TE OGH 1981/5/19 5Ob516/81

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Veröffentlicht am 19.05.1981
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Norm

EheG §81 Abs2
EheG §82 Abs1 Z1
EheG §82 Abs2
EheG §90 Abs1
WEG §9

Kopf

SZ 54/79

Spruch

Das Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum an der Ehewohnung ist dem aufteilungsfähigen ehelichen Gebrauchsvermögen (§ 81 Abs. 2 EheG) zuzurechnen. Auch diesem Anwartschaftsrecht ist der Bewahrungsschutz in Analogie zu § 90 Abs. 1 EheG zu gewähren

Die von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachte Ehewohnung ist nur dann der Aufteilung als eheliches Gebrauchsvermögen zugängig, wenn der andere Teil auf ihre Benützung angewiesen ist

Hochzeitsgeschenke Dritter unterliegen nicht der nachehelichen Aufteilung, wenn sie dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten gewidmet oder unzweifelhaft nur einem der Ehegatten zugewendet wurden (§ 82 Abs. 1 Z. 1 und 2 EheG)

OGH 19. Mai 1981, 5 Ob 516/81 (KG St. Pölten R 586/79; BG Amstetten F 2/79)

Text

Die kinderlos gebliebene Ehe der Parteien wurde mit dem seit 12. Oktober 1978 rechtskräftigen Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten, GZ 2 Cg 120/78-13, aus dem Verschulden der Frau geschieden.

Am 19. Jänner 1979 brachte der Mann beim Erstgericht den Antrag ein, das aus einer Eigentumswohnung und der kompletten Einrichtung dieser Wohnung bestehende eheliche Gebrauchsvermögen derart zu teilen, daß dieses entweder der Frau (Hauptantrag) oder ihm überlassen werde und der damit jeweils Beteilte dem anderen Teil durch Zahlung von 200 000 S Ausgleich gewähre.

Die Frau begehrte die Abweisung beider Anträge und wendete im wesentlichen ein: Auf die Wohnung habe der Mann keinen Anspruch, denn sie sei von ihr in die Ehe eingebracht worden und werde von ihr zur Sicherung ihrer Lebensbedürfnisse benötigt. Gleiches gelte für die Wohnungseinrichtung. Gegen die Ausgleichszahlungsforderung rechne sie die Forderung auf den Erlös eines vom Mann verkauften PKW auf, den ihr Vater finanziert habe.

Das Erstgericht entschied, daß die Anwartschaft auf das Eigentum an der vormaligen Ehewohnung und das Recht zu ihrer Bewohnung der Frau verbleibe, die dort befindliche Stereoanlage in ihr Alleineigentum komme, der in der Gewahrsame des Mannes befindliche Gefrierschrank in dessen Alleineigentum verbleibe und die Frau dem Mann für die Ehewohnung und die Stereoanlage eine Ausgleichszahlung von 50 000 S binnen drei Monaten zu leisten habe.

Das von beiden Parteien mit Rekurs angerufene Gericht zweiter Instanz - der Mann begehrte den Zuspruch einer Ausgleichszahlung von 150 000 S, die Frau hingegen die gänzliche Abweisung des Antrages des Mannes, hilfsweise die Aufhebung des erstgerichtlichen Beschlusses zur Ergänzung des Verfahrens - hob die Entscheidung des Erstgerichtes auf, verwies die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Beschlußfassung in die erste Instanz zurück und erklärte den Rekurs an den OGH für zulässig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Frau nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Vordergrund steht der Anspruch des Mannes, der sich auf die Ehewohnung bezieht. Die Frau wendet sich in ihrem Rechtsmittel gegen die Ansicht der Vorinstanzen, daß diese im speziellen Fall überhaupt der Aufteilung unterliege, weil der Erwerb ihres Anwartschaftsrechtes darauf durch ihren Vater finanziert worden sei.

Nach den insoweit unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes steht der Frau das Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum an der vormaligen Ehewohnung zu, das ihr von ihrem Vater durch Anzahlungen von insgesamt 190 300 S verschafft wurde. Der Wortlaut des § 81 Abs. 2 EheG, der den Rechtsbegriff eheliches Gebrauchsvermögen nur auf körperliche Sachen erstreckt, läßt auf den ersten Blick Zweifel aufkommen, ob das Anwartschaftsrecht auf Einräumung des Wohnungseigentums an einer Wohnung überhaupt dem ehelichen Gebrauchsvermögen zuzurechnen ist und der Aufteilung unterliegt, weil es sich dabei doch unzweifelhaft nicht um eine körperliche Sache handelt. Auf diese Schwäche der Begriffsdefinition hat schon Schwind (Kommentar zum österreichischen Eherecht[2], 307) hingewiesen, der sie nur soweit gelten lassen will, als nicht das Gesetz ausdrücklich bei der Aufteilung auch auf Rechte Bezug nimmt, wie etwa in der Anordnung des § 87 EheG, die sich im Abs. 1 materiell freilich nur als Wiederholung der in § 86 Abs. 1 EheG für das übrige eheliche Gebrauchsvermögen zulässigen Rechtsgestaltungen in Beziehung auf das Sondervermögen Ehewohnung darstellt. Allerdings ist weder in § 87 noch in § 86 EheG von der Möglichkeit der Übertragung des Anwartschaftsrechtes auf Einräumung von Wohnungseigentum die Rede; beide Gesetzesstellen sehen nur die Übertragung des Eigentums, § 86 Abs. 1 ganz allgemein auch "sonstiger" Rechte an unbeweglichen körperlichen Sachen (also nicht auf Erwerb unbeweglicher körperlicher Sachen) und § 87 Abs. 1 die Übertragung des dinglichen Rechtes an einer Wohnung vor; das Anwartschaftsrecht hat nur in Beziehung auf bewegliche körperliche Sachen in § 86 Abs. 1 EheG Berücksichtigung gefunden, wobei nach Meinung des Justizausschusses an das sich aus einem Erwerb unter Eigentumsvorbehalt ergebende Anwartschaftsrecht gedacht ist (Schwind a. a.O., 324). Da aber nach dem unzweifelhaft erkennbaren Willen des Gesetzgebers die Ehewohnung jedenfalls in die Aufteilung einzubeziehen ist und für Eigentumswohnungen, freilich unter den besonderen noch darzustellenden Voraussetzungen, eine Eigentumsübertragung von einen auf den anderen Teil gemäß § 87 Abs. 1 EheG zulässig ist, muß angenommen werden, daß die Lückenhaftigkeit des Gesetzes in Beziehung auf das Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum an der Ehewohnung planwidrig ist, weshalb zur Erreichung des Gesetzeszweckes die Ausfüllung der Gesetzeslücke im Wege der Analogie geboten ist, denn der Wortsinn der gesetzlichen Regelung setzt der Auslegung der dort verwendeten Begriffe eine unüberschreitbare Grenze (vgl. Engisch, Einführung in das juristische Denken[7], 150, 153). Das so gewonnene Ergebnis, daß das Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum an der Ehewohnung gleich dem Wohnungseigentum an der Ehewohnung zu behandeln und demnach dem aufteilungsfähigen ehelichen Gebrauchsvermögen zuzurechnen ist, zwingt konsequenterweise dazu, es auch den gleichen Aufteilungsregelungen zu unterstellen. Ist das Anwartschaftsrecht von einem Ehegatten in die Ehe eingebracht worden, wie dies hier der Fall war, so kommt eine Aufteilung der davon erfaßten Ehewohnung - in welcher Art immer - grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn der andere Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse auf ihre Weiterbenützung angewiesen ist (§ 82 Abs. 2 EheG). Der Wortlaut des Gesetzes ("Die Ehewohnung sowie Hausrat, auf dessen Weiterbenützung ein Ehegatte ... angewiesen ist, ...") erweckt zwar den Anschein, daß das Benützungsbedürfnis nur auf den Hausrat bezogen ist, doch handelt es sich in Wahrheit nur um eine grammatikalische Nachlässigkeit des Gesetzgebers, der hier die Ehewohnung und den Hausrat (diesen, wie Schwind a.a.O., 318 nachgewiesen hat, nur in Übernahme eines historischen Relikts aus der 6. DVEheG, die zur Notzeit 1944 in Kraft trat, als selbst Teller und Eßbesteck käuflich nur schwer zu erwerben waren, wovon heute wohl keine Rede sein kann, so daß die Wirksamkeit dieser Anordnung derzeit in Frage steht) als für die Sicherung der Lebensbedürfnisse der Ehegatten höchst bedeutsam erachtete und deshalb von der Grundsatzregel ausnehmen wollte, daß nur gemeinsam angeschafftes Vermögen der Aufteilung unterliegen soll (916 BlgNR, XIV. GP, 14). Tatsächlich liegt das Gewicht der Regelung auf der Ehewohnung. Mit Recht hat deshalb auch Schwind (a.a.O., 318) gefordert, daß die von einem Ehegatten in die Ehe eingebrachte Ehewohnung nur dann der Aufteilung zugängig ist, wenn ihre Benützung durch den anderen Teil eine Existenzfrage darstellt. Ist dies nicht der Fall, so kann keine - wie immer geartete - Aufteilung dieser Wohnung stattfinden, also an einer Eigentumswohnung etwa auch nicht ein Miet- oder sonstiges Benützungsrecht welcher Art immer dem anderen Teil durch richterliche Anordnung eingeräumt werden. Dem Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum muß aber auch der gleiche Bewahrungsschutz wie dem Wohnungseigentum selbst zugebilligt werden:

Nach der Regel des § 90 Abs. 1 EheG soll jedem Ehegatten sein Eigentum an Grund und Boden möglichst erhalten bleiben (916 BlgNR, XIV. GP, 18), weshalb eine Übertragung des Eigentums an einer Eigentumswohnung nur dann angeordnet werden darf, wenn eine billige Regelung in anderer Weise nicht erzielt werden kann. Unterstellt man das Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum an der Ehewohnung dem der Teilung zugängigen ehelichen Gebrauchsvermögen, so muß ihm konsequenterweise auch derselbe Bewahrungsschutz gewährt und die auch hier zutage tretende Gesetzeslücke infolge ihrer offenkundigen Planwidrigkeit durch Analogie geschlossen werden.

Hier besteht nach den von den Vorinstanzen getroffenen Tatsachenfeststellungen und nach der gesamten übrigen Aktenlage nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, daß der antragstellende Mann existentiell auf die Ehewohnung angewiesen wäre: er steht in einem geregelten Beschäftigungsverhältnis, bezieht ein durchschnittlich gutes Gehalt und hat keinerlei gesetzliche Unterhaltsverpflichtungen. Er ist nach der Lage der Dinge durchaus imstande, für seine Wohnungsbedürfnisse aus eigenen Kräften zu sorgen. Es kommt deshalb schon grundsätzlich eine Einbeziehung des von der Frau in die Ehe eingebrachten Anwartschaftsrechtes auf Einräumung von Wohnungseigentum an der Ehewohnung in das der Aufteilung zugängige eheliche Gebrauchsvermögen hier nicht in Betracht. Darüber hinaus stellt sich der von dem Mann hilfsweise begehrten Zuweisung des Anwartschaftsrechtes auf Einräumung von Wohnungseigentum an der Ehewohnung an ihn selbst der aus der Vorschrift des § 90 Abs. 1 EheG in Analogie erfließende Bewahrungsgrundsatz hinderlich entgegen. eine solche Teilungsanordnung käme überhaupt nur als letzte Möglichkeit der Sicherung eines existentiellen Benützungsbedürfnisses in Frage, wenn also andere billige Lösungen nicht erzielt werden können.

