TE OGH 1981/7/15 1Ob625/81

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Veröffentlicht am 15.07.1981
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Norm

ABGB §867

Kopf

SZ 54/111

Spruch

Bestimmungen einer (hier: der niederösterreichischen) Gemeindeordnung, die bestimmte Rechtsgeschäfte dem Gemeinderat vorbehalten, stellen nicht bloß interne Organisationsvorschriften dar, sondern beinhalten eine Beschränkung der allgemeinen Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters

OGH 15. Juli 1981, 1 Ob 625/81 (JBl. 1982, 197 (Wilhelm))(OLG Wien 17 R 33/81; KG Korneuburg 3 Cg 64/80)

Text

Mit Kaufvertrag vom 8. Jänner und 3. Feber 1970 kaufte der Kläger von der Gemeinde R, der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei, die Grundstücke 213/48 und 213/49 je Bauplatz, inneliegend in der EZ 57 KG R, um den Kaufpreis von 88 480 S. Nach Punkt 8 dieses Vertrages räumte der Kläger der Gemeinde R im Sinne der Bestimmungen des Erlasses der Nö. Landesregierung GZ II/1-2454/10-1967 vom 28. Feber 1967 gemäß Punkt V lit. d das zu intabulierende Wiederkaufsrecht ein.

Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut: "Zu den wesentlichen Punkten des Rechtsgeschäftes gehören. Beim Verkauf von Grundstücken zum Zwecke der Errichtung eines Wohnhauses ist die grundbücherliche Einverleibung des Wiederverkaufsrechtes zugunsten der Gemeinde für den Fall vorzusehen, daß mit dem Bau des Wohnhauses nicht binnen drei Jahren begonnen und dies nicht binnen weiterer fünf Jahre vollendet wird oder daß der Käufer das Grundstück ohne Zustimmung der Gemeinde vor Errichtung eines Wohnhauses weiterveräußert. Die mit der Ausübung des Wiederkaufsrechtes verbundenen Kosten sind vom Käufer zu tragen." Da die beklagte Partei einer Veräußerung der Grundstücke nicht zustimmte, nahm der Kläger mit ihr zwecks Ausübung ihres Wiederkaufsrechtes Verhandlungen auf. Nachdem man sich nach mehreren Gesprächen auf einen auch vom Gemeinderat der beklagten Partei genehmigten Wiederkaufspreis von 145 S pro m2 geeinigt hatte, unterfertigten der Kläger und der Bürgermeister der beklagten Partei einen von diesem ausgearbeiteten "Kaufvorvertrag" mit folgendem

Inhalt:

"In Ausübung Ihres Wiederkaufsrechtes und auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses vom 20. Dezember 1977 erklärt die Gemeinde L (beklagte Partei), die beiden Grundstücke Parzelle 213/48 und 213/49 KG R (Bauparzellen) von Herrn Kurt S (Kläger) zu folgenden Bedingungen zurückzukaufen:

1. Der Wiederkaufspreis für diese Parzellen beträgt 145 S pro m2 (1264 m2, somit insgesamt 183 280 S).

2. Dieser Kaufpreis wird seitens der Gemeinde L in folgender Weise berichtigt: 91 640 S am heutigen Tag ..... Der Restbetrag von 91 640 wird bei Vertragsunterzeichnung bei einem öffentlichen Notar nach Wahl des Wiederkäufers berichtigt werden .....

4. Im übrigen wird auf die Bestimmungen über das Wiederkaufsrecht des Amtes der Nö. Landesregierung Zl. II/1-2454/10-1967 verwiesen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Vertrages darstellen

......."

Nach der Unterzeichnung des Kaufvorvertrages erhielt der Kläger sofort einen Barscheck über den Betrag von 91 640 S. Der Kläger begehrt, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihm Zug um Zug gegen beglaubigte Unterfertigung eines Kaufvertrages hinsichtlich der Grundstücksnummern 213/48 Bauplatz 23 und 213/49 Bauplatz 24, inneliegend in der EZ 57 Grundbuch R, einen Betrag von 91 640 S samt Anhang zu bezahlen. Er brachte vor, die beklage Partei sei entgegen dem abgeschlossenen Vorvertrag nicht bereit, dem Kläger die zweite Hälfte des Wiederkaufspreises netto auszubezahlen. Sie wolle die Gründerwerbssteuer und die Vertragserrichtungskosten in Abzug bringen. Der Erlaß des Amtes der Nö. Landesregierung vom 28. Feber 1967 sei dem Kläger erst im Jahre 1978 bekannt geworden. Der Kläger habe sich erst nach langen Verhandlungen und ausdrücklicher Zusage seitens des Bürgermeisters der beklagten Partei, daß er den Betrag rein erhalte, mit einem Quadratmeterpreis von 145 S einverstanden erklärt.

