TE OGH 1981/3/10 10Os14/81

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.1981
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 10.März 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. König als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. September 1980, GZ. 3 b Vr 6517/80-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michel Walter und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate herabgesetzt. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 8. - und nicht, wie im Urteil (unrichtig) festgehalten ist, am 10. - September 1923 geborene Kürschnergeselle Franz A des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB. schuldig erkannt, weil er in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen verleitete, welche sie an ihrem Vermögen um insgesamt 23.700 S schädigten, und zwar I./ Friederike B durch die Vorspiegelung, für sie einen Naturpersianer-Pelzmantel im Wert von 25.000 S anzufertigen, zur Ausfolgung von Anzahlungen, nämlich 1. am 21.November 1977 von 10.000 S und 2. am 18.Juli 1978 von 700 S;

II./ Margaretha C durch die Vorspiegelung, an ihrem (Persianer-)Pelzmantel eine Reparatur vorzunehmen, 1. Ende September 1979 zur Ausfolgung des Mantels im Wert von 12.500 S und 2. am 23.Oktober 1979 zur Aushändigung von 500 S für die (behauptete) Anschaffung von Zubehör.

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte (im vollen Umfang) mit einer auf die Z. 4, 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Den Verfahrensmangel erblickt er in der (§ 238 StPO zuwider erst in den Urteilsgründen /S. 210 / nachgeholten und dort auf das Fehlen 'eines relevanten Beweisthemas' gestützten) Abweisung seines in der Hauptverhandlung vom 26.August 1980 (die am 23. September 1980 und demnach innerhalb der im § 276 a StPO. vorgesehenen Monatsfrist fortgesetzt wurde) gestellten (das Urteilsfaktum I betreffenden) Antrags (S. 144) auf Einvernahme des Zeugen 'Michael Q' - richtig: Ernst D (siehe S. 119 /insbes. Rückschein / sowie 178 und 177 a) -

zum Beweis dafür, daß dieser ihm erlaubt habe, in der ihm gehörigen (Kürschner-)Werkstätte 'Pfuscherarbeiten' zu verrichten. Abgesehen davon, daß der beantragte Zeuge - wie schon der Verantwortung des Angeklagten zu entnehmen war (vgl. S. 182) - unbekannten Aufenthaltes ist und deshalb für das Gericht nicht erreichbar war (siehe außerdem neuerlich ON. 25 samt dem dort angeschlossenen Rückschein in Verbindung mit dem Amtsvermerk ON. 30 a), ist das Beweisthema nicht entscheidungswesentlich. Denn das Erstgericht hat ohnehin nicht in Zweifel gezogen, daß dem Angeklagten die technischen Möglichkeiten (in Form von Kürschnereimaschinen und Werkzeugen) zur Anfertigung des Pelzmantels zur Verfügung standen, und nicht wegen eines Fehlens derselben ein Handeln des Beschwerdeführers mit Betrugsvorsatz angenommen. Ebensowenig hat es mit der (in der Beschwerde, aus dem Zusammenhang gerissen, isoliert aufgegriffenen) Passage der Urteilsbegründung, wonach der Beschwerdeführer zumindestens dahingehend mit bedingtem Vorsatz handelte, die von Friederike B in Auftrag gegebene Werkleistung 'nicht erbringen zu können' (S. 194), seine fachlichen (handwerklichen) Fähigkeiten als Kürschner bezweifelt; und dies umso weniger, als sowohl die Berufsausbildung als auch die Berufsausübung des Angeklagten als Kürschner ausdrücklich konstatiert wurde (S. 193). Die in Rede stehende - allerdings auch im Zusammenhang mit den übrigen Ausführungen nicht gerade sehr glückliche - Formulierung wird eindeutig der - angesichts der unterbliebenen Lieferung des Mantels oder Rückgabe der Anzahlung bis zum Zeitpunkt der Urteilsfällung lebensnahen - Feststellung, daß der Beschwerdeführer gar nicht willens war, die mit der Zeugin B getroffene Vereinbarung einzuhalten, (gleichsam als Eventualbegründung) an die Seite gestellt, und sollte solcherart (ersichtlich) bloß zum Ausdruck gebracht werden, daß der Beschwerdeführer - selbst dann, wenn ihm der sachverhaltsmäßig angelastete dolus principalis nicht zugerechnet würde - jedenfalls nach seinen gesamten Verhältnissen ernstlich mit der Möglichkeit rechnete, die zugesagte Werkleistung (beispielsweise wegen Schwierigkeiten bei der Beschaffung ausreichender geeigneter Felle) in angemessener Zeit - als Liefertermin vereinbart war Weihnachten 1977 - nicht erbringen zu können und er sich damit abfand.

