TE Vfgh Beschluss 2008/3/5 G267/07

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Veröffentlicht am 05.03.2008
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Index

41 Innere Angelegenheiten
41/02 Staatsbürgerschaft, Paß- und Melderecht, Fremdenrecht

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Allg
B-VG Art129a Abs1 Z2
EMRK Art13
FremdenpolizeiG 2005 §46 Abs1, §77 Abs5
VVG §7, §10
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 129a gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2013 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 51/2012
  2. B-VG Art. 129a gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2005 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  3. B-VG Art. 129a gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  1. VVG § 7 heute
  2. VVG § 7 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VVG § 7 gültig von 01.07.1995 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 472/1995
  4. VVG § 7 gültig von 01.02.1991 bis 30.06.1995

Leitsatz

Zurückweisung des Antrags eines Unabhängigen Verwaltungssenates aufAufhebung einer Regelung des Fremdenpolizeigesetzes 2005 betreffenddie Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt zur Durchsetzung einerAbschiebung wegen Verstoßes gegen das Recht auf eine wirksameBeschwerde iSd EMRK mangels Beseitigung der behauptetenVerfassungswidrigkeit durch eine Aufhebung der bekämpften Norm

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landesrömisch eins. 1.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes

Oberösterreich (im Folgenden: UVS) hat aus Anlass der bei ihm anhängigen Maßnahmenbeschwerden beim Verfassungsgerichtshof den auf Art140 B-VG gestützten Antrag gestellt, §77 Abs5 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), BGBl. I 100, in eventu §77 Abs5 erster Satz leg.cit. als verfassungswidrig aufzuheben.Oberösterreich (im Folgenden: UVS) hat aus Anlass der bei ihm anhängigen Maßnahmenbeschwerden beim Verfassungsgerichtshof den auf Art140 B-VG gestützten Antrag gestellt, §77 Abs5 des Bundesgesetzes über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), Bundesgesetzblatt römisch eins 100, in eventu §77 Abs5 erster Satz leg.cit. als verfassungswidrig aufzuheben.

2. Dem Antrag liegen folgende Sachverhalte zugrunde:

2.1. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2007 erhoben H B und ihr mj. Sohn M B beim UVS eine auf Art129a Abs1 Z2 B-VG iVm §67a Abs1 Z2 AVG gestützte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Begründend brachten sie vor, dass beim Verfassungsgerichtshof eine zu B1564-1567/07 protokollierte Beschwerde der Mutter und ihrer drei Kinder gegen die negativen Asylbescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) anhängig sei, der mit Beschluss vom 24. August 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Nach Zustellung der auch die Ausweisung der Beschwerdeführer verfügenden Bescheide des UBAS und vor Ablauf der Frist für die Erhebung von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sei am 22. August 2007 seitens der Fremdenpolizeibehörde völlig überraschend der Versuch unternommen worden, die Beschwerdeführer in den Kosovo abzuschieben. Die Abschiebung sei jedoch zunächst daran gescheitert, dass keine Plätze im Flugzeug mehr verfügbar gewesen seien. Für den 27. August 2007 sei ihnen jedoch ein weiterer Abschiebeversuch angekündigt worden. 2.1. Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2007 erhoben H B und ihr mj. Sohn M B beim UVS eine auf Art129a Abs1 Z2 B-VG in Verbindung mit §67a Abs1 Z2 AVG gestützte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Begründend brachten sie vor, dass beim Verfassungsgerichtshof eine zu B1564-1567/07 protokollierte Beschwerde der Mutter und ihrer drei Kinder gegen die negativen Asylbescheide des Unabhängigen Bundesasylsenates (UBAS) anhängig sei, der mit Beschluss vom 24. August 2007 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Nach Zustellung der auch die Ausweisung der Beschwerdeführer verfügenden Bescheide des UBAS und vor Ablauf der Frist für die Erhebung von Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts sei am 22. August 2007 seitens der Fremdenpolizeibehörde völlig überraschend der Versuch unternommen worden, die Beschwerdeführer in den Kosovo abzuschieben. Die Abschiebung sei jedoch zunächst daran gescheitert, dass keine Plätze im Flugzeug mehr verfügbar gewesen seien. Für den 27. August 2007 sei ihnen jedoch ein weiterer Abschiebeversuch angekündigt worden.

