TE OGH 1980/11/27 13Os155/80

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Veröffentlicht am 27.11.1980
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.November 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Reissner als Schriftführers in der Strafsache gegen Hermann A wegen des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach § 311 StGB. über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichts Ried im Innkreis als Schöffengerichts vom 28.August 1980, GZ. 6 Vr 198/80- 26, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst erkannt:

Hermann A ist schuldig, am 26.September 1978

in C als Bürgermeister dieser Gemeinde, sohin als Beamter dadurch, daß er in einer Auszahlungsanordnung an die Gemeindekasse C, lautend auf den Betrag von 7.000 S an Franz B, als (tatsachenwidrigen) Zahlungsgrund 'Traktorbeistellung Hauptschule C' anführte, in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amts fällt, eine Tatsache mit dem Vorsatz fälschlich beurkundet zu haben, daß diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis dieser Tatsache gebraucht werde.

Er hat hiedurch das Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach dem § 311 StGB. begangen und wird hiefür nach dieser Gesetzesstelle in Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB. zu einer Geldstrafe in der Höhe von 120 (einhundertzwanzig) Tagessätzen zu 300 (dreihundert) Schilling, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 60 (sechzig) Tagen, verurteilt.

Gemäß § 43 Abs. 1 StGB. wird ihm die Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bedingt nachgesehen. Gemäß dem § 389 StPO. hat der Angeklagte die Kosten des Strafverfahrens zu ersetzen; gemäß § 390 a StPO. fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Hermann A von der wider ihn erhobenen Anklage, am 26.September 1978 in C als Bürgermeister der vorerwähnten Gemeinde, sohin als Beamter dadurch, daß er in einer Auszahlungsanordnung an die Gemeindekasse C, lautend auf den Betrag von 7.000 S, an Franz B, als (tatsachenwidrigen) Zahlungsgrund 'Traktorbeistellung Hauptschule C' anführte, in einer öffentlichen Urkunde, deren Ausstellung in den Bereich seines Amts fällt, eine Tatsache mit dem Vorsatz fälschlich beurkundet zu haben, daß diese Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis dieser Tatsache gebraucht werde, und hiedurch das Vergehen der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach dem § 311 StGB. begangen zu haben, gemäß dem § 259 Z. 3 StPO. freigesprochen.

Nach den wesentlichen, diesem Freispruch zugrundeliegenden Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte Hermann A als Bürgermeister der Gemeinde C am 26.September 1978 eine an die Gemeindekasse C gerichtete und für Franz B, wohnhaft in C Nr. 13 (als Geldempfänger) bestimmte Auszahlungsanordnung (des Gemeindeamts C) über einen Betrag von 7.000 S erlassen und darin - bewußt wahrheitswidrig - als Zahlungsgrund 'Traktorbeistellung Hauptschule C' vermerkt, obwohl der - den Gegenstand dieser Auszahlungsanordnung des Gemeindeamts C bildende und auf Grund derselben auch tatsächlich ausbezahlte - Betrag von 7.000 S in Wahrheit nicht als Gegenleistung für die Beistellung eines Traktors durch den Schulwart Franz B für die Hauptschule C, sondern als Entgelt für die von dem vorerwähnten Schulwart gemeinsam mit zwei Reinigungsfrauen während der Schulferien zusätzlich erbrachten (und von der Gemeinde C gesondert zu entlohnenden) Anstreicherarbeiten an den Fenstern der Hauptschule C bestimmt war. Nach den weiteren, auf das volle Geständnis des Angeklagten gestützten Urteilsfeststellungen gab er den Zahlungsgrund auf dieser Auszahlungsanordnung zum Zweck der Umgehung von irgendwelchen Steuern, Beiträgen oder Abgaben bewußt falsch an. Das Erstgericht verneinte jedoch bei dieser vom Angeklagten als Bürgermeister der Gemeinde C ausgestellten Auszahlungsanordnung deren Charakter als öffentliche Urkunde, weil die - nach dem darin aufscheinenden Betrag ohnedies richtige - Zahlungsanordnung bloß einen gemeindeinternen Vorgang darstelle, und gelangte deshalb zu dem Freispruch.

