TE OGH 1981/6/25 12Os68/81

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Veröffentlicht am 25.06.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Garai als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl Rainer A und einen anderen wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Karl Rainer A und Rudolf B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 24. März 1981, GZ 9 Vr 3265/80-37, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Lachner, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Aleksa Paunovic' und Dr. Walter Riedl sowie der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung des Angeklagten Karl Rainer A wird Folge gegeben und die über ihn verhängte (Zusatz-)Freiheitsstrafe auf 17 Monate und 10 Tage herabgesetzt.

Der Berufung des Angeklagten Rudolf B wird nicht Folge gegeben. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 20. August 1949 geborene Kaufmann Karl Rainer A und der am 5. Juni 1957 geborene kaufmännische Angestellte Rudolf B des Verbrechens des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB (Punkt I des Urteilssatzes) und des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1 StGB, ferner, des Vergehens der unbefugten Inbetriebnahme von Kraftfahrzeugen (richtig: des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen) nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB, sowie des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach '§ 224 (223 Abs 2)' (richtig: §§ 223 Abs 2, 224) StGB schuldig erkannt.

Allein den Schuldspruch wegen des Verbrechens nach § 277 Abs 1 StGB bekämpfen beide Angeklagten mit auf die Z 5 und 9 lit b (A), bzw 5 und 9 lit a - der Sache nach jedoch ebenfalls 9 lit b - (B) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

Der Angeklagte Rudolf B wendet sich mit seiner Mängelrüge (Z 5) gegen diesen Punkt I des Schuldspruches, der ihm und dem Mitangeklagten A zur Last legt, in der Zeit von Juni bis 8. August 1980 in Graz vorsätzlich die gemeinsame Ausführung eines Raubüberfalles verabredet zu haben, indem sie beschlossen, bei günstiger Gelegenheit Angestellte der C durch Vorhalt einer Gaspistole und eines Spielzeugrevolvers zur Herausgabe von Geld zu zwingen, zunächst mit der Argumentation, die Feststellungen des Erstgerichtes, wonach zwischen den (beiden) Tätern vereinbart war, den Raubüberfall nicht auszuführen, wenn vor der Raiffeisenkasse Autos parken würden und bei den durchgeführten (mehrfachen) Fahrten zum bezeichneten Geldinstitut jeweils das Vorhandensein von geparkten Autos und eine höhere Kundenfrequenz die Ursache für das Ablassen vom Raubüberfall gewesen sind, andernfalls die Tat zur Ausführung gelangt wäre, als unvollständig und unzureichend begründet, zumal diese Feststellungen durch das Beweisverfahren nicht gedeckt seien und es das Erstgericht in diesem Zusammenhang unterlassen habe, sich mit der Verantwortung der Angeklagten auseinanderzusetzen, derzufolge sie allein aus Angst ihren Plan nicht verwirklicht hätten.

Rechtliche Beurteilung

Diesem Einwand ist zu entgegnen, daß abgesehen davon (vgl § 271 Abs 3 StPO), daß beide Angeklagten im Zuge des Vorverfahrens wiederholt im Sinne der bezüglichen Feststellungen des Erstgerichtes (S 240, 242, 243) zugaben, erst durch die erwähnten äußeren Umstände Angst bekommen zu haben, das Unternehmen könne mißglücken und deshalb (folglich unfreiwillig) jeweils von der Tatausführung Abstand nahmen (vgl S 34, 35 f, 38, 39 e, f sowie 75, 77, 79 und 93 in ON 15), den vom Angeklagten B in seiner Mängelrüge aufgeworfenen, vorerwähnten Fragen im vorliegenden Fall keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt; denn für die Beantwortung der insoweit rechtlich allein relevanten Frage, ob die Voraussetzungen des Strafaufhebungsgrundes der 'tätigen Reue' nach § 277 Abs 2

