Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des RB in Graz, vertreten durch Mag. Eva Holzer-Waisocher und Dr. Gerhard Waisocher, Rechtsanwälte in 8010 Graz-Geidorf, Kreuzgasse 2c, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 7. Jänner 2004, Zl. UVS 30.9-131/2002-48, betreffend Vorschreibung des Ersatzes von Barauslagen, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 2003 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung des § 11 Abs. 1 StVO für schuldig erkannt. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Der Beschwerdeführer habe einen näher bestimmten Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten. Darüber hinaus enthält dieser Bescheid folgenden Abspruch:
"Gemäß § 64 Abs. 3 VStG i.V.m. § 76 Abs. 1 AVG werden die Sachverständigengebühren in Höhe von EUR 686,10 als Barauslagen im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens dem Bestraften auferlegt."
In der Begründung führte die belangte Behörde aus:
"Die Vorschreibung der Sachverständigengebühr erfolgt nach deren ziffernmäßigen Festlegung und Auszahlung an den Sachverständigen mittels gesondertem Bescheid."
Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde an einen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts erhoben.
Mit dem - nunmehr angefochtenen - Bescheid vom 7. Jänner 2004 wurden dem Beschwerdeführer "die im Berufungsverfahren ... entstandenen Barauslagen in Form von Sachverständigengebühren des nichtamtlichen Sachverständigen ... in der Höhe von insgesamt EUR 686,10 auferlegt."
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. September 2004, B 238/04, ihre Behandlung ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt zunächst, dass "der gegenständliche Zweitbescheid in Verletzung der Grundsätze der materiellen Rechtskraft des Erstbescheides ... vom 11. November 2003 ... ergangen ist und damit in rechtswidriger Weise erneut ein bescheidmäßig vollstreckbarer Rechtstitel mit Zwangsfolgen geschaffen wurde, obwohl die mit Erstbescheid auferlegten Barauslagen nachweislich bereits bezahlt wurden."
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:
Zur Beurteilung des in materieller Hinsicht in Rechtskraft erwachsenden Inhalts eines Bescheides ist zwar davon auszugehen, dass Spruch und Begründung eines Bescheides eine Einheit bilden; die dem Spruch beigegebene Begründung kann aber nur dann als Auslegungsbehelf herangezogen werden, wenn der Spruch eines rechtskräftigen Bescheides, für sich allein beurteilt, Zweifel an seinem Inhalt offen lässt. Ist aber der Spruch des Bescheides eindeutig, dann kommt der Begründung eine den Inhalt des Bescheides modifizierende Wirkung nicht zu. Selbst ein Widerspruch der Begründung zum Spruch ist unerheblich, wenn nach dem Wortlaut des Spruches eines Bescheides über dessen Inhalt kein Zweifel obwalten kann. Ihre Grenze findet eine über den formalen Spruchinhalt hinausgehende Gesamtbetrachtung sohin dann, wenn der formale Spruchinhalt durch Ausführungen im Begründungsteil nicht ergänzt bzw. komplettiert wird, sondern mit diesem in Widerspruch gerät (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1999, Zl. 97/16/0075).
Mit dem oben wiedergegebenen Spruchteil des Bescheides vom 11. November 2003 wurde dem Beschwerdeführer in zweifelsfreier Weise der Ersatz von Barauslagen (Sachverständigengebühren) in ziffernmäßig bestimmter Höhe auferlegt. Daran kann die entgegenstehende Begründung, aber auch - entgegen der Ansicht der belangten Behörde in der Gegenschrift - ein davon abweichender Hinweis in der Zustellverfügung nichts ändern. Somit erweist sich die neuerliche Auferlegung derselben Barauslagen von EUR 686,10 durch den Bescheid vom 7. Jänner 2004 als inhaltlich rechtswidrig.
Insoweit der Beschwerdeführer darüber hinaus auch inhaltliche Einwendungen gegen die Auferlegung der Barauslagen vorbringt, genügt es, ihn an den Bescheid vom 11. November 2003 zu erinnern, weshalb diese Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere gehen.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem
pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.
Wien, am 13. Mai 2005
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004020354.X00Im RIS seit
13.06.2005