TE Vwgh Erkenntnis 2005/5/12 2005/02/0049

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.05.2005
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde der BW in R, vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, Schernbergstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 13. Jänner 2005, Zl. UVS-3/14887/7-2005, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit mündlich verkündetem Straferkenntnis vom 8. September 2004 wurde die Beschwerdeführerin zweier Übertretungen der StVO für schuldig befunden und hiefür bestraft. Die (allein) gegen die jeweilige Strafhöhe erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Jänner 2005 zurückgewiesen, weil die Beschwerdeführerin anlässlich der mündlichen Verkündung dieses Straferkenntnisses auf eine Berufung dagegen verzichtet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 4 AVG ist eine Berufung nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Der Berufungsverzicht ist somit eine von der Partei vorgenommene Prozesshandlung, der die Wirkung anhaftet, dass eine von der Partei eingebrachte Berufung einer meritorischen Erledigung nicht zugeführt werden darf. Ein einmal ausgesprochener Berufungsverzicht kann auch nicht mehr zurückgenommen werden. Allerdings ist nach der hg. Judikatur das Vorliegen eines Berufungsverzichtes besonders streng zu prüfen. Auch ist ein anlässlich der Unterzeichnung eines Berufungsverzichtes vorliegender Willensmangel, wenn er tatsächlich bestanden hat, zu Gunsten des Beschwerdeführers zu beachten (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 19. November 2004, Zl. 2004/02/0230). Voraussetzung für einen gültigen Berufungsverzicht ist u.a. weiters, dass er ohne Druck und in Kenntnis seiner Rechtsfolgen abgegeben wird (vgl. die bei Walter-Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 1195, zu § 63 Abs. 4 AVG, in E 228 angeführte hg. Judikatur).

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin konnte die belangte Behörde im Sinne dieser Rechtsprechung davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin rechtwirksam auf eine Berufung gegen das erwähnte Straferkenntnis verzichtet hat, zumal die von der belangten Behörde insoweit vorgenommene Beweiswürdigung einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. dazu näher das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) standhält:

Aus der bezüglichen Strafverhandlungsschrift vom 8. September 2004 geht hervor, dass das "Kästchen" mit dem Text "Nach Verkündung des Straferkenntnisses wird vom Beschuldigten ausdrücklich auf eine Berufung verzichtet" angekreuzt ist, wobei u. a. diese Seite der Verhandlungsschrift von der Beschwerdeführerin unterfertigt wurde.

Die Beschwerdeführerin räumt ein, dass in dieser Niederschrift über die Verkündung des Straferkenntnisses eine ausführliche Rechtsmittelbelehrung enthalten ist. Sie rügt allerdings, dass sich "an einer ungewöhnlichen, versteckten Stelle" unter der Rubrik "Hinweis" die Möglichkeit des Rechtsmittelverzichts finde, nicht aber eine Rubrik, betreffend eine "Rechtsmittelerklärung". Abgesehen davon, dass von einer "versteckten" Stelle nicht die Rede sein kann, genügt - unabhängig von der Frage der Relevanz - die Feststellung, dass der Beschwerdeführerin entgangen sein dürfte, dass sich sehr wohl ein solcher Hinweis auf eine Rechtsmittelerklärung (zwei "Kästchen" weiter nach dem zitierten "Berufungsverzicht") findet, nämlich das (nicht angekreuzte) "Kästchen" mit dem anschließenden Text "Nach Verkündung des Straferkenntnisses wird vom Beschuldigten gegen den verkündeten Bescheid Berufung erhoben und beantragt".

Auch hat die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde eingeräumt, dass ihr der Sachbearbeiter anlässlich der Verkündung des Straferkenntnisses gesagt habe, sie solle "das Protokollierte" durchlesen, was sie allerdings unterlassen habe, weil sie "so fertig" gewesen sei. Bei diesem Sachverhalt (somit einem dem zitierten hg. Erkenntnis vom 19. November 2004, Zl. 2004/02/0230, nicht vergleichbaren Fall, wo es um einen auf einer Geisteskrankheit beruhenden Willensmangel ging) war die belangte Behörde nicht gehalten, weitere Ermittlungen in Hinsicht auf einen "Willensmangel" bei der Abgabe des Berufungsverzichtes zu pflegen, zumal ihr ein weiteres wesentliches Beweismittel, nämlich die Zeugenaussage des erwähnten Sachbearbeiters zur Verfügung stand:

Dieser hatte als Zeuge ausführlich die Situation anlässlich der Verkündung des Straferkenntnisses geschildert und insbesondere angegeben, dass er die Beschwerdeführerin über die Rechtsfolgen des Verzichtes belehrt habe; entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin musste bei dieser Belehrung allerdings nicht ausdrücklich hervorgehoben werden, dass der Verzicht auch eine Berufung gegen die Strafhöhe mit umfasse. Dass aber die belangte Behörde den Angaben dieses Zeugen - und nicht jenen der Beschwerdeführerin - gefolgt ist, ist eine Frage der (nicht zu beanstandenden) Beweiswürdigung; die belangte Behörde musste daher auch nicht davon ausgehen, dass die Beschwerdeführerin den Berufungsverzicht auf Grund einer "Drohung" abgegeben habe, wobei es auf das "Motiv" nicht ankommt (vgl. die bei Walter-Thienel, a. a.O., E 226, zitierte hg. Judikatur).

Schließlich verkennt die Beschwerdeführerin mit ihrer Rüge, die belangte Behörde sei auf die Höhe der verhängten Geldstrafen nicht eingegangen, die Rechtslage, weil Gegenstand der vorliegenden Beschwerde nur sein kann, ob die Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen wurde (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 19. November 2004, Zl. 2004/02/0230).

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 12. Mai 2005

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Rechtsgrundsätze Verzicht Widerruf VwRallg6/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005020049.X00

Im RIS seit

09.06.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten