Index
90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §82 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des WE in L, vertreten durch Dr. Heinz und Dr. Johannes Buchmayr, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Altstadt 15, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. Oktober 2002, Zl. VerkR-240.682/2-2002-Kof/He (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), betreffend Bewilligung gemäß § 82 StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 30. März 2000 stellte der Beschwerdeführer den Antrag, ihm gemäß § 82 Abs. 5 StVO die Bewilligung zum Abstellen von zwei, mit einem Wechselkennzeichen zugelassenen, näher bezeichneten Fahrzeugen, und zwar für jenes, auf welchem jeweils das Kennzeichen nicht angebracht sei, in Linz
"1. in der Neugasse, der angrenzenden Kreuzstraße sowie der Ferihumerstraße, 4040 Linz, in eventu
2. soferne in diesen Straßen Kurzparkzonen verordnet werden, im gesamten Stadtteilgebiet Urfahr auf unbestimmte Dauer zu erteilen."
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Linz vom 12. September 2000 wurde diesem Ansuchen keine Folge gegeben. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 5. März 2001 als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid vom 7. September 2001 gab die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer gegen den zitierten Bescheid vom 5. März 2001 erhobenen Vorstellung statt, hob diesen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtsenat zurück.
In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Zulassungsbesitzer zweier Kraftfahrzeuge, welche unter einem Wechselkennzeichen zugelassen seien. Beide Kraftfahrzeuge würden insbesondere (abwechselnd) aus beruflichen Gründen benötigt. Der Beschwerdeführer habe gemäß § 82 Abs. 1, 2 und 5 StVO die Bewilligung zum Abstellen dieser beiden Fahrzeuge - "genau genommen" jeweils jenes Kraftfahrzeuges, auf dem das Kennzeichen nicht angebracht sei - beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof habe - so die belangte Behörde weiter - mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1983, Zl. 83/03/0014, zu einem gleich gelagerten Fall dargelegt, dass § 82 Abs. 5 StVO nur die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des "fließenden" Verkehrs zu schützen geeignet sei, nicht aber dafür herangezogen werden könne, allein aus Gründen der allgemeinen Parkraumnot eine derartige Bewilligung zu versagen. Der vorliegende Sachverhalt sei daher vom Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz rechtlich nicht richtig beurteilt worden.
Gestützt auf ein "verkehrstechnisches" Gutachten eines Amtssachverständigen vom 20. November 2001 gab der erwähnte Stadtsenat mit Bescheid vom 27. Februar 2002 der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich keine Folge. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 11. Oktober 2002 als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde zunächst das zitierte verkehrstechnische Gutachten vom 20. November 2001 mit folgendem Wortlaut dargestellt:
"Gutachten:
Wird nun als Qualitätskriterium für das Wohnen in der Stadt die Verfügbarkeit von mind. einem Stellplatz je Wohnung angenommen, so müssten im ggstl. Bereich 610 Stellplätze vorhanden sein. Da jedoch derzeit im öffentlichen Gut nur 387 Stellplätze vorhanden sind und diese teilweise auch von Pendlern, Besuchern, Kunden und Lieferanten benutzt werden, herrscht im Gebiet Alturfahr West ein eklatantes Parkraumdefizit, auch wenn angenommen werden kann, dass zusätzlich ein Teil der Autos auch auf privaten Abstellflächen abgestellt wird.
Auslastungszählungen der Parkplätze bestätigen die o.a. Annahme, die ergab, dass tagsüber in Alturfahr West kaum mehr freie Parkplätze vorhanden sind.
Im Bereich Ferihumerstraße hat sich die Situation beim ruhenden Verkehr ebenfalls sehr stark verschlechtert. Durch den Jahrmarkt, die dichtere Verbauung (Hefegründe) und die laufende Zunahme des Pendlerverkehrs, welche sich auch in der KFZ-Zulassungsstatistik widerspiegelt, sind die ständig steigenden Beschwerden der Gewerbetreibenden in diesem Stadtteil zu verstehen.
Die Ausstellung von Wechselkennzeichen bewirkt ein dauerhaftes Abstellen von zusätzlichen Fahrzeugen im ggstl. Stadtteil. Da der freie Parkraum wegen der angeführten Argumente nur sehr beschränkt zur Verfügung steht, würden die zusätzlich abgestellten Fahrzeuge mit Wechselkennzeichen zu zusätzlichem Parkplatzsuchverkehr führen. Weniger freie Parkplätze bedeuten, dass Parkplatzsuchende längere Fahrtstrecken benötigen, um freie Parkplätze zu finden und damit auch die Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des Fließverkehrs negativ beeinflussen, indem einerseits die Parkplatzsuche eine langsamere Fahrweise mit sich bringt und Fahrzeuglenker dadurch auch häufiger anhalten, um Ausschau nach freien Parkplätzen zu halten.
Bei sehr stark beparkten Straßenzügen ist auch die durchschnittliche freie Parklücke kleiner als bei locker beparkten Straßenzügen. Dadurch dauern Ein- und Ausparkvorgänge im Durchschnitt wesentlich länger, wenn sie nicht überhaupt öfter abgebrochen werden und neue Parklücken gesucht werden, was wiederum Umwegfahrten und Behinderungen im Verkehrsfluss bewirkt."
Dieses Gutachten - so die belangte Behörde weiter - sei vollständig schlüssig und widerspruchsfrei und daher der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. Die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers (Stellungnahme vom 31. Jänner 2002 sowie Vorstellung vom 21. März 2002) hätten dieses überzeugende Gutachten nicht zu erschüttern, geschweige denn zu widerlegen vermocht. Insbesondere sei - worauf auch die Bundespolizeidirektion Linz in ihrer Stellungnahme vom 8. August 2002 zutreffend hingewiesen habe - auf die Beispielsfolgen zu verweisen. Die Erteilung einer Bewilligung an einen einzelnen Antragsteller würde zwangsläufig eine Vielzahl von Folgeanträgen nach sich ziehen, wobei allein auf Grund des Gleichheitsgrundsatzes auch diesen künftigen Antragstellern die Bewilligung erteilt werden müsste. Dies hätte eine noch größere Parkraumnot und einen damit verbundenen noch größeren "Parkplatzsuchverkehr" und damit insbesondere eine starke Verringerung der jetzt schon sehr beeinträchtigten Flüssigkeit des Verkehrs zur Folge. Der Verwaltungsgerichtshof habe zwar mit Erkenntnis vom 12. Oktober 1983, Zl. 83/03/0014, ausgesprochen, dass die Bewilligung nach § 82 Abs. 5 StVO nicht "allein" aus Gründen der Parkraumnot verweigert werden dürfe. Im gegenständlichen Fall sei jedoch die Verweigerung der Bewilligung nicht aus Gründen der Parkraumnot, sondern aus dem daraus resultierenden "Parkplatzsuchverkehr" erfolgt. Dieser habe - wie dargelegt - eine Verringerung der Flüssigkeit des Verkehrs zur Folge.
Gegen diesen Bescheid vom 11. Oktober 2002 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 23. Februar 2003, B 1724/02-3, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:
Gemäß § 82 Abs. 1 erster Satz StVO ist für die Benützung von
Straßen ... zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs
... eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich.
Nach § 82 Abs. 2 ist eine Bewilligung nach Abs. 1 auch für das Aufstellen von Kraftfahrzeugen oder Anhängern ohne Kennzeichentafeln erforderlich.
Nach § 82 Abs. 5 erster Satz StVO ist die Bewilligung nach Abs. 1 zu erteilen, wenn durch diese Straßenbenützung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung nicht zu erwarten ist.
Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz habe (im zweiten Rechtsgang) eine weitere, in seiner Überschrift als Gutachten bezeichnete "Stellungnahme" vom 20. November 2001 eingeholt, wodurch er dem "Bindungsgebot" des § 74 Abs. 5 (zweiter Satz) des Statutes der Landeshauptstadt Linz (LGBl. Nr. 7/1992) nicht nachgekommen sei, so vermag ihm der Gerichtshof nicht beizupflichten:
Es trifft zwar zu, dass die "Stadt" nach dieser Bestimmung bei der neuerlichen Entscheidung an die Rechtsansicht der Landesregierung gebunden war. Genau dies hat deren Stadtsenat aber in seinem, im zweiten Rechtsgang ergangenen Bescheid vom 27. Februar 2002 befolgt, in diesem Sinne das zitierte Gutachten vom 20. November 2001 eingeholt und seine Entscheidung darauf gestützt.
