TE OGH 1981/5/21 13Os27/81

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.05.1981
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.Mai 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführers in der Strafsache gegen Martin A wegen des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 10. September 1980, GZ. 7 b Vr 10079/79-52, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Horak, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Hötzl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Scheibenpflug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22.Juli 1951 geborene Martin A (zu A) des Vergehens der Geschenkannahme durch Beamte nach § 304 Abs. 2 StGB., (zu B) des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 StGB. und (zu C) des Vergehens des Imstichlassens eines Verletzten nach § 94 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt. Darnach hatte er als Vertragsbediensteter des Vollstreckungsdienstes des Exekutionsgerichts Wien, mithin als Beamter, dadurch, daß er vom Schlossermeister Manfred B vom 1.März 1977 bis 27.Juni 1978

für dessen Heranziehung zu Vollstreckungshandlungen insgesamt 17.220 S verlangt und ausbezahlt erhalten hat, für die pflichtgemäße Vornahme von Amtsgeschäften von einem anderen für sich diesen Vermögensvorteil gefordert und angenommen (A), am 12.Februar 1979 als Lenker eines Personenkraftwagens den die Fahrbahn der Schönbrunnerstraße überquerenden Fußgeher Franz C dadurch fahrlässig am Körper verletzt, daß er ihn nicht beachtete und niederstieß, wobei der Genannte eine Prellung des linken Oberschenkels mit einem größer als eine Handfläche messenden Bluterguß erlitt, welche Verletzung eine mehr als dreitägige, nämlich ca. 14-tägige Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit zur Folge hatte (B) und nach Setzung der unter B angeführten Handlung es vorsätzlich unterlassen, dem Franz C, dessen Verletzung am Körper er verursacht hatte, die erforderliche Hilfe zu leisten (C).

Rechtliche Beurteilung

Allein gegen den Schuldspruch wegen der beiden zuletzt angeführten Vergehen wendet sich der Angeklagte mit einer auf die Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch Berechtigung nicht zukommt.

Soweit sich die Beschwerdeausführungen in unsubstantiierten Behauptungen, wie, 'der Angeklagte fühle sich dadurch beschwert, daß die Qualifikation der vorsätzlichen Unterlassung der Hilfeleistung und sohin die Subsumierung nach § 94 Abs. 1 StGB. vom Gericht angenommen worden sei' und 'er wende sich gegen die Feststellung, daß er den Unfall wahrgenommen und sohin die Hilfeleistung unterlassen habe', erschöpfen, erübrigt sich eine Erwiderung, weil damit weder der geltend gemachte noch ein anderer Nichtigkeitsgrund zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht wird.

Im übrigen ist der Beschwerde zwar einzuräumen, daß zwischen der Nichtbeachtung der vor dem Angeklagten liegenden Fahrbahn während seines gegen die Einbahnrichtung durchgeführten Rückfahrmanövers und dem Unfall, der ja nicht während des Reversierens, sondern im Zug des anschließenden neuerlichen Vorwärtsfahrens geschah, in der Tat kein Rechtswidrigkeitszuammenhang besteht und daß der Angeklagte, der während des Zurückfahrens vor allem den hinter ihm befindlichen Fahrbahnbereich im Auge behalten mußte, nicht gehalten war, seine Aufmerksamkeit gleichzeitig dem sich vor ihm abwickelnden Verkehrsgeschehen zuzuwenden. Wohl aber ist ihm als Fahrlässigkeit zuzurechnen, daß er nach den - von ihm unangefochten gebliebenen - Konstatierungen des Schöffengerichts während des dem Reversieren folgenden Vorwärtsfahrens die Fahrbahn durch einen Zeitraum von 4 Sekunden, innerhalb dessen er eine Fahrstrecke von 11 m zurücklegte (Band II S. 95), nicht beobachtete, wodurch es geschehen konnte, daß er den 64-jährigen Pensionisten Franz C übersah. Dieser hatte während des Rückfahrmanövers des Angeklagten in der Fahrbahnmitte angehalten und sodann die Überquerung der Fahrbahn fortgesetzt, wobei er ab dem Losgehen bis zum Kontakt für die Zurücklegung einer Strecke von 5 m eine Zeit von 4 bis 5 Sekunden benötigte. Die Unterlassung der gebotenen Aufmerksamkeit in solchem Ausmaß - noch dazu in einer bekanntermaßen sowohl von Kraftfahrzeugen als auch von Fußgängern stark frequentierten Hauptverkehrsstraße - wurde vom Erstgericht völlig zu Recht als schweres Verschulden gewertet, wobei es nichts verschlägt, daß der Schöffensenat - ersichtlich illustrativ - auch in dem vom Angeklagten vorgenommenen Zurückschieben entgegen der Einbahnrichtung in eine Kreuzung, ohne auf andere Verkehrsteilnehmer zu achten, zu Unrecht eine zusätzliche Fahrlässigkeitskomponente erblickte. Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vermeint, es könne ihm deshalb kein Verschulden am Unfall zugerechnet werden, weil er dann, wenn er den Fußgänger auf der Fahrbahn übersah, während dieses Zeitraums keine Abwehrhandlungen hätte setzen könne, genügt es, diesem - wohl nicht ernst gemeinten - Einwand zu erwidern, daß die Fahrlässigkeit des Angeklagten eben in der Unterlassung der gebotenen Aufmerksamkeit gelegen ist.

