Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 18.Dezember 1980
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Reissner als Schriftführers in der Strafsache gegen Heinz A u.a. wegen des Verbrechens des Diebstahls nach §§ 127 ff. StGB. sowie weiterer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Heinz A und Herbert B gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 25. August 1980, GZ. 8 d Vr 6662/79-164, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Philipp und Dr. Landerl sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten Heinz A und Herbert B die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 8.November 1960 geborene Heinz A und der am 29.August 1957 geborene Herbert B, beide beschäftigungslos, neben dem Vergehen der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB. des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren und gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 2, 130 und 15 StGB. schuldig erkannt, weil sie in der Zeit vom 20.Mai bis 28.Juni 1979 mit Bereicherungsvorsatz in wechselnder Zusammensetzung in Gesellschaft als Beteiligte gewerbsmäßig - A in 24, B in 27 Fällen - überwiegend durch Einbruch, Einsteigen oder Aufbrechen von Behältnissen fremde bewegliche Sachen in einem 100.000 S übersteigenden Gesamtwert (A rund 145.000 S, B rund 185.000 S) stahlen sowie - A in zehn, B in vier Fällen - zu stehlen versuchten. Diesen Schuldspruch bekämpfen beide Angeklagten nur in Ansehung der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle mit ihren auf § 281 Abs. 1 Z. 5 und 10 StPO.
gestützten - getrennt ausgeführten - Nichtigkeitsbeschwerden. In Ausführung der Mängelrüge nach dem erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund rügen beide Beschwerdeführer die der bekämpften Qualifikation ihrer Taten zugrundeliegenden Feststellungen des Erstgerichts, A habe im Jahre 1979 beschlossen, seinen Beruf nicht mehr auszuüben und seinen Lebensunterhalt durch die fortgesetzte Begehung von Diebstählen zu bestreiten, B habe Ende 1978 zu arbeiten aufgehört, zunächst von Zuschüssen seiner Mutter und seines Schwagers gelebt, als diese Geldmittel jedoch nicht ausreichten, beschlossen, sich durch die fortgesetzte Begehung von Diebstählen eine zusätzliche Einkommensquelle zu verschaffen (S. 220, 221/IV), als mangelhaft begründet.
Die zitierten Feststellungen des Erstgerichts beruhen in erster Linie auf den Angaben der Angeklagten selbst (S. 185, 186/IV), die ihre Diebstähle mit Geldmangel motivierten. Wenngleich mit diesen Aussagen kein Geständnis hinsichtlich der Absicht der wiederkehrenden Begehung der Diebstähle zwecks Erzielung eines fortlaufenden Einkommens abgelegt wurde, so leitete das Erstgericht doch in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs. 2 StPO.) diese Absicht daraus sowie aus der wirtschaftlichen Lage der Täter, daneben auch aus der Vielzahl der verübten Diebstähle ab und begründete diese Feststellung auch zureichend (S. 270/IV). Mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers A, bei ihm, der einen Beruf erlernt und bei seiner letzten Beschäftigung monatlich 10.000 S verdient habe, hätte in dubio Gewerbsmäßigkeit nicht angenommen werden dürfen, bekämpft er nur in im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des erkennenden Schöffensenats und bestreitet gar nicht, daß dessen Feststellung, mit den Denkgesetzen vereinbar, auf Grund der Beweisergebnisse getroffen wurde. Der Beschwerdeführer B begnügt sich mit dem Hinweis auf die Darstellung der Rechtsrüge, in der das Fehlen seiner Meinung nach zur rechtlichen Beurteilung erforderlicher Feststellungen bekämpft wird, ohne aber dem Wesen einer Mängelrüge gemäß gegen die getroffenen Feststellungen irgendwelche Einwände zu erheben oder deren Unvollständigkeit wegen Übergehens wichtiger Verfahrensergebnisse darzutun. Beide
Rechtliche Beurteilung
Mängelrügen sind daher nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt, sodaß sich ein weiteres Eingehen auf sie erübrigt.
In der Rechtsrüge nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. bringt der Beschwerdeführer A vor, die Taten drängten sich auf den Zeitraum von einem Monat zusammen, der zu kurz sei, um Gewerbsmäßigkeit zu begründen. Wohl sei es selbstverständlich, daß jeder Dieb durch seine Taten seine materielle Situation verbessern wolle, doch sei vorliegend für die Absicht, eine fortlaufende Einnahme zu erzielen, keine Grundlage gegeben. Der Beschwerdeführer B wiederum führt aus, die Annahme der Gewerbsmäßigkeit setze voraus, daß die Diebstähle nach einem vorausgehenden Plan verübt würden; er habe weder gleichartige Gegenstände gestohlen noch seine Taten gleichartig ausgeführt; schließlich hätte das Urteil Feststellungen über die Verwertung der Diebsbeute treffen müssen, um eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit zu schaffen.
Diesen Rechtsausführungen kann jedoch nicht gefolgt werden:
Die vorliegend vom Schöffengericht (in tatsächlicher Hinsicht) festgestellte Absicht der Beschwerdeführer, durch wiederkehrende Begehung ihrer Taten eine fortlaufende Einnahme zu erzielen, kann unter Umständen schon aus einer einmaligen Tat abgeleitet werden (vgl. u.a. LSK. 1975/93 = SSt. 46/16 = EvBl. 1975/259 = JBl. 1975, 496). Umso weniger kann bezweifelt werden, daß die zahlreichen vom Schuldspruch erfaßten, sich über einen Zeitraum von mehr als einen Monat erstreckenden Diebstähle zur Annahme der Qualifikation nach § 130 StGB. hinreichen.
Aus der Legadefinition des § 70 StGB. läßt sich weder ableiten, daß der Täter nach einem vorgefaßten Plan handeln müsse, noch daß er die fortlaufende Einnahme aus der Zueignung und Verwertung gleichartiger, nach ähnlicher Begehungsart gestohlener Gegenstände erzielen wolle. Es genügt vielmehr auch für die qualifizierte Schuldform der Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.), daß sie im Augenblick der Tatbegehung dieses Handeln des Täters bestimmt, wobei wie bei jedem Diebstahl auch beim gewerbsmäßig begangenen jede (nicht völlig wertlose) fremde bewegliche Sache als Objekt in Betracht kommt und die Art der Diebstahlshandlung rechtlich hiefür ohne Belang ist. Feststellungen über die Art der Verwertung der Diebsbeute waren im angefochtenen Urteil umso weniger erforderlich, als die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht einmal voraussetzt, daß der Täter das Diebsgut auch tatsächlich gewinnbringend veräußern konnte (LSK. 1978/109).
Da somit auch den Rechtsrügen keine Berechtigung zukommt, waren die Nichtigkeitsbeschwerden zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte nach (dem zweiten Strafsatz des) § 130 StGB. über den Angeklagten A eine Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren und über den Angeklagten B (unter Bedachtnahme gemäß § 31 StGB.
auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 6. September 1979, AZ. 3 c E Vr 5714/79, mit welchem der Genannte wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 129 Z. 1
und 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war) eine zusätzliche Freiheitsstrafe von (gleichfalls) zweieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht hinsichtlich beider Berufungswerber als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die auf gleicher schädlicher Neigung beruhene(n) Vorstrafe(n) und die zweifach gegebene hohe Strafdrohung (gemeint nach §§ 128 Abs. 2 und 130, zweiter Strafsatz, StGB.), bei A überdies den raschen Rückfall und die mehrfache Qualifikation des Grundtatbestands des Diebstahls; als mildernd berücksichtigte es hingegen die reumütigen, zur Wahrheitsfindung beitragenden Geständnisse und den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb, bei A darüber hinaus das Alter unter 21 Jahren.
Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten A und B - im wesentlichen unter Hervorhebung der vom Schöffengericht angenommenen Milderungsumstände, A auch mit der Behauptung, den Vorverurteilungen lägen Bagatellfälle zugrunde - die Herabsetzung der Freiheitsstrafen an.
Den Berufungen kann ein Erfolg nicht beschieden sein:
Das Schöffengericht stellte nämlich die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig fest und unterzog sie - auch unter Beachtung der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Grundsätze (§ 32 StGB.) - einer zutreffenden Würdigung. Die einschlägigen Vorstrafen waren bei beiden Berufungswerbern wirkungslos, bei B auch der Einsatz eines Bewährungshelfers. Wohl ist bei B auf eine sechsmonatige Freiheitsstrafe gemäß § 31 StGB. Rücksicht zu nehmen, doch hat er die meisten Angriffe und den höchsten Schaden zu vertreten; das gleicht die nicht sehr gravierende Vorbelastung durch die Zwischenstrafe wieder aus. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher zu einer Reduktion der nach dem eine Strafdrohung bis zu 10 Jahren aufweisenden zweiten Strafsatz des § 130 StGB. verhängten Strafen (bei Konkurrenz mit dem gleich hohen Strafsatz des § 128 Abs. 2 StGB.) nicht veranlaßt.
Anmerkung
E02942European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1980:0130OS00162.8.1218.000Dokumentnummer
JJT_19801218_OGH0002_0130OS00162_8000000_000