Die beklagte Partei wendete ein, es sei ausdrücklich vereinbart worden, daß die mit der Ausübung des Wiederkaufsrechtes verbundenen Kosten der Kläger zu tragen habe. Da der Kläger einen dem Vorvertrag entsprechenden Kaufvertrag nicht unterfertigen wolle, sei die zweite Hälfte des Wiederkaufpreises noch nicht fällig.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, der Kläger hätte bei Abschluß des Kaufvertrages im Jahr 1970 keine genaue Kenntnis über die nähere Bedeutung des Punktes 8 des Vertrages gehabt, der auf einen Erlaß der Nö. Landesregierung verweise. Er habe sich deshalb an den bei der Vertragserrichtung beteiligten Notar gewandt und von diesem die Antwort erhalten, der Erlaß der Nö. Landesregierung sei nur deshalb Bestandteil des Vertrages geworden, weil man seitens der Gemeinde damit Grundstücksspekulationen hintanhalten wolle. Über die Tatsache, daß der erwähnte Erlaß vor allem auch die für den Käufer bedeutende Bestimmung enthalte, daß die mit der Ausübung des Wiederkaufrechtes verbundenen Kosten vom Käufer zu tragen seien, sei der Kläger nicht belehrt worden. Bei den Vorverhandlungen über die Errichtung des Kaufvorvertrages sei zwar seitens des Bürgermeisters der beklagten Partei gegenüber dem Kläger erwähnt worden, der Gemeinde dürften bei der Ausübung des Wiederkaufsrechtes keine weiteren Kosten entstehen, ein ausdrücklicher Hinweis auf den bereits erwähnten Erlaß der Nö. Landesregierung sei jedenfalls seitens der Vertreter der beklagten Partei an den Kläger nicht gemacht worden. Es sei auch keine Übergabe einer schriftlichen Ausfertigung des Erlasses an den Kläger erfolgt. Nachdem der Kläger erfahren hatte, daß auch der Gemeinderat der beklagten Partei den Kaufvorvertrag bereits genehmigt hatte, habe er sich letztlich mit dem Wiederkaufspreis von 145 S pro Quadratmeter einverstanden erklärt, dies jedoch unter der ausdrücklichen Zusage des Bürgermeisters der beklagten Partei, diesen Preis als Nettopreis zu erhalten. Daraufhin habe er den vom Bürgermeister ausgearbeiteten Kaufvorvertrag vom 5. Jänner 1978 unterfertigt.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß nach den Bestimmungen der Nö. Gemeindeordnung der Bürgermeister als Vertretungsorgan auch hinkende Rechtsgeschäfte zunächst allein abschließen dürfe, die dann einer nachträglichen Genehmigung des Gemeinderates bedürften, wie es im konkreten Fall auch geschehen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Ob der Bürgermeister der beklagten Partei dem Kläger zusagte, er werde den Kaufpreis als "Nettopreis" erhalten und der Kläger erst geraume Zeit nach Errichtung des Vorvertrages in der Lage gewesen sei, vom Inhalt des Erlasses der Nö. Landesregierung Kenntnis zu erhalten, könne dahingestellt bleiben; diese vom Erstgericht getroffenen Feststellungen seien nicht rechtserheblich, sie würden daher auch vom Berufungsgericht nicht übernommen. Durch Punkt 8 des Kaufvertrages vom 8. Jänner und 3. Feber 1970 sei Punkt V lit. d des Erlasses der Nö. Landesregierung vom 28. Feber 1967 nach dem beiderseits erklärten Parteiwillen zum Inhalt des Privatrechtsgeschäftes auch dann geworden, wenn der genaue Wortlaut des Erlasses dem Kläger nicht mitgeteilt worden und ihm daher unbekannt geblieben sei. Es genüge, daß er die Möglichkeit gehabt hätte, sich leicht vom Inhalt der Weisung Kenntnis zu verschaffen. Zur Geltendmachung des Wiederkaufsrechtes genüge die einseitige Erklärung des Wiederkaufsberechtigten, die Rückstellung des Kaufgegenstandes zu fordern. Mit dieser Erklärung komme der bereits mit dem ersten Kaufvertrag bedingt abgeschlossene zweite Kaufvertrag mit umgekehrten Parteirollen zustande. Unbestritten sei, daß die beklagte Partei ihr Wiederkaufsrecht geltend gemacht habe und nachträglich zwischen den Parteien ein Wiederkaufspreis von 183 280 S vereinbart worden sei. Zweifel bestunden nur darüber, ob in Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung dem Kläger der Wiederkaufspreis als Nettokaufpreis zugesichert worden sei. Bei einer öffentlich-rechtlichen juristischen Person bestimme regelmäßig das Gesetz nicht nur, wer Organ sei, sondern auch den Umfang seiner Vertretungsmacht. Nach § 37 Abs. 1 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000, vertrete der Bürgermeister die Gemeinde nach außen. Der Bürgermeister der beklagten Partei sei somit deren Organ, die beklagte Partei werde durch sein rechtsgeschäftliches Verhalten unmittelbar berechtigt und verpflichtet. Nach § 35 Abs. 1 Z. 18 lit. a der Nö. Gemeindeordnung seien jedoch u. a. der Erwerb und die Veräußerung von unbeweglichem Vermögen dem Gemeinderat vorbehalten. Die Bestimmung über die Organstellung des Bürgermeisters könne nur im Zusammenhang mit diesem Vorbehalt verstanden werden. Daraus ergebe sich, daß es sich bei der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Z. 18 lit. a der Nö Gemeindeordnung nicht bloß um eine innere Ordnungsvorschrift handle, sondern um eine gesetzlich normierte Beschränkung des Umfanges der Vertretungsmacht des Bürgermeisters. Der Grundsatz, daß sich ein Dritter auf eine ihm bekannte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbare Beschränkung des Umfanges der Vertretungsmacht eines Machthabers nicht berufen könne, müsse auch in Ansehung eines Organes einer juristischen Person des öffentlichen Rechtes gelten. Eine aus dem Gesetz selbst und nicht erst aus einer internen Verwaltungsverordnung ergebene Beschränkung der Vertretungsmacht müsse daher der Vertragspartner einer öffentlichrechtlichen juristischen Person gegen sich gelten lassen, auch dann, wenn er sie nicht gekannt hätte. Eine Zusage des Bürgermeisters allein könnte daher eine Abänderung der seinerzeitigen Vereinbarung der Streitteile über die Tragung der Kosten bei Ausübung des Wiederkaufsrechtes nicht bewirken. Daß jedoch auch eine Zustimmung des Gemeinderates vorliege, sei vom Kläger nicht einmal behauptet worden. Der Kläger habe daher zu Unrecht die Unterfertigung des Vertrages verweigert, weil er die mit der Ausübung des Wiederkaufsrechtes verbundenen Kosten zu tragen hätte und ihm daher der vereinbarte Wiederkaufspreis nicht netto verbleiben solle.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei als Wiederkaufsberechtigte machte von dem ihr eingeräumten Gestaltungsrecht nicht durch einseitige Erklärung (JBl. 1971, 620; JBl. 1971, 569; Koziol - Welser[5] I, 271) Gebrauch; es wurde vielmehr ein "Kaufvorvertrag" über die seinerzeit vom Kläger gekauften Grundstücke errichtet. Das Berufungsgericht ließ dahingestellt, ob damals über den Wortlaut der schriftlichen Einigung hinaus der Bürgermeister der beklagten Partei die Zusage abgab, der Kläger werde den restlichen Kaufpreis netto, d. h. ohne Abzug von Steuern, Abgaben und Vertragseinrichtungskosten, erhalten. Da das Klagebegehren in keinem der beiden Fälle berechtigt wäre, ist diese Feststellung tatsächlich entbehrlich.

