TE OGH 1981/5/27 11Os51/81

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Veröffentlicht am 27.05.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 1981 unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Hartmann, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Ruiter-Birnbauer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Christine A wegen des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 1

StGB über die von der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 5. Februar 1981, GZ 5 d Vr 7.379/80-37, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Fritsche und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ua die am 22. April (im Urteil unrichtig: Mai) 1960 geborene Verkäuferin Christine A des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 12, 127 Abs 1, 128 Abs 1 (im Urteil unrichtig: Abs 2) Z 1 StGB schuldig erkannt, weil sie am 1. August 1980 in Wien zur Ausführung der Tat des Alfred B, der am 5. August 1980 die Barbara C unter Ausnützung eines Zustandes, der sie hilflos machte, nämlich ihrer Senilität, mit Bereicherungsvorsatz S 4.440,-- wegnahm, dadurch beigetragen hatte, daß sie diesen mit den Worten: 'mach halt die Vettl, die ist ohnedies alt und deppert' in seinem deliktischen Vorhaben bestärkte und das Opfer vorschlug. Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte A im Schuldspruch mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung.

In der Mängelrüge wirft sie dem angefochtenen Urteil Unvollständigkeit vor, weil es zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechende Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergehe und ungewürdigt lasse. Diese habe sich nämlich dahin verantwortet, daß sie die Äußerung des Alfred B am 1. August 1980, er haue jetzt (vor dem Kinobesuch an diesem Tag) einer Alten auf den Schädel, weil er kein Geld habe, nicht ernstgenommen und von der sodann in ihrer Abwesenheit in der Nacht zum 2. August 1980 geführten Besprechung des geplanten Überfalls erst viel später erfahren habe. Diese ihre Verantwortung sei vom Zeugen D bestätigt worden, der aussagte, sie sei bei diesen Gesprächen nicht dabei gewesen, und der seine von dieser Aussage abweichenden (die Beschwerdeführerin belastenden) früheren Angaben vor der Polizei damit erklärte, daß er das nur gesagt habe, um freizukommen.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist entgegenzuhalten, daß das Erstgericht in seiner Beweiswürdigung auf die leugnende Verantwortung der Angeklagten A und die Aussage des Zeugen Horst D ohnedies einging, dabei den Versuch des Zeugen D, seine polizeilichen Angaben in der Hauptverhandlung abzuschwächen, mit einer inzwischen erfolgten Beeinflussung zu Gunsten der Angeklagten erklärte und auf die Erfahrungstatsache hinwies, daß die auf der unmittelbaren Erinnerung beruhenden ersten Angaben eines Zeugen zu einem Tatgeschehen in der Regel die verläßlichsten sind, sowie schließlich die Aussagen der Zeugen E und F für unglaubwürdig erklärte, weil eine Absprache unter ihnen zu Gunsten der Beschwerdeführerin unverkennbar sei (S 324 f). Damit hat das Erstgericht seiner Pflicht, in gedrängter Darstellung (§ 270 Abs 1 Z 5 StPO) sich mit allen wesentlichen Verfahrensergebnissen zu entscheidenden Tatsachen auseinanderzusetzen, voll entsprochen.

Mit ihren Einwendungen gegen die erstgerichtliche Annahme, Horst D, auf dessen polizeilichen Angaben die Feststellungen des Schöffensenates im wesentlichen beruhen, habe als Zeuge vor dem erkennenden Gericht deshalb anders ausgesagt, weil er zu Gunsten der Christine A beeinflußt worden war, zeigt die Beschwerdeführerin nicht den Mangel einer unzureichenden Begründung des Ersturteils auf, sondern bekämpft in Wahrheit in einer im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Weise die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Der Hinweis des Gerichtes auf die nach der forensischen Erfahrung gegebene besondere Verläßlichkeit der ersten, dem zu berichtenden Ereignis möglichst rasch folgenden Aussage stellt nämlich entgegen dem Beschwerdevorbringen keineswegs eine Scheinbegründung dar, sondern weist eine den Denkgesetzen entsprechende Auseinandersetzung mit der Beweislage nach. Die von der Beschwerdeführerin relevierte Möglichkeit, daß der Zeuge D nur deshalb vor der Polizei möglichst viel Beteiligte angeben wollte, um die eigene Schuld zu verringern, ist zwar ebenfalls eine denkbare, freilich keineswegs, wie die Beschwerdeführerin meint, auf einer notorischen Tatsache beruhende Schlußfolgerung, doch trifft diese nach Überzeugung des Erstgerichtes vorliegend nicht zu. Daß das Gericht sohin zu anderen Schlußfolgerungen gelangte, stellt einen im Nichtigkeitsverfahren unanfechtbaren Akt der freien richterlichen Beweiswürdigung dar. Daher vermag das Beschwerdevorbringen mit dem in diesem Zusammenhang auf die vom Erstgericht für unglaubwürdig erachteten Aussage der Zeugen E und F hingewiesen wird, ebensowenig den behaupteten Nichtigkeitsgrund gesetzmäßig darzustellen, wie das Bemühen, aus der Verantwortung des (Mitangeklagten) Alfred B für die Beschwerdeführerin günstigere Schlüsse zu ziehen.

Eine nähere Begründung für den vom Erstgericht in freier Beweiswürdigung gewonnenen Eindruck (vgl § 258 Abs 2 StPO), bestimmte Aussagen seien unglaubwürdig, konnte dem Wesen eines solchen inneren Vorgangs gemäß nicht gegeben werden, ihr Unterbleiben stellt daher gleichfalls keinen den behaupteten Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Mangel des Urteils dar. Ob die den Gegenstand des Schuldvorwurfs bildende Äußerung der Beschwerdeführerin vor dem Kinobesuch erfolgte, wie es Horst D vor der Polizei angab (S 39), oder erst bei anderer Gelegenheit später, betrifft keine entscheidende Tatsache, sodaß darauf im Urteil nicht weiter einzugehen war. Dies gilt auch für die Frage, ob die Beschwerdeführerin wußte, daß Barbara C zufolge ihrer altersbedingten Senilität schon früher Opfer von Überfällen geworden war.

Die Beschwerdeführerin vermag aber auch keinen Begründungsmangel hinsichtlich der Annahme des Erstgerichtes aufzuzeigen, daß sie die eingangs wiedergegebene, ihr unter dem Gesichtspunkt eines sonstigen Tatbeitrages im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB angelastete Äußerung mit dem Vorsatz machte, die Verübung eines solchen Überfalls zu fördern, sondern bekämpft auch hier nur die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, dessen Erwägung, es sei nach der Persönlichkeit der Zuhörer mit der Verwirklichung der vorgeschlagenen Tat durchaus zu rechnen gewesen, auch der allgemeinen Lebenserfahrung entspricht.

Eine Aktenwidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin schließlich in der Feststellung des Erstgerichtes, sie hätte zu B gesagt: 'mach halt die alte Vettl, die ist ohnedies alt und deppert' (S 322 d.A), wogegen sie nach dem Inhalt der die Grundlage dieser Feststellung bildenden Aussage des Horst D nicht von einer 'alten Vettl', sondern von der 'Wettl' (volkstümlich für Barbara) gesprochen habe (S 39, 310 d.A). Diese insoweit richtig aufgezeigte Divergenz stellt jedoch den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht her, weil eine Diskrepanz in der (schriftlichen) Wiedergabe eines gesprochenen Wortes, die dessen Bedeutung nicht verändert (wie hier die namentliche Bezeichnung einer bestimmten Person), keine Aktenwidrigkeit iS der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO bildet und die Frage, ob das Eigenschaftswort 'alt' in dieser (kurzen) Äußerung einmal oder zweimal Verwendung fand, ohne Relevanz bleibt. (Im Urteilssatz scheint es übrigens - konform der Darstellung des Zeugen D - ohnedies nur einmal auf.) Daß das Tatopfer (Barbara C) nach der Aktenlage in seiner Wohnumgebung häufig als 'Wetti', 'Wettl' oder 'Wetti-Tant' bezeichnet wurde, wobei die Schreibweise dieser Kurzform des Namens an verschiedenen Stellen des Aktes mit 'V' zu finden ist (s S 35, 47, 308, 314), sei nur noch am Rande erwähnt.

