Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 11. Februar 1981
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Braitenberg-Zennenberg als Schriftführers in der Strafsache gegen Anton A und andere wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Christian A gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt als Schöffengerichtes vom 10. September 1980, GZ 12 Vr 468/ 80-45, erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Schlesinger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten Christian A verhängte Freiheitsstrafe auf 5 (fünf) Monate herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Christian A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht verhängte über den am 10. Juli 1961 geborenen Christian A wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84
Abs 1 StGB nach der letztangeführten Gesetzesstelle eine Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung die auf gleicher schädlicher Neigung beruhende Vorstrafe und die bei der Tatausführung gegenüber dem Opfer gezeigte besondere Brutalität als erschwerend, hingegen das Geständnis und das Alter des Angeklagten (zwar über 18, jedoch) unter 21 Jahren als mildernd.
Gegen dieses Urteil ergriff der genannte Angeklagte die Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit dem in nichtöffentlicher Beratung gefaßten Beschluß vom 21. Jänner 1981, GZ 11 Os 188/80-6, aus dem sich auch der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt, zurückgewiesen. Im Gerichtstag war demnach nur mehr über die Berufung zu entscheiden, mit welcher der Angeklagte Christian A die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht begehrt.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung kommt teilweise, und zwar hinsichtlich des erstangeführten Begehrens, Berechtigung zu:
Berücksichtigt man nämlich, daß auch der Milderungsgrund der vernachlässigten Erziehung vorliegt, weil der Berufungswerber im 11. Lebensjahr seine Mutter durch Tod verlor und die Bemühungen des - berufstätigen und für die nunmehr vierköpfige Familie allein sorgepflichtigen -
Vaters nicht ausreichten, um auf seinen Sohn Christian pädagogisch nachhaltig einzuwirken, gelangt man unter Zugrundelegung der übrigen vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen und der allgemeinen, für die Strafbemessung geltenden Vorschriften (§ 32 StGB) zu dem Ergebnis, daß eine fünfmonatige Freiheitsstrafe angemessen ist.
Entgegen dem Vorbringen des Berufungswerbers kann die festgestellte Alkoholisierung zur Tatzeit nicht als Milderungsumstand herangezogen werden, weil der Angeklagte auch die zur Vorverurteilung führenden Taten im Zustand eines die Zurechnungsfähigkeit nicht ausschließenden Rauschzustandes beging und daher seine in dieser Verfassung bestehende Aggressionsneigung kannte. Die durch Alkoholgenuß bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit wird daher durch den Vorwurf aufgewogen, den der Alkoholkonsum den Umständen nach begründet (§ 35 StGB).
Dem Begehren um Gewährung der bedingten Strafnachsicht gemäß dem § 43 Abs 1 StGB konnte wegen des getrübten Vorlebens des Angeklagten nicht stattgegeben werden.
Der Berufungswerber wurde nämlich bereits rund acht Monate vor der gegenständlichen Tat wegen der Vergehen der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 Z 4 StGB und des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs 1 StGB, also auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Taten, rechtskräftig zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch angeführte Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03008European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00188.8.0211.000Dokumentnummer
JJT_19810211_OGH0002_0110OS00188_8000000_000