Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juni 1981 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Kral, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführer in der Strafsache gegen Walter A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die vom Angeklagten Dieter Klaus B und der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 16. Juni 1980, GZ 11 Vr 2013/79-80, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Moser und Dr. Hiller und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Kodek, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich des Angeklagten A und der Berufung des Angeklagten B bezüglich des Strafausmaßes wird nicht Folge gegeben.
Der Berufung des Angeklagten B hinsichtlich des Ausspruches über die privatrechtlichen Ansprüche wird Folge gegeben und der dem Privatbeteiligten Dr. Erich C zugesprochene Betrag auf S 4.000,-- herabgesetzt.
Mit seinem Mehrbegehren wird der genannte Privatbeteiligte gemäß § 366 Abs 2 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten B auch die durch seine Berufung verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht erkannte den am 11. September 1922 geborenen beschäftigungslosen Walter A und den am 15. März 1943 geborenen Maschinenarbeiter Dieter Klaus B des Verbrechens des Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB schuldig, weil sie in Graz mehreren Gewerbetreibenden durch Täuschung über Tatsachen mit Bereicherungsund Schädigungsvorsatz Waren und Dienstleistungen herausgelockt und diesen sohin einen S 100.000,-- übersteigenden Schaden zugefügt hatten, und zwar Walter A zum Teil allein und zum Teil im bewußten Zusammenwirken mit Dieter Klaus B in der Zeit vom 2. September 1977
bis 21. März 1979, wobei der von ihm verursachte Schaden S 204.907 betrug, und Dieter Klaus B in der Zeit vom Jänner 1979 bis 21. März 1979 gemeinsam mit Walter A, wobei der dabei entstandene Schaden S 151.052 ausmachte.
Hiefür wurden die Angeklagten nach § 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 12. Juli 1979, GZ 6 Vr 3429/77-53, gemäß §§ 31, 40 StGB zu Zusatzfreiheitsstrafen verurteilt, und zwar A in der Dauer von drei Jahren und B von einem Jahr. Überdies wurde im Urteil ua dem Privatbeteiligten Dr. Erich C gemäß § 369 Abs 1 StPO ein Betrag von S 30.000,-- zugesprochen, für den die Angeklagten nach dem Urteilsspruch zur ungeteilten Hand haften.
Bei der Strafbemessung nahm das Gericht in Ansehung beider Angeklagten die Fortsetzung der strafbaren Handlungen durch längere Zeit als erschwerend an, bei A überdies die zahlreichen, fast ausschließlich auf derselben schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen in Verbindung mit dem negativen Leumund. Als mildernd wurde hingegen bei A das reumütige Geständnis gewertet, bei B der nicht nachteilige Leumund.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte B Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung erhoben. Die Staatsanwaltschaft bekämpft in ihrer Berufung den Walter A betreffenden Strafausspruch des Gerichtes.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B wurde vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 5. Mai 1981, GZ 9 Os 19/81-8, bereits bei der nichtöffentlichen Sitzung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstages waren daher nur mehr die Berufungen, von denen nur die des Angeklagten B teilweise berechtigt ist.
Den Ausführungen der Staatsanwaltschaft zuwider hat das Gericht die Strafzumessungsgründe hinsichtlich des Angeklagten A nicht nur richtig und vollständig festgestellt - was die Anklagebehörde im Grunde genommen gar nicht bestreitet - sondern auch zutreffend gewürdigt.
Dem kriminellen Vorleben dieses Angeklagten wurde im Urteil ohnedies Rechnung getragen; desgleichen auch dem Umstand, daß A die Tat mehrfach wiederholt und sohin unter Einbeziehung der Täterpersönlichkeit in die Betrachtung ein hohes Maß an Sozialschädlichkeit gezeigt hat. Allerdings muß in diesem Zusammenhang zugunsten des Täters auch berücksichtigt werden, daß sich dieser wegen seiner starken Bresthaftigkeit seinen Lebensunterhalt auf redliche Weise nur schwer verdienen kann; weiters, daß er sich insofern in einer schwierigen finanziellen Lage befindet, als die ihm vom Sozialamt der Stadt Graz gewährte Sozialunterstützung monatlich S 1.895,-- nur beträgt, sodaß ihm zusammen mit der von einer deutschen Pensionsversicherung geleisteten Zahlung von monatlich DM 53,-- nicht ganz S 2.400,-- monatlich zur Fristung seines Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen (Bd I S 6, 239, 241, Bd II, S 92).