Hätte der Bürgermeister der beklagten Partei über den Inhalt des schriftlich festgehaltenen Vertrages hinaus keine Zusagen gemacht, hätte der Kläger schon auf Grund der beiderseits abgegebenen rechtsgeschäftlichen Willenserklärungen die mit der Vertragserrichtung verbundenen Kosten, Abgaben und Steuern zu tragen. Es entspricht Rechtsprechung und Lehre, daß bei Verkehrsgeschäften die Vertrauenstheorie gilt; der Erklärende ist an seine Erklärung gebunden, wenn der Partner berechtigterweise auf sie vertraut hat. Der objektive Erklärungswert einer Willensäußerung ist, soferne nicht ausdrücklich ein anderer übereinstimmender Wille rechtsgeschäftlich erklärt wurde, maßgeblich (JBl. 1980, 535; JBl. 1979, 596; JBl. 1975, 602; EvBl. 1972/111 u.a.; Koziol - Welser[5] I, 78). Schon im Kaufvertrag vom 8. Jänner bzw. 3. Feber 1970 hatte der Kläger der Gemeinde R als Rechtsvorgängerin der beklagten Partei im Sinne der Bestimmungen des Erlasses der Nö. Landesregierung, GZ II/1-2454/10-1967, vom 28. Feber 1967 gemäß Punkt V lit. d das Wiederkaufsrecht eingeräumt. Wenn in dem "Kaufvorvertrag" vom 5. Jänner 1978 der Kläger erneut erklärte, daß eben diese Bestimmungen des Erlasses der Nö. Landesregierung zum wesentlichen Bestandteil des Vertrages gemacht werden, so konnte die beklagte Partei schon wegen der Identität der gewählten vertraglichen Regelung berechtigterweise darauf vertrauen, daß dem Kläger der Erklärungsinhalt bekannt war. Wer eine Urkunde fertigt, ohne eine genaue Vorstellung von ihrem Inhalt zu haben, nimmt den Inhalt bewußt in Kauf (Koziol - Welser[5] I, 104). Dann ist es aber entgegen den Ausführungen der Revision unerheblich, ob der objektive Erklärungswert mit dem subjektiven übereinstimme.

Geht man davon aus, läge auch kein Dissens vor. Die Willenserklärungen der Vertragspartner stimmten zumindest äußerlich überein; sie waren ausreichend bestimmt und verständlich, sodaß die Annahme dem Antrag entsprach. Von einem Dissens, d. h. einer äußerlichen Uneinigkeit der Parteien, könnte nur dann gesprochen werden, wenn wegen Mehrdeutigkeit oder Unvollständigkeit des Vereinbarten der Antrag und die Annahme zwar übereinstimmten, diese Erklärungen aber von den Parteien berechtigterweise auch unter Heranziehung der Vertrauenstheorie verschieden ausgelegt werden konnten und wurden, Anbot und Annahme sich ungeachtet der äußerlichen Übereinstimmung der Parteien also nicht deckten (MietSlg. 29 092; SZ 49/162; SZ 49/142; Koziol - Welser[5] I, 93 f.). Hat aber der Kläger die Kosten der Vertragserrichtung und die damit verbundenen Steuern und Abgaben zur Selbsttragung übernommen, so stellte sich seine Weigerung, einen dieser Vereinbarung entsprechenden intabulationsfähigen Kaufvertrag zu unterfertigen, als nicht gerechtfertigt dar. Der so zu ermittelnde Restkaufpreis wird aber erst bei Unterzeichnung dieses intabulationsfähigen Kaufvertrages fällig. Die beklagte Partei befindet sich daher nicht in Verzug.

