TE OGH 1980/11/18 9Os161/80

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Veröffentlicht am 18.11.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. November 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard A wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9. September 1980, GZ. 6 a Vr 2412/80-24, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Jandl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird teilweise und zwar dahingehend Folge gegeben, daß die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt wird.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25. März 1954 geborene beschäftigungslose Angeklagte Gerhard A des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Z 2 SuchtgiftG schuldig erkannt und nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG unter Anwendung des § 28

StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten sowie gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG zu einer Geldstrafe von 9.600 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Tagen, verurteilt.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, den raschen Rückfall und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd das volle und reumütige Geständnis.

Es berücksichtigte ferner einen anzunehmenden ernstlichen Besserungswillen. Die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht wurde im Hinblick auf die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und aus generalpräventiven Überlegungen abgelehnt.

Gegen dieses Urteil ergriff der Angeklagte Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 4. November 1980, GZ. 9 Os 161/80-4, bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückgewiesen.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte in erster Linie die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht, hilfsweise die Herabsetzung der verhängten Freiheitsstrafe an.

Die gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG verhängte Geldstrafe wird nach dem Inhalt der Rechtsmittelschrift nicht angefochten.

Der Berufung kommt nur insoweit Berechtigung zu, als die Höhe der Freiheitsstrafe bekämpft wird.

Die Strafzumessungsgründe wurden vom Erstgericht im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt. Beachtlich ist darüber hinaus jedoch auch, daß seit den strafbaren Handlungen, die Gegenstand des angefochtenen Urteils sind, ein Zeitraum von rund 1 1/2 Jahren verstrich, in welchem sich - nach der Aktenlage - der Angeklagte wohlverhielt. Unter Berücksichtigung auch dieses Umstandes erscheint dem Obersten Gerichtshof ein Strafausmaß von 15 Monaten Freiheitsstrafe dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des Angeklagten angemessen. Der Umstand, daß die vom Angeklagten verkaufte Suchtgiftmenge die sogenannte Grenzmenge nicht allzu weit übersteigt, rechtfertigt es trotz zahlreicher einschlägiger Vorstrafen, das Strafausmaß noch in der Nähe der gesetzlichen Untergrenze festzusetzen.

Die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht kommt jedoch nicht in Betracht.

Wohl wurden im Verfahren erster Instanz und auch im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vor dem Obersten Gerichtshof Bescheinigungen des Magistrats der Stadt Wien, des -C - Instituts und der Hilfs- und Beratungsstelle 'D' vorgelegt und damit dargetan, daß sich der Berufungswerber seit April 1980 einer Betreuung unterzieht und die stationäre Aufnahme im genannten Institut anstrebt.

Gemäß § 43 Abs. 2 StGB ist jedoch eine (ein Jahr übersteigende) Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren nur dann bedingt nachzusehen, wenn aus besonderen Gründen Gewähr dafür geboten ist, daß der Rechtsbrecher keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Diese Gewähr ist vorliegend auch unter Bedachtnahme auf die erwähnten Bescheinigungen nicht gegeben. Zu beachten ist nämlich, daß der Angeklagte bisher acht durchwegs einschlägige Vorstrafen erlitt (zwei davon standen im Verhältnis des § 265

(alt) StPO) und in vier dieser Verfahren eine bedingte Strafnachsicht gewährt wurde, Maßnahmen, die jeweils ohne nachhaltige Wirkung blieben. Dem Angeklagten wurde somit außergewöhnlich oft Gelegenheit zur Umkehr und zur Behandlung gegeben. Dazu kommt, daß der Angeklagte anläßlich von Vorverfahren vorbrachte, in psychohygienischer Behandlung zu stehen, und von einem Club der Bewährungshilfe unter der damaligen Leitung von Dr. B betreut wurde (S 69

und 77 in AZ 3 Vr 202/72 des Jugendgerichtshofes Wien und S 113 in AZ 6 d Vr 3199/72 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), ohne daß auch dadurch ein nachhaltiger Erfolg erzielt wurde. Selbst anläßlich des zuletzt abgeführten Strafverfahrens hatte der Berufungswerber neuerlich erklärt, sich 'in nächster Zeit' einer Entwöhnungsbehandlung unterziehen zu wollen und sein Vorhaben deponiert, Kontakt mit Personen aus der Suchtgiftszene zu vermeiden (S 399 und 431/I. Band in AZ 6 e Vr 7020/76 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien); auch hier blieb es bei diesen Erklärungen.

Angesichts dieser Umstände kann von einer Gewähr, also einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit (Leukauf-Steininger2, RN 11 zu § 43 StGB) künftigen Wohlverhaltens nicht gesprochen werden, zumal auffällt, daß der Angeklagte auch nunmehr keineswegs sogleich nach seinen strafbaren Handlungen oder doch zumindest bald nach deren Aufdeckung (seine polizeiliche Vernehmung fand am 11. Mai 1979 statt - s S 47 dA), sondern erst dann die oben erwähnten Institutionen aufsuchte, nachdem ihm (am 1. April 1980) die Vorladung zu einer Hauptverhandlung zugestellt worden war (S 54 dA).

Der vorgetragenen Befürchtung, daß bei Versagung der bedingten Strafnachsicht die einzige Möglichkeit einer Entwöhnung von der Giftsucht zunichte gemacht werde, ist mit dem Hinweis zu begegnen, daß im - durch das Strafvollzugsanpassungsgesetz BGBl. 1974/424 geschaffenen - § 68 a StVG die Entwöhnungsbehandlung auch von Strafgefangenen vorgesehen ist, worauf im übrigen die im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgelegte Bescheinigung der Magistratsabteilung 15 des Magistrats der Stadt Wien der Sache nach hinweist.

Aus den angeführten Gründen konnte daher der Berufung des Angeklagten nur teilweise Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E02889

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00161.8.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19801118_OGH0002_0090OS00161_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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