Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brandhuber als Schriftführer in der Strafsache gegen Friedrich A wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB. nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 18. September 1980, GZ. 13 Vr 475/80-29, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Verfahrens über seine Nichtigkeitsbeschwerde zur Last.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht erkannte den am 31. Jänner 1950 geborenen Verkäufer Friedrich A des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB. schuldig und verurteilte ihn nach der genannten Gesetzesstelle zu einer Freiheitsstrafe. Nach den Urteilsannahmen hatte der Angeklagte am 23. März 1980 in Schladming die Gerlinde B mit Gewalt, indem er sie zu Boden warf, sie festhielt und ihr die Kleider vom Leib riß, sowie mit Drohung, indem er sich zu ihr äußerte, er werde ihren Kopf gegen die Wand stoßen, daß sie nicht mehr aufstehe, widerstandsunfähig gemacht und in diesem Zustand zum außerehelichen Beischlaf mißbraucht.
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, den Strafausspruch mit Berufung. Strafberufung hat auch der Staatsanwalt erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Der Einwand des Beschwerdeführers, im Urteil werden die Angaben der Zeugin Gerlinde B vor der Gendarmerie mit Stillschweigen übergangen, schlägt nicht durch. Es mußte sich das Erstgericht mit den Depositionen dieser Zeugin im Vorverfahren nicht ausdrücklich auseinandersetzen, weil sie inhaltlich mit der in der Hauptverhandlung abgelegten Aussage, in der B eine mehr ins Detail gehende Schilderung der Vorfälle gab, übereinstimmte und ein erörterungsbedürftiger Widerspruch demnach nicht bestand. Den Beschwerdeausführungen zuwider hat das Gericht die Verantwortung des leugnenden Angeklagten nicht 'einfach als unglaubwürdig abgetan'. Es hat vielmehr im Urteil sehr eingehend begründet (S. 191 bis 196 d.A.), warum es den Angaben der Zeugin B den Vorzug vor der leugnenden Einlassung des Beschwerdeführers gab.
Es kann auch keine Rede davon sein, daß sich das Gericht mit dem Grad der Alkoholisierung des Angeklagten zum Tatzeitpunkt überhaupt nicht auseinandersetzte. Im Urteil wurde diesbezüglich, gestützt auf die Angaben des Angeklagten, ausdrücklich festgestellt, daß der Angeklagte zur Tatzeit leicht alkoholisiert war (S. 190 d.A.). Anderes hat auch die Zeugin Christine C (S. 177 d. A.) in der Hauptverhandlung nicht ausgesagt, sodaß eine Erörterung deren Depositionen in diesem Zusammenhang nicht erforderlich war. Insoweit der Angeklagte vermeint, der Angabe des Zeugen Harald D (S. 165 d.A.) komme keine besondere Beweiskraft zu, weil dieser (am 23. März 1980 gegen 3 Uhr) beim Betreten der Jugendherberge - in der sich kurz darauf die Tat ereignete - alkoholisiert gewesen sei, ficht er in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes an.
Unzutreffend ist auch der Beschwerdeeinwand, das Erstgericht habe sich mit der den Erfahrungen des täglichen Lebens widerstreitenden Tatsache nicht auseinandergesetzt, daß der Angeklagte die B (nach deren von ihm als unrichtig bezeichneten Aussage) durch Zerren an den Kleidern und Zuhalten des Mundes von der Karolinengasse in Schladming bis zur östlichen Begrenzung der Jugendherberge brachte; denn es hat das Schöffengericht die vom Beschwerdeführer für unwahrscheinlich gehaltene Annahme, der Angeklagte habe mit seinem Opfer auf diese (auffällige) Weise eine größere Strecke im (bewohnten) Ortsgebiet zurückgelegt, durch den Hinweis auf die zur Tatzeit (3 Uhr früh) gegebene Menschenleere auf den Straßen und die bei B bestehende Furcht vor dem Angeklagten durchaus denkrichtig aufgeklärt (S. 189 d.A.).
Was sonst der Beschwerdeführer gegen die Glaubwürdigkeit der Angaben der Zeugin Gerlinde B, Harald D und Günther E vorbringt, stellt sich der Sache nach als unzulässiger Angriff auf die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes dar. Dies trifft auch für den vom Beschwerdeführer (sinngemäß) erhobenen Einwand zu, das Gericht hätte sich im Urteil mit den - seines Erachtens unglaubwürdigen - Angaben der Gerlinde B darüber befassen müssen, warum sie über die Vorfälle in der Karolinen- und der Berggasse keine Anzeige bei der Gendarmerie erstattete, obwohl sie auf dem letzten Stück des Weges zur Jugendherberge, das sie allein zurücklegte, nachdem der Angeklagte (vorübergehend) von ihr abgelassen hatte, an der 'Gendarmeriestation' vorbeikam; denn es ist die von der genannten Zeugin dafür gegebene Erklärung (sie habe geglaubt, daß sie den Angeklagten nunmehr los sei und habe darnach getrachtet, so schnell als möglich nach Hause zu kommen; S. 128 d.A.) durchaus lebensnahe. Sie mußte daher im Urteil nicht besonders erörtert werden. Mit der Frage, ob die Zeugin B die festgestellten leichten Verletzungen während des Handgemenges mit dem Angeklagten auf dem Heimweg oder während des Notzuchtsaktes erlitt, mußte sich das Gericht nicht weiters auseinandersetzen, da sie nicht entscheidungswesentlich ist.
Leichte Verletzungen, die einer Frau anläßlich einer Notzucht zugefügt werden, sind nämlich nicht gesondert zuzurechnen (ÖJZ-LSK. 1976/59). Es wurde gegen den Angeklagten diesbezüglich auch kein Schuldspruch gefällt.
Einen Antrag auf Untersuchung der bei der Zeugin B gefundenen Spermen darauf, ob sie vom Angeklagten stammen, hat der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung nicht gestellt. Das Unterbleiben einer derartigen Untersuchung kann er daher - auch im Umweg über eine Mängelrüge nach der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. - nicht als Verfahrensmangel (§ 281 Abs. 1 Z. 4 StPO.) relevieren. Daß das Gericht den Ausspruch über die Täterschaft des Angeklagten nur auf dessen Verurteilung wegen einer in 'jüngster Zeit' begangenen Notzucht im Verfahren AZ. 13 Vr 296/79 des Kreisgerichtes Leoben stützte, trifft inhaltlich der Entscheidungsgründe keineswegs zu. Es hat sich das Gericht diesbezüglich vielmehr im wesentlichen auf die Aussage der Gerlinde B berufen, die nach seinen Ausführungen in den sonstigen Verfahrensergebnissen Deckung fand. Im übrigen liegt auch die vom Beschwerdeführer behauptete Aktenwidrigkeit bezüglich des Zeitpunktes der Vortat nicht vor; denn es läßt das Urteil unmißverständlich erkennen (S. 191 d.A.), daß der Angeklagte in dem oben erwähnten Verfahren wegen einer am 11. Februar 1975 an Gerlinde F begangenen Notzucht bestraft worden ist. Daß sich der Angeklagte schon vor der Tat in sexuell erregtem Zustand befand, hat das Gericht - den Beschwerdeausführungen zuwider - nicht damit begründet, daß er Christine C an den Händen erfaßte und festhielt (S. 211 d.A.); diesen Schluß zog es aus der Tatsache, daß der Angeklagte die Letztgenannte wegen eines Geschlechtsverkehres befragte (S. 190 d.A.).
Ob Rudolf G zur Tatzeit noch der 'Freund' der Gerlinde B war, ist nicht entscheidungswesentlich.
Darauf bezügliche Begründungsfehler können sohin zu keiner Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. führen.
Die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach gemäß § 285 d Abs. 1 Z. 2 StPO. bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird bei einem gemäß § 296 Abs. 3 StPO.
gesondert anzuberaumenden Gerichtstag entschieden werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03015European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00171.8.0127.000Dokumentnummer
JJT_19810127_OGH0002_0090OS00171_8000000_000