Für die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin angestellte Überlegung, das Erstgericht habe sich aus besonderen Gründen zur besprochenen Abweichung veranlaßt gesehen, fehlt im Urteil jeder Anhaltspunkt.

In der gemäß § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ausgeführten Rechtsrüge bringt die Beschwerdeführerin vor, der Tatbestand sei weder in subjektiver noch in objektiver Beziehung erfüllt. Einerseits habe sie die Äußerung des B, 'jetzt einer Alten eine am Schädel zu hauen', gar nicht ernst genommen und die ihr angelastete Antwort darauf unter dem Einfluß von Alkohol in unbewußter Fahrlässigkeit ohne den Vorsatz gegeben, dadurch die Ausführung der Tat des B zu fördern. Andererseits habe diese Antwort die Ausführung der Tat des B auch gar nicht gefördert, diese wäre vielmehr in gleicher Weise auch ohne den von ihr gegebenen Hinweis erfolgt.

Auch die Rechtsrüge versagt.

Was zunächst die Bestreitung der subjektiven Tatseite anlangt, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, daß die Beschwerdeführerin damit unzulässig - und deshalb unbeachtlich - von der Urteilsfeststellung des auf Förderung der Straftat des B gerichteten Vorsatzes abweicht. Soweit sie aber den ursächlichen Zusammenhang zwischen ihrer (inkriminierten) Äußerung und der Tat bestreitet, ist ihr zu erwidern, daß ihr die Bestärkung des B in seinem deliktischen Vorhaben vorgeworfen wird. Der Annahme rechtlicher Erheblichkeit solcher Förderung steht nicht entgegen, daß die Tat möglicherweise auch ohne sie ebenso verübt worden wäre. Jede, auch die geringste physische oder psychische Hilfe bzw Unterstützung, welche die Tat fördert und bis zu ihrer Vollendung wirksam bleibt, ist ein ausreichender kausaler Tatbeitrag (ÖJZ-LSK 1977/87, 1976/206). Daß die Hilfe zur Vollbringung der Tat notwendig war und ohne diese Hilfe eine Ausführung derselben unmöglich gewesen wäre, verlangt das Gesetz - der Auffassung der Beschwerdeführerin zuwider - nicht (ÖJZ-LSK 1978/69 = EvBl 1978/107).

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte nach dem § 128 Abs 1 StGB eine - gemäß dem § 43 Abs 1 StGB bedingt nachgesehene - Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung die einschlägige Vorstrafe als erschwerend und zog als mildernd das Alter der Angeklagten unter 21 Jahren (zur Tatzeit) in Betracht.

Mit ihrer Berufung strebt die Angeklagte eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe sowie deren Umwandlung in eine Geldstrafe unter Aufrechterhaltung der bedingten Strafnachsicht an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Die Strafzumessungsgründe wurden in erster Instanz im wesentlichen richtig und vollständig angeführt. Es trifft zu, daß der Tatbeitrag der Berufungswerberin an sich untergeordneter Natur war. Andererseits darf aber nicht übersehen werden, daß die den Gegenstand des Schuldspruches bildende Äußerung nach Lage des Falles in ihrer realen Bedeutung schon einer Aufforderung zur Verübung eines Raubes nahekommt.

Für die Annahme, die Angeklagte habe in einem (die Schuld nicht ausschließenden) Rechtsirrtum gehandelt (§ 34 Z 12 StGB), - wie das bezügliche Rechtsmittelvorbringen wohl richtig zu verstehen ist - bieten die Verfahrensergebnisse keine Handhabe. Die verhängte Freiheitsstrafe ist daher keineswegs als überhöht anzusehen, und zwar auch dann nicht, wenn auf das mittlerweile aktenkundig gewordene Straferkenntnis des Strafbezirksgerichtes Wien vom .1980, AZ 6 U 1317/80, gemäß den §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen wird.

Einer Anwendung des § 37 StGB steht aber schon die spezialpräventive Notwendigkeit des Ausspruches einer Freiheitsstrafe mit Rücksicht auf das getrübte Vorleben der Berufungswerberin und deren Umgang in einem kriminalitätsanfälligen Milieu entgegen.

Aus diesen Erwägungen konnte auch der Berufung kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03199

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00051.81.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19810527_OGH0002_0110OS00051_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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