Ausgehend von einem schweren Verschulden im Sinn des § 88 Abs. 2 StGB. kommt den Beschwerdeausführungen, die sich gegen die Feststellung einer Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit von mehr als dreitägiger Dauer wenden, keine rechtliche Relevanz zu, weshalb sich weitere Erörterungen zu diesem Punkt erübrigen. Insoweit der Angeklagte in bezug auf den Schuldspruch gemäß § 94 Abs. 1 StGB. behauptet, auf Grund der Feststellungen des Erstgerichts stehe nicht mit Sicherheit fest, daß er den Unfall 'wahrnehmen mußte', bringt er den relevierten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund insofern nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, als er dabei die schöffengerichtliche Konstatierung, er habe den Unfall bemerkt (Band II S. 96) neglegiert.

Da endlich auch der Einwand des Angeklagten, es könne ihm nicht angelastet werden, daß er zur Rekonstruktion des Unfallshergangs nichts beitragen konnte, ins Leere geht, weil ihm dies ohnehin nirgends zum Vorwurf gemacht wurde, war die im ganzen unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Martin A gemäß §§ 28, 304 Abs. 2 StGB. eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 Monaten, die es gemäß § 43 Abs. 1 StGB.

unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah. Ferner erklärte es gemäß § 20 StGB. den als Geschenk erhaltenen, noch nicht zurückbezahlten Betrag von 8.610 S für verfallen.

Bei der Bemessung der Strafe wertete das Gericht als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, deren Fortsetzung durch längere Zeit und zum Faktum A den Umstand, daß der Angeklagte als einer der führenden, Geschenke fordernden Vollstrecker bezeichnet werden müsse, während es als mildernd das Teilgeständnis, den bisherigen untadeligen Lebenswandel und die teilweise Schadensgutmachung in Betracht zog.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafausmaßes und die Ausschaltung des ausgesprochenen Verfalles an. Die Berufung ist zur Gänze unbegründet.

Die Behauptung des Berufungswerbers, er sei nur ein kleines Rad im Gesamtgetriebe gewesen und hätte daher aus eigenem keine Entscheidungen treffen können, ist teils urteilsfremd, teils nicht stichhältig, weil das Erstgericht einerseits annahm, er sei in führender Rolle tätig gewesen und es andrerseits dem Angeklagten jedenfalls freistand, keine Vermögensvorteile zu fordern. Das Erstgericht hat ihm mithin keinen Milderungsgrund vorenthalten. Es hat die gegebenen aber auch zutreffend gewürdigt und über den Angeklagten eine - ohnehin bedingt nachgesehene - Strafe verhängt, die dem überdurchschnittlichen Schuld- und Unrechtsgehalt der von ihm gesetzten Verfehlungen durchaus gerecht wird, weshalb eine Reduktion der Strafe nicht in Betracht kam.

Da die vom Angeklagten geforderten und erhaltenen Zuwendungen keineswegs als geringfügig bezeichnet werden können und nach Lage des Falls auch nicht davon gesprochen werden kann, daß der Verfall, der Sache nach also die Bezahlung eines Betrags von 8.610 S, den Berufungswerber unbillig hart träfe, mußte mangels der Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 StGB. auch dem diesbezüglichen Berufungsbegehren ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

E03154

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00027.81.0521.000

Dokumentnummer

JJT_19810521_OGH0002_0130OS00027_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten