TE OGH 1981/5/20 11Os73/81

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Veröffentlicht am 20.05.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ruiter-Birnbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A und einen anderen wegen des Verbrechens des Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 sowie 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Anna A gegen das Urteil des Kreisgerichtes St. Pölten als Schöffengerichtes vom 18. Dezember 1980, GZ 19 Vr 1.179/79-59, den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird in einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten Anna A auch die durch ihre Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 28. Juni 1943 geborene beschäftigungslose Johann A und die am 1. Februar 1944 geborene Hausfrau Anna A des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 sowie 15 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs 1, 2 und 3 StGB schuldig erkannt und zu Freiheitsstrafen verurteilt. Ihnen liegt zur Last, am 26. oder 27. September 1979 in Wien einen PKW Ford Cortina 1600 des Dieter B ohne dessen Einwilligung in Gebrauch genommen zu haben, indem sie sich die Gewalt über das Fahrzeug durch gewaltsames Öffnen eines Seitenfensters (und Kurzschließen der Zündung) verschafften, wobei durch die Tat am Fahrzeug ein Schaden von zumindest 15.000 S verursacht wurde; weiters liegt ihnen zur Last, am 28. September 1979 in Gesellschaft als Beteiligte (§ 12 StGB) in Hochstraß dem Franz C Sachen im Gesamtwert von etwa 40.000 S nach Aufbrechen der Eingangstür seines Hauses gestohlen und am selben Tag in Gschaid-Altlengbach einen Diebstahl durch Aufbrechen einer Haustür und eines Wohnzimmerfensters am Haus der Margarethe D versucht zu haben. Dieses Urteil erwuchs hinsichtlich des Angeklagten Johann A in Rechtskraft. Die Angeklagte Anna A bekämpft das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Ihrer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Eine unvollständige Begründung des erstgerichtlichen Urteils sieht die Beschwerde darin, daß nicht festgestellt worden sei, wer von den beiden Angeklagten gewaltsam das Seitenfenster des unbefugt in Gebrauch genommenen PKWs geäffnet, die Lenkradverkleidung abgeschlagen, die Zündung kurzgeschlossen und das Fahrzeug in Betrieb genommen habe, Handlungen, die jeweils nur von einer Person vorgenommen werden könnten; auch sei es möglich, daß die Beschwerdeführerin erst zu einem späteren Zeitpunkt in das von ihrem Mann in Gebrauch genommene Fahrzeug zugestiegen sei. Die Rüge ist verfehlt, denn das Erstgericht beschäftigte sich ausdrücklich mit der Verantwortung der Beschwerdeführerin (und der ihres mitangeklagten Mannes), wonach ihr Mann mit dem PKW erschienen sei und ihr erzählt habe, er habe sich das Fahrzeug von einem Freund ausgeborgt, lehnte diese Darstellung als unglaubwürdig ab (S 374 d. A) und folgerte aus dem Zweck der gemeinsam unternommenen Diebsfahrt (die ohne ein Fahrzeug nicht hätte bewerkstelligt werden können) auch die gemeinsame Tatbeteiligung bei der Ingebrauchnahme. Diese Schlußfolgerung des Erstgerichtes ist keineswegs denkunmöglich und den Lebenserfahrungen widersprechend. Sie ist ein Akt der richterlichen Beweiswürdigung und daher der Bekämpfung im Nichtigkeitsverfahren entzogen.

Wer von mehreren Mittätern eines unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen die einzelnen Ausführungshandlungen begeht, wäre im übrigen unerheblich, so daß es keiner ins Detail gehenden Feststellung bedurfte, welcher der beiden Angeklagten das Seitenfenster äffnete, die Lenkradverkleidung abschlug, die Zündung kurzschloß und das Fahrzeug lenkte; genug daran, daß die Beschwerdeführerin durch ihre - vom Erstgericht mängelfrei festgestellte - verabredete Teilnahme an der Diebsfahrt auch das Fahrziel mitbestimmte und schon aus diesem Gesichtspunkt Mittäterin ist (ÖJZ-LSK 1976/161 = EvBl 1976/244; RZ 1976/104; ZVR 1980/

173 ua).

Die Annahme ihrer Tatbeteiligung bei den beiden Einbruchsdiebstählen bekämpft die Beschwerdeführerin unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs 1

StPO mit der Ausführung, es lägen keine Beweisergebnisse für die Feststellung des Erstgerichtes vor, daß sie und ihr Mann die Verübung von Einbruchsdiebstählen beschlossen hätten; auch die Feststellungen des Erstgerichtes über ihre Aufpasserfunktion seien nicht begründet, weil sie von ihrer Position im PKW keine direkte Sicht auf die Tatobjekte gehabt habe und daher ihren Mann 'weder moralisch noch tatsächlich' habe unterstützen können. Auch diese Ausführungen sind nicht stichhältig. Die Urteilskonstatierung über einen gemeinsam gefaßten Plan der beiden Täter zur Verübung von Einbrüchen ergibt sich aus einer Schlußfolgerung des Erstgerichtes, nämlich daß der Fahrt der beiden Täter sonst jeder Zweck gemangelt habe (S 371 d.A). Diese mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung nicht im Widerspruch stehende Schlußfolgerung ist ein Akt richterlicher Beweiswürdigung, der im schöffengerichtlichen Verfahren nicht bekämpft werden kann. Eine Aufpassertätigkeit der Beschwerdeführerin wurde vom Erstgericht unter ausdrücklicher Berücksichtigung des Umstandes, daß die beiden Tatobjekte jeweils für sie nicht direkt einsehbar waren, konstatiert (S 368 und 369 d. A), jedoch in diesem Zusammenhang überdies - was die Beschwerde übergeht - die Möglichkeit der Beobachtung der Zufahrtswege zum Hause D (S 369 in Verbindung mit den Ergebnissen des Ortsaugenscheins S 326 d.A) in den Kreis der Erwägungen mitaufgenommen sowie die anläßlich des Einbruches in das Haus C von der Beschwerdeführerin auch außerhalb des in 250 m Entfernung vom Tatort abgestellten PKWs (S 322 d.A) vorgenommene Aufpassertätigkeit durch Beobachtung des am Tatobjekt vorbeigehenden Ehepaares E, dem sie nachfolgte, berücksichtigt (S 368 und 372 d.A) und überdies eine Mitwirkung der Beschwerdeführerin bei Auskundschaftung des Tatobjektes (S 367 und 372 d.A).

Dem Erstgericht unterlief daher bei der Konstatierung der Aufpasserfunktion der Beschwerdeführerin anläßlich der beiden Einbrüche kein formaler Begründungsmangel im Sinn der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO. Die Ausführungen der Beschwerde stellen sich vielmehr wieder nur als unzulässige Bekämpfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung dar.

Soweit die Beschwerde letztlich unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO vorbringt, es sei der Beschwerdeführerin unzumutbar gewesen, etwas gegen die strafbaren Handlungen ihres Ehemannes zu unternehmen, selbst wenn sie davon gewußt hätte - womit der Sache nach augenscheinlich auf den Entschuldigungsgrund des § 286 Abs 2 Z 1 StGB Bezug genommen werden soll -, ist zu entgegnen, daß damit schon nach der hypothetischen Form der Beschwerdeausführungen nicht von dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt ausgegangen und somit ein materiellrechtlicher Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt wird.

Aus den angeführten Erwägungen war somit die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Anna A teils als offenbar unbegründet, teils als unzulässig sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 in Verbindung mit § 285 a Z 2 StPO).

Über die Berufung dieser Angeklagten wird in einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Die Kostenentscheidung ist in der im Spruch genannten Gesetzesstelle verankert.

Anmerkung

E03171

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00073.81.0520.000

Dokumentnummer

JJT_19810520_OGH0002_0110OS00073_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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