TE OGH 1981/5/20 11Os18/81

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Veröffentlicht am 20.05.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Mai 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ruiter-Birnbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter Wolfgang A und andere wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten Peter Wolfgang A gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Jugendschöffengerichtes vom 24. November 1980, GZ 11 Vr 1.293/80-35, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Englert und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 16. September 1964 geborene Schüler Peter Wolfgang A und der am 12. Februar 1964 geborene Fliesenlegerlehrling Siegfried B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 und 15

StGB sowie des Verbrechens der Erpressung nach dem § 144 Abs 1 StGB, der Erstgenannte überdies des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1, Z 4, 129 Z 1 und 15 StGB, des Vergehens der dauernden Sachentziehung nach dem § 135 Abs 1 StGB, des Vergehens des Betruges nach dem § 146 StGB, des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1 StGB und des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den §§ 15, 204 Abs 1 StGB schuldig erkannt. Siegfried B wurde vom weiteren Anklagepunkt, das zuletzt erwähnte Vergehen im bewußten gemeinsamen Zusammenwirken mit Peter Wolfgang A als Mittäter begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Gegen dieses Urteil, das bezüglich des Angeklagten Siegfried B unangefochten in Rechtskraft erwuchs, wendet sich der Angeklagte Peter Wolfgang A allein im Umfang seines Schuldspruches auch wegen des Verbrechens des versuchten schweren Raubes, des Verbrechens der Erpressung sowie des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht (Punkte VII, VIII und IX des Urteilsspruches) mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit a und b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Die auf dem ersterwähnten Nichtigkeitsgrund beruhende Mängelrüge entbehrt der gesetzmäßigen Ausführung, weil sie sich in der - auch im Rahmen der Ausführungen zur Rechtsrüge wiederholten - Behauptung erschöpft, die erstgerichtlichen Feststellungen stünden 'in zahlreichen wesentlichen Punkten' mit dem Akteninhalt in Widerspruch und seien undeutlich und unvollständig, wobei sich der Beschwerdeführer darauf beschränken könne, 'auf die Ergebnisse der Hauptverhandlung hinzuweisen', ohne daß von ihm die bekämpften Aussprüche des Gerichtes und die Tatumstände, welche den Nichtigkeitsgrund bilden sollen, ausdrücklich oder durch deutliche Hinweise angeführt werden; dieser Teil der Beschwerde ist daher einer sachlichen Erledigung nicht zugänglich (vgl dazu u.a. Gebert-Pallin-Pfeiffer, III/2, Nr. 3 a, 3 b und 31 zu § 281 Z 5 StPO). In Ausführung seiner formell die Nichtigkeitsgründe der Z 9 lit a und b sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO - der Sache nach nur jene der Z 9 lit a und 10 der genannten Gesetzesstelle - relevierenden Rechtsrüge legt der Beschwerdeführer, damit den letztgenannten Nichtigkeitsgrund zur Darstellung bringend, das Schwergewicht seiner Darlegungen zunächst auf die Äußerung und Begründung der Rechtsansicht, das gesamte den Schuldsprüchen wegen der Verbrechen nach den §§ 142 Abs 1, 143 und 15; 144 Abs 1 und 15, 204 Abs 1 StGB zugrunde gelegte Tatgeschehen (Punkte VI bis IX des Schuldspruches) bilde eine Tateinheit und wäre daher richtigerweise allein als Verbrechen des (vollendeten) schweren Raubes nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB zu beurteilen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes stellten die beiden Angeklagten den damals 20-jährigen Frührentner Siegfried C, dem sie nach einem Gasthausbesuch auf dem Moped des A nachgefahren waren, und beraubten ihn seiner gesamten, aus einer Geldbärse mit 40 Groschen Inhalt, einer Schachtel Zigaretten und einem Feuerzeug bestehenden, mit sich geführten Habe, wobei B ihn festhielt und A ihn anfaßte und seine Taschen durchsuchte.

Mit der Erkenntnis, daß bei C nicht mehr zu finden sei, war - da es im Wesen des Verbrechens des Raubes liegt, daß Gewalt oder Drohung für Leib und Leben als unmittelbares Übel auf sofortigen Übergang einer präsenten Sache in die Verfügungsgewalt der Angreifer abzielt - das Verbrechen des schweren (da in Gesellschaft mehrerer Beteiligter verübten) Raubes solcherart in bezug auf den Tatablauf zwangsläufig beendet (und rechtlich vollendet).