Der Beschwerdeführer wendet ferner ein, es handle sich bei dem von der belangten Behörde zitierten Gutachten in Wahrheit um kein "Gutachten" eines Amtssachverständigen; es sei auch von der als Verfasser aufscheinenden Person nicht unterfertigt.
Dazu ist zu bemerken, dass der Gerichtshof keinen Zweifel daran hegt, dass es sich um ein Gutachten eines Amtssachverständigen handelt, welches auch von der dort als Gutachter bezeichneten Person stammt.
Es ist richtig, dass der Verwaltungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis vom 12. Oktober 1983, Zl. 83/03/0014 (= Slg. Nr. 11 182/A, nur Rechtssatz, vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Zl. 85/02/0154) unter Hinweis auf seine Vorjudikatur zu § 82 Abs. 5 (erster Satz) StVO ausgesprochen hat, diese Bestimmung sei nur geeignet, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des "fließenden" Verkehrs zu schützen, sie könne aber nicht dafür herangezogen werden, allein aus Gründen der allgemeinen Parkraumnot eine solche Bewilligung zu versagen.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde allerdings nicht Gründe der "allgemeinen" Parkraumnot, sondern das "konkrete", im vom Beschwerdeführer ins Auge gefassten Abstellbereich vorhandene "Parkraumdefizit" - wie im zitierten Gutachten beschrieben - und die daraus resultierende (wesentliche) Beeinträchtigung der Flüssigkeit des "fließenden" Verkehrs als gegeben erachtet. Diesem Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Er vermag daher mit seinen diesbezüglichen, weitwendigen Ausführungen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun; insbesondere ist mit seinem Hinweis auf eine "positive" Stellungnahme der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. April 2000 schon deshalb für seinen Standpunkt nichts gewonnen, weil diese Stellungnahme auf den konkreten Fall nicht Bezug nimmt.
Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob hinsichtlich eines Teiles der in Rede stehenden Straßen - so die mitbeteiligte Partei in ihrer Gegenschrift - Kurzparkzonen verordnet wurden, daher der Eventualantrag des Beschwerdeführers (vgl. Punkt 2. seines Antrages) zum Tragen kam und ob daher dem Antrag auch deshalb nicht stattzugeben gewesen wäre, weil die Ausnahmebewilligung gemäß § 82 Abs. 5 StVO nur für einen "bestimmten Ort" zu erteilen ist (vgl. dazu näher das zitierte hg. Erkenntnis vom 12. Oktober 1983, Zl. 83/03/0014).
Was aber die Rechtsansicht des Beschwerdeführers anlangt, § 82 Abs. 5 StVO verlange "kumulativ" für eine Versagung der Genehmigung, dass Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs wesentlich beeinträchtigt würden, so vermag ihm der Gerichtshof nicht beizupflichten; vielmehr genügt es für eine Versagung, wenn entweder die Sicherheit oder die Leichtigkeit oder die Flüssigkeit des Verkehrs wesentlich beeinträchtigt wird (vgl. zutreffend Dittrich-Stolzlechner, Österreichisches Straßenverkehrsrecht, I. Teil: Straßenverkehrsordnung 1960,
3. Auflage, Rz 27 zu § 82 Abs. 5 StVO).
Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333; die Abweisung des Kostenbegehrens (Ersatz des Schriftsatzaufwandes) der nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen mitbeteiligten Partei beruht auf § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG, der schon aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen auch auf den im § 49 Abs. 1 erster Satz genannten Fall des § 48 Abs. 3 Z. 2 VwGG zu beziehen ist (vgl. das dieselbe mitbeteiligte Partei betreffende hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2001, Zl. 2001/02/0164).
Soweit die mitbeteiligte Partei insoweit auf das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 2001, Zl. 2001/17/0049, verweist (wonach sich § 49 Abs. 1 zweiter Satz VwGG nur auf den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand des "Beschwerdeführers" beziehe), so vermag der erkennende Senat dieser - nicht näher begründeten - Rechtsansicht nicht zu folgen. Die Bildung eines verstärkten Senates ist insoweit gemäß § 13 Abs. 2 VwGG ausgeschlossen.
Wien, am 13. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003020053.X00Im RIS seit
14.06.2005Zuletzt aktualisiert am
25.07.2012