TE OGH 1981/4/2 12Os48/81

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Veröffentlicht am 02.04.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. April 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Irene A wegen des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit b Waffengesetz über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 3. Februar 1981, GZ U 4/81-2, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Melnizky, zu Recht erkannt:

Spruch

In der Strafsache gegen Irene A wegen Vergehens nach dem § 36 Abs 1 lit b Waffengesetz, AZ U 4/81 des Bezirksgerichtes Korneuburg, verletzt das Urteil dieses Gerichtes vom 3. Februar 1981, GZ U 4/81-2, mit welchem Irene A wegen auf Fahrlässigkeit beruhenden unbefugten Besitzes eines Springmessers in der Zeit von Mai 1980 bis zum 26. Juli 1980 dieses Vergehens schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Geldstrafe verurteilt wurde, wegen Nichtanwendung des § 42 Abs 1 StGB das Gesetz in dieser Bestimmung. Dieses Urteil - mit Ausnahme des gemäß dem § 26 Abs 3 StGB aufrecht bleibenden Einziehungserkenntnisses - und die darauf beruhenden Beschlüsse und Verfügungen (ON 3 und 5) werden aufgehoben und es wird gemäß dem § 292 StPO in Verbindung mit dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfange der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Irene A wird von der Anklage, sie habe in der Zeit von Mai 1980 bis zum 26. Juli 1980 fahrlässig ein Springmesser, sohin eine verbotene Waffe, unbefugt besessen und hiedurch das Vergehen nach dem § 36 Abs 1 lit b Waffengesetz begangen, gemäß dem § 259 Z 4 StPO freigesprochen.

Text

Gründe:

Mit dem (sofort in Rechtskraft erwachsenen) Urteil des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 3. Februar 1981, GZ U 4/81-2, wurde die am 7. Dezember 1928 geborene Hausfrau Irene A im Sinne des Bestrafungsantrages des Bezirksanwaltes vom 5. Dezember 1980 (sh S 43 d.A) des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit b Waffengesetz schuldig erkannt und hiefür zu einer gemäß § 43 (Abs 1) StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Geldstrafe von 20 Tagessätzen a S 100,--, im Nichteinbringlichkeitsfall 10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und zum Kostenersatz verurteilt, weil sie in der Zeit von Mai 1980 bis 26. Juli 1980 fahrlässig ein Springmesser, sohin eine verbotene Waffe, besessen hatte. Außerdem erkannte das Bezirksgericht Korneuburg gemäß dem § 26 StGB auf Einziehung des Springmessers, das in der Folge vernichtet wurde (ON 7).

Das Protokoll über die Hauptverhandlung und die Ausfertigung des Urteils wurde im Sinne der Bestimmung des § 458 Abs 2 StPO durch einen Vermerk ersetzt (ON 2);

diesem ist auch zu entnehmen, daß die Beschuldigte bisher unbescholten und in der Sache geständig war (sh S 51 d.A).

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil steht insoweit mit dem Gesetz nicht in Einklang, als das Bezirksgericht Korneuburg die Bestimmung des § 42 Abs 1 StGB nicht angewendet hat.

Sämtliche Voraussetzungen dieses in der genannten Gesetzesstelle statuierten (sachlichen) Strafausschließungsgrundes der mangelnden Strafwürdigkeit der Tat liegen hier nämlich vor:

Das vol Amts wegen zu verfolgende Vergehen nach dem § 36 Abs 1 lit b Waffengesetz (: zumindest auf Fahrlässigkeit beruhender unbefugter Besitz einer verbotenen Waffe, worunter nach dem § 11 Z 6 Waffengesetz ua die unter der Bezeichnung 'Springmesser' bekannten Stichwaffen fallen) ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, mithin mit nicht mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe strafbedroht (§ 42 Abs 1 Einleitungssatz StGB).

Die Schuld der Irene A, die durch etwa zwei Monate hindurch bloß fahrlässig ein derartiges (sichergestelltes und inzwischen vernichtetes) Springmesser (unter Aufbewahrung im Keller) besessen hat, ist als gering zu beurteilen (§ 42 Abs 1 Z 1 StGAuch hat die Tat keine Folgen nach sich gezogen (§ 42 Abs 1 Z 2 StGB) und im Hinblick auf das einwandfreie Vorleben der Irene A sowie nach den Tatumständen war eine Bestrafung der Genannten wedem aus spezialnoch aus generalpräventiven Gründen geboten (§ 42 Abs 1 Z 3 StGB). Es handelt sich vielmehr bei der dem Urteil zugrundeliegenden Tat um eine erstmalige und für den Charakter der Beschuldigten ersichtlich atypische Verfehlung, die bloß auf Fahrlässigkeit beruhte und auf deren strafrechtliche Ahndung mangels Strafwürdigkeit ohne Nachteil für die Rechtsordnung und die Beschuldigte verzichtet werden kann (vgl EvBl 1980/7).

Irene A wäre daher richtigerweise nach durchgeführter Hauptverhandlung aus dem Grunde des § 42 Abs 1

StGB gemäß dem § 259 Z 4 StPO freizusprechen gewesen, was allerdings die Einziehung des Springmessers nicht gehindert hätte (§ 26 Abs 3 StGB, § 446 StPO).

Es war daher auf Grund der von der Generalprokuratur gemäß § 33 Abs 2 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes spruchgemäß zu erkennen.

Anmerkung

E03058

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00048.81.0402.000

Dokumentnummer

JJT_19810402_OGH0002_0120OS00048_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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