Warum das darauf folgende Sittlichkeitsdelikt des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht, welches darin bestand, daß der Beschwerdeführer den Siegfried C schlug, zu Boden stieß und ihn zum Onanieren aufforderte, angesichts des Umstandes, daß diese - übrigens vom Beschwerdeführer allein zu verantwortende - neue Gewaltanwendung gegen ein vom Vermögen verschiedenes Rechtsgut gerichtet war, als vom vorher begangenen Verbrechen des schweren Raubes konsumiert anzusehen sein soll, wird vom Beschwerdeführer selbst nicht sachlich begründet.

Der Beschwerdeführer irrt aber auch, wenn er vermeint, das weitere, nunmehr wieder auf die Erlangung von Geld abzielende Verhalten der beiden Angeklagten sei rechtlich in den Tatkomplex des eingangs geschilderten Verbrechens des vollendeten schweren Raubes einzubeziehen. Denn als - wie das Erstgericht weiters feststellt - der Beschwerdeführer gegen Si Gfnied C nach der Erkenntnis, daß bei diesem 'nicht mehr zu finden war', weitere Gewalt ausübte, indem er ihm Faustschläge versetzte und ihn neuerlich aufforderte, 'Geld zu geben', (S. 175), konnte er (wie auch Siegfried B, bezüglich dessen das Erstgericht im Hinblick auf die eben erst beendete Tätigkeit als Raubgenosse und das nunmehr nachfolgende Mitgehen in die Wohnung des C zwecks Entgegennahme weiteren Geldes insoweit mit hinreichender Begründung Mittäterschaft annahm) denknotwendig nur meinen, der im Augenblick jeder Barschaft entbehrende C solle sich Geld beschaffen, um es ihm und seinem Mittäter zu übergeben. Tatsächlich stellte C den beiden in Aussicht, er werde ihnen zu Hause Geld geben, wo er solches noch habe. Soll aber - wie nach dem Gesagten im vorliegenden Fall - nicht die unverzügliche, sondern erst eine zukünftige Sachübergabe erzwungen werden, dann liegt nicht Raub, sondern Erpressung vor (vgl. dazu u.a. Leukauf-Steininger, Komm.2, RN 26 zu § 142 StGB). Sie wurde dadurch vollendet, daß die beiden Angeklagten daraufhin mit ihrem Opfer mitgingen, es in seine Mansardenwohnung im Haus seiner Mutter begleiteten, und dort von ihm auch tatsächlich 100 S entgegennahmen.

Zu Recht wurden die beiden Angeklagten daher gesondert auch des Verbrechens der Erpressung nach dem § 144 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Daß es in der erwähnten Mansardenwohnung, nachdem das Verbrechen der Erpressung seinerseits abgeschlossen war, unmittelbar anschließend zum Versuch eines neuerlichen Raubes kam, entsprang ersichtlich einem neuen Willensentschluß der Täter, welcher nach den Feststellungen des Erstgerichtes erst dadurch ausgelöst wurde, daß C anläßlich der Herausnahme der erwähnten 100 S aus einem Koffer unvorsichtigerweise für kurze Zeit auch eine in diesem Behältnis verwahrte Fünfhundertschillingnote den Blicken der beiden Angeklagten preisgab, welche ihn daraufhin gemeinsam über die Stiege hinunterzerrten, damit ihn einer im Freien festhalte und der andere zurückgehe, um auch dieses Geld zu holen; es blieb aber beim Versuch dieser Tat, weil C schrie, seine Mutter erwachte und die Angeklagten unverrichteter Dinge flüchten mußten. Auch dieser Versuch des (in Gesellschaft begangenen) Raubes von 500 S stellt sich daher seinem gesamten Ablauf einschließlich der Entstehung des Tatentschlusses nach als selbständige, von den vorangegangenen Straftaten verschiedene Verhaltensweise dar, welche bloß im Sinn des Zusammenrechnungsprinzips des § 29 StGB in rechtlicher Hinsicht den beiden Angeklagten zutreffend zusammen mit dem eingangs erwähnten vollendeten schweren Raub einheitlich als Verbrechen des 'teils vollendeten, teils versuchten schweren Raubes' nach den §§ 142 Abs 1, 143 und 15 StGB zur Last gelegt wurde.