Zu keinem anderen Ergebnis gelangte man auf Grund der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen. Nach § 37 Abs. 1 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000 (im folgenden GemO), vertritt der Bürgermeister die Gemeinde nach außen; gemäß § 35 Abs. 2 Z. 18 lit. a GemO ist aber der Erwerb, die Veräußerung, die Verpfändung oder sonstige Belastung von unbeweglichem Vermögen dem Gemeinderat vorbehalten. Der OGH hat bei gleicher oder vergleichbarer Rechtslage auf Grund von Gemeindeordnungen anderer Bundesländer in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß für die Beurteilung der Gültigkeit der von einer Ortsgemeinde abgeschlossenen Verträge gemäß § 867 ABGB die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen, insbesondere jene der Gemeindeordnung, von Bedeutung sind. Wer mit einer Gemeinde einen Vertrag schließt, muß die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen beachten und sie im Hinblick auf die Regelung des § 2 ABGB auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt hat. Ist die Genehmigung durch den Gemeinderat oder die Landesregierung erforderlich, dann sind die ohne eine solche Genehmigung vom Bürgermeister abgeschlossenen Rechtsgeschäfte für die Gemeinde nicht verbindlich. Die Bestimmungen der Gemeindeordnungen enthalten Beschränkungen der Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters als Organs der Gemeinde, die gegen jeden Dritten wirkt (JB. 1981, 33; SZ 49/142; SZ 47/59; SZ 38/50; JBl. 1959, 131 u. v. a.).

Diese Rechtsprechung wurde von der Lehre zum Teil nicht gebilligt. Bydlinski, die privatwirtschaftliche Tätigkeit des Staates in privatrechtlicher Hinsicht, JBl. 1968, 9 ff., forderte, daß im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung bestimmte gesetzliche Regeln darüber bestehen müßten, zu welchen Zwecken Verträge geschlossen werden sollten sowie nach welchen Richtlinien und in welchen Verfahren die Auswahl des Vertragspartners zu erfolgen habe; grundsätzlich richteten sich diese Regeln aber nur an die Verwaltungsinstanz. Solange solche Vorschriften nicht bestunden oder sobald etwa bestehende entsprechende Vorschriften nicht beachtet würden, dürfe dieser Rechtsfehler, der auf Seiten der Privatwirtschaftsverwaltung liege, nicht zu Lasten des anderen Vertragspartners bereinigt werden. Eccher - Purtscheller, Zur Gültigkeit privatrechtlicher Verträge juristischer Personen des öffentlichen Rechts, JBl. 1977, 561 ff., führen aus, daß die Nichtigkeit von Verträgen nicht selbstverständliche Folge der Verletzung öffentlich-rechtlicher Vorschriften sei, sondern daß eine differenzierte Lösung im Einzelfall gesucht werden müsse. Soweit Normen des öffentlichen Rechtes über die Zuständigkeit einzelner Organe von öffentlich-rechtlichen juristischen Personen bestunden, das Organ aber innerhalb der Rechtsfähigkeit seines Rechtsträgers seinen Zuständigkeitsbereich überschreite, sei privates Stellvertretungsrecht heranzuziehen; damit seien die sich aus dem Vollmachtsrecht ergebenden Vorschriften über die nachträgliche Genehmigung und den Schutz des guten Glaubens anwendbar. Gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechtes sei es erforderlich, daß der äußere Tatbestand Grund des schutzwürdigen Vertrauens des Dritten gewesen sei. Der Rechtsschein müsse für sein Verhalten insbesondere für den Vertragsabschluß mit dem angeblichen Vertreter ursächlich gewesen sein. Es genüge nicht, wenn der Dritte den Vertrauenstatbestand gar nicht registriert habe und sich lediglich auf die Ehrlichkeit des unzuständigen Organs verlassen habe. Verstoße ein Organ gegen Zuständigkeitsvorschriften, so sei zu prüfen, ob etwa aus dem Stellvertretungsrecht abgeleitete vertrauensschützende Tatbestände nicht eine Zurechnung der gesetzten Handlung zu einem Rechtsträger rechtfertigten. Diese müßten ihre Grundlage in einem Verhalten des an sich zuständigen Organs haben. Ebenso könne eher ein äußerer Tatbestand vorliegen, wenn die die Zuständigkeit beschränkenden Vorschriften nicht allgemein bekannt seien. Eine der Bydlinskis a.a.O. ähnliche Position nimmt Straube, die Bedeutung der "Ultra-vires-Lehre" im österreichischen Recht, ÖJZ 1978, 343 ff., ein Wenger, Zur Problematik der österreichischen Selbstbindungsgesetze, FS-Korinek, 189 f., vertritt die Ansicht, daß zwischen einer Beschränkung des rechtlichen Dürfens von Organen öffentlich-rechtlicher juristischer Personen und der Beschränkung der privatrechtlichen Vertretungsmacht nach außen Dritten gegenüber zu unterscheiden sei: Eine Beschränkung des rechtlichen Dürfens müsse nicht zu einer Beschränkung der Vertretungsmacht führen; Statutargesetze seien vielmehr abstrakt generelle Anordnungen, die sich primär nicht an die Staatsbürger, sondern an die Organe der staatlichen Verwaltung richten. Diesen Gedankengang nimmt Wilhelm, Privatrechtliche Probleme der Subvention in Wenger (Herausgeber), Förderungsverwaltung, 195 ff., und in seiner Glosse zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, JBl. 1981, 50 (JBl. 1981, 51 ff.) auf. Die Trennung von Innen- und Außenverhältnis (internen Willensbildungs- und externen Vertretungsorganen), die dem Vertretungsrecht juristischer Personen unterschiedslos, d. h. auch dem juristischer Personen öffentlichen Rechts zugrunde liege, werde nur möglich, wenn man ausschließlich jene Normen der Gemeindeordnung auf das Außenverhältnis beziehe, d. h. in ihnen eine Regelung der Vertretungsverhältnisse erblicke, die nach ihrer Fassung ein Außenorgan für den Verkehr mit Dritten schaffen wollten. Alle anderen Normen beträfen demnach die Willensbildung und seien ohne Einfluß auf den Umfang der Vertretungsmacht. Solle das Stellvertretungsrecht insofern seine Funktion erfüllen, d. h. eine abstrakte Legitimation des Vertreters geschaffen werden, so müsse dem Dritten die Rückfrage darauf, wozu der Vertreter ermächtigt sei, erspart bleiben. Der OGH habe in seiner bisherigen Rechtssprechung die Zuständigkeit zur Vertretung unbemerkt mit der Zuständigkeit zur Geschäftsführung identifiziert, obwohl beide sachlich getrennt werden müßten. Die Bildung des Verbandwillens, die nicht nach außen dringe, sei eine Sache und eine andere die Umgießung dieses Willens in eine nach außen gerichtete, für den Zugang an ein anderes Rechtssubjekt bestimmte Erklärung. Jede dieser Kompetenzen sei in der Satzung einem anderen Organ zugewiesen, die Willensbildung z. B. dem Gemeinderat, das Handeln nach außen (= Vertretung) dem Bürgermeister. Wegen dieser Verschiedenheit der Kompetenz sei es offensichtlich unzulässig, daraus, daß die Geschäftsführungskompetenz einem Organ zustehe, ohne zusätzliche Begründung sogleich zu schließen, die statutarisch umfänglich gerade nicht definierte Kompetenz des anderen Organes zur Vertretung bestehe nur insoweit, als das Geschäftsführungsorgan seine Kompetenz wahrgenommen habe. Dazu wäre vielmehr der Nachweis erforderlich, daß die Einschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis auch die Vertretungsmacht betreffen sollten. Vom § 39 der Salzburger Gemeindeordnung abgesehen, könne dieser Nachweis aus den Organisationsrechten nicht geführt werden, da diese nicht nur keine ausdrückliche Norm dieses Inhaltes, sondern auch nichts enthielten, was entsprechende Schlüsse gestatten würde.