2.2. Mit Eingabe vom 19. Oktober 2007 erhob B B beim UVS eine auf Art129a Abs1 Z2 B-VG iVm §67a Abs1 Z2 AVG gestützte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass er mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich - seinem Rechtsvertreter am 11. September 2007 zugestellt - ausgewiesen worden sei. Er habe beabsichtigt, dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Noch vor Ablauf der Beschwerdefrist sei er jedoch am 17. Oktober 2007 überraschend - er habe nicht einmal die Möglichkeit gehabt, seine blutdrucksenkenden Medikamente aus der Wohnung zu holen - in das Polizeianhaltezentrum Linz verbracht und anschließend über den Flughafen Wien-Schwechat in den Kosovo abgeschoben worden, obwohl er unmittelbar davor einen Asylantrag gestellt habe. 2.2. Mit Eingabe vom 19. Oktober 2007 erhob B B beim UVS eine auf Art129a Abs1 Z2 B-VG in Verbindung mit §67a Abs1 Z2 AVG gestützte Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt. Darin führte er im Wesentlichen aus, dass er mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich - seinem Rechtsvertreter am 11. September 2007 zugestellt - ausgewiesen worden sei. Er habe beabsichtigt, dagegen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Noch vor Ablauf der Beschwerdefrist sei er jedoch am 17. Oktober 2007 überraschend - er habe nicht einmal die Möglichkeit gehabt, seine blutdrucksenkenden Medikamente aus der Wohnung zu holen - in das Polizeianhaltezentrum Linz verbracht und anschließend über den Flughafen Wien-Schwechat in den Kosovo abgeschoben worden, obwohl er unmittelbar davor einen Asylantrag gestellt habe.

3. Zur Antragslegitimation führt der UVS im Wesentlichen aus, dass er insbesondere §46 Abs1 FPG, der die Voraussetzungen der Abschiebung regelt, sowie §77 Abs5 FPG, der nähere Bestimmungen über die Durchführung der Abschiebung trifft, anzuwenden habe.

4. In der Sache behauptet der antragstellende UVS, dass §77 Abs5 FPG wegen Verstoßes gegen Art13 EMRK verfassungswidrig sei.

Begründend führt er dazu insbesondere Folgendes aus:

4.1. Nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes habe bereits die Abschiebung nach dem Fremdengesetz 1992 - anders als nach dem Fremdenpolizeigesetz 1954 - keine "Anwendung unmittelbaren Zwanges" iSd §7 VVG, sondern eine mittels Maßnahmenbeschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG iVm §67a Abs1 Z2 AVG bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dargestellt. Dies sei insbesondere damit begründet worden, dass in §40 Fremdengesetz 1992 die Abschiebung explizit als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnet wurde. Diese Rechtsansicht sei - infolge inhaltlicher Übereinstimmung der maßgeblichen Bestimmungen - während der Geltung des Fremdengesetzes 1997 aufrechterhalten worden. 4.1. Nach der insoweit übereinstimmenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes habe bereits die Abschiebung nach dem Fremdengesetz 1992 - anders als nach dem Fremdenpolizeigesetz 1954 - keine "Anwendung unmittelbaren Zwanges" iSd §7 VVG, sondern eine mittels Maßnahmenbeschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG in Verbindung mit §67a Abs1 Z2 AVG bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dargestellt. Dies sei insbesondere damit begründet worden, dass in §40 Fremdengesetz 1992 die Abschiebung explizit als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bezeichnet wurde. Diese Rechtsansicht sei - infolge inhaltlicher Übereinstimmung der maßgeblichen Bestimmungen - während der Geltung des Fremdengesetzes 1997 aufrechterhalten worden.

Da sich auch im derzeit geltenden Fremdenpolizeigesetz 2005 eine dem §40 Fremdengesetz 1992 und dem §60 Fremdengesetz 1997 inhaltlich gleiche Bestimmung finde (§77 Abs5 FPG als lex specialis zu §13 Abs3 FPG) und sich auch aus den Gesetzesmaterialien nichts Gegenteiliges ergebe, sei davon auszugehen, dass die von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts entwickelte Rechtsansicht, wonach die Abschiebung nicht als Vollstreckungsakt iSd VVG, sondern als Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen sei, auch für das Fremdenpolizeigesetz 2005 maßgeblich sei.

