TE OGH 1981/4/8 11Os20/81

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Veröffentlicht am 08.04.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. April 1981

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hartmann, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Robl als Schriftführers in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs 1 StGB und eines anderen Deliktes über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 10. Dezember 1980, GZ 22 Vr 2806/79-30, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Walter Papis, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Strasser, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann A des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs 1 StGB (Punkt 1 des Schuldspruches) und des Vergehens der versuchten Nötigung nach den §§ 15, 105 Abs 1 StGB (Punkt 2 des Schuldspruches) schuldig erkannt.

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte der Sache nach nur im Punkt 1 des Schuldspruches mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Seinen die Qualifikation der betreffenden Tat als (bloße) Nötigung zum Beischlaf nach dem § 202 Abs 1 StGB anstrebenden Einwendungen kommt keine Berechtigung zu.

Richtig ist, daß unter dem Begriff der Widerstandsunfähigkeit (§§ 201, 203 StGB) Fälle zu verstehen sind, in denen ein, sei es durch körperliches Widerstreben, sei es durch Herbeirufen fremder Hilfe zu leistender, weiterer Widerstand des Opfers unmöglich, aussichtslos oder unzumutbar ist.

Vorliegend hat das Erstgericht angesichts des festgestellten massiven Einsatzes körperlicher Gewalt des der zur Tatzeit 19- jährigen Silvia B an physischen Kräften weitaus überlegenen Angeklagten, der die junge Frau etwa vier Stunden hindurch wiederholt zum Geschlechtsverkehr mißbrauchte, dabei nicht nur einen Fluchtversuch vereitelte, sondern jede Gegenwehr durch brutale, teils auch Verletzungen (Schwellungen im Bereich der Augen, Bluten aus der Lippe) verursachende körperliche Mißhandlungen beantwortete, was schließlich zur völligen Erschöpfung des Opfers führte, die Unmöglichkeit weiterer Widerstandsleistung aus physischen und psychischen Gründen zu Recht bejaht.

Wenn der Angeklagte in seiner Beschwerde demgegenüber eine Widerstandsunfähigkeit Silvia BS deshalb nicht für gegeben erachtet, weil sie es unterlassen habe, die am Tatort (einer abgelegenen Hütte) anwesenden drei anderen Personen, nämlich die Zeugen Margit C, Andreas D und Hansjörg E, um Hilfe zu 'bitten', so übersieht er, daß den Feststellungen zufolge das bereits physisch hilflose Opfer von den Genannten Hilfe gar nicht erwarten konnte, weil diese teils infolge ihrer Alkoholisierung schliefen, teils dem Geschehen 'teilnahmslos' zusahen und sich darüber hinaus vor dem Angeklagten fürchteten. Bei dieser Silvia B bewußten Untätigkeit der drei in nächster Nähe befindlichen Personen, die während des sich über mehrere Stunden erstreckenden Tatablaufes keinen ernstlichen Versuch unternahmen, den Angeklagten von seinen fortgesetzten Tathandlungen abzuhalten, kommt es, der Beschwerde zuwider, nicht darauf an, ob die zur Hilfe ersichtlich gar nicht bereiten Zeugen gemeinsam in der Lage gewesen wären, dem Opfer des zur Tatzeit wegen seiner Alkoholisierung in seiner 'Reaktionsfähigkeit' (angeblich) beeinträchtigten Angeklagten erfolgreich beizustehen. Da somit auch der der Sache nach erhobene Vorwurf eines die Fähigkeit der drei Zeugen zur Hilfeleistung betreffenden Feststellungsmangels fehl geht und das Erstgericht rechtsrichtig den vom Angeklagten vorsätzlich herbeigeführten Zustand der Widerstandsunfähigkeit Silvia BS bejahte, liegt der behauptete Subsumtionsirrtum nicht vor. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Johann A nach dem § 201 Abs 1 StGB unter Bedachtnahme auf § 28

StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren. Bei der Strafbemessung wertete es die 'zahlreichen und einschlägigen' Vorstrafen des Angeklagten wegen Gewalttätigkeitsdelikten, dessen überaus brutales Vorgehen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend; als mildernd berücksichtigte es demgegenüber das Geständnis des Angeklagten vor der Gendarmerie, die verminderte Zurechnungsfähigkeit und den Umstand, daß es beim Vergehen der Nötigung beim Versuch blieb.

Mit seiner Berufung strebt Johann A die Herabsetzung der über ihn

verhängten Freiheitsstrafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig sowie vollzählig festgestellt und ihrem tatsächlichen Gewicht entsprechend gewürdigt. Die festgesetzte Freiheitsstrafe wird der Schuld des Angeklagten, der Schwere der von ihm zu vertretenden Rechtsgutbeeinträchtigung, dem artbedingten hohen sozialen Störwert seiner Tathandlungen sowie der durch einschlägige Vorstrafen belasteten Täterpersönlichkeit durchaus gerecht. Eine besonders verlockende Gelegenheit, durch die sich auch ein ansonsten rechtstreuer Mensch zu einem derartigen Verhalten hätte verleiten lassen können, lag - entgegen dem Berufungsvorbringen - nicht vor (vgl Leukauf-Steininger2, RN 15 zu § 34 StGB). Für eine Korrektur des vom Erstgericht gefundenen Strafmaßes bestand somit kein Anlaß. Hiebei fand auch Berücksichtigung, daß Johann A (nach einer vom Obersten Gerichtshof eingeholten Strafregisterauskunft) seit den vorliegenden Tathandlungen bereits mit dem rechtskräftigen Erkenntnis des Amtsgerichtes Rosenheim vom 24.10.1979, AZ 35 Js 46224/79, wegen §§ 223, 223 a, 232 dStGB (gefährliche Körperverletzung) zu 30 Tagessätzen zu je 25 DM, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 30 Tagen Freiheitsstrafe, und mit dem rechtskräftigen Erkenntnis des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 18.12. 1979, AZ 18 U 2173/79 - beide Entscheidungen stehen zur verfahrensgegenständlichen im Verhältnis des § 31 StGB -, wegen § 83 Abs 1 StGB zu 90 Tagessätzen zu je 110 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 45 Tagen Freiheitsstrafe, verurteilt worden ist.

Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03101

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00020.81.0408.000

Dokumentnummer

JJT_19810408_OGH0002_0110OS00020_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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