Koziol - Welser[5] I, 64 konzedieren, daß bei Nichteinholung einer auf Grund von Verwaltungsvorschriften erforderlichen Genehmigung, etwa eines Gemeinderates, das Geschäft bei strikter Auslegung des § 867 ABGB nichtig sei. Dieser Standpunkt, der allzuoft zur Enttäuschung gutgläubiger Dritter führen würde, die die Organisation der Gemeinde nicht übersehen könnten, sei auf zwei Wegen zu mildern:

Einerseits bestehe die Möglichkeit, auch bei Organen öffentlichrechtlicher juristischer Personen gemäß § 1029 ABGB eine Anscheinsvollmacht anzunehmen, andererseits sollte die Auslegung im Zweifel eine Anordnung der politischen Vorschriften, z. B. der Gemeindeverfassung, bloß als interne Ordnungsvorschrift ansehen, deren Übertretung zwar das Organ verantwortlich mache, aber die Gültigkeit des privatrechtlichen Geschäftes nicht berühre.

Der VWGH hat in einer Entscheidung eines verstärkten Senates (JBl. 1981, 50), in der allerdings nur zu prüfen war, ob neben einer rite unterfertigten Vollmachtsurkunde eines Sozialversicherungsträgers es weiters eines Nachweises der Beschlußfassung über die Beschwerdeerhebung durch das für die Willensbildung des Sozialversicherungsträgers berufenen Organes bedürfe, ausgeführt, daß ordnungsgemäß kundgemachte Organisationsnormen für juristische Personen auch des öffentlichen Rechts nach außen Handlungsbeschränkungen der zur Vertretung berufenen Organe vorsehen könnten. Sprächen die Normen jedoch von einer Vertretung nach außen schlechthin, so könne nicht auf anderweitige, bloß die Willensbildung im Innenverhältnis behandelnde Normen zurückgegriffen werden.

