TE OGH 1981/1/21 11Os3/81

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Veröffentlicht am 21.01.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Jänner 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Zeitler als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton A wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 3. Juli 1980, AZ 26 a Bs 206/80, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Gehart zu Recht erkannt:

Spruch

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 3.Juli 1980, AZ 26 a Bs 206/80, verletzt in seinem Ausspruch über die Veränderung der Strafart und damit auch in der (darauf beruhenden) Ausschaltung der bedingten Strafnachsicht das Gesetz in der Bestimmung des § 477 Abs. 1 (§ 489 Abs. 1) StPO.

Text

Gründe:

Ein Einzelrichter des Kreisgerichtes Wiener Neustadt erkannte den Verkaufsleiter Anton A mit Urteil vom 8.April 1980, GZ 12 b E Vr 131/80-15, des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1

StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten, wobei die Strafe gemäß dem § 43 Abs. 1

StGB bedingt nachgesehen wurde. Dieses Urteil bekämpfte der Angeklagte mit Berufung wegen Nichtigkeit sowie wegen des Ausspruches über die Schuld und die Strafe. Zum letztgenannten Beschwerdepunkt führte er in der Berufungsschrift aus, eine bedingte Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten sei 'zu hoch gegriffen', und beantragte sohin, die 'Freiheitsstrafe wesentlich herabzusetzen' (S 79, 80); diesen Antrag wiederholte er in der Berufungsverhandlung (S 86).

Das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht gab mit Urteil vom 3. Juli 1980, AZ 26 a Bs 206/80 (ON 21 der Vr-Akten), der Nichtigkeits- und Schuldberufung keine Folge; 'in Stattgebung der Strafberufung' verhängte es anstelle der Freiheitsstrafe - unter gleichzeitiger Ausschaltung des Ausspruches über die bedingte Strafnachsicht - gemäß dem § 37 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Tagen.

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien steht, soweit damit die Strafart geändert wurde, mit dem Gesetz nicht im Einklang. Gemäß dem für das in Rede stehende Rechtsmittelverfahren (zufolge § 489 Abs. 1 StPO) sinngemäß geltenden § 477 Abs. 1 StPO hat sich nämlich der Gerichtshof (zweiter Instanz) auf die in Beschwerde gezogenen Punkte zu beschränken; sofern nicht unter den im zweiten Satz dieser Verfahrensbestimmung bezeichneten Voraussetzungen zugunsten des Angeklagten von Amts wegen vorzugehen ist, darf er nur jene Teile des erstrichterlichen Erkenntnisses ändern, gegen die sich eine Berufung richtet. Zwar reicht für die Bezeichnung eines Beschwerdepunktes im bezirksgerichtlichen Verfahren und demgemäß auch im Einzelrichterverfahren zufolge der hier zur Anwendung kommenden Norm des § 467 Abs. 2 StPO, wie aus dem in dieser Gesetzesstelle enthaltenen (verweisenden) Zitat '(§ 464)' hervorgeht, u.a. die bloße Erklärung aus, die Berufung 'wegen des Ausspruches über die Strafe' zu erheben (vgl. 11 Os 114/80); richtet sich aber die (Straf-)Berufung nur gegen einen von mehreren Faktoren des Strafausspruches - wie hier (deutlich) nur gegen das Strafmaß -, dann darf das Berufungsgericht auch nur diesen Teil des erstrichterlichen Straferkenntnisses ändern.

Eine scheinbare Ausnahme von diesem Grundsatz ergibt sich wohl dann, wenn in Fällen, in denen nicht schon von der gesetzlichen Strafdrohung eine Geldstrafe (alternativ) vorgesehen ist (ÖJZ-LSK 1978/182 zu § 37 StGB), vom Erstgericht eine sechs Monate übersteigende Freiheitsstrafe verhängt wurde und das Berufungsgericht einer auf Strafherabsetzung gerichteten Berufung stattzugeben findet; es hat dann allenfalls auch ohne darauf gerichteten Antrag zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 StGB für eine Umwandlung der Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe gegeben sind ('Automatik' des § 37 StGB: SSt. 46/71 u.a.). Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor: Wäre schon bei dem vom Erstgericht bestimmten Strafausmaß die Anwendung des § 37 StGB - wie hier durch Verhängung einer Geldstrafe anstelle einer vom Erstgericht mit vier Monaten bemessenen Freiheitsstrafe - als Alternative in Erwägung zu ziehen gewesen, so kommt eine (amtswegige) Anwendung dieser Bestimmung im Berufungsverfahren nicht in Betracht, wenn ein in diese Richtung abzielender oder der Berufungsausführung entnehmbarer Antrag des Angeklagten nicht vorliegt (ÖJZ-LSK 1977/48 zu § 283 Abs. 2

StPO; SSt. 48/23; Mayerhofer-Rieder StPO, E.Nr. 12 zu § 295). Nach dem Gesagten war das Berufungsgericht im gegebenen Fall nicht befugt, aus Anlaß der (nur) gegen das Strafmaß gerichteten (Straf-)Berufung des Angeklagten die zuerkannte Strafart zu verändern. Als deren Annex (SSt. 43/58 /verstärkter Senat/ u.a.m.) hätte auch die (von der Staatsanwaltschaft nicht zum Nachteil des Angeklagten angefochtene) bedingte Strafnachsicht unberührt bleiben müssen. Da sich jedoch die letztlich verhängte, zudem einer Reduzierung des (ursprünglichen) Strafausmaßes gleichkommende (s. ÖJZ-LSK 1976/121 zu § 37 StGB) Geldstrafe - ungeachtet des Wegfalles der bedingten Strafnachsicht (vgl. abermals SSt. 43/58) - als eine gegenüber dem erstinstanzlichen Strafausspruch gemilderte Sanktion erweist, hatte sich der Oberste Gerichtshof auf die Feststellung der Gesetzesverletzung zu beschränken.

Anmerkung

E03026

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00003.81.0121.000

Dokumentnummer

JJT_19810121_OGH0002_0110OS00003_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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