Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Peter B, sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich Peter B gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 3. September 1980, GZ. 8 Vr 349/80-72, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufungen wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden, für den sich der Oberste Gerichtshof die Ausübung der ihm nach § 290 Abs. 1 StPO zustehenden Befugnis hinsichtlich der Angeklagten Herbert A und Peter B vorbehält.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Peter B auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde unter anderen der am 20. April 1962 geborene Elektrikerlehrling Peter B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 2
StGB, des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs. 1, 2 und 3 sowie 15 StGB, des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB und des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB verurteilt.
Ihm liegt zur Last, gemeinsam mit dem Mitangeklagten Herbert A in der Nacht zum 30. Mai 1980, am 30. Mai 1980 und am 31. Mai 1980 Diebstähle begangen und Kraftfahrzeuge unbefugt in Gebrauch genommen oder dies versucht zu haben (Punkte A 1, B und C des Urteilssatzes), am 31. Mai 1980 einen Einmietbetrug begangen zu haben (Punkt D des Urteilssatzes) und entweder am 21. September 1979
vor dem Jugendgerichtshof Wien oder am 24. April 1980 vor dem Kreisgericht Krems an der Donau als Zeuge eine falsche Beweisaussage abgelegt zu haben (Punkt E des Urteilssatzes). Der gegen dieses Urteil gerichteten, allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z 4 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B kommt keine Berechtigung zu.
Gerügt wird die Abweisung des in der Hauptverhandlung gestellten Antrages auf Einholung eines (ärztlichen) Sachverständigengutachtens, das 'im Hinblick auf den angegebenen Suchtgiftkonsum und Alkoholkonsum eine Überprüfung der Zurechnungsfähigkeit zur Tatzeit gemäß § 287 StGB' zum Ziel haben sollte (S 334 d.A). Dieser Antrag bezog sich augenscheinlich - ungeachtet eines nur unbestimmten Hinweises auf 'die Tatzeit' - allein auf die im nahen zeitlichen Zusammenhang begangenen Urteilsfakten A 1, B, C und D, nicht jedoch auf das Urteilsfaktum E, denn hiezu hatte der Angeklagte in seiner Verantwortung gar nicht behauptet, zurechnungsunfähig gewesen zu sein.
Rechtliche Beurteilung
Soweit die Beschwerde die Begründung des den erwähnten Antrag abweisenden Beschlusses mit der Ausführung bemängelt, der achtzehnjährige Mitangeklagte A, auf dessen Verantwortung sich das Erstgericht in seinem Beschluß stütze, sei im Umgang mit Rauschgiften offensichtlich nicht erfahren und seine Angaben (über den Zustand des Beschwerdeführers) bildeten daher keinen sicheren Boden, wird übergangen, daß sich das Erstgericht im den Antrag abweisenden Zwischenerkenntnis (S 348/349 d.A) nicht nur auf die Angaben des Mitangeklagten A, sondern auch auf die Aussage des Zeugen Robert C über den Alkohol- und Rauschgiftkonsum des Beschwerdeführers vor den Vormittagsstunden des 31. Mai 1980 stützte. Gerade dieser Zeuge, dem im Hinblick auf den eigenen mehrjährigen Rauschgiftmißbrauch (S 339 d.A) Erfahrung in der Beurteilung eines dadurch hervorgerufenen Rauschzustandes nicht abgesprochen werden kann, erklärte ebenfalls, daß der Beschwerdeführer nicht beeinträchtigt gewesen sei, sondern (bei den wiederholten Treffen an den drei genannten Tagen) voll handlungsfähig war (S 338 d.A). Dazu kommt, daß nach der Aktenlage bis zu dem in den Nachmittagsstunden des 30. Mai 1980 unternommenen Besuch des Lokals 'E' in Wien echtes Suchtgift gar nicht zur Verfügung stand, sondern der von Robert C beigestellte Staub des in jeder Samenhandlung erhältlichen (gewöhnlichen) Hanfsamens geraucht wurde, wodurch keine einem Suchtgift eigene Wirkung erzielt wurde (S 339 d.A). Hält man dazu noch, daß auch der Zeuge D, bei dem sich der Beschwerdeführer und A in den Morgenstunden des 31. Mai 1980 unter falschen Namen einmieteten, beim Beschwerdeführer gleichfalls nichts von einer Suchtgift- oder Alkoholbeeinträchtigung merkte (S 342 d.A), der Beschwerdeführer vor der Polizei und der Gendarmerie ausführliche Angaben über die von ihm begangenen strafbaren Handlungen zu machen vermochte (S 25 ff in ON 22 und S 251 d.A) und er Personen- und Lastkraftwagen und ein schweres Motorrad (Marke Honda 500) über weite Strecken zu lenken vermochte, somit auch die Art der Taten gegen den Zustand einer vollen Berauschung spricht (SSt 19/75), so erweist sich die Abweisung des in Rede stehenden Beweisantrages als zutreffend.
Ein Sachverständigengutachten über die Frage einer vollen Berauschung ist nämlich nur dann einzuholen, wenn konkrete Symptome vorliegen, die auf das Vorhandensein eines solchen Zustandes hindeuten (SSt 41/23, SSt 19/169 ua). Das Vorliegen solcher Symptome wurde vom Erstgericht gestützt auf die Beweisergebnisse (die Verantwortung des Mitangeklagten A und die Aussage des Zeugen C) in Ablehnung der Verantwortung des Beschwerdeführers mit zureichender Begründung verneint. Versagt jedoch das Gericht - wie hier - mit unbedenklicher Begründung einem Angeklagten den Glauben an die Richtigkeit der von ihm aufgestellten Behauptungen (hier: über rauschbedingte Erinnerungslücken), so ist es nicht gehalten, Beweise aufzunehmen, für deren Erheblichkeit die Richtigkeit dieser als unglaubwürdig abgelehnten Behauptung Voraussetzung wäre (Mayerhofer-Rieder II/2, § 281 Abs. 1 Z 4 StPO/67).
Aus den angeführten Erwägungen war daher die Nichtigkeitsbeschwerde als offenbar unbegründet sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).
Zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten B und der Staatsanwaltschaft wird gemäß § 296 Abs. 3 StPO ein Gerichtstag anberaumt werden, für den sich der Oberste Gerichtshof in Bezug auf beide Angeklagte die Ausübung der ihm nach § 290. 1 StPO zustehenden Befugnis vorbehält.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02964European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0090OS00174.8.1216.000Dokumentnummer
JJT_19801216_OGH0002_0090OS00174_8000000_000