StGB in Ansehung des unbestrittenermaßen von beiden Angeklagten jedenfalls bereits eingegangenen Raubkomplottes vorliegen, ist nicht maßgebend, warum einzelne von den Komplottanten gesetzte Vorbereitungshandlungen (hinsichtlich welcher mangels Anfechtung durch die Staatsanwaltschaft dahingestellt bleiben mag, ob sie nicht zum Teil bereits strafbare Versuchshandlungen darstellten) jeweils abgebrochen und - bei Aufrechterhaltung des Komplottes - die Tatausführung verschoben wurde; entscheidungswesentlich ist vielmehr allein der Umstand, ob die Angeklagten freiwillig das Komplott (als solches) aufgaben, indem sie die beabsichtigte strafbare Handlung verhinderten, bzw - wenn die strafbare Handlung ohne ihr Zutun unterblieb - sie sich in Unkenntnis dessen freiwillig und ernstlich bemühten, sie zu verhindern. In der bloßen Verschiebung eines vorgesehenen Ausführungstermins liegt demnach an sich noch keine strafaufhebende endgültige Verhinderung im Sinne des § 277 Abs 2 StGB, wobei im Fall einer solchen Verschiebung auf einen späteren Zeitpunkt unter den Voraussetzungen des § 277 Abs 2 StGB (bis dahin) tätige Reue allerdings rechtlich noch möglich ist (vgl Leukauf-Steininger, Komm zum StGB2, RN 10 zu § 277, S 1454). Soweit die beiden Angeklagten in - B in weiterer - Ausführung der Mängelrügen die sohin entscheidungswesentliche Feststellung des Erstgerichtes, daß eine solche endgültige Aufgabe des Komplotts nicht erfolgt ist (S 240), als 'im Widerspruch zum Akteninhalt stehend' rügen, erschöpft sich dieses Vorbringen in Wahrheit bloß in einem im Nichtigkeitsverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff gegen die erstgerichtliche Beweiswürdigung. Denn das Erstgericht hat unter Hinweis darauf, daß jeweils äußere Umstände für die Abstandnahme vom Vorantreiben der einzelnen Vorbereitungshandlungen bis zur Durchführung des Raubes ausschlaggebend waren und objektiv keine Umstände hervorgekommen sind, welche die Behauptung der Angeklagten stützen, sie hätten den Plan nach dem Scheitern des letzten Vorhabens freiwillig endgültig aufgegeben, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 277 Abs 2 StGB in Ansehung beider Angeklagter verneint (S 240, 243). Die sohin vom Erstgericht (sinngemäß) gezogene Schlußfolgerung tatsächlicher Art, es sei von den beiden Angeklagten, die innerhalb eines Zeitraumes von etwa sechs Wochen (Ende Juni bis 8. August 1980) nicht weniger als fünfmal (viermal mit unbefugt in Gebrauch genommenen Fahrzeugen, einmal mit gemieteten) die Fahrt zum präsumtiven Tatort antraten und in allen Fällen nur durch die Ungunst der äußeren Verhältnisse von der Verwirklichung ihres Raubplanes abgehalten wurden (einmal ließ sich das Fahrzeug während eines Zwischenhaltes nicht wieder starten, einmal wurde es zur späteren Weiterfahrt zum Tatort bereitgestellt, dann aber nicht mehr aufgefunden, und in drei Fällen gelangten die Täter bis zur Sparkasse, scheuten vor der Tatausführung aber wegen der zahlreichen Kunden, bzw der darauf hinweisenden großen Zahl abgestellter Kraftfahrzeuge zurück) mangels eines konkreten und zwingenden Gegenbeweises nicht anzunehmen, daß sie ihren Tatplan endgültig aufgegeben hätten, widerspricht weder den Denkgesetzen noch der allgemeinen Lebenserfahrung.

Die von beiden Beschwerdeführern dagegen ins Treffen geführte Argumentation, das Unterlassen weiterer auf die Durchführung der geplanten Tat abzielender Handlungen zwischen der letzten Fahrt zum Tatort (8. August 1980) und ihrer Verhaftung (7. November 1980) lasse zwingend auf ihren Willen zur endgültigen Abstandnahme von der Tatausführung schließen, übersieht, daß eine derartige Schlußfolgerung zwar an sich zulässig, aber nicht zwingend ist und keinesfalls jede Alternative ausschließt. Wenn aber aus den gegebenen Vordersätzen auch andere als die vom Erstgericht abgeleiteten (für die Angeklagten günstigere) Schlußfolgerungen möglich wären, das Gericht sich jedoch für eine den Angeklagten ungünstigere, aber den Denkgesetzen gleichfalls entsprechende entschied, hat es einen Akt freier Beweiswürdigung gesetzt, gegen welchen eine Anfechtung mittels Mängelrüge nicht zulässig ist (vgl Mayerhofer-Rieder StPO Nr 144, 145, 147, 148 zu § 281 Abs 1 Z 5 StPO).

Der in Rede stehenden Feststellung des Erstgerichtes hafter daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer kein Begründungsmangel im Sinne des von ihnen angerufenen Nichtigkeitsgrundes (Z 5) an. Hievon ausgehend erweist sich jedoch die auf die Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Rechtsrüge des Angeklagten A, mit welcher er den Strafaufhebungsgrund des zweiten Absatzes des § 277 StGB angewendet wissen will, als nicht gesetzmäßig ausgeführt; denn sie geht sowohl hinsichtlich des (hier irrelevanten) Umstandes, aus welchen Motiven die einzelnen Vorbereitungshandlungen abgebrochen wurden, als auch bezüglich der maßgebenden Frage, ob der Tatplan freiwillig endgültig aufgegeben wurde oder nicht, nicht von den oberwähnten Urteilsfeststellungen, sondern von urteilsfremden Prämissen aus.

