Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl und Dr. Kuderna sowie Dipl. Ing. Otto Beer und Dr. Hanns Waas als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard M*****, vertreten durch Hermann Peter, Leitender Sekretär der Gewerkschaft der Privatangestellten, Wien, dieser vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) prot. Firma Dieter F*****, 2.) prot. Firma Dieter F*****, ebendort, beide vertreten durch Dr. Herbert Schachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 66.503,90 brutto sA (Revisionsstreitwert S 48.703,60 sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 3. Juli 1980, GZ 44 Cg 105/80-35, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Arbeitsgerichtes Wien vom 28. Februar 1980, GZ 7 Cr 250/77-27, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben; das angefochtene Urteil, das hinsichtlich des Zuspruchs von S 17.800,30 sA unangefochten geblieben war, wird dahin abgeändert, dass das Urteil erster Instanz wiederhergestellt wird; hinsichtlich der vom Berufungsgericht vorgenommenen Bestätigung des erstgerichtlichen Urteiles in Ansehung des abgewiesenen Mehrbegehrens von S 7.308,74 sA wird der Revision nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 134,-- bestimmten Barauslagen des Berufungsverfahrens sowie die mit S 3.144,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 133,-- an Barauslagen und S 23,-- an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war im Unternehmen der beklagten Parteien in der Zeit vom 20. 10. 1975 bis 30. 9. 1977 als Neuwagenverkäufer beschäftigt; er hatte keinen Gebietsschutz, ein schriftlicher Arbeitsvertrag kam nicht zustande. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs Anwendung. Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage zuletzt (AS 97) von der beklagten Partei die Zahlung eines Bruttobetrages von insgesamt S 66.503,80 sA. Hievon entfallen S 48.703,60 auf Überstundenentgelt, S 10.287,30 auf restliches Urlaubsentgelt für die Zeit vom 3. 1. bis 30. 1. 1977 sowie S 7.513,-- auf restliches Krankenentgelt für die Zeit vom 8. 11. bis 17. 11. 1976.
Zur Begründung bringt der Kläger vor, er habe als Arbeitsentgelt ein Fixum in der Höhe von S 2.500,-- (1975), S 2.720,-- (1976) und S 2.950,-- (1977) sowie Provisionen erhalten. Der kollektivvertragliche Mindestgehalt habe in dieser Zeit nach der für den Kläger geltenden Beschäftigungsgruppe 3, viertes Berufsjahr, S 4.190,-- (1975), S 5.008,-- (1976) und S 5.410,-- (1977) jeweils brutto und 14 mal jährlich, betragen. An Fixum und Provisionen habe er im Jahre 1975 S 9.713,14, im Jahr 1976 S 13.340,17 und im Jahr 1977 S 10.104,88, jeweils brutto im Monatsdurchschnitt, erhalten (AS 14). Der Kläger habe während seines gesamten Arbeitsverhältnisses über Anweisung der beklagten Parteien Überstunden verrichtet. Er habe täglich von 8 bis 18 h und an Samstagen von 8 bis 12 h arbeiten müssen, ohne dass ihm die im Kollektivvertrag vorgesehene Freizeit in der Dauer eines halben Tages oder die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepausen gewährt worden seien. Unter Berücksichtigung einer täglichen halbstündigen Mittagspause habe er sohin 51,5 Arbeitsstunden wöchentlich gearbeitet; er habe sohin 11,5 Überstunden pro Woche verrichtet. Insgesamt habe er 1.047 Überstunden geleistet, für die er ein Überstundenentgelt von S 48.703,60 auf der Basis des kollektivvertraglichen Mindestgehaltes noch zu erhalten habe (AS 71 in Verbindung mit AS 97). In der Zeit seines vom 8. 11. bis 17. 11. 1976 währenden Krankenstandes sei an ihn nur das Fixum, nicht jedoch der Provisionsdurchschnitt in der Höhe von S 7.513,--, gezahlt worden. Schließlich sei er vom 3. 1. bis 30. 1. 1977 auf Urlaub gewesen, wofür er noch den Provisionsdurchschnitt von S 10.287,30 zu fordern habe.