Der Angeklagte kann sich daher durch die unterbliebene Beweisaufnahme, welche für die Beantwortung der obigen Fragen nach Lage des Falles ohne Bedeutung war, in seinen Verteidigungsrechten nicht mit Fug beeinträchtigt erachten; auch im erörterten Belange behauptete Begründungsmängel haften dem Urteil in Ansehung entscheidungswesentlicher Tatsachen in keiner Weise an. Die weitere Mängelrüge ist gleichfalls nicht berechtigt. Wenn der Angeklagte zu Punkt I des Schuldspruchs dem Erstgericht unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung vorwirft, es habe sich mit den Widersprüchen in den Angaben über die Höhe des zwischen ihm und der Zeugin B vereinbarten Preises für die Herstellung des Pelzmantels nicht ausreichend auseinandergesetzt und insbesondere den Umstand unerörtert gelassen, daß er - seiner Verantwortung nach - hiefür bereits angeschaffte Felle der Zeugin Rosa E gezeigt habe, unternimmt er nach Inhalt und Zielsetzung des bezüglichen Beschwerdevorbringens im wesentlichen nur den unzulässigen Versuch, die im Sinne des § 258 Abs. 2 StPO. vor allem auf Grund einer Gesamtbeurteilung der Verfahrensergebnisse erfolgte freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts anzufechten, das bei der Begründung der Sachverhaltsfeststellungen außerdem der Anordnung des § 270 Abs. 2 StPO. hinreichend Rechnung getragen hat. Daß der Angeklagte bereits bei Abschluß des Werkvertrages mit Friederike B und dementsprechend ebenso bei der nachfolgenden Entgegennahme der bezeichneten Geldbeträge mit Bereicherungs- und Schädigungsvorsatz handelte (S. 194), wurde - wie bereits aufgezeigt - vom Erstgericht schlüssig dargetan, dem Angeklagten allerdings ein Betrug in bezug auf den gesamten (Kauf-)Preis gar nicht angelastet und im übrigen durch das Gericht ausführlich begründet, warum es einerseits trotz (sohin sehr wohl gewürdigter) Divergenzen in den Bekundungen der Zeugin E sowie der Verantwortung des Angeklagten dennoch zur Überzeugung gelangte, daß der vorweg für die Herstellung des Mantels fix vereinbarte Preis 25.000 S ausmachte und gleich dem damals festgelegten Zeitpunkt der Lieferung ('bis Weihnachten 1977') keine Änderung erfahren hat (S. 197).

Eine (wegen ihrer Unvollständigkeit) aktenwidrige Wiedergabe des Gutachtens des Sachverständigen Johann F i.S.d. § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. erblickt der Beschwerdeführer darin, daß das Urteil, gestützt auf den vom Sachverständigen an der vom Angeklagten vorgelegten (schon einmal eingefüttert gewesenen - vgl. S. 139) Pelzjacke festgestellten Geruch und einen geringfügigen Abrieb an deren Kanten, mit dem Hinweis, diese für eine Benützung der bezeichneten Jacke sprechenden Symptome können nicht durch deren Übergabe in Kommission erklärt werden (S. 199), zu dem Ergebnis gelangte, daß die Jacke bereits in Verwendung gestanden war, dabei aber unberücksichtigt ließ, daß der Sachverständige eine derartige Abnützung (auch) durch 'oftmaliges Probieren' nicht ausschließen konnte (vgl. S. 141). Der Beschwerdeführer ignoriert dabei jedoch vollkommen, daß der Sachverständige in Ansehung der für die Benützung der Jacke ins Treffen geführten Kriterien (Geruch und Abrieb der Kanten) nur die Entstehung der an den Kanten (der Jacke) festgestellten Abnützungserscheinungen durch die (vom Angeklagten behauptete) Übergabe in Kommission nicht (ganz) ausschließen konnte. Ein entscheidungswesentlicher Begründungsmangel liegt demnach insoweit nicht vor.

Bei dem - unter dem Aspekt einer (angeblichen) Unvollständigkeit der Urteilsbegründung erhobenen - Einwand, diese setze sich über bedeutsame Abschnitte der Aussage der Zeugin Rosa E, insbesondere über deren Bekundungen hinweg, ihr vom Angeklagten (offensichtlich im Jahre 1978 in der Werkstätte des Ernst D) gezeigte, nach dessen Angaben für den Mantel der B bestimmt gewesene Felle gesehen zu haben, wobei sie ihr in der Hauptverhandlung vorgewiesene Restfelle als Teil jenes Warenpostens zu identifizieren vermocht hatte (S. 137), übersieht der Beschwerdeführer seinerseits, daß sich das Erstgericht mit der Aussage dieser Zeugin auch im fraglichen Punkt auseinandergesetzt hat (S. 199). Die Feststellung, Rosa E habe die (seinerzeitigen) Felle in der nunmehr (in der Hauptverhandlung) vorgelegten Jacke nicht wiedererkannt, findet in den Angaben dieser Zeugin bei der Hauptverhandlung jedenfalls Deckung. Unter diesen Umständen stellt der Hinweis auf die Identifizierung von in der Hauptverhandlung überdies vorgelegten 'einzelnen Teilen' (gemeint sind offenkundig vier - außer der Jacke sichergestellte - unverarbeitete Felle), um die allein es ja gar nicht geht, durch die Zeugin bloß einen unzulässigen Angriff auf die erstgerichtliche Beweiswürdigung dar, in deren Rahmen die Zeugenaussage (die ihr zukommende) Beachtung fand.