Rechtliche Beurteilung

Diesen bekämpft die Staatsanwaltschaft mit einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zuzuerkennen ist.

Vorweggenommen sei, daß der Bürgermeister einer (inländischen) Gemeinde unter den - auch für die Bestimmung des § 311 StGB. maßgeblichen - Beamtenbegriff des § 74 Z. 4 StGB. fällt; ist er doch dazu bestellt, im Namen der Gemeinde als deren Organ (allein oder gemeinsam mit einem anderen) Rechtshandlungen vorzunehmen. In diesem Zusammenhang kommt es auf Art und Qualität der Rechtshandlungen nicht an. Für die Beamteneigenschaft selbst ist hier an sich auch nicht entscheidend, ob das Organ (hier: der Gemeinde) im konkreten Fall im Rahmen der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung der öffentlichen Hand tätig wird (vgl. Leukauf-Steininger2, RN. 9 und 13 zu § 74 Z. 4 StGB.). Allerdings erfordert § 311 StGB. u.a. die fälschliche Beurkundung (eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache) durch einen Beamten in einer öffentlichen Urkunde. Öffentliche Urkunden sind solche, die ... von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse ... in der vorgeschriebenen Form errichtet sind (§ 292 Abs. 1 ZPO.). Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine vom Angeklagten in seiner Eigenschaft als Bürgermeister der Gemeinde C, sohin als Beamter im Sinne des § 74 Z. 4 StGB. innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse erlassene Auszahlungsanordnung des Gemeindeamts C mit einem bestimmten (sachbezogenen) vorgeschriebenen Inhalt. Der Behördencharakter eines Gemeindeamts (als öffentliche Behörde) kann angesichts der diesem Amt zur Erledigung zufallenden Aufgaben der Hoheitsverwaltung nicht zweifelhaft sein. Unter diesen Umständen bedarf es zur Beurteilung der hier in Rede stehenden Auszahlungsanordnung als öffentliche Urkunde weder des Bestehens bestimmter Formvorschriften noch der Einhaltung besonderer Förmlichkeiten (EvBl. 1979/195).

Entgegen der Auffassung des Erstgerichts könnte sich an der Eigenschaft dieser Auszahlungsanordnung als öffentliche Urkunde aber selbst für den Fall, daß ihr nur gemeindeinterne (behördeninterne) Bedeutung zukäme, nichts ändern (vgl. EvBl. 1978/60 und 1979/195). Vor allem ist hier zu berücksichtigen, daß sie nicht nur für den mit der Kassenführung betrauten Beamten die Grundlage zur Auszahlung des darin aufscheinenden Geldbetrags von 7.000 S aus den Gemeindemitteln darstellte, sondern überdies auch als Kassabeleg zur späteren Überprüfung des Verwendungszwecks dieses Betrags dienen sollte. So gesehen gewinnt aber der vom Angeklagten auf dieser Auszahlungsanordnung bewußt wahrheitswidrig angeführte Zahlungsgrund (Traktorbeistellung für die Hauptschule C) gerade im Hinblick auf diesen mit den Tatsachen nicht im Einklang stehenden Inhalt und den vorgesehenen (rechtserheblichen) Verwendungszweck dieser öffentlichen Urkunde eine deliktsspezifische Bedeutung; war doch nach den Urteilsfeststellungen zur subjektiven Tatseite der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet, daß diese Auszahlungsanordnung (auch) zum Beweise der darin (wahrheitswidrig) vermerkten Tatsache (der Auszahlung eines Entgelts an Franz B für die Beistellung eines Traktors in einer die Hauptschule C betreffenden Angelegenheit) gebraucht werde, um solcherart die Bezahlung weiterer Steuern, Beiträge oder Abgaben (durch wen immer) zu vermeiden. Der Schutzzweck des Vergehens nach dem § 311 StGB. erstreckt sich - ebenso wie jener der §§ 223, 224 StGB. - u. a. auf die Richtigkeit des Inhalts einer zum Gebrauch im Rechtsverkehr bestimmten öffentlichen Urkunde (EvBl. 1977/105). Da eine solche Urkunde, auch wenn sie nur dem behördeninternen Verkehr dient, mit Rücksicht auf ihren Inhalt zum Beweis einer rechtserheblichen Tatsache, demnach 'im Rechtsverkehr' gebraucht wird (vgl. EvBl. 1977/185; 1979/195; LSK. 1979/227), verantwortet der Angeklagte Hermann A auf Grund des im Ersturteil festgestellten Sachverhalts das Vergehen der falschen Beurkundung im Amt nach dem § 311 StGB. sowohl in objektiver als auch in subjektiver Beziehung. Es war daher der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Folge zu geben, das angefochtene Urteil aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO. in der Sache selbst zu erkennen, daß der Angeklagte Hermann A des Vergehens der falschen Beurkundung und Beglaubigung im Amt nach dem § 311 StGB. schuldig ist. Die Strafe war nach der eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorsehenden Bestimmung des § 311 StGB. zu verhängen. Für die Strafbemessung war erschwerend kein Umstand, mildernd waren hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten und der auffallende Widerspruch der Tat zu seinem sonstigen Verhalten sowie der ganz wesentliche Beitrag seiner Aussage zur Wahrheitsfindung (S. 157).

Darnach erschiene dem Obersten Gerichtshof als Freiheitsstrafe eine solche von zwei Monaten dem Unrechtsgehalt der Tat und dem Verschulden des in Ausrichtung auf einen mißverstandenen Gemeinnutz ohne Eigennutz handelnden Täters angemessen. Bei diesem Strafmaß wird allerdings die Bestimmung des § 37 Abs. 1 StGB. wirksam, wonach statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten gleichwohl auf eine Geldstrafe von nicht mehr als dreihundertsechzig Tagessätzen zu erkennen ist, wenn es - was auf den Angeklagten zutrifft - nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken. In Heranziehung des Umrechnungsschlüssels des § 19 Abs. 3 StGB. bestimmt sich die über den Angeklagten zu verhängende Geldstrafe demnach mit 120 Tagessätzen, der eine für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Tagen entspricht.

Der Angeklagte bearbeitet zusammen mit seiner Ehegattin als Bauer eine zur Hälfte in seinem Eigentum stehende Landwirtschaft mit 38,09 ha nutzbarer Fläche im Einheitswert von 394.000 S (S. 110); als Bürgermeister der Gemeinde C bezieht er eine Aufwandsentschädigung von monatlich netto 8.865,36 S (S. 115). Neben seiner in der Landwirtschaft mittätigen Ehegattin hat er für zwei minderjährige Kinder zu sorgen (S. 110). Diesen in nunmehriger Erstbemessung der Strafe im Zeitpunkt der Fällung der Rechtsmittelentscheidung maßgebenden (LSK. 1975/82) persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, wie sie im Gerichtstag vor dem Höchstgericht bekräftigt wurden, entspricht nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ein Tagessatz von 300 S.

Die solcherart bemessene Geldstrafe war allerdings bedingt nachzusehen, weil mit Grund anzunehmen ist, daß nach Lage des Falls die bloße Androhung auch des (als nicht in die persönliche Freiheit eingreifenden) gelinderen Strafmittels der Geldstrafe effizient genug sein werde, um einen künftigen Rückfall zu verhindern. Im Hinblick auf das mehr als zweijährige Zurückliegen der Tat wurde eine Probezeit von einem Jahr für ausreichend erachtet.

Anmerkung

E02902

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00155.8.1127.000

Dokumentnummer

JJT_19801127_OGH0002_0130OS00155_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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