Der Aufteilung unterliegt indessen ohne Zweifel das übrige eheliche Gebrauchsvermögen, zu dem hier nach dem Antrag des Mannes die Wohnungseinrichtung zu zählen ist. Bei der zu treffenden gerichtlichen Anordnung darüber wird jedoch auch auf die nicht von dem Antrag erfaßten übrigen ehelichen Gebrauchsgüter (etwa die bereits einvernehmlich dem Mann überlassenen Gegenstände aus dem ehelichen Gebrauchsvermögen und allenfalls auch der von ihm vereinnahmte Erlös aus dem Verkauf des PKW und die ehelichen Ersparnisse nach Billigkeit ebenso Bedacht zu nehmen sein wie auf die finanziellen Beiträge, die der Mann bei der Zahlung der das Anwartschaftsrecht auf die Eigentumswohnung betreffenden Darlehensannuitäten und zur Ausgestaltung der Wohnung (Tapezierung etc.) geleistet hat. Nur in diesem Rahmen können also die allfälligen Zahlungen des Mannes, die er zur Tilgung des Wohnungsbeschaffungsdarlehens und zur Ausgestaltung der Wohnung selbst geleistet hat, in Anschlag gebracht werden; nur dann, wenn durch die Aufteilung der Wohnungseinrichtung ein billiger Ausgleich nicht erzielt werden kann, käme eine Ausgleichszahlung der Frau an den Mann in Betracht, die dem Leistungsvermögen der Frau entsprechend zu stunden wäre. Es darf indessen nicht außer acht gelassen werden, daß auch die Frau durch die Beistellung der Ehewohnung einen die gemeinsam zu tragenden Wohnkosten entlastenden Beitrag geleistet hat, der zu Lasten des Mannes bei der globalen Auseinandersetzung in billiger Weise Berücksichtigung finden muß. Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, daß auch die Haushaltsführung durch die Frau entsprechend ihrem Umfang und Gewicht als Beitrag zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens Berücksichtigung finden muß. Auf diese Weise könnte das geringere Einkommen der Frau während des Bestandes der Ehe fiktiv auf die Höhe des Einkommens des Mannes während dieser Zeit aufgewertet und so von gleichwertigen Beiträgen zur Anschaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens ausgegangen werden, das nicht nachweislich von einem der beiden Teile in die Ehe eingebracht oder ihm von einem Dritten zugewendet wurde (§ 82 Abs. 1 Z. 1 EheG). Hochzeitsgeschenke Dritter unterliegen dann nicht der Aufteilung, wenn sie dem persönlichen Gebrauch eines Ehegatten gewidmet oder unzweifelhaft nur einem der Ehegatten zugewendet wurden (§ 82 Abs. 1 Z. 1 und 2 EheG). Wie schon oben angedeutet, ergibt sich in Anbetracht der Wiederbeschaffbarkeit nahezu aller Gegenstände des Hausrates für die Ausnahmeregel des § 82 Abs. 2 EheG derzeit praktisch keine Anwendungsmöglichkeit. Zuzustimmen ist ferner der Ansicht des Rekursgerichtes, daß bestimmte Einrichtungsgegenstände wie etwa Einbaumöbel oder speziell für die besonderen Verhältnisse einer Wohnung angeschaffte Möbel wegen der mit der Zerreißung ihres Funktionszusammenhanges in der Regel verbundenen Werteinbuße nach Möglichkeit in der Ehewohnung verbleiben sollen. Ob überhaupt und inwieweit solche Verhältnisse hier vorliegen, kann nach der Aktenlage nicht beurteilt werden.

Aus diesen Erwägungen erweist sich die Aufhebung des Sachbeschlusses des Erstgerichtes durch das Rekursgericht im Ergebnis als gerechtfertigt, denn die Rechtssache ist wegen des Fehlens einer ausreichenden Sachverhaltsgrundlage noch nicht entscheidungsreif.

Anmerkung

Z54079

Schlagworte

Anwartschaftsrecht, eheliches Gebrauchsvermögen an - auf Einräumung von, Wohnungseigentum, Aufteilungsverfahren, Einbeziehung der von einem Ehegatten, eingebrachten Ehewohnung, Aufteilungsverfahren, Einbeziehung von Hochzeitsgeschenken, Ehewohnung, Anwartschaftsrecht auf Einräumung von Wohnungseigentum als, eheliches Gebrauchsvermögen, Ehewohnung, Bewahrungsschutz (§ 90 Abs. 1 EheG) bei Anwartschaftsrecht, auf Einräumung von Wohnungseigentum, Ehewohnung, Voraussetzungen der Aufteilung bei Einbringung durch einen, Ehegatten, Gebrauchsvermögen, eheliches, Anwartschaftsrecht auf Einräumung von, Wohnungseigentum, Hochzeitsgeschenk, Voraussetzungen der Einbeziehung in das, Aufteilungsverfahren, Wohnungseigentum, Anwartschaftsrecht auf Einräumung von - als eheliches, Gebrauchsvermögen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0050OB00516.81.0519.000

Dokumentnummer

JJT_19810519_OGH0002_0050OB00516_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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