Die beklagten Parteien beantragten Klagsabweisung. Ein Anspruch auf Überstundenentgelt stehe dem Kläger nicht zu, weil die Parteien vereinbart hätten, dass allfällige Überstunden durch die weit über den Kollektivvertrag liegenden Bezüge des Klägers abgegolten seien. Überstunden seien ausschließlich im Interesse der Provisionen verrichtet worden. Sie seien jedoch weder angeordnet noch erforderlich gewesen. Der Zeitpunkt der mit den Kunden geführten Gespräche sei ausschließlich vom Kläger bestimmt worden. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich eines Teilbetrages von S 59.195,06 sA statt und wies das Mehrbegehren von S 7.308,74 sA ab. Es traf folgende für das Revisionsverfahren noch wesentliche Feststellungen:
Der Kläger bezog im Jahr 1975 ein monatliches Fixum von S 2.500,--, im Jahr 1976 ein solches von S 2.720,-- und im Jahr 1977 von S 2.950,--, jeweils 14 mal jährlich. Er war in dem am Parkring gelegenen Verkaufslokal der beklagten Parteien beschäftigt. Die Öffnungszeiten waren täglich von 8 bis 18 h und an Samstagen von 8 bis 12 h. Im Hinblick auf die starke Kundenfrequenz mussten immer zumindest zwei Verkäufer anwesend sein. Es gab keine geregelte Mittagszeit; die Verkäufer nahmen vielmehr mittags im Lokal eine Kleinigkeit zu sich. Unter Berücksichtigung der täglich hiefür erforderlichen 30 Minuten und der Öffnungszeiten ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 51,5 Stunden grundsätzlich anzunehmen. Die an Samstagen verrichtete Arbeitszeit kann nicht genau festgestellt werden, weil der Kläger - so wie die anderen Verkäufer - abwechselnd zur Arbeit später erschien oder auch früher wegging. Autoverkäufer verrichten auch unkontrollierbare Arbeiten außerhalb der Geschäftsräume. Beim Kläger verhält sich dieser Außendienst zum Innendienst so wie 1 : 9. Absenzen vom Arbeitsplatz waren einerseits zwecks Koordinierung mit den anderen Verkäufern und andererseits wegen der vom Verkaufsleiter vorwiegend telefonisch (bis zu 5 mal am Tag) vorgenommenen Kontrollen zu melden. Der Verkaufsleiter legte besonderen Wert auf einen pünktlichen Arbeitsbeginn (mit Ausnahme von Samstagen). Mit Rücksicht auf im Lokal anwesende Kunden war der Arbeitsschluss nicht immer schon um 18 h.
Beim Einstellungsgespräch wurde über Überstunden nicht gesprochen. Die Parteien trafen betreffend Überstunden keine Vereinbarung. Auf spätere Urgenzen des Klägers im Zusammenhang mit der Nichtgewährung des im Kollektivvertrag vorgesehenen freien halben Arbeitstages sowie von Ruhepausen erwiderte der Verkaufsleiter, der Kläger könne ja gehen, wenn es ihm nicht passe. Der Verkaufsleiter vertrat die Auffassung, infolge der Provisionsstaffelungen sei ein Leistungsanreiz und bei höheren Verkaufsziffern auch ein entsprechendes Provisionseinkommen vorhanden.