Ohne Rechtsirrtum erkannte mithin das Erstgericht den Beschwerdeführer sowohl dieses Verbrechens als auch jenes der Erpressung nach dem § 144 Abs 1 und des Vergehens der versuchten Nötigung zur Unzucht nach den §§ 15, 204 Abs 1

StGB schuldig.

Insoweit schließlich das - offensichtlich als Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gedachte - Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Verurteilung zum Faktum VII (dem zuletzt erwähnten Verbrechen des versuchten schweren Raubes in bezug auf einen Geldbetrag von 500 S) sei 'durch die Beweisergebnisse überhaupt nicht gedeckt', zumal das Erstgericht 'ein allfälliges Vorhaben' bereits als Versuch qualifiziere, ohne daß entsprechende Handlungen gesetzt worden seien, dahin verstanden werden könnte, der Beschwerdeführer bestreite diesbezüglich eine Handanlegung an Siegfried C, erschiene seine Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie in diesem Fall nicht von den Urteilsfeststellungen, sondern von urteilsfremden Prämissen ausginge. Unter Zugrundelegung des vom Erstgericht festgestellten und oben wiedergegebenen Sachverhaltes aber kann von einer, wie der Beschwerdeführer vermeint, 'straflosen Vorbereitungshandlung' zum Verbrechen des schweren Raubes hier keine Rede sein, weil die Angeklagten damit, daß sie ihr Opfer gewaltsam über die Stiege hinunterzerrten, damit einer es festhalte und sich der andere des Geldes bemächtige, nicht etwa nur - was für einen strafbaren Versuch bereits hinreichen würde - ihren Entschluß, die Tat auszuführen, durch eine der Ausführung unmittelbar vorangehende Handlung bestätigten (§ 15 Abs 2 StGB), sondern darüber hinaus bereits mit der Verwirklichung des Tatbestandes des Verbrechens nach den §§ 142 Abs 1, 143 StGB selbst begonnen hatten.

Auch dieser Teil der Rechtsrüge muß daher versagen. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - wie die Generalprokuratur zutreffend darlegte - zu verwerfen. Das Jugendschöffengericht verhängte über den Angeklagten A nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung der §§ 28 und 41 StGB sowie des § 11 JGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten.

Es wertete bei der Strafzumessung als erschwerend das Zusammentreffen von drei Verbrechen mit vier Vergehen, die oftmalige Wiederholung der Diebstähle und die mehrfache Diebstahlsqualifikation, hingegen berücksichtigte es das Geständnis, den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb, und 'hinsichtlich der vor dem 6. Mai 1980 begangenen Straftaten auch die damalige Unbescholtenheit' als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Der Berufung kommt Berechtigung nicht zu.

Wenngleich dem Berufungswerber zusätzlich zu den vom Erstgericht angenommenen Strafzumessungsgründen eine teilweise (objektive) Schadensgutmachung (siehe dazu u.a. S. 15) als mildernd zugebilligt werden kann, darf nicht übersehen werden, daß das Jugendschöffengericht eine Unbescholtenheit bis zum 6. Mai 1980, dem Tag der Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht München wegen Einbruchsdiebstahls, zu Unrecht als Milderungsgrund annahm.

Denn der Angeklagte beging die vom angefochtenen Urteil erfaßten, vorwiegend gegen das Rechtsgut des Vermögens gerichteten Straftaten teils vor und teils nach dem 6. Mai 1980, sodaß richtigerweise der Erschwerungsumstand nach dem § 33 Z 2 StGB vorliegt. Von den mithin richtiggestellten, im übrigen vom Erstgericht zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen ausgehend, erweist sich - auch unter Bedachtnahme auf die allgemeinen, für die Strafzumessung geltenden Normen (§ 32 StGB) - die vom Erstgericht verhängte, mangels Vorliegens der (qualifizierten) Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB zu Recht nicht bedingt nachgesehene Freiheitsstrafe als schuldangemessen und zur resozialisierenden Einwirkung auf den Angeklagten A geboten.

Demnach konnte auch der Berufung ein Erfolg nicht beschieden sein. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Urteilsspruch angeführte Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03173

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00018.81.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19810520_OGH0002_0110OS00018_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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