4.2. §46 Abs1 FPG sehe in Z1 bis 4 verschiedene Voraussetzungen vor, bei deren Vorliegen eine Abschiebung zulässig sei. Die prozessuale Möglichkeit einer rechtlichen Kontrolle, ob die Fremdenpolizeibehörde das Vorliegen dieser Voraussetzungen im konkreten Fall zu Recht angenommen hat, komme dem Fremden - mangels entsprechender Sondervorschriften im FPG - ausschließlich im Wege einer Beschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG iVm §67a Abs1 Z2 AVG zu. 4.2. §46 Abs1 FPG sehe in Z1 bis 4 verschiedene Voraussetzungen vor, bei deren Vorliegen eine Abschiebung zulässig sei. Die prozessuale Möglichkeit einer rechtlichen Kontrolle, ob die Fremdenpolizeibehörde das Vorliegen dieser Voraussetzungen im konkreten Fall zu Recht angenommen hat, komme dem Fremden - mangels entsprechender Sondervorschriften im FPG - ausschließlich im Wege einer Beschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG in Verbindung mit §67a Abs1 Z2 AVG zu.

In der Regel stelle die Abschiebung eine bloß wenige Stunden oder Tage dauernde Maßnahme dar. Innerhalb dieser kurzen Zeitspanne sei es dem Betroffenen de facto nicht möglich, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme rechtzeitig und in angemessener Form überprüfen zu lassen. Vielmehr könne eine derartige Beschwerde regelmäßig erst vom Ausland aus eingebracht werden.

4.3. Eine iSd Art13 EMRK wirksame Beschwerde scheine das Fremdenpolizeigesetz 2005 dem von einer Abschiebung betroffenen Fremden jedoch nicht zu gewähren, da lediglich die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde vorgesehen sei, der keine aufschiebende Wirkung zukomme. Die Entscheidung über die Beschwerde ergehe regelmäßig erst zu einem Zeitpunkt, zu dem sich der Beschwerdeführer nicht mehr im Bundesgebiet aufhalte, sodass er am Verfahren nicht effektiv teilnehmen könne.

4.4. Im Ergebnis geht der antragstellende UVS davon aus, dass die Abschiebung - im Falle der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung - künftig nicht mehr als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern als eine - im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung zu setzende - Anwendung unmittelbaren Zwanges gemäß §7 VVG anzusehen sei. Einer derartigen Zwangsausübung hätte demnach eine Vollstreckungsverfügung vorauszugehen, die mit Berufung gemäß §10 Abs2 VVG bekämpfbar wäre.

II. 1. Die §§46 und 77 des Bundesgesetzes über die Ausübung derrömisch II. 1. Die §§46 und 77 des Bundesgesetzes über die Ausübung der

Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), BGBl. I 100, lauten wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG), Bundesgesetzblatt römisch eins 100, lauten wie folgt (die angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"6. Hauptstück

Abschiebung, Gebietsbeschränkung und Durchbeförderung

Abschiebung

§46. (1) Fremde, gegen die ein Aufenthaltsverbot oder eine Ausweisung (§§53, 54 und §10 AsylG 2005) durchsetzbar ist, können von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde zur Ausreise verhalten werden (Abschiebung), wenn

  1. 1.Ziffer eins
    die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint oder
  2. 2.Ziffer 2
    sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise (§67, §10 AsylG 2005) nicht zeitgerecht nachgekommen sind oder
  3. 3.Ziffer 3
    auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen oder
  4. 4.Ziffer 4
    sie dem Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

  1. (2)Absatz 2Verfügt der Fremde über kein Reisedokument und kann die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden, hat die Behörde bei der für ihn zuständigen Vertretungsbehörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen. §97 Abs1 gilt.

  1. (3)Absatz 3Die Abschiebung eines Fremden ist auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§50) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint. Für den Widerruf gilt §69.

  1. (4)Absatz 4Liegen bei Angehörigen (§72 StGB) die Voraussetzungen für die Abschiebung gleichzeitig vor, so hat die Behörde bei der Erteilung des Auftrages zur Abschiebung Maßnahmen anzuordnen, die im Rahmen der Durchführung sicherstellen, dass die Auswirkung auf das Familienleben dieser Fremden so gering wie möglich bleibt.

  1. (5)Absatz 5Die Abschiebung ist im Reisedokument des Fremden ersichtlich zu machen, sofern dadurch die Abschiebung nicht unzulässig oder unmöglich gemacht wird. Diese Eintragung ist auf Antrag des Betroffenen zu streichen, sofern deren Rechtswidrigkeit durch den unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt worden ist.

"Gelinderes Mittel

§77. (1) Die Behörde kann von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

  1. (2)Absatz 2Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des §99 Abs1 Z1 von Amts wegen erfolgt.

  1. (3)Absatz 3Als gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in periodischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

  1. (4)Absatz 4Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zur Behörde, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt §80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

  1. (5)Absatz 5Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung, der Zurückschiebung oder Durchbeförderung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten."