Der Kläger bezog an Provisionen im Jahr 1975 S 14.490,--, im Jahr 1976 S 127.442,-- und im Jahr 1977 S 40.829,--. Er hat folgende "präsumptive Überstundenleistungen, bezogen auf die Öffnungszeiten des Verkaufslokales", erbracht: Im Jahr 1975 52 Überstunden á S 38,08, im Jahr 1976 604 Überstunden á S 45,52 und im Jahr 1977 391 Überstunden á S 49,18. Die Summe des Überstundenentgelts beträgt S 48.703,60.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass der Kläger einerseits auf der Grundlage einer Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden und andererseits der während der Öffnungszeiten verrichteten Arbeiten Überstundenleistungen erbracht habe, für die ihm ein Überstundenentgelt zustehe. Da er jedoch "an Samstagen und auch an Wochentagen bedingt durch eine gewisse freizügigere Arbeitseinteilung sicherlich Minderstunden verrichtet habe, die mangels Feststellungsmöglichkeit nur der Schätzung durch das Gericht anheimfallen", sei unter Anwendung des § 273 ZPO "ein Abschlag von 15 % anzunehmen". Das Erstgericht sprach somit dem Kläger einen Betrag von S 59.195,06 sA zu. In diesem Betrag sind S 10.284,-- für restliches Urlaubsentgelt und S 7.513,-- an restlichem Krankenentgelt enthalten; der Rest entfällt auf Überstundenentgelt. Das abgewiesene Mehrbegehren von S 7.308,74 (offenbar richtig S 7.308,84) setzt sich aus einem Teilbetrag von S 3,30 an restlichem Urlaubsentgelt und dem vorerwähnten Abzug von 15 % des mit insgesamt S 48.703,60 festgestellten Überstundenentgelts (ds S 7.305,54) zusammen. Das Berufungsgericht bestätigte den Zuspruch eines Teilbetrages von S 17.800,30 sowie die Abweisung des Mehrbegehrens von S 7.308,74 betreffenden Teil des erstgerichtlichen Urteils und änderte dieses im Übrigen dahin ab, dass es insgesamt (mit dem vorerwähnten vom Erstgericht bereits abgewiesenen Mehrbegehren) S 48.703,60 sA abwies. Der dem Kläger zugesprochene, im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpfte, Betrag von S 17.800,30 enthält S 10.284,-- an Urlaubsentgelt und S 7.513,-- an Krankenentgelt sowie einen - offensichtlich irrtümlich zugesprochenen - Restbetrag von S 3,30. Dieser letztgenannte Betrag bildet die - vom Erstgericht abgewiesene - Differenz zwischen dem festgestellten und zugesprochenen Krankenentgelt von S 10.284,-- und dem vom Kläger begehrten Krankenentgelt von S 10.287,30. Das abgewiesene Mehrbegehren betrifft das gesamte vom Kläger begehrte Überstundenentgelt. Das Berufungsgericht führte das Verfahren gemäß dem § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG neu durch und traf die gleichen Feststellungen wie das Erstgericht. Es stellte lediglich für das Jahr 1977 einen Provisionsbezug des Klägers von S 74.681,30 an Stelle des vom Erstgericht festgestellten Betrages von S 40.829,-- fest. Das Berufungsgericht traf noch folgende ergänzende Feststellungen:
Dem Kläger stand die Nutzung des Dienstwagens für private Zwecke als Naturalbezug zu. Dieser Bezug wurde zunächst mit monatlich S 1.000,-- brutto und ab 1. 1. 1977 mit monatlich S 1.150,-- brutto bewertet. Eine Gegenüberstellung jener Beträge, die der Kläger - mit Ausnahme des vorerwähnten Naturalbezuges - unter Berücksichtigung von Fixum und Provision tatsächlich verdient hat, mit jenen Beträgen, die sich bei kollektivvertraglicher Mindestentlohnung der Normalarbeitszeit und der vom Kläger geleisteten Überstunden ergeben, führt zu folgendem Ergebnis:
Kollektivvertrag tatsächlicher Verdienst
1975 S 10.360,16 S 19.490,--
1976 S 87.590,08 S 160.082,--
1977 S 67.919,38 S 101.231,30
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, ein Provisionsvertreter habe keinen Anspruch auf zusätzliche Überstundenentlohnung, wenn die verdiente Provision einschließlich Fixum die Normalarbeitszeit und die Überstunden auf der Basis der kollektivvertraglichen Mindestbezüge abdecken. Da diese Voraussetzung auf den Kläger zutreffe, fehle dem geltend gemachten Anspruch auf Überstundenentgelt die Berechtigung.
Fasse man aber einen solchen Verdienst als Abgeltung geleisteter Überstunden auf, könne der Kläger auch aus dem Titel eines Zeitausgleiches keine Geldansprüche mehr ableiten. Die Frage der Anwendbarkeit des § 273 ZPO hätte der Kläger mit Mängelrüge bekämpfen müssen. Davon abgesehen, könnten Überstundenleistungen, die nicht mehr feststellbar sind, nach dieser Bestimmung festgesetzt werden. Gegen den die Abweisung des Mehrbegehrens betreffenden teils bestätigenden, teils abändernden Teil dieser Entscheidung richtet sich die aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Revision des Klägers mit dem Antrag, die Entscheidungen der Untergerichte dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagten Parteien beantragten, der Revision einen Erfolg zu versagen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist berechtigt.
Das Berufungsgericht hat seine oben wiedergegebene Auffassung über den fehlenden Anspruch eines Provisionsvertreters auf "zusätzliches Überstundenentgelt" nicht näher begründet, sondern hat sich nur auf eine von ihm am 26. 7. 1965 zu 44 Cg 90/65 gefällte, in der Sonderbeilage der Zeitschrift "Die Industrie", Folge 10 unter Nr 566 veröffentlichte Entscheidung berufen. Es hat hiebei aber - offenbar ebenso wie die Redaktion dieser Zeitschrift - übersehen, dass diese Entscheidung nicht rechtskräftig geworden ist. Sie wurde vielmehr vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 11. 1. 1966, 4 Ob 128/65 (Arb 8183), unter ausdrücklicher Ablehnung der vom Berufungsgericht vertretenen, in die nunmehr angefochtene Entscheidung übernommenen Auffassung aufgehoben. Der Oberste Gerichtshof brachte in seiner Entscheidung im Anschluss an Arb 6038 zum Ausdruck, dass der Meinung der Unterinstanzen, Arbeitsverträge eines Provisionsvertreters seien von vornherein unter der stillschweigenden Bedingung abgeschlossen, dass das gesamte überkollektivvertragliche Einkommen eines Jahres zur Deckung allfälliger Überstundenansprüche heranzuziehen sei, nicht beigepflichtet werden könne. Die Bestimmung des § 15 der (damals geltenden) Arbeitszeitordnung unterscheide nicht zwischen Angestellten, die mit einem Fixum entlohnt werden, und solchen Angestellten, die eine Provision oder ein Fixum und eine Provision beziehen. Der Kollektivvertrag für Handelsangestellte gelte auch für Provisionsvertreter. Mangels einer anderen, ausdrücklich oder stillschweigend, getroffenen Vereinbarung stehe auch den Provisionsvertretern - so wie allen Arbeitnehmern - grundsätzlich ein Anspruch auf Überstundenentgelt zu. Eine derartige Vereinbarung könnte aber nur dann angenommen werden, wenn unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles kein Zweifel darüber bestehe, dass sich die Absicht der Parteien auf eine Anrechnung der Provisionen auf ein allfälliges Überstundenentgelt gerichtet habe.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von diesen Grundsätzen abzuweichen. Auszugehen ist davon, dass der Kollektivvertrag der Handelsangestellten Österreichs, wie sich etwa aus der darin enthaltenen Gehaltsordnung sowie dem Beschäftigungsgruppenschema ergibt, auch für Provisionsvertreter gilt. Im Abschnitt VII des Kollektivvertrages sind die Bestimmungen über Überstunden enthalten, ohne dass zwischen Angestellten und Provisionsvertretern unterschieden wird. Überschreitungen der im Abschnitt V festgelegten täglichen Arbeitszeit sind demnach als Überstunden besonders zu entlohnen. Die Überstundenentlohnung besteht aus dem Grundstundenlohn und einem Zuschlag. Der Grundstundenlohn beträgt 1/165 des Bruttomonatsgehaltes; der Überstundenzuschlag beträgt, soweit dies hier von Bedeutung ist, 50 %. Die wöchentliche Normalarbeitszeit beträgt ohne Ruhepausen 40 Stunden. Im Kollektivvertrag sind keine besonderen Bestimmungen für Provisionsvertreter betreffend Arbeitszeit, Überstunden oder Überstundenentgelt enthalten. Das gleiche gilt für das Arbeitszeitgesetz. Gemäß dem § 10 Abs 1 leg cit gebührt für Überstunden ein Zuschlag von 50 %. Der Berechnung dieses Zuschlages ist, wie in Abs 2 festgelegt wird, der auf die einzelne Arbeitsstunde entfallende Normallohn zugrunde zu legen. Bei Akkord-, Stück- und Gedinglöhnen ist dieser nach dem Durchschnitt der letzten 13 Wochen zu bemessen. Durch Kollektivvertrag kann auch eine andere Berechnungsart vereinbart werden.