Der OGH kommt bei erneuter Prüfung der Frage, ob eine Willenserklärung eines Bürgermeisters, der durch einen hiezu erforderlichen Gemeinderatsbeschluß nicht gedeckt war, eine Gemeinde auf jeden Fall, also ohne Berücksichtigung der Vorschriften des Vollmachtsrechtes (§§ 1016, 1017, 1029 ABGB), bindet, zum Ergebnis, daß den vorhin dargelegten Ansichten in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden kann. Nach dem klaren Wortlaut des § 867 ABGB steht die Verletzung dieser Norm unter Nichtigkeitssanktion (s. insbesondere SZ 47/59 unter Hinweis auf Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 104; derselbe in Glosse JBl. 1959, 131). Diese grammatikalische Auslegung stimmt mit der historischen überein. Die Vorschrift des § 867 ABGB geht auf § 863 des Revisionsentwurfes zurück. Der Referent hielt die Einschaltung für nützlich, um die Bürger vor Schaden zu schützen (Ofner, Der Urentwurf und die Beratungsprotokolle des österreichischen ABGB II, 555). Pratobevera schlug unter Hinweis darauf, es bestunde keine Vorschrift, inwieweit die Verwaltung des öffentlichen Vermögens Verträge zu schließen befugt sei, die Einschaltung folgenden Paragraphens vor: "Inwiefern die Verwalter des Staatsvermögens verbindliche Verträge schließen können, ist nach den bestehenden Amtsvorschriften zu beurteilen. Leidet jemand hiebei in gutem Glauben ohne sein Versehen oder ohne eine schuldbare Unwissenheit einen Schaden, so muß er von dem Staate, welchem der Ersatz gegen den schuldtragenden Verwalter oder Geschäftsführer vorbehalten bleibt, entschädigt werden". Dieser Vorschlag wurde mit der Begründung abgelehnt, daß derjenige, der sich um Kontakte mit solchen Personen einlasse, sich über die Grenzen der Amtsvollmacht dieser Personen genau erkundigen, sich die Vollmacht zeigen lassen oder auf den Amtswirkungskreis Rücksicht tragen müsse. Aus den Umständen, aus der Kategorie des amtlichen Kontrahenden, aus seinem Wirkungskreise, aus der Natur des Geschäftes müsse dieses entnommen werden. Übrigens gehöre diese Bemerkung eigentlich zur Materie der Bevollmächtigung; da dort aber in § 1018 ABGB schon vorkomme, daß, wenn der Bevollmächtigte keine schriftliche Vollmacht habe, die Grenzen seiner Vollmacht aus der Natur des Geschäftes, aus dem Gegenstande, aus den Eigenschaften der Person entnommen werden, hielt man jede weitere Bestimmung für überflüssig (Ofner a.a.O.).

Die bisherige Judikatur des OGH wird auch von einem Teil der Lehre durchaus gebilligt, so für die Anwendung kanonischen Rechts - nach herrschender Auffassung zählen Religionsgemeinschaften zu den "Gemeinden" (SZ 47/59 u. a.) - von Schnitzer, Schuldrechtliche Verträge der katholischen Kirche in Österreich, 171. Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 104, lehrt, daß eine Gemeinde durch Rechtshandlungen des Bürgermeisters oder Gemeindeausschusses nur verpflichtet werden soll, wenn sich diese Organe im Rahmen der ihnen eingeräumten Befugnisse bewegen. In seiner Glosse zur Entscheidung JBl. 1954, 18, die den Fall betraf, daß eine Gemeinde ein Unternehmen betrieb, und in der ausgeführt wurde, daß der im Namen der Gemeinde eine rechtsgeschäftliche Erklärung abgebende Bürgermeister als ihr bevollmächtigter Vertreter gilt und daher unmittelbar die Gemeinde im Rahmen der Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes verpflichte, betonte Gschnitzer, daß der Dritte zu prüfen verpflichtet sei, ob und in welchem Umfang die Vertretungsmacht bestunde; er dürfe nicht einfach darauf vertrauen, daß sie bestunde. Die Vertretungsmacht des Bürgermeisters folgte aus der Gemeindeordnung. Es wäre daher zu prüfen gewesen, ob dem Bürgermeister eine Verwaltung anvertraut und in ihrem Rahmen gemäß § 1029 ABGB eine stillschweigende Vollmacht eingeräumt worden sei. Er begrüßte daher auch in einer weiteren Glosse (JBl. 1959, 152) die Entscheidung JBl. 1959, 131, in der ausgesprochen wurde, daß es nach § 867 ABGB bei der Frage der Gültigkeit eines von einer Gemeinde abgeschlossenen Vertrages entscheidend auf die öffentlichrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auf jene der Gemeindeordnung, ankomme; auch einer Gemeinde könne das Prinzip des Vertrauens auf den äußeren Tatbestand entgegengehalten werden, aber nicht von dem, der sich auf diesen verlassen habe, sondern nur von jenem, der sich bei Anwendung gehöriger Aufmerksamkeit darauf verlassen durfte; wer mit einer Gemeinde einen Vertrag schließe, müsse die für ihre Willensbildung geltenden öffentlich-rechtlichen Beschränkungen beachten und sie auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er sie nicht gekannt haben sollte. Auch schon Swoboda in Klang[1] II/2, 778 vertrat die Ansicht, daß es dem Inhalt der gesetzlichen Vorschrift oder der behördlichen Anordnung zu entnehmen sei, wieweit die Vertretungsmacht reiche. Dies gelte auch für die Vertretungsmacht auf Grund autonomer Satzungen. Zu einer Überschreitung der Vertretungsmacht könne es nicht nur bei einem bevollmächtigten Vertreter kommen; deshalb seien rechtsgeschäftliche Erklärungen von Bundesbeamten für den Bund nur insoweit verbindlich, als sie innerhalb der ihnen amtlich eingeräumten Vertretungsmacht abgegeben worden seien. Auch die vom Vertreter eines Vereines in Überschreitung des statutarischen Wirkungskreises des Vereines geschlossenen Geschäfte seien ungültig (Swoboda a.a.O., 826). Nach Stanzl in Klang[2] IV/1, 855 bestimme für eine öffentlich-rechtliche juristische Person regelmäßig deren Satzung, wer ihr Organ sei, und lege auch den Umfang seiner Vertretungsmacht fest (ebenso Wolff in Klang[2] I/1, 200). So komme es etwa bei einer Gemeinde für die Gültigkeit eines für sie vorgenommenen Rechtsgeschäftes auf die einschlägigen Gemeindeordnungen und Statuten an. Eine rechtsgeschäftliche Erklärung sei nur wirksam, wenn allen diesen Erfordernissen entsprochen worden sei.