2. Art129a Abs1 Z2 B-VG, BGBl. 1/1930, zuletzt geändert durch BGBl. I 100/2005, lautet: 2. Art129a Abs1 Z2 B-VG, Bundesgesetzblatt 1 aus 1930,, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, 100 aus 2005,, lautet:

"A. Unabhängige Verwaltungssenate in den Ländern

Artikel 129a. (1) Die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern erkennen nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sofern ein solcher in Betracht kommt,

...

2. über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes,

..."

III. Der Antrag ist nicht zulässig.römisch III. Der Antrag ist nicht zulässig.

1.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 8461/1978 dargelegt hat, soll ein Gesetzesprüfungsverfahren dazu dienen, die behauptete Verfassungswidrigkeit - wenn sie tatsächlich vorläge - zu beseitigen (vgl. etwa VfSlg. 13.299/1992, 16.191/2001 mwH, 16.801/2003). 1.1. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis VfSlg. 8461/1978 dargelegt hat, soll ein Gesetzesprüfungsverfahren dazu dienen, die behauptete Verfassungswidrigkeit - wenn sie tatsächlich vorläge - zu beseitigen vergleiche etwa VfSlg. 13.299/1992, 16.191/2001 mwH, 16.801/2003).

1.2. Die angefochtene Bestimmung des §77 Abs5 FPG stellt klar, dass die - bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen anstelle der Schubhaft vorgesehene - Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung, der Zurückschiebung oder Durchbeförderung erforderlichen "Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt" nicht entgegensteht. Der antragstellendene UVS hegt nun das Bedenken, dass darin ein Verstoß gegen Art13 EMRK zu erblicken sei, da als einziger Rechtsbehelf gegen eine Abschiebung die Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG in Betracht komme. Im Hinblick darauf, dass dieses Rechtsmittel grundsätzlich erst nach Durchführung der - allenfalls rechtswidrigen - Abschiebung (vom Ausland aus) ergriffen werden könne, liege jedoch keine wirksame Beschwerde iSd Art13 EMRK vor.

Die geltend gemachte Verfassungswidrigkeit könne nach Auffassung des UVS nur dadurch beseitigt werden, dass die Abschiebung - im Falle der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung - künftig nicht mehr als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern als "Anwendung unmittelbaren Zwanges" iSd §7 VVG anzusehen sei, welche die Erlassung einer - mit Berufung bekämpfbaren - Vollstreckungsverfügung voraussetze.

2.1. Soweit eine Abschiebung überhaupt als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren ist (vgl. dazu VfSlg. 13.885/1994, 17.639/2005), ist die Möglichkeit zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG verfassungsgesetzlich verankert. Einfachgesetzliche Regelungen - wie etwa jene im Fremdenpolizeigesetz 2005 - haben sich stets an der Verfassungsrechtslage zu orientieren. 2.1. Soweit eine Abschiebung überhaupt als Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren ist vergleiche dazu VfSlg. 13.885/1994, 17.639/2005), ist die Möglichkeit zur Erhebung einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art129a Abs1 Z2 B-VG verfassungsgesetzlich verankert. Einfachgesetzliche Regelungen - wie etwa jene im Fremdenpolizeigesetz 2005 - haben sich stets an der Verfassungsrechtslage zu orientieren.

Zudem vermag der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des antragstellenden UVS nicht zu teilen, wonach eine Abschiebung - im Falle der Aufhebung der bekämpften Vorschrift - als "Anwendung unmittelbaren Zwanges" iSd §7 VVG zu qualifizieren wäre (s. zur insoweit vergleichbaren Vorgängerbestimmung auch VwGH 23.9.1994, 94/02/0139). Hinzu kommt, dass damit auch insofern keine Verbesserung des Rechtsschutzes verbunden wäre, als Berufungen gegen die Erlassung von Vollstreckungsverfügungen gemäß §10 Abs3 VVG keine aufschiebende Wirkung zukommt.

2.2. Angesichts dessen würde durch die vom UVS begehrte Eliminierung des §77 Abs5 FPG aus der Rechtsordnung nicht eine Rechtslage hergestellt, auf die die geltend gemachten Bedenken nicht mehr zuträfen. Das Ziel des Aufhebungsbegehrens wäre sohin durch Aufhebung des §77 Abs5 FPG nicht erreicht.

Der Antrag war daher zurückzuweisen.

3. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Fremdenrecht, Fremdenpolizei, Ausübungunmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, Verwaltungsvollstreckung,Wirkung aufschiebende, Rechtsschutz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:G267.2007

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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