Das gesamte übrige Vorbringen des Beschwerdeführers, mit dem er eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung zum Faktum II ins Treffen führt, beschränkt sich auf einen (neuerlichen) Angriff gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung; denn sie erschöpft sich in der Erörterung der Glaubwürdigkeit und Beweiskraft von Verfahrensergebnissen, mit denen sich das Erstgericht ausreichend befaßt hat (S. 200), sowie in dem Versuch, diese anders zu werten und solcherart zu für den Angeklagten günstigeren Schlußfolgerungen zu gelangen.

Die Rechtsrüge (Z. 9 lit. a) vermeint, daß dem Angeklagten zum Punkt I des Schuldspruchs ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz in Ansehung der von der Zeugin B zwecks Anfertigung eines (Naturpersianer-) Mantels übernommenen Geldbeträge nicht angelastet werden könne und darum ein essentielles Tatbestandsmerkmal des Betruges fehle, zumal nach den Sachverhaltsfeststellungen nicht ausgeschlossen werden könne, daß er nur die Anschaffung einer für die Anfertigung des Mantels der B genügenden Anzahl von geeigneten Fellen unterlassen habe.

Sie schlägt ebenfalls nicht durch.

Zunächst hat das Erstgericht - wie bereits dargetan - ein Handeln des Angeklagten mit dolus principalis festgestellt, welcher nach Lage des Falles eine Bereicherungstendenz nachgeradezu zwangsläufig mitumfaßte. Darüber hinaus ist aber schon der Übeltäter im Sinne des § 146

StGB. unrechtmäßig bereichert, dessen faktisches Vermögen eine Vermehrung erfährt, auf die er keinen Anspruch hat, wobei die durch den Betrug bewirkte Bereicherung (gar) keine dauernde (ÖJZ-LSK. 1977/142) und (auch) nicht das ausschließliche Ziel des deliktischen Verhaltens sein muß (ÖJZ-LSK. 1978/315). Demnach wäre für den Angeklagten selbst unter Zugrundelegung der von ihm bezogenen Passagen des angefochtenen Urteils, welches allerdings - das sei nochmals betont - im Gesamten keinen Zweifel daran läßt, daß er schon bei Abschluß des Werkvertrages (und Übernahme der Geldbeträge von Friederike B) zu dessen Erfüllung grundsätzlich gar nicht gewillt, sondern bereits von Anfang an zur Verwendung der Beträge zum eigenen Nutzen und Vorteil entschlossen war, nichts zu gewinnen. Bei dieser Sachlage würde nämlich ein mittels der übernommenen Geldsummen geschehener Ankauf von Fellen, die ja dann - entsprechend dem (mängelfrei) festgestellten Schädigungsvorsatz, die Leistung (überhaupt) nicht (oder jedenfalls nicht innerhalb einer wirtschaftlich zumutbaren Zeitspanne) zu erbringen - in keiner Weise für den bestellten Mantel (sondern höchstens für die Anfertigung einer nicht der Bestellerin zugedachten Jacke) verwendet worden wären, einen Vermögensvorteil und damit eine (unrechtmäßige) Bereicherung des Beschwerdeführers bedeuten, welche das Korrelat zur Schadenszufügung darstellt, also (gleichsam) die Kehrseite des dem Opfer entstandenen Vermögensnachteils ist, wenngleich sie (grundsätzlich) nicht unbedingt den gleichen Geldwert haben muß (Foregger-Serini MKK.2 268; Leukauf-Steininger2 RN. 45 zu § 146 StGB. sowie die dort jeweils zitierte

Judikatur und Literatur).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 2 StGB. zu zweieinviertel Jahren Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die Tatwiederholung und die einschlägigen Vorstrafen, welche die Voraussetzungen (der Strafschärfung bei Rückfall) nach § 39 StGB. erfüllen, als mildernd hingegen keinen Umstand.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Die von ihm reklamierte Bereitschaft zur Schadensgutmachung wurde vom Erstgericht zu Recht als Milderungsgrund nicht berücksichtigt (vgl. ÖJZ-LSK. 1978/276).

Dennoch erachtet der Oberste Gerichtshof, die Strafe nicht zuletzt angesichts der relativ eher nicht sehr bedeutenden Höhe der vom Angeklagten (insgesamt) herausgelockten Sachen und des darum nicht allzu erheblichen Unrechtsgehalts der Tat - trotz des auf Grund von Verurteilungen wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen belasteten Vorlebens -

als überhöht und eine Strafherabsetzung auf das - der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB.) angepaßte Ausmaß von achtzehn Monaten als gerechtfertigt. Der Berufung war daher Folge zu geben.

Anmerkung

E03120

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00014.81.0310.000

Dokumentnummer

JJT_19810310_OGH0002_0100OS00014_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten