Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13. Jänner 1981
unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Herbert A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 2 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Peter B und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 3. September 1980, GZ. 8 Vr 349/80-72, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner, nach Verlesung der Berufung der Staatsanwaltschaft und nach Anhörung der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten B, Dr. Hämmerle, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, und der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten A, Dr. Göbel, zu Recht erkannt:
Spruch
Gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wird das Ersturteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem im Schuldspruch A 1 a bb enthaltenen Ausspruch über die Begehung dieses Diebstahls durch Aufbrechen eines Behältnisses und demnach in der rechtlichen Beurteilung der den Angeklagten Herbert A und Peter B zur Last liegenden Diebstähle auch als Einbruchsdiebstahl nach § 129 Z. 2 StGB.
sowie demgemäß in den Strafaussprüchen in Ansehung beider Angeklagten aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3
StPO. in der Sache selbst dahin erkannt, daß die Angeklagten unter Ausschaltung der erwähnten Qualifikation ihrer Diebstähle für die ihnen nach den unberührt bleibenden Teilen des Schuldspruches weiterhin zur Last fallenden strafbaren Handlungen, nämlich für das Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128
Abs. 1 Z. 4 StGB., das Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3, 1. Fall, 15 StGB.
und das Vergehen des Betruges nach § 146 StGB. sowie Peter B auch für das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB., unter Bedachtnahme auf §§ 28 und 29 StGB., nach § 128 Abs. 1 StGB., Herbert A auch unter Anwendung des § 11 JGG., wie folgt verurteilt werden:
Herbert A zu einer Freiheitsstrafe von 8 (acht) Monaten, Peter B zu einer Freiheitsstrafe von 10 (zehn) Monaten.
Gemäß § 43 Abs. 1 StGB. wird die über Herbert A verhängte Strafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 StGB. werden beiden Angeklagten die im Ersturteil angeführten Vorhaftzeiten auf die Strafe angerechnet. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft sowie der Angeklagte Peter B auf diese Entscheidung verwiesen. Der Ausspruch über den Kostenersatz wird aus dem Ersturteil übernommen.
Dem Angeklagten Peter B fallen gemäß § 390 a StPO. auch die von ihm veranlaßten Kosten des weiteren Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 19. September 1962 geborene Schlosser Herbert A und der am 20. April 1962 geborene Elektrikerlehrling Peter B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 2 StGB., des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs. 1, 2 und 3 sowie 15 StGB., des Vergehens des Betruges nach § 146 StGB., Peter B überdies des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Herbert A wurde nach § 129 StGB. unter Anwendung der §§ 28 StGB. und 11 JGG.
zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt, die gemäß § 43 Abs. 1 StGB. unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Peter B wurde nach § 129 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres verurteilt.
Der Angeklagte B erhob gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, die Staatsanwaltschaft ergriff in Bezug auf diesen Angeklagten Berufung. Hinsichtlich des Angeklagten A blieb das Urteil unangefochten.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B wurde mit dem in nichtöffentlicher Sitzung ergangenen Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 16. Dezember 1980, GZ. 9 0s 174/80-6, zurückgewiesen, wobei sich der Oberste Gerichtshof die Ausübung der ihm gemäß § 290 Abs. 1
StPO. zustehenden Befugnis hinsichtlich beider Angeklagter für die Entscheidung in dem, über die Berufungen anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorbehielt.
Rechtliche Beurteilung
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Peter B vermochte sich der Oberste Gerichtshof nämlich davon zu überzeugen, daß das Ersturteil in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch Punkt A zugrundeliegenden Diebstahlstaten der beiden Angeklagten auch unter die Qualifikationsnorm des § 129 Z. 2 StGB. mit einer vom Angeklagten Peter B nicht geltend gemachten, sich aber zu seinem und auch des Mitangeklagten Herbert A auswirkenden Nachteil Nichtigkeit nach der Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO. behaftet ist.
Die Annahme der erwähnten Qualifikation durch das Erstgericht beruht allein auf dem Schuldspruch Punkt A 1
a bb, demzufolge die Angeklagten in der Nacht zum 30. April 1980 dem Helmut C durch Aufbrechen der versperrten Sitzbank eines Motorrades einen Sturzhelm, einen Nierenschutz und einen Kopfschutz stahlen. Das Erstgericht übersieht jedoch, daß dieser Tat die den Angeklagten unter dem Punkt A 1 a aa des Schuldspruches angelastete diebische Zueignung des gesamten Motorrades vorausgegangen war (vgl. auch die Urteilsseiten 12 f), sodaß das spätere Aufbrechen des einen Teil der gestohlenen Sache darstellenden Behältnisses nicht (mehr) qualifikationsbegründend nach der Z. 2 des § 129
StGB. sein kann (vgl. auch Kienapfel BT II RN 71 zu § 129 StGB.; Leukauf-Steininger2 RN 27 zu § 129 StGB.).
Dieser eine materiellrechtliche Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 10 StPO. begründende Rechtsirrtum des Erstgerichtes war von Amts wegen wahrzunehmen und gemäß § 290 Abs. 1 StPO. das - im übrigen unberührt bleibende - erstgerichtliche Urteil in dem im Schuldspruch zu A 1 a bb des Urteilssatzes enthaltenen Ausspruch über die Begehung dieses Diebstahls durch Aufbrechen eines Behältnisses und demnach in der rechtlichen Beurteilung der beiden Angeklagten zur Last fallenden Diebstähle auch als Einbruchsdiebstahl nach § 129 Z. 2 StGB. und in den Strafaussprüchen aufzuheben und die Strafen nach dem (gegenüber § 129 StGB. milderen) § 128 Abs. 1 StGB.
neu zu bemessen.
Bei dieser Bemessung der Strafen wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, die Wiederholungen der Diebstähle und des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen, die einschlägigen Vorstrafen, den hohen Schaden beim Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen und beim Angeklagten B überdies den raschen Rückfall, als mildernd bei beiden Angeklagten den Umstand, daß es in einem Fall beim Versuch blieb, die Zustandebringung des Diebsgutes und überdies bei Herbert A das Geständnis und bei Peter B das Alter unter 21 Jahren. Ein Suchtgifteinfluß kann dem Angeklagten B nicht als mildernd zugerechnet werden: Abgesehen davon, daß nach den erstgerichtlichen Urteilsfeststellungen ein nennenswerter Suchtgifteinfluß überhaupt nicht vorlag, wäre ein solcher nach den Umständen des vorliegenden Falles vorwerfbar und daher nicht mildernd (§ 35 StGB.). Der Oberste Gerichtshof erachtete in Abwägung der dargestellten Strafzumessungsgründe beim Angeklagten A eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten und beim Angeklagten B eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten als dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schuld der Täter angemessen.
Beim Angeklagten A war der unbekämpfte Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht in Beachtung des Verschlechterungsverbotes nach § 290 Abs. 2 StPO. aus dem erstgerichtlichen Urteil zu übernehmen. Beim Angeklagten B kommt eine bedingte Strafnachsicht schon im Hinblick auf den sich in einer Faktenmehrheit wiederholenden raschen Rückfall nach mehreren einschlägigen Vorverurteilungen und der Wirkungslosigkeit einer (echten) bedingten Verurteilung nicht mehr in Frage.
Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte B auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E02971European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00174.8.0113.000Dokumentnummer
JJT_19810113_OGH0002_0090OS00174_8000000_000