeinträchtigt erachten.

Nach dem Inhalt und der Zielsetzung ihrer (sonstigen) Ausführungen zur Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO unternimmt die Beschwerdeführerin - ohne Begründungsmängel formaler Natur aufzeigen zu können, wie sie zur Herstellung dieses Nichtigkeitsgrundes erforderlich wären - im wesentlichen nur den unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die freie Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO) des erkennenden Gerichtes anzufechten, das bei der Begründung seiner Sachverhaltsfeststellungen auch der Anordnung des § 270 Abs. 2 Z 5 StPO hinreichend Rechnung getragen hat.

Dem Beschwerdevorbringen zuwider hat es insbesondere angegeben, auf welche Beweismittel - nämlich die Aussagen der Zeugen DDr. Rudolf B, Erna B, Dipl.Ing. Erich C und Isolde C (S 155, 156, 159, vgl. auch S 141) - es dieselben stützt, und zum Ausdruck gebracht, daß sich seine Annahme, die Strafanzeige des Helmut D gegen DDr. B wegen des Vergehens nach dem § 83 Abs. 2 StGB sei über Veranlassung der Angeklagten erstattet worden, auf deren eigene Verantwortung (vgl. S 134) gründet (S 160). Ansonsten war auf die, keine dem Gesetz entsprechende Ausführung einer Mängelrüge enthaltenden Einwendungen nicht (einzeln) einzugehen.

Im erörterten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zu verwerfen.

Im Recht ist die Beschwerde indessen soweit sie mit Beziehung auf

den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO die Unterstellung der Tat unter Abs. 1

und Abs. 2 des § 288 StGB bekämpft. Denn nach den Urteilskonstatierungen hat die Angeklagte im Verfahren 8 U 989/78 des Bezirksgerichtes Innsbruck zunächst in der Hauptverhandlung vom 14. September 1978 (beeidet) und dann in der Hauptverhandlung vom 12. Dezember 1978 (unbeeidet), wenngleich (naturgemäß) nicht mit ganz den gleichen Worten, bewußt wahrheitswidrig angegeben, sie habe DDr. B die Gartentüre mittels eines (in Wahrheit gar nicht vorhandenen) elektrischen Drückers geöffnet und der Genannte habe ihr in der Folge einen Schlag oder Stoß gegen die linke Brust versetzt. Die weiteren, in den Anklage- bzw. Urteilstenor aufgenommenen textlichen Passagen (Aussage vom 14. September 1978:

'.... und während ich benommen an der Wand klebte, ging DDr. B an

mir vorbei in den Vorraum', bzw. Aussage vom 12. Dezember 1978:

'.... ich bin ca. einen halben Meter zurückgetaumelt .... Ing. C hat

den Vorfall nicht gesehen, da er sich im Wohnzimmer oder in irgend einem anderen Raum aufgehalten hat') stellen sich sohin (ersichtlich) bloß als ausschmückendes (an sich überflüssiges) Beiwerk zum eigentlich inkriminierten Teil der Zeugenaussage der Beschwerdeführerin dar. Unter diesem Gesichtspunkt erweist sich aber die (unbeeidete) falsche Zeugenaussage vom 12. Dezember 1978 nur als Wiederholung der bereits am 14. Sepember 1978 beeidet abgelegten falschen Aussage, welche (somit) in einer weiteren Hauptverhandlung desselben Rechtsganges stattfand. Solcherart liegt dogmatisch nur eine einzige falsche Beweisaussage vor, bei welcher die faktisch auf einem (einheitlichen) Willensentschluß fußenden und nur scheinbar mehrere selbständige deliktische Handlungen darstellenden einzelnen Aussagen bloß Teilakte eines einzigen Deliktes sind (vgl. Leukauf-Steininger2, RN 33 zu § 288).

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war das Urteil hinsichtlich der verfehlten rechtlichen Subsumtion - sowie im Strafausspruch - aufzuheben, das gesamte von den Punkten I 1 und 2 erfaßte Verhalten spruchgemäß nur dem Tatbestand des § 288 Abs. 2 StGB zu unterstellen und die Strafe (gemäß § 28 StGB) nach dieser Gesetzesstelle neu zu bemessen.

Bei dieser Strafneubemessung konnte der Oberste Gerichtshof von den durch das Erstgericht im wesentlichen richtig festgestellten Strafzumessungsgründen ausgehen;

in Wegfall kam lediglich die als erschwerend angenommene echte Realkonkurrenz zwischen Deliktshandlungen zwischen § 288 Abs. 1 und Abs. 2 StGB. Auf der Basis dieser Strafzumessungsgründe sowie mit Bedacht auf die allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Grundsätze (§ 32 StGB) erachtet der Oberste Gerichtshof neuerlich eine siebenmonatige Freiheitsstrafe für angemessen. Im Gegensatz zur Auffassung des Erstgerichtes ist jedoch die Gewährung bedingter Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB vertretbar. Eine solche kann grundsätzlich auch bei Delikten, wie sie hier zur Beurteilung stehen, dem Täter nicht einfach im Hinblick auf den betreffenden Deliktstypus verwehrt werden. Wird zudem mit Bezug auf die Vorstrafen der Angeklagten berücksichtigt, daß zwei Verurteilungen wegen fahrlässig begangener Delikte nach dem Lebensmittelgesetz ergingen und die dritte (nur im weitesten Sinn als einschlägig anzusehende durch das Amtsgericht München) nahezu ein Jahrzehnt zurückliegt, so sprechen weder spezial- noch generalpräventive Momente gegen die Anwendung des § 43 Abs. 1 StGB, dessen Voraussetzungen nach Lage des Falles erfüllt sind.

Es war daher über die Rechtsmittel der Angeklagten wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen.

Anmerkung

E02908

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0100OS00148.8.1111.000

Dokumentnummer

JJT_19801111_OGH0002_0100OS00148_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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