Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 26.November 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Rauchenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Verena A wegen des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB.
über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Freistadt vom 5.August 1980, GZ. U 289/80-6, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:
Das Urteil des Bezirksgerichtes Freistadt vom 5.August 1980, GZ. U 289/80-6, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 42 StGB. Dieses Urteil wird aufgehoben und gemäß den §§ 288 Abs. 2 Z. 3, 292 StPO. in der Sache selbst erkannt:
Spruch
Verena A wird von der gegen sie erhobenen Anklage, sie habe am 28. Juni 1980 in Weinberg, Gemeinde Kefermarkt, im einverständlichen Zusammenwirken mit Patrick A vorsätzlich eine fremde Sache, nämlich ein Vorhangschloß des Martin B beschädigt, wobei der Schaden cirka 70 S betrage, gemäß dem § 259 Z. 4 StPO.
freigesprochen.
Text
Gründe:
Mit dem Urteil des Bezirksgerichtes Freistadt vom 5.August 1980, GZ. U 289/80-6, wurde die am 13.August 1925 geborene Verena A des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB. schuldig erkannt und zu einer - bedingt nachgesehenen - Geldstrafe verurteilt, weil sie am 28.Juni 1980 in Weinberg, Gemeinde Kefermarkt, im einverständlichen Zusammenwirken mit ihrem Sohn, dem am 9.Mai 1952 geborenen Patrick A, ein Vorhangschloß im Wert von etwa 70 S zum Nachteil des Martin B (vorsätzlich) beschädigte.
Diesem Schuldspruch ging eine Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Kefermarkt voraus, aus der sich im wesentlichen folgender Sachverhalt ergibt:
Seit etwa drei Jahren benützte der technische Angestellte Martin B unentgeltlich zwei Räume des zur Hälfte der Verena A gehörigen Schlosses Weinberg.
Da Verena A damit nicht einverstanden war, wurde Martin B aufgefordert, bis Ende Juni 1980 die von ihm benützten Räumlichkeiten aufzugeben. Als nun Verena A und ihr Sohn Patrick am 28. Juni 1980 bemerkten, daß an der Türe zu diesen Räumen ein Vorhangschloß angebracht war, 'zwickten' sie es auf, um in die von B noch nicht zur Gänze aufgegebenen Räume zu gelangen. Auf Grund dieser Anzeige stellte der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Freistadt zunächst den Antrag auf Feststellung, daß bei Verena A und Patrick A die Voraussetzungen des § 42 StGB. vorliegen. Das Bezirksgericht Freistadt beraumte jedoch gegen die beiden Beschuldigten eine Hauptverhandlung an, in der sodann einerseits das Verfahren gegen den inzwischen nach England zurückgekehrten Patrick A gemäß dem § 57 StPO. ausgeschieden wurde, anderseits im Sinn eines (nunmehr gestellten) Bestrafungsantrages des Bezirksanwaltes gegen Verena A das eingangs erwähnte, in Rechtskraft erwachsene Urteil erging. Das Protokoll über die Hauptverhandlung und die Ausfertigung des Urteils wurden durch einen Vermerk gemäß dem § 458 Abs. 2 StPO. ersetzt.
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Freistadt vom 11.September 1980, GZ. U 289/80-7, wurde in der Folge das Verfahren gegen Patrick A gemäß dem § 451 Abs. 2 StPO. aus dem Grund des § 42 StGB. eingestellt.
Rechtliche Beurteilung
Das Urteil des Bezirksgerichtes Freistadt vom 5.August 1980, GZ. U 289/80-6, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.
Nach dem § 42 StGB. ist eine von Amts wegen zu verfolgende Tat, die nur mit Geldstrafe, mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit einer solchen Freiheitsstrafe und Geldstrafe bedroht ist, dann nicht strafbar, wenn 1. die Schuld des Täters gering ist, 2. die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies 3. eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Täter von strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Alle diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben:
Das der Beschuldigten Verena A zur Last gelegte Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB. ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bedroht. Das tatbestandsmäßige Verhalten der Beschuldigten blieb nach der besonderen Lage des Falles hinter dem in dieser Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück. Die Tat hatte für Martin B nur einen geringen Vermögensschaden und auch sonst keine ins Gewicht fallende soziale Störung zur Folge. Schließlich war im Hinblick auf das bisher unbescholtene Vorleben und mangels jeglicher negativer Folgeerscheinungen der Tat eine Bestrafung der Beschuldigten weder aus Gründen der Spezial- noch aus Gründen der Generalprävention geboten.
Die unterlaufene Gesetzesverletzung gereicht der Beschuldigten zum Nachteil.
Der von der Generalprokuratur gemäß dem § 33 Abs. 2 StPO. erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher stattzugeben und gemäß dem § 292 StPO.
wie eingangs zu erkennen.
Anmerkung
E02932European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0110OS00169.8.1126.000Dokumentnummer
JJT_19801126_OGH0002_0110OS00169_8000000_000