Bei diesen Strafzumessungsgründen erschien dem Obersten Gerichtshof - auch unter Berücksichtigung jener Straftaten, die Gegenstand des eingangs erwähnten Urteils waren, mit dem der Angeklagte A wegen §§ 146, 147 Abs 2 sowie 12 StGB zu zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die vom Erstgericht ausgesprochene Zusatzstrafe für angemessen, weshalb der von der Staatsanwaltschaft bezüglich dieses Angeklagten erhobenen Berufung der Erfolg zu versagen war. Unbegründet ist aber auch die vom Angeklagten B gegen den Ausspruch über die Strafe erhobene Berufung. Sie läßt im besonderen das grobe Verschulden des Berufungswerbers außer acht, das nach den Urteilsannahmen darin besteht, daß er bei den von ihm gemeinsam mit dem Angeklagten A begangenen strafbaren Handlungen als 'Wortführer' aufgetreten ist, sich insoweit also an diesen Taten führend beteiligt hat (§ 33 Z 4 StGB).
Der Umstand, daß der Angeklagte B dem einen oder dem anderen Lieferanten der D gegenüber die 'Zahlungsschwierigkeiten' dieser Firma eingestand und durch die an deren Gläubiger gerichtete Aufforderung, die gelieferten Waren wieder zurückzunehmen, zur teilweisen Gutmachung des Schadens beitrug, kann vorliegend als Milderungsgrund nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Denn es hat der Angeklagte B, wie sich gleichfalls aus den Akten ergibt, die zurückgegebenen Sachen jeweils kurz darauf wieder bei einer anderen Firma bestellt und auf diese Weise den Schaden solcherart auf einen anderen Geschäftspartner überwälzt.
Daß sich der Angeklagte B seit der am 24. September 1979 erfolgten Enthaftung wohlverhält, kann noch nicht den Milderungsgrund der Z 18 des § 34 StGB bilden.
Dazu ist der seit den Taten verstrichene Zeitraum doch zu kuRZ
Es kommt überhaupt nicht darauf an, ob der Angeklagte B in der Lage ist, die zur Bezahlung einer Geldstrafe erforderlichen Mittel (redlich) aufzubringen (ÖJZ-LSK 1977/242). Maßgeblich ist vielmehr bei der Beurteilung der Frage nach der Zulässigkeit der Verhängung einer Geldstrafe, ob die im § 37 StGB hiefür vorgesehenen Voraussetzungen bei ihm gegeben sind. Dies aber trifft allein schon wegen der Höhe der Freiheitsstrafe nicht zu, die das Erstgericht - auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes - schuldangemessen ausgesprochen hat. Berechtigt ist allerdings die gegen den Ausspruch über die Ansprüche des Privatbeteiligten Dr. C gerichtete Berufung des Angeklagten B. Zu dessen Begehren hat das Erstgericht den Berufungswerber entgegen der Vorschrift des § 365 Abs 2 StPO nicht gehört und es hat auch der Verteidiger des Angeklagten nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolles in der Hauptverhandlung zur Höhe der Forderung des Zeugen Dr. C aus dem zu seinem Nachteil begangenen Betrug (Faktum II/5 des Urteilsspruches) nicht Stellung genommen. Es hat vielmehr der Angeklagte erstmalig in der Berufung durch seinen Verteidiger ausgeführt, daß ein Betrag von S 4.000,-- eine angemessene Entschädigung für den vom Privatbeteiligten (infolge der Abnützung der von ihm gelieferten Mäbel durch die Angeklagten) erlittenen Schaden sei. Der dem Privatbeteiligten zugesprochene Betrag von S 30.000,-- sei weitaus überhöht.
Er trage kaufmännischer Kalkulation und Bewertung keineswegs Rechnung und berücksichtige auch nicht, daß die rückgenommenen Mäbel nur gereinigt werden mußten und daß lediglich zwei Luster nicht abgeholt worden sind.
Gestützt auf diese Prozeßerklärung des Verteidigers des Angeklagten, die durchaus den Zielsetzungen des § 365 Abs 2 StPO - der Gewährung rechtlichen Gehörs - entspricht, konnte der Oberste Gerichtshof dem Privatbeteiligten in Stattgebung der Berufung des Angeklagten den sohin von diesem als Schaden anerkannten Betrag von S 4.000,--
zusprechen. Mit dem Mehrbegehren, dessen Feststellung von der dem Obersten Gerichtshof versagten Aufnahme weiterer Beweise (ÖJZ-LSK 1979/201), allenfalls sogar von einem Sachverständigengutachten abhängig ist, war der Privatbeteiligte hingegen auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03194European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00019.81.0602.000Dokumentnummer
JJT_19810602_OGH0002_0090OS00019_8100000_000