Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 25. August 1981 unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Faseth, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Fuchs als Schriftführer in der Strafsache gegen Rainer A und andere wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB über die vom Angeklagten Harald B gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 2. Juni 1980, GZ 24 Vr 372/80-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Berta Mühl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Jugendlichen Rainer A und Harald B des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB schuldig erkannt, weil sie am 19. Dezember 1979 in Linz durch einen von Rainer A im Einverständnis mit dem dabei anwesenden Harald B bei der von ihnen besuchten Hauptschule C getätigten Telefonanruf mit dem Wortlaut 'Im neuen Turnsaal im Mädchenklosett ist eine Bombe, 70.000 S oder Ende' den Schulwart und den Direktor der genannten Schule mit einer Gefährdung durch Sprengmittel bedrohten, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen. Der Drittangeklagte Harald D wurde hingegen von der Anklage, eben dieses Vergehen (mit-)begangen zu haben, gemäß § 259 Z 3 StPO (rechtskräftig) freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Da die von den gesetzlichen Vertretern der Angeklagten A und B angemeldeten, aber nicht ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden vom Obersten Gerichtshof schon bei einer nichtöffentlichen Beratung mit Beschluß vom 4. November 1980, GZ 9 Os 153/80-6, zurückgewiesen wurden, ist nur noch über die auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald B selbst zu entscheiden, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Der erstangeführte Nichtigkeitsgrund soll vorliegen, weil im Urteil für die Annahme des vom deliktsspezifischen Vorsatz getragenen Einverständnisses des Beschwerdeführers mit der von A in seiner Gegenwart ausgesprochenen telefonischen Bombendrohung keine oder nur offenbar unzureichende Gründe angegeben seien.
Dies trifft jedoch nicht zu.
Den Vorwurf, für die bekämpfte Feststellung fehle es überhaupt an Gründen, widerlegt der Beschwerdeführer selbst, indem er sich mit der im Urteil hiefür gegebenen Begründung auseinandersetzt. Dieser anhaftende Mängel vermag die Beschwerde indes nicht aufzuzeigen. Wer ursprünglich den Einfall zum Anruf mit einer Bombendrohung in der Schule hatte, ist nicht entscheidungswesentlich. Daß der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang jedenfalls mit einer als solche ernst gemeint scheinenden Bombendrohung einverstanden war, schloß das Jugendschöffengericht - inhaltlich der Entscheidungsgründe (S 96 ff) - aus den in diese Richtung weisenden im Urteil einzeln angeführten Verfahrensergebnissen; nach diesen schlug der Angeklagte A vor, mit der Mitteilung von der Deponierung einer Bombe eine Geldforderung zu verbinden, weil die Drohung sonst nicht 'echt' klingen würde. Dagegen hat der Beschwerdeführer nicht nur keinen Einwand erhoben, sondern sich ausdrücklich mit dem Anruf in der von A vorgeschlagenen Form einverstanden erklärt. Die Annahme, daß sich das Einverständnis des Beschwerdeführers mit dem Angeklagten A demnach nicht bloß auf einen (nach außen hin sogleich als solcher erkennbaren) Scherz bezog, beruht sohin auf mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung durchaus im Einklang stehenden Erwägungen. Die vom Angeklagten D in der Hauptverhandlung vorgebrachte Darstellung - auf die sich der Beschwerdeführer bezieht -, (auch) B habe bei einer solchen Bombendrohung nicht mitmachen wollen und sich dagegen ausgesprochen, verwarf das Jugendschöffengericht unter Hinweis auf die anderslautende Schilderung des Tatgeschehens durch D vor der Polizei (S 96). Das Vorbringen zur Mängelrüge erschöpft sich demgegenüber in einem im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die unter Verwertung aller wesentlichen Verfahrensergebnisse schlüssig und zureichend begründete Beweiswürdigung des Jugendschöffengerichtes, der formelle Mängel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO nicht anhaften.
Soweit der Beschwerdeführer auch die Rechtsrüge (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO) auf den Einwand stützen will, es habe sich bei dem Anruf in der Schule nach seiner Vorstellung nur um einen 'Jux' handeln sollen und mit einer 'echt' aussehenden Bombendrohung sei er nicht einverstanden gewesen, entfernt er sich von den anderslautenden Urteilsfeststellungen und ficht damit zum Teil abermals in unzulässiger Weise die erstrichterliche Beweiswürdigung an;
der angerufene materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund gelangt sohin nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.
Im übrigen ist, den Beschwerdeausführungen zuwider, die Verantwortung des Täters, er habe die Drohung nur zum Scherz ausgesprochen, nicht an sich schon geeignet, die Ernstlichkeit einer von ihm geäußerten Drohung zu widerlegen, sondern nur Anlaß zu prüfen, ob er in der Erwartung, daß der Bedrohte die Scherzhaftigkeit seiner Drohung alsbald erkenne, bloß den Schein einer solchen erwecken wollte (5 Os 177/57). Gerade das Gegenteil aber war nach den Urteilsannahmen beim Angeklagten und seinem Komplizen der Fall, die die Bombendrohung durch Beifügung einer Geldforderung durchaus realitätsbezogen gestalteten und damit bei den Bedrohten ihr (rechtlich unbeachtliches) Motiv, sich aus der Angst der anderen einen 'Jux' zu machen, verschleiern wollten. Zuzugeben ist dem Beschwerdeführer, daß die im Ersturteil für gegeben erachtete Absicht, 'die Leute zu schrekken' (S 97), mit der vom Tatbestand des § 107 StGB geforderten Absicht, in Furcht und Unruhe zu versetzen, nicht ohne weiteres und unter allen Umständen gleichzusetzen ist (9 Os 46/78). Furcht und Unruhe bedeuten einen nachhaltigen, das ganze Gemüt ergreifenden, peinvollen Seelenzustand des Opfers (Kienapfel BT I RN 851; EvBl 1976/120 ua), auf dessen Eintritt die Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) des Täters gerichtet sein muß. Es kann indes keinem Zweifel unterliegen, daß die begründete Besorgnis einer (unter Umständen unmittelbar bevorstehenden) Sprengmittelexplosion in einem (Schul-)Gebäude in der Regel bei den sich in diesem Gebäude aufhaltenden Personen (bis zur Entkräftung dieser Besorgnis) einen dem Begriff 'Furcht und Unruhe' entsprechenden Seelenzustand bewirken wird; liegt doch darin, daß der Täter mit einer Gefährdung durch Sprengmittel droht, schon ein die gefährliche Drohung nach § 107