Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 20. November 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Braitenberg-Zennenberg als Schriftführer in der Strafsache gegen Erich A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 7. August 1980, GZ. 5 d Vr 8467/79-34, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen der Verteidigerin, Rechtsanwalt Dr. Gerda Herzl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen, der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 5. Jänner 1954 geborene kaufmännische Angestellte Erich A des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs. 2
StGB schuldig erkannt. Den Urteilsannahmen zufolge hat er am 17. Juli 1979 in Wien als in der Verrechnungsabteilung der Edith B Verlagsgesellschaft m.b.H. beschäftigter Angestellter mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, unter der Vorgabe, es handle sich um die Halbjahresabrechnung mit einem Kunden, Edith B einen Bankauftrag zur Überweisung von 37.868,20 S vom Firmenkonto auf sein Gehaltskonto zur Unterschrift unterschoben und sie sohin durch Täuschung über Tatsachen zu der Unterschriftsleistung verleitet, die (im Wege der Durchführung des Überweisungsauftrags) die vorgenannte Firma an ihrem Vermögen um mehr als 5.000 S schädigte.
Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO.
Als undeutlich und (zugleich) mit einem Feststellungsmangel behaftet rügt der Beschwerdeführer die Urteilskonstatierungen insoweit, als in ihnen von der Unterschiebung eines 'falsch ausgefüllten' Überweisungsauftrags die Rede sei, ohne daß erschöpfend festgestellt worden wäre, wie der betreffende Bankvordruck tatsächlich ausgefüllt war, als er zur Unterschrift vorgelegt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Den Urteilsfeststellungen ist jedoch mit voller Deutlichkeit zu entnehmen, daß in dem von Edith B vollständig ausgefüllt unterschriebenen Überweisungsauftrag der Angeklagte als Empfänger weiters seine Kontonummer, der in Rede stehende Betrag von 37.868,20 S und als Verwendungszweck eine Abrechnung für die Monate Februar bis Juli 1979 (genau /vgl. S 21/: 'Abrechnung Übst. 2.78/II Febr. 79 bis Juli 79') angeführt war. Mit der Bezeichnung dieses Bankauftrags als 'falsch ausgefüllt' will das Erstgericht ersichtlich (nur) die (gleichfalls ausdrücklich festgestellte) Nichtübereinstimmung des Urkundeninhalts mit dem wahren Willen der Unterzeichnerin zum Ausdruck bringen.
Gegen letztere Konstatierung richtet der Beschwerdeführer den Vorwurf einer unvollständigen und unzureichenden Begründung; indes zu Unrecht: Seine gegenteilige Verantwortung wurde vom Erstgericht keineswegs unbeachtet übergangen, sondern aus den im Urteil logisch einwandfrei dargelegten Gründen als nach den Umständen unglaubwürdig und zudem durch die Aussage der Zeugin Edith B widerlegt erachtet, wobei sich das Gericht die anscheinend in die Richtung einer Blankettfälschung oder auch (nachträglichen) Verfälschung des von ihr unterschriebenen Überweisungsauftrags gehenden Mutmaßungen der Zeugin ohnehin nicht zu eigen machte. Wenn der Beschwerdeführer die vom Erstgericht angenommene (gelungene) Unterschiebung eines mit dem angegebenen Inhalt vollständig ausgefüllten Überweisungsauftrags als deshalb 'im höchsten Grad unwahrscheinlich' hinstellt, weil doch die Zeugin bekundet habe, daß sie jeden solchen Auftrag auf seinen Verwendungszweck hin zu prüfen pflege, wendet er sich gegen die denkgesetzlich mögliche Schlußfolgerung einer dennoch durch ihn im konkreten Fall auf die im Urteil beschriebene Art erfolgreich bewirkten Täuschung und damit in Wahrheit gegen einen der Anfechtung mit dem Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO entzogenen Akt der (freien) Beweiswürdigung.
Die Rechtsrüge entbehrt, soweit sie auf die Behauptung gestützt wird, Edith B sei mit der gegenständlichen Überweisung nach Prüfung des angegebenen Verwendungszwecks einverstanden gewesen, als nicht von den gegenteiligen Urteilsfeststellungen ausgehend der gesetzmäßigen Darstellung.
