Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juli 1981 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Walenta, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mischer als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betrugs nach den §§ 146, 147
Abs 1 und 3, 15 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 22.Dezember 1980, GZ. 7 b Vr 6239/80-53, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hörburger, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung des Angeklagten wird teilweise Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf fünfzehn Monate herabgesetzt. Im übrigen wird seiner Berufung nicht Folge gegeben. Die Berufung der Staatsanwaltschaft wird zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 3.Oktober 1944 geborene Angestellte Franz A (I.) des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z. 1, Abs 3 und 15 StGB. und (II.) des Vergehens der Begünstigung nach § 299 Abs 1 StGB.
schuldig erkannt. Inhaltlich des ersten Schuldspruchs hatte er in Wien mit Bereicherungsvorsatz verschiedene Personen durch Täuschung über Tatsachen zum Teil unter Benützung verfälschter Urkunden in Irrtum geführt sowie zu sie (oder andere) schädigenden Handlungen entweder verleitet (Pkte. 1 und 3) oder zu verleiten getrachtet (Pkt. 2), und zwar 1. am 5.Mai 1977 in Gesellschaft abgesondert verfolgter Beteiligter Angestellte der Zentralsparkasse, Zweigstelle Brigittenau, indem er vortäuschte, ein redlicher Kreditwerber namens Franz B zu sein, sich mit einem auf diesen Namen verfälschten Personalausweis legitimierte und eine auf den Genannten lautende, von ihm selbst ausgestellte unrichtige Lohnbestätigung vorlegte, zur Gewährung eines Kredites in der Höhe von 100.000 S;
2. am 26.Mai 1977 in Gesellschaft abgesondert verfolgter Beteiligter Angestellte der Zentralsparkasse, Zweigstelle Pragerstraße, dadurch, daß Reinhold C einen redlichen Kreditwerber namens Leopold D vortäuschte, sich mit einem auf diesen Namen verfälschten Personalausweis legitimierte und eine auf den Genannten lautende, von Franz A verfertigte und hiefür von diesem zur Verfügung gestellte unrichtige Lohnbestätigung vorlegte, zur Gewährung eines Kredites in der Höhe von 80.000 S;
3. am 19.Juni 1978 Herbert E, indem er sich als redlicher Möbeltischler ausgab und vortäuschte, diesem eine Küche im Wert von 21.000 S herzustellen, zu einer Anzahlung von 7.000 S. Lediglich den Schuldspruch wegen Betruges, und auch diesen allein in den Punkten 2.) und 3.) bekämpft der Beschwerdeführer mit einer auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit a StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Unter dem Gesichtspunkt einer Unvollständigkeit der Urteilsbegründung behauptet er zunächst hinsichtlich des Faktums I 2 eine (angebliche) Übergehung der - seine leugnende Verantwortung vermeintlich unterstützenden -
Bekundungen seines Komplizen Engelbert F (S. 449/I) und des Viktor G (S. 277/II) durch das Erstgericht.
Er zeigt jedoch weder damit noch mit den sonstigen (teilweise) unter ähnlichen Aspekten erhobenen Einwänden Begründungsmängel des Urteils auf.
Die vom Beschwerdefhhrer relevierte Deposition F in Seite 449/I bezog sich nicht auf das angefochtene Faktum, sondern auf den Kreditfall H (I 4 der Anklage - S. 299/III), wurde vom Erstgericht erörtert (S. 482/III) und führte zu einem Freispruch des Beschwerdeführers, der unbekämpft blieb.
Was aber die Angabe des G anlangt, die fragliche Lohnbestätigung sei von F zur Verfügung gestellt (S. 277/I: 'beigebracht') worden, so steht sie der Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe die falsche Lohnbestätigung für den fingierten Kreditnehmer 'D' zum Zweck der Verwendung bei dem unternommenen Betrug hergestellt und seinen Komplizen überlassen, in keiner Weise entgegen. Sie war umso weniger erörterungsbedürftig als sich das Gericht auf eine persönliche Übergabe an den unter dem obigen Falschnamen auftretenden Kreditwerber C oder an G - das läßt wiederum dessen Darstellung offen - nicht festgelegt hat, vielmehr im Gegenteil bei der Sachverhaltsdarstellung durchwegs Engelbert F im Vordergrund steht. Bei dem vom Beschwerdeführer, weil es beim Versuch blieb und eine Kreditsumme daher gar nicht ausbezahlt wurde als denkunmöglich bezeichneten Ausspruch des Urteils, er (Beschwerdeführer) habe 'aus' (S. 479/III: 'von') der Kreditsumme im Fall D eine Bezahlung für die von ihm zur Verfügung gestellte unrichtige Lohnbestätigung erhalten, handelt es sich eindeutig um eine unpräzise und überdies keine entscheidende Tatsache im Sinne des behaupteten Nichtigkeitsgrundes betreffende Formulierung, die ersichtlich besagen soll, A seien (gleichsam) als Vorschuß auf die angestrebte Kreditsumme 1.500 S zugezählt worden. Eine derartige, unabhängig vom Enderfolg geschehene Honorierung einer erbrachten Leistung widerspricht keineswegs allgemeiner Lebenserfahrung.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen das Erstgericht ferner sinngemäß erhobene Vorwurf, es setze sich darüber hinweg, daß es die Tatzeit der versuchten Irreführung der Bankangestellten mit 26.Mai 1977 als erwiesen annehme, die dabei verwendete angeblich durch ihn ausgestellte Lohnbestätigung (S. 305/I) aber mit 31.Mai 1977 datiert sei, sodaß sie - das wird formal zwar unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO., in Wahrheit jedoch der Sache nach ebenfalls im Rahmen der Mängelrüge vorgebracht -
durch seine Mittäter beim Betrug gar nicht verwendet worden sein könne und ihm daher überhaupt keine strafbare Handlung zur Last falle, übergeht die (außer dieser zweiten) für den angeblichen Arbeitnehmer Leopold D bereits am 10.Mai 1977 ausgestellte (erste) derartige Bestätigung (S. 301/I), welche der Bank offenkundig bei Fertigung des mit 26.Mai 1977 datierten Kreditvertrages (S. 295 f./I) vorgelegen ist. Daß aber auch die spätere Vorlage einer solchen (unrichtigen) Lohnbestätigung ein geeignetes Mittel zur weiteren erfolgreichen Irreführung oder Bestärkung eines etwa schon vorher bewirkten Irrtums und damit zu einer hieraus resultierenden Zufügung eines Schadens bis zu dessen wirklichem Eintritt war, sei nur der Vollständigkeit halber am Rande erwähnt.
Letztlich wird vom Erstgericht die zeitliche Aufeinanderfolge des gegenständlichen Faktums sowie des vorher unter dem Namen B begangenen und durch den Beschwerdeführer eingestandenen Betrugs (Punkt I 1 des Urteilssatzes) nur als (zusätzliches) Argument für die verschiedene Beurteilung der Fakten H und D herangezogen; davon, daß die Verübung des in Rede stehenden Versuchsfaktums nach jener vollendeten Tat, wie der Beschwerdeführer meint, das einzige Verdachtsmoment gegen ihn sei, kann sohin keine Rede sein. Zum Schuldspruch im Faktum I 3 (E) soll ein innerer Widerspruch der Urteilsgründe darin liegen, daß einerseits im Faktum B festgestellt wurde, der Beschwerdeführer habe nicht den Willen zur Rückzahlung dieses betrügerisch aufgenommenen Kredites gehabt, andererseits aber bei der negativen Beantwortung der Frage nach seiner Zahlungsfähigkeit anläßlich der Entgegennahme der Anzahlung von E auch auf die Verpflichtung aus diesem Kredit Bezug genommen werde. Diese Bezugnahme erfolgte indessen zu Recht, weil auch die Verpflichtung, einen betrügerisch angerichteten Schaden gutzumachen, die Zahlungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Auf Grund der finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit der von ihm selbst zugegebenen anderweitigen Verwendung der Anzahlung E (S. 367, 465/III), brauchte sich das Erstgericht mit dem durch ihn - zudem bloß sehr vage - angedeuteten teilweisen (längeren) Arbeitsunfähigkeit nach einem Unfall (S. 461/III) nicht besonders zu befassen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde, welche nach dem Gesagten sachlich als (gesetzmäßige) Rechtsrüge zu wertende Ausführungen nicht enthält, war daher zu verwerfen.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten gemäß §§ 28, 147 Abs 3 StGB. und unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB. auf das Urteil des Kreisgerichtes Wr. Neustadt vom 20.Juli 1979, AZ. 1 a E Vr 175/79, mit dem er wegen des Vergehens nach § 218 StGB. zu einer fünfmonatigen, unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, eine Zusatzstrafe im Ausmaß von 25 Monaten.
Dabei wertete es als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Tatwiederholung bei dem Betrugsfaktum, den hohen Schadensbetrag, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die mehrfache Qualifikation, wogegen es als mildernd das Teilgeständnis im Faktum B und im Faktum II, die teilweise Schadensgutmachung und den Umstand in Betracht zog, daß es im Faktum 'D' (I 2) beim Versuch geblieben war.
Die Berufung, mit welcher der Angeklagte eine Herabsetzung des Strafmaßes und die bedingte Strafnachsicht anstrebt, ist teilweise begründet.
Ihr ist zuzugeben, daß die vorangegangenen Verurteilungen des Angeklagten wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Taten mehr als ein Jahrzehnt zurückliegen. Ferner darf nicht übersehen werden, daß der Angeklagte an den zu Punkt I 1 und 2 des Urteilssatzes angeführten - jeweils von mehreren Tätern begangenen - Straftaten nur in untergeordneter Weise beteiligt war (§ 34 Z. 6 StGB.). Außerdem kann bei einer Gesamtschadenssumme, die - wie hier (mit 187.000 S) - nicht einmal das doppelte der strafbestimmenden Wertgrenze (von vorliegend 100.000 S gemäß § 147 Abs 3 StGB.) ausmacht, von einem (dem Angeklagten gesondert als erschwerend anzurechnenden) 'hohen Schadensbetrag' keine Rede sein. Hievon sowie von den ansonsten durch das Erstgericht an sich im wesentlichen zutreffend angenommenen Strafzumessungsgründen ausgehend, war die vom Erstgericht (der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten nach doch) überhöht festgesetzte Zusatz-(Freiheits-)strafe spruchgemäß zu mildern. Im Hinblick auf die Vorstrafen des Angeklagten und die Art seines nunmehrigen kriminellen Verhaltens liegen die Voraussetzungen des § 43 Abs 2 StGB. nicht vor, sodaß in diesem Punkte die Berufung erfolglos bleiben mußte.
Die Staatsanwaltschaft hat zwar rechtzeitig Berufung angemeldet (S. 469/III), diese jedoch nicht ausgeführt.
Da sie (auch) bei der Anmeldung nicht ausdrücklich erklärte, durch welche Punkte des Erkenntnisses sie sich beschwert finde, war auf die Berufung keine Rücksicht zu nehmen, sie also zurückzuweisen (§§ 294 Abs 2, 296
Abs 3 StPO.).
Anmerkung
E03241European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0130OS00063.81.0709.000Dokumentnummer
JJT_19810709_OGH0002_0130OS00063_8100000_000