Beizupflichten ist der Ansicht Wilhelms in seiner Glosse JBl. 1981, 51 ff. insoweit, daß es darauf ankommt, ob die Vertretungsbefugnis des Organes durch die Satzung (Gemeindeordnung) mit Wirkung für Dritte beschränkt wurde oder ob nur eine grundsätzlich nicht beachtliche Differenz zwischen rechtlichem Können und rechtlichem Dürfen vorliege. Mit Bydlinski a.a.O., 17 ist diese Frage dahin zu beantworten, daß im Einzelfall zu prüfen ist, ob eine Norm nur bestimmte Ermächtigungsrichtlinien für die Willensbildung der Verwaltung oder zugleich Regeln für das Verhältnis zwischen den Vertragspartnern vereinige.

In seiner Entscheidung SZ 52/82 hat der OGH ausgesprochen, daß eine Beschränkung der Vertretungsmacht des Bundeskanzlers als des nach dem Bundesministeriengesetz 1973, BGBl. 389, für die Angelegenheiten der österreichischen Staatsdruckerei-Wiener Zeitung zuständigen Vertretungsorganes der Republik Österreich auf Grund des Durchführungserlasses des Bundesministeriums für Finanzen zum Bundesfinanzgesetz 1974, AÖF 1974/1, nicht anzunehmen sei; bei diesem Erlaß handle es sich nur um eine die interne Willensbildung regelnde Verwaltungsverordnung, die auf die gesetzlich festgelegte Vertretungsmacht des Bundeskanzlers ohne Einfluß ist, also sein rechtliches Können nicht einschränke. Anders liegt der Fall aber für die Vertretungsbefugnis eines Bürgermeisters. Die Gemeindeordnungen der verschiedenen Bundesländer normieren jeweils, daß der Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertritt, daß aber dem Gemeinderat oder dem Gemeindevorstand eine Reihe von Angelegenheiten, sei es in taxativer Aufzählung oder auf Grund einer Generalklausel, obliegen. Das gilt auch für die Nö. Gemeindeordnung (§§ 35 bis 37). Diese bestimmt zwar ganz allgemein, daß der Bürgermeister die Gemeinde nach außen vertritt (§ 37 Abs. 1); daß damit aber noch nicht das Recht verbunden ist, ganz allgemein die Gemeinde verpflichtende Erklärungen abzugeben, ergibt sich daraus, daß darüber an anderer Stelle konkrete, ein solches Verständnis ausschließende Regelungen getroffen werden. Was im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde dem Bürgermeister allein obliegt, ist im § 38 GemO aufgezählt. Alle anderen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallenden Angelegenheiten obliegen hingegen, soweit durch Gesetz nicht anders bestimmt wird, dem Gemeinderat (§ 35 Abs. 1 GemO); insbesondere ist ihm der Erwerb unbeweglichen Vermögens "vorbehalten" (§ 35 Abs. 2 Z. 18 lit. a GemO). Ist der Kaufpreis ganz oder teilweise gestundet, ist sogar die Genehmigung der Landesregierung erforderlich (§ 90 Abs. 1 Z. 2 GemO); in welchem Falle kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen Beschlüsse des Gemeinderates erst mit der Genehmigung durch die Landesregierung rechtswirksam werden und bis zu diesem Zeitpunkt keine Leistungspflicht der Gemeinde entsteht (§ 90 Abs. 3 GemO). Urkunden über Rechtsgeschäfte, bei denen, wie im vorliegenden Falle, eine schriftliche Ausfertigung unterschrieben wird, sind, soweit es sich nicht um die laufende Verwaltung, insbesondere hinsichtlich des Gemeindevermögens, handelt (§ 38 Abs. 1 Z. 3 GemO), "zu ihrer Rechtsverbindlichkeit" vom Bürgermeister und einem Mitglied des Gemeindevorstandes sowie in einer Angelegenheit, zu welcher der Beschluß des Gemeinderates oder die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist, durch zwei Mitglieder des Gemeinderates zu fertigen bzw. mit der amtlichen Fertigung der Aufsichtsbehörde und dem Gemeindesiegel zu versehen (§ 55 Abs. 1 und 2 GemO). Bei diesen Kautelen, die das Gesetz enthält, wäre es ein ihm nicht zu unterstellender Wertungswiderspruch, wollte man annehmen, daß eine von einer schriftlichen Urkunde abweichende mündliche Erklärung eines Bürgermeisters über die Verpflichtungen der Gemeinde aus Anlaß des Erwerbes einer unbeweglichen Sache gerade wegen ihrer Mundlichkeit allein auf Grund des § 37 Abs. 1 GemO gültig sein sollte, wogegen selbst die dem Gemeinderatsbeschluß entsprechende Urkunde mangels gesetzlicher Fertigung noch nicht rechtsverbindlich wäre, ja sogar von der Landesregierung genehmigt werden müßte, wenn man annehmen wollte, daß die Zahlungsverpflichtung für die zweite Hälfte des Wiederkaufpreises als Stundung gelten müßte. Will man dem Gesetzgeber nicht zumutende Wertungswidersprüche vermeiden, kann man das Gesetz also nur dahin verstehen, daß bei Erwerb unbeweglichen Vermögens durch eine Gemeinde trotz des § 37 Abs. 1 GemO die Vertretungsbefugnis des Bürgermeisters allein überhaupt nicht besteht, jedenfalls aber nicht über den von Mitgliedern dann auch zu beurkundenden Inhalt eines Gemeinderatsbeschlusses hinaus.