Im übrigen irrt der Beschwerdeführer, wenn er - die Ausführungen von Foregger-Serini, StGB2 S 270 am Ende der Erl. II zu § 146 über den Täuschungsbegriff zitierend - der von ihm vorliegend mit der Behauptung gegenüber Edith B, der zur Unterschrift vorgelegte Überweisungsauftrag betreffe eine Kundenabrechnung, gebrauchten Unwahrheit den Charakter einer nach § 146 StGB tatbildlichen Täuschung absprechen will:
Das Tatbild des Betrugs nach § 146 StGB - bei dem der Gesetzgeber auf das 'schillernde Merkmal' der List im Sinne des früheren § 197 StG gezielt verzichtet hat (vgl. Dokumentation zum StGB, S 169 r.Sp.) - verlangt zur Täuschung über Tatsachen kein besonders raffiniertes Vorgehen des Täters; als Täuschung kommt vielmehr grundsätzlich jedes Verhalten in Betracht, das geeignet ist, bei einem anderen einen Tatsachenirrtum hervorzurufen oder zu bestärken. Selbst eine (von vornherein gegebene) leichte Erkennbarkeit der Unrichtigkeit gebrauchter Vorgaben schließt die Annahme einer Täuschung nicht aus, wenn nur die Täuschungshandlung in abstracto zur Irreführung geeignet ist. Trifft dies zu, was dann nicht bezweifelt werden kann, wenn - wie hier - die angestrebte Irreführung tatsächlich bewirkt wurde, so ist darum auch unerheblich, ob der Getäuschte durch entsprechende Aufmerksamkeit den Irrtum hätte vermeiden können (Leukauf-Steininger, Kommentar2 RN 12 und 20 zu § 146 StGB mit Judikaturnachweisen).
Für den gegebenen Fall ergibt sich aus dem Gesagten, daß das Unterschieben des Überweisungsauftrags zur Unterschrift, wobei nach den Urteilsfeststellungen durch eine entsprechende Vorgabe die angestrebte Irreführung über dessen Ziel und Zweck - sei es auch infolge einer Unaufmerksamkeit der Getäuschten, die eine genauere Prüfung des ihr ausgefüllt zur Unterschrift vorgelegten Bankvordrucks unterließ - tatsächlich bewirkt wurde, als Täuschung (über Tatsachen) im Sinne des § 146 StGB zu beurteilen ist. Bei Vorliegen auch der übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des Betrugs erweist sich der angefochtene Schuldspruch demnach als frei von Rechtsirrtum.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten sowie gemäß § 369 StPO zur Zahlung eines Betrages von S 2.868,20 an die Privatbeteiligte Edith B (richtig an die Firma Edith B, Verlagsgesellschaft m.b.H.).
Bei Zumessung der Strafe nahm es als erschwerend die Vorverurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten, als mildernd hingegen keinen Umstand an.
Die Berufung des Angeklagten, welche allein Strafminderung begehrt, ist nicht begründet.
Von einer unverschuldeten Notlage zufolge des Konkurses einer (allerdings nicht aktenkundigen) früheren Firma des Angeklagten, wodurch rückständige Löhne uneinbringlich wurden, kann nicht die Rede sein, da er bei der Firma Edith B Verlagsgesellschaft m.b.H. immerhin ein angemessenes Entgelt erhielt; Abstandnahme von einer höheren Schadenszufügung liegt gleichfalls nicht vor, da bei Einsetzen einer höheren Summe auf die listig herausgelockte Überweisung die Gefahr der (vorzeitigen) Entdeckung erheblich größer gewesen wäre. Auch eine allfällige Nachlässigkeit der Zeugin Edith B kann nicht zusätzlich als mildernd gewertet werden, weil dieser Umstand gerade für den Betrug bestimmend war.
So gesehen vermag der Berufungswerber keinen zusätzlichen, ins Gewicht fallenden Milderungsgrund aufzuzeigen; die gegenständliche Tat liegt auf der Linie seiner (einschlägigen) Vorverurteilungen und lassen in dem Angeklagten einen Neigungstäter erkennen, bei welchem auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 39 StGB vorgelegen sind.
Die vom Erstgericht erkannte Strafe entspricht somit durchaus dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Straftat, sowie der Täterpersönlichkeit und ist daher nicht als überhöht anzusehen. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.
Anmerkung
E02917European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0120OS00156.8.1120.000Dokumentnummer
JJT_19801120_OGH0002_0120OS00156_8000000_000