Wenn der Angeklagte B schließlich ziffernmäßig den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a (der Sache nach allerdings ebenfalls jenen der Z 9 lit b) des § 281 Abs 1

StPO relevierend, gleichfalls in Ansehung des Strafaufhebungsgrundes des § 277 Abs 2 StGB ins Treffen führt, das Erstgericht habe Feststellungen dahin unterlassen, daß er den Mitangeklagten A bei den Fahrten zum Tatort mehrmals aufgefordert habe, die Tat 'heute' nicht durchzuführen, wonach von der Ausführung der Tat immer wieder Abstand genommen worden und diese schließlich unterblieben sei, läßt er unberücksichtigt, daß entgegen der damit zum Ausdruck gebrachten irrigen Rechtsansicht all diesen Umständen keine entscheidungswesentliche Bedeutung zukommt, zumal eine freiwillige endgültige Abstandnahme von dem in Form eines Komplotts gefaßten Tatplan, welche den Erfordernissen des § 277 Abs 2 StGB entsprechen würde, nach den hinreichend begründeten Feststellungen des Erstgerichtes eben nicht stattgefunden hat.

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten waren sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verurteilte die beiden Angeklagten nach §§ 28, 277 Abs 1 StGB - Karl Rainer A gemäß §§ 31, 40 StGB unter Rücksichtnahme auf das rechtskräftige Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 2.

(richtig: 3.) Oktober 1980, AZ 9 E Vr 2344/80 (richtig: 9 E Vr 2974) - zu je eineinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Bei der Strafbemessung wertete es bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, bei Rudolf B überdies eine einschlägige Vorstrafe, als erschwerend; als mildernd nahm es hingegen bei beiden Angeklagten das reumütige Geständnis und die teilweise Zustandebringung des Diebsgutes, bei A auch den bisher unbescholtenen Wandel, an.

Mit ihren Berufungen streben beide Angeklagten eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe an; der Angeklagte Rudolf B begehrt zudem die bedingte Nachsicht der über ihn verhängten Freiheitsstrafe gemäß § 43 StGB.

Die Berufung des Angeklagten Rudolf B ist unbegründet, zumal die ins Treffen geführten (weiteren) Milderungsgründe in Wahrheit nicht vorliegen. Dem gegenüber wurde vom Erstgericht die Vorverurteilung dieses Angeklagten wegen des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 83 Abs 2, 84 Abs 1 StGB dem Berufungsvorbringen zuwider zu Recht als besonderer Erschwerungsgrund (§ 33 Z 2 StGB) herangezogen, weil durch das in Rede stehende Komplottdelikt (Raub) auch das Rechtsgut der körperlichen Integrität geschützt wird (vgl. Leukauf-Steininger2, RN 7 zu § 71 StGB).

Berücksichtigt man zudem, daß die dem Angeklagten B - wie auch dem Angeklagten A - zur Last fallenden weiteren Erschwerungsgründe, nämlich die Tatwiederholung beim Diebstahl und beim unbefugten Gebrauch von Fahrzeugen, aber auch die mehrfache Qualifikation des Diebstahls, unberücksichtigt blieben, so wird die über den Angeklagten Rudolf B verhängte Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren seiner tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) durchaus gerecht. Wegen der aufgezeigten Umstände fehlt es aber auch an den im (sohin allein in Betracht kommenden) Abs 2 des § 43 StGB geforderten besonderen Gründen, welche dafür Gewähr bieten würden, daß der Angeklagte in Hinkunft keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde.

Begründet ist indessen die Berufung des Angeklagten A. Wenngleich der reklamierte Milderungsgrund einer 'drückenden wirtschaftlichen Notlage' des Berufungswerbers nach Lage des Falles nicht vorliegt, auch bei ihm die vorbezeichneten Erschwerungsgründe zum Tragen kommen und zudem seine führende Beteiligung bei der Begehung der bezeichneten Straftaten nicht übersehen werden darf, so hätte auch im Hinblick auf das Gewicht der (sohin) gegebenen Strafzumessungsgründe bei gemeinsamer Aburteilung der dem Angeklagten A im vorliegenden Verfahren zur Last fallenden Straftaten mit dem Vergehen des schweren Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 1 Z 4

StGB, dessen er - dem Mitangeklagten Rudolf B liegt dieses Faktum zu Punkt III/3 des Urteilssatzes zur Last -

mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 3. Oktober 1980, GZ. 9 E Vr 2974/80-8, schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 150 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 20 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt wurde, eine (Gesamt-)Freiheitsstrafe in der Dauer von eineinhalb Jahren seiner tatund persönlichkeitsbezogenen Schuld entsprochen. Demzufolge war die (zusätzliche) Freiheitsstrafe in Stattgebung der Berufung des Angeklagten A auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß zu reduzieren.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03246

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00068.81.0625.000

Dokumentnummer

JJT_19810625_OGH0002_0120OS00068_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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