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50/01 Gewerbeordnung;Norm
GewO 1994 §79c;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2003/04/0120 E 18. Mai 2005Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des Y in W, vertreten durch Atzl & Pertl, Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Bahnhofstraße 17, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 24. April 2003, GZ IIa-60.005/1-03, betreffend Abweisung eines Antrages nach § 79c GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 30. Jänner 2001 wurde dem Beschwerdeführer die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für das Imbisslokal H. an einem näher bezeichneten Standort nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und Beschreibungen unter Vorschreibung von gewerbetechnischen und brandschutztechnischen "Aufträgen" erteilt. Der gewerbetechnische Auftrag Nr. 1 hatte folgenden Wortlaut:
"1. Während der Betriebszeiten darf die Zugangstür zum Lokal ausschließlich für das Betreten und Verlassen des Lokales geöffnet werden."
Die Lüftungsanlage wird im Vorspruch dieses Bescheides wie folgt beschrieben:
"Zu- und Abluftanlage mit einer Luftleistung von 2.400 m3/h bzw. einem 18-fachen Luftwechsel. Zuluftgerät im Lagerraum an der Decke, Abluftgerät auf dem Flachdach.
Zuluftansaugung am Flachdach, Abluftführung an der Außenwand über Dach, bei Durchführungen von Brandabschnitten werden Brandschutzklappen eingebaut.
Der Schalldruckpegel bei der Frischluftabsaugung beträgt, gemessen in 1 m Entfernung, 30 dB (A-bewertet)."
Nach der Begründung dieses Bescheides seien von den Nachbarn Geruchsbelästigungen durch das Lokal befürchtet worden. Diese möglichen Geruchsbelästigungen seien durch die entsprechende Filteranlage auf das möglichste Maß reduziert worden.
Mit Schreiben vom 25. Juni 2001 teilte der Beschwerdeführer der Gewerbebehörde erster Instanz mit, über seinen Auftrag sei der bestehende Abluftventilator durch einen neuen mit höherer Pressung und Luftleistung (bis 3.000 m3/h) ersetzt worden. Die Abluftleistung sei somit derart gesteigert worden, dass selbst bei dauernd geöffneter Eingangstür von einer Geruchsbelästigung nach außen nicht mehr auszugehen sei. Er stellte den Antrag, "dass die Auflage aus gewerbetechnischer Sicht laut Punkt 1. des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides auf Geschlossenhalten der Eingangstüre ersatzlos gestrichen werden möge".
Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol gemäß § 79c GewO 1994 abgewiesen. In ihrer Begründung gab die belangte Behörde zunächst das Verwaltungsgeschehen, insbesondere die Gutachten des sanitätspolizeilichen und des gewerbetechnischen Amtssachverständigen, sowie die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen wieder und führte sodann aus, die Anzeige des Antragstellers (gemeint: über den Ersatz des bestehenden Abluftventilators durch einen neuen mit höherer Pressung und Luftleistung bis 3.000 m3/h) sei von der Gewerbebehörde erster Instanz nicht mittels Bescheid gemäß § 345 Abs. 8 Z. 6 GewO 1994 zur Kenntnis genommen worden, sodass die geänderte Lüftungsanlage keinen Bestandteil des Genehmigungsbescheides bilde. Die belangte Behörde habe daher in ihrer Entscheidung vom genehmigten Bestand der Betriebsanlage auszugehen, also von der durch den Genehmigungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 30. Jänner 2001 erfassten Lüftungsanlage. Da seit Erlassung dieses Bescheides keine Änderung im genehmigten Bestand der Betriebsanlage eingetreten sei, sei der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen. In weiterer Folge setzte sich die belangte Behörde mit den eingeholten Sachverständigengutachten auseinander und kam zum Ergebnis, selbst für den Fall, dass die verbesserte Lüftungsanlage mittels Bescheid der Behörde erster Instanz gemäß § 345 Abs. 8 Z. 6 GewO 1994 Bestandteil der genehmigten Anlage geworden wäre, bestünde kein Anlass, an der Richtigkeit und Schlüssigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten sowie deren Würdigung durch die Behörde erster Instanz zu zweifeln, sodass auch diesfalls der Antrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen wäre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Aufhebung von nicht (mehr) erforderlichen Auflagen gemäß § 79c GewO 1994 verletzt und bringt im Wesentlichen vor, die herangezogenen Gutachten seien in sich widersprüchlich und lieferten entgegen der Ansicht sowohl der erstinstanzlichen als auch der Berufungsbehörde keine brauchbaren Anhaltspunkte.
Gemäß § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind (u.a.), die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.
Gemäß § 79c leg. cit. sind die nach § 77, § 79 oder § 79b vorgeschriebenen Auflagen auf Antrag mit Bescheid aufzuheben oder abzuändern, wenn und soweit die Voraussetzungen für ihre Vorschreibung nicht mehr vorliegen.
Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist. Nach Abs. 2 Z. 5 dieser Bestimmung ist eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 nicht gegeben, wenn Maschinen, Geräte oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen ersetzt werden; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck den der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, dass der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist. Nach Abs. 3 ist der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs. 2 Z. 5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedurfte, der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.
Gemäß § 345 Abs. 8 Z. 6 GewO 1994 hat die Behörde bei Vorliegen der jeweils geforderten Voraussetzungen die Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen; dieser Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Nach Abs. 9 dieser Bestimmung hat die Behörde, wenn durch dieses Bundesgesetz vorgeschriebene Anzeigen erstattet werden, obwohl hiefür die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, - unbeschadet eines Verfahrens nach den §§ 366 ff - dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen. Bescheide über Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 sind innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige zu erlassen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 17. November 2004, Zl. 2003/04/0068, mwN) stellt § 79c GewO 1994 nach seinem eindeutigen Wortlaut keine Durchbrechung der Rechtskraft des die fragliche Auflage vorschreibenden Genehmigungsbescheides dar. Diese Bestimmung gibt vielmehr der Behörde die Möglichkeit, nachträglichen Änderungen des Sachverhaltes in Form des Wegfalles jener Tatsachen, die nach dem Inhalt des Genehmigungsbescheides die Voraussetzungen für die Vorschreibung der Auflage gebildet haben, Rechnung zu tragen.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, der Ersatz der einen Teil des genehmigten Bestandes bildenden Lüftungsanlage durch eine - nach den Behauptungen des Beschwerdeführers - leistungsstärkere Anlage könne schon deshalb nicht zur Aufhebung oder Abänderung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflage führen, da dieser Ersatz (bisher) nicht gemäß § 345 Abs. 8 Z. 6 GewO 1994 mit Bescheid zur Kenntnis genommen worden sei.
Dieser Rechtsansicht kann im Ergebnis nicht entgegengetreten werden:
Der ursprünglichen Vorschreibung der in Rede stehenden Auflage lag - wie eingangs dargestellt - die in der Betriebsbeschreibung dargestellte Lüftungsanlage zu Grunde. Der Beschwerdeführer behauptet diesbezüglich eine Änderung. Es kann im Beschwerdefall dahinstehen, ob der Einbau dieser Lüftungsanlage lediglich gemäß § 345 GewO 1994 anzuzeigen war oder (mangels Gleichartigkeit im Sinne des § 81 Abs. 2 Z. 5 leg. cit.) eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage im Sinne des § 81 Abs. 1 leg. cit. darstelle. Änderungen der Betriebsanlage, seien sie genehmigungs- oder anzeigepflichtig, stellen - jedenfalls solange sie nicht genehmigt oder zur Kenntnis genommen worden sind - keinen Fall des § 79c GewO 1994 dar, sondern sind nach den Bestimmungen der §§ 81 ff GewO 1994 zu behandeln.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 18. Mai 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003040108.X00Im RIS seit
16.06.2005