Im vorliegenden Fall ergibt sich somit, so sehr eine klarere Regelung wünschenswert wäre, die Beschränkung des rechtlichen Könnens des Bürgermeisters einer Gemeinde schon aus dem Gesetz. Es handelt sich bei den genannten Bestimmungen nicht um bloße Organisationsvorschriften der innergemeindlichen Willensbildung, sondern um Anordnungen, die die Handlungsfähigkeit von Gemeindeorganen auch im Außenverhältnis, also Dritten gegenüber, beschränken. Es gilt daher auch für Niederösterreich die Ansicht von Stanzl, Gschnitzer und Swoboda (jeweils a.a.O.), daß in die Gemeindeordnung selbst aufgenommene Vorschriften nicht bloße Organisationsvorschriften über die interne Willensbildung öffentlich-rechtlicher Körperschaften darstellen, sondern Einschränkungen der Vertretungsmacht des Bürgermeisters nach außen mit sich bringen. Vergleichsweise sei ausgeführt, daß nach Art. 65 Abs. 1 B-VG der Bundespräsident die Republik nach außen vertritt. In der Lehre (Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verfassungsrechtes[3], 173; Walter, System, 451 f.) ist es aber unbestritten, daß diese typische Kompetenz eines Staatsoberhauptes in ihrem wahren Umfang erst durch die gesamten Vorschriften des staatlichen Rechtes determiniert ist. Eine durch einen erforderlichen Gemeinderatsbeschluß nicht gedeckte Willenserklärung des Bürgermeisters bindet daher mangels der hiefür erforderlichen Vertretungsbefugnis die beklagte Partei nicht.

Entgegen den Ausführungen der Revision haftet die beklagte Partei auch nicht deshalb, weil sie ihren Willen schlüssig erklärt hätte, der Kläger in seinem Vertrauen auf den äußeren Tatbestand geschützt werden müsse oder gemäß § 1029 ABGB eine von den Organen der beklagten Partei geschaffene Anscheinsvollmacht vorliege. Gewiß können auch juristische Personen des öffentlichen Rechtes ihren Willen durch schlüssiges Verhalten im Sinne des § 863 ABGB erklären; das Verhalten, auf Grund dessen ein bestimmter Erklärungswert erschlossen wird, muß aber von den zur Vertretung der öffentlichrechtlichen juristischen Personen berufenen Organen, hier also der Gemeindevertretung, gesetzt worden sein (SZ 49/142; SZ 44/146; SZ 43/213; JBl. 1959, 131 u. a.; Stanzl in Klang[2] IV/1, 855). Für die Annahme einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht müssen Umstände vorhanden sein, die geeignet waren, im Dritten den begrundeten Glauben zu erwecken, daß der Vertreter zum Abschluß des Geschäftes befugt gewesen sei; das Vertrauen muß dabei seine Grundlage im Verhalten des Vollmachtgebers (hier also der Gemeindevertretung) haben, der diesen äußeren Tatbestand schuf und die Überzeugung des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht begrundete (JBl. 1981, 152; JBl. 1976, 256; SZ 45/71; SZ 44/46; SZ 44/5; Koziol - Welser[5] I, 144; Stanzl a.a.O., 788 ff.). Behauptungen in erster Instanz, die Gemeindevertretung der beklagten Partei habe dem Vertrag mit der von ihrem Bürgermeister über den Wortlaut der schriftlichen Erklärung hinausgehenden Zusicherung zugestimmt, wurden vom Revisionswerber nicht aufgestellt und vom Erstgericht entgegen den Ausführungen zum Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit auch nicht festgestellt.

Anmerkung

Z54111

Schlagworte

Bürgermeister, Beschränkung der Vertretungsbefugnis, Gemeindeordnung, Beschränkung der Vertretungsbefugnis, Gemeinderat, s. a. Gemeindeordnung, Vertretungsbefugnis, Beschränkung des Bürgermeisters

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0010OB00625.81.0715.000

Dokumentnummer

JJT_19810715_OGH0002_0010OB00625_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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