Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 1981
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Steininger, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zeitler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Hermann A wegen des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB.
und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 8. Oktober 1980, GZ. 23 Vr 1141/80-11, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Drahos und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3. März 1955 geborene beschäftigungslose Hermann A 1) des Verbrechens der versuchten Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. und 2) des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB.
schuldig erkannt, weil er in Linz zu 1) am 13. Mai 1980 versuchte, Gertrude B durch gefährliche Drohung, nämlich durch die Äußerung, er werde eine Tonbandkassette, auf welcher der akustische Hintergrund eines Geschlechtsverkehrs zwischen ihm und Gertrude B aufgezeichnet sei, ihrem Mann zukommen lassen, wenn sie ihm nicht 5.000 S gebe, mit Bereicherungsvorsatz zur übergabe dieses Geldbetrages zu nötigen;
zu 2) am 4. April 1980 eine fremde Sache, nämlich eine Haustüre des Wohnhauses Heilhamerstraße Nr. 25, zum Nachteil der Gemeinnützigen Oberösterreichischen Wohn- und Siedlungsgemeinschaft, durch Eintreten beschädigte, wobei ein Schaden von 800 S entstand. Nach den für den erstbezeichneten Schuldspruch maßgeblichen Urteilsfeststellungen unterhielt Hermann A mit der verheirateten Hausfrau Gertrude B bis zum Frühjahr 1980 ein etwa zwei Jahre währendes ehebrecherisches Verhältnis. Der seit längerer Zeit keiner Arbeit nachgehende und deshalb in finanziellen Schwierigkeiten befindliche Angeklagte hatte sich (mehrmals) bei Gertrude B Geldbeträge ausgeborgt, die er trotz Fälligkeit nicht zurückzahlte. Im Bestreben, von Gertrude B neuerlich Geld, und zwar einen Betrag von 5.000 S zu bekommen, täuschte ihr der Angeklagte bei einem in den Vormittagsstunden des 13. Mai 1980 geführten Telefongespräch vor, im Besitz einer Tonbandkassette zu sein, auf welcher der akustische Hintergrund eines von ihm mit Gertrude B durchgeführten Geschlechtsverkehrs aufgezeichnet sei, und knüpfte daran die Drohung, daß er, falls sie ihm den geforderten Geldbetrag nicht übergebe, diese Tonbandkassette ihrem Ehegatten zukommen lasse. Diese Drohung wiederholte der Angeklagte bei einem kurz darauf geführten neuerlichen Telefonat mit Gertrude B und vereinbarte hiebei mit dieser noch für 14 Uhr desselben Tages eine Zusammenkunft auf dem Linzer Hessenplatz zwecks Austausch des Tonbandes gegen den geforderten Geldbetrag mit dem Bemerken, falls B nicht erscheine, werde ihr Mann die Kassette erhalten.
Gertrude B, die nicht ausschließen konnte, daß der Angeklagte tatsächlich einen zwischen ihr und A in dessen Wohnung stattgefundenen Geschlechtsverkehr (heimlich) akustisch auf Tonband aufgenommen hatte, und befürchtete, daß sie ihr Ehegatte bei Kenntnis ihres Ehebruches schlagen bzw. sich (allenfalls) sogar von ihr scheiden lassen werde, nahm die Drohung des Angeklagten, mit welcher er sie einschüchtern und seiner Geldforderung Nachdruck verleihen wollte, durchaus ernst. Auf Veranlassung einer Gastwirtin, welche Gertrude B in ihrer Verzweiflung sogleich vom Vorfall informiert hatte, wurde die Polizei eingeschaltet, die den Angeklagten, der sich - ebenso wie Gertrude B - am angegebenen Treffpunkt, und zwar unter Mitnahme eines leeren Tonbandes, eingefunden hatte, dort festnahm.
Den auf Grund dieses Sachverhaltes ergangenen Schuldspruch wegen versuchter Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. bekämpft der Angeklagte mit einer ziffernmäßig allein auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 5
des § 281 Abs 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; deren abschließendes Vorbringen, das Verhalten des Angeklagten sei deshalb als ein (strafloser) Versuch mit untauglichen Mitteln zu beurteilen, weil Gertrude B die (unbespielte) Tonbandkassette, die der Angeklagte zum Treffpunkt mitgenommen hatte, gar nicht bemerkt habe, ist allerdings als Ausführung einer auf den Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO. gegründeten Rechtsrüge zu werten.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist jedoch nach keiner Richtung hin begründet. Soweit der Beschwerdeführer in seiner Mängelrüge mit dem Hinweis auf einige Passagen aus der Zeugenaussage der Gertrude B in der Hauptverhandlung, wonach sie
- sinngemäß zusammengefaßt wiedergegeben - an die Existenz eines sie in Richtung Ehebruchs belastenden Tonbandes 'eher nicht' geglaubt habe (vgl. S. 51 unten, 52, 53, 55, 57), einen 'erheblichen Widerspruch zwischen den Angaben der Entscheidungsgründe über den Inhalt der gerichtlichen Aussagen' behauptet, bekämpft er, ohne eine Aktenwidrigkeit oder einen anderen im § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. bezeichneten Begründungsmangel des Urteils in Ansehung entscheidender Tatsachen darzutun, bloß in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Dieses stützte nämlich die - im gegebenen Zusammenhang bekämpfte (gegenteilige) - Urteilsannahme, daß Gertrude B die erpresserische Drohung des Angeklagten durchaus ernst genommen hat, zumal sie nicht ausschließen konnte, daß er tatsächlich, wie behauptet, im Besitz der Tonbandaufnahme (beinhaltend den akustischen Hintergrund) eines Geschlechtsverkehrs zwischen ihr und ihm war, auf das uneingeschränkte Schuldgeständnis des Angeklagten (auch noch in der Hauptverhandlung - siehe S. 47) und die Angaben der Gertrude B vor der Polizei, wonach sie anläßlich der am 13. Mai 1980 um 13 Uhr 30 unmittelbar vor dem Zeitpunkt des vereinbarten Zusammentreffens mit A fernmündlich erfolgten Anzeigeerstattung (siehe S. 11/12), es als 'im Bereich der Möglichkeit' bezeichnete, daß der Angeklagte im (behaupteten) Besitz eines sie in 'sittlicher Hinsicht' belastenden Tonbandes sei, und sodann bei ihrer unmittelbar nach der Verhaftung des Angeklagten erfolgten ausführlichen polizeilichen Vernehmung (siehe S. 17/18) auch angab, daß während ihres Geschlechtsverkehrs mit dem Angeklagten in dessen Wohnung ein Gerät (Cassettenrecorder) eingeschaltet gewesen sei.
Die mit dem - den allgemeinen Lebenserfahrungen und den forensischen Erkenntnissen durchaus entsprechenden
- Hinweis des Erstgerichtes, daß den noch am Tage des Vorfalls (13. Mai 1980), mit (ersichtlich) besserem Erinnerungsvermögen, gemachten Angaben der Gertrude B gegenüber deren rund ein halbes Jahr später (am 8. Oktober 1980) in der Hauptverhandlung (zum Teil) abgeschwächten Zeugenaussage der Vorzug zu geben sei - schlüssig und auch sonst mängelfrei - begründete Wertung der Beweiskraft der (übrigens nur zum Teil - vgl. S. 53 oben, 56 und 58) divergierenden Angaben der Gertrude B vor der Polizei und in der Hauptverhandlung - und zwar zugunsten der polizeilichen Angaben -, fällt in den Rahmen der dem Schöffengericht eingeräumten freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO.), gegen die anzukämpfen dem Beschwerdeführer im Nichtigkeitsverfahren vor dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist.
Ausgehend von den mängelfrei begründeten Sachverhaltskonstatierungen im Urteil bleibt aber für die vom Beschwerdeführer abschließend relevierte Frage eines (offenbar gemeint: 'absolut') untauglichen Erpressungsversuches (im Sinne des § 15 Abs 3 StGB.) kein Raum:
Die zwecks Abnötigung eines Schweigegeldes vom Angeklagten gegenüber Gertrude B mehrmals telefonisch geäußerte Drohung mit dem Zugänglichmachen eines die in aufrechter Ehe lebende Gesprächspartnerin in Richtung Ehebruches §§ 194 Abs 1 StGB.) kompromittierenden Tonbandes an den (nichtsahnenden) Ehemann war in Anbetracht der nach den Urteilsannahmen gegebenen ernstlichen (und nach Lage des Falles nicht unbegründeten) Befürchtung der Gertrude B, daß der Angeklagte tatsächlich ein solches Tonband besitze und, wie angedroht, verwenden werde, falls er den geforderten Geldbetrag von 5.000 S nicht erhalte, als eine unter den gegebenen Umständen wirksame erpresserische Drohung, zumindest mit einer Verletzung an der Ehre - im Sinne der Minderung des Ansehens und der Achtung einer Person in den Augen der für sie maßgebenden Umwelt (siehe RZ 1979/23, verstärkter Senat) -, (vom Erfolgseintritt abgesehen) tatbildlich im Sinne des § 144 Abs 1 StGB. (vgl. EvBl 1976/147 und 12 0s 115/76; Leukauf-Steininger2, RN 5 zu § 144 StGB.). Der Umstand, daß der Angeklagte dann auch noch zum vereinbarten Treffpunkt mit Gertrude B ein (allerdings unbespieltes) Tonband mitbrachte, 'damit alles echt ausschaue', sowie die in der Beschwerde relevierte Frage, ob diese Kassette von Gertrude B überhaupt bemerkt wurde, sind rechtlich ohne Belang, zumal der Angeklagte beim Eintreffen am Zusammenkunftsort (am 13. Mai 1980 um 14
Uhr) von der (bereits eingeschalteten) Polizei festgenommen wurde (S. 13). Damit konnte die für die Vollendung des (Erfolgs-)Deliktes der Erpressung nach § 144 Abs 1
StGB. erforderliche, vom Angeklagten (zum Zwecke seiner unrechtmäßigen Bereicherung) angestrebte Vermögensschädigung durch Geldaushändigung seitens der Genötigten (vgl. SSt 46/79) keinesfalls mehr eintreten; das Vorhaben des Angeklagten war daher zu diesem Zeitpunkt endgültig gescheitert. Mit den vorher getätigten erpresserischen telefonischen Drohungen und Forderungen hatte der Angeklagte allerdings bereits ausführungsnahe (SSt 46/24 und 37) und unter den festgestellten Begleitumständen auch an sich taugliche Versuchshandlungen zwecks Erpressung eines Schweigegeldes gesetzt, die - und nur auf diese Phase des Geschehens bezieht sich der Anklageund Urteilsvorwurf - vom Erstgericht ohne Rechtsirrtum als strafbarer (mißlungener) Versuch des Verbrechens der Erpressung nach §§ 15, 144 Abs 1 StGB. beurteilt wurden (vgl. Kienapfel BT II RN 90 und 91 zu § 144
StGB.).
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu
verwerfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03019European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00174.8.0115.000Dokumentnummer
JJT_19810115_OGH0002_0120OS00174_8000000_000