Aus dieser gesetzlichen Vorschrift sowie aus den kollektivvertraglichen Bestimmungen folgt, dass ein Provisionsvertreter mangels einer Vereinbarung im vorerwähnten Sinn - sie wurde nach den Feststellungen im gegenständlichen Fall nicht getroffen - so wie ein anderer Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf ein Überstundenentgelt hat. Das Berufungsgericht ist, ebenso wie in seiner vorerwähnten, nicht rechtskräftig gewordenen Entscheidung, im Ergebnis von einer solchen Vereinbarung, die dem mit einem Provisionsvertreter abgeschlossenen Arbeitsvertrag von vornherein als zugrunde liegend anzusehen sei, ausgegangen. Eine stillschweigende Vereinbarung setzt aber eine auf die Anrechnung der Provisionen auf ein allfälliges Überstundenentgelt gerichtete übereinstimmende Parteienabsicht voraus, die nach den Feststellungen hier nicht vorlag.
Die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung ergibt sich aber auch nicht etwa aus dem Wesen der Tätigkeit eines Provisionsvertreters und dessen Entgelt. Eine Provision ist eine meist in Prozenten ausgedrückte Beteiligung am Wert jener Geschäfte des Arbeitgebers, die durch die Tätigkeit seines Angestellten (durch Vermittlung oder Abschluss von Geschäften) zustande gekommen sind. Sie richtet sich nach dem Ergebnis der Arbeit und ist somit ein von der Leistung des Angestellten, aber auch von der Markt- und Geschäftslage, abhängiges Entgelt in der Form einer Erfolgsvergütung (Martinek-Schwarz, AngG3, 214 f; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch2, 278; Arb 6470). Das Überstundenentgelt hängt hingegen von einer die Normalarbeitszeit übersteigenden und somit zumindest vorwiegend zeitabhängigen Mehrarbeit ab. Die Provision ist Leistungsentgelt (Erfolgsvergütung), das Überstundenentgelt ist ein Zeitlohn. Gerade das unterschiedliche Wesen dieser beiden Entgeltformen schließt somit nicht aus, dass - mangels anderer Vereinbarung - ein Angestellter, der über die - von ihm einzuhaltende - Normalarbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen erbringt, bei Vorliegen der gesetzlichen und kollektivvertraglichen Voraussetzungen zur Abgeltung dieser Mehrarbeit unabhängig von der Erfolgsvergütung (Provision) das Überstundenentgelt als Zeitlohn erhält. Wenn dies im Einzelfall zu unbefriedigenden Ergebnissen führen mag, ist es Sache der Arbeitsvertragsparteien, eine entsprechende (ausdrückliche oder stillschweigende) Vereinbarung im oben dargelegten Sinn abzuschließen (siehe auch Arb 8283). Im vorliegenden Fall steht daher dem Kläger für die von ihm geleisteten Überstunden ein Entgelt zu. Hinsichtlich der Höhe dieses Entgelts ist einerseits davon auszugehen, dass der Kläger dieses Entgelt ohnehin nur auf der Basis des kollektivvertraglichen Mindestentgelts - ohne Berücksichtigung von Provisionen - begehrt, und dass andererseits das Ausmaß dieses Entgelts mangels Feststellungsfähigkeit der genauen Anzahl der verrichteten Überstunden vom Erstgericht unter Anwendung des § 273 ZPO durch Abzug von 15 % von dem Entgelt, das für eine auf der Basis der Öffnungszeiten des Geschäftslokals (unter Berücksichtigung der Mittagspause) errechnete Überstundenleistung gebührte, ermittelt wurde. Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers steht der Anwendung der zitierten Gesetzesbestimmung die Unterlassung der Führung von Überstundenaufzeichnungen seitens der beklagten Partei nicht entgegen, weil die diesbezüglichen kollektivvertraglichen Bestimmungen, die solche Verzeichnisse vorsehen, nur für den hier nicht in Betracht kommenden Verfall von Überstunden von Bedeutung sind. Eine Beweislastverschiebung trifft daher nicht ein. Da das Ausmaß dieses Abzuges weder in der Berufung noch in der Revision vom Kläger bekämpft wird, hat es bei dem vom Erstgericht festgestellten und von ihm als Mehrbegehren abgewiesenen Betrag zu bleiben. Der Revision war somit teilweise Folge zu geben und das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. In Ansehung der vom Berufungsgericht bestätigten Teilabweisung eines Überstundenentgeltbetrages von S 7.308,74 sA war das angefochtene Urteil hingegen zu bestätigen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 43 Abs 1, 50 ZPO begründet.
Anmerkung
E74026 4Ob167.80European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0040OB00167.8.0113.000Dokumentnummer
JJT_19810113_OGH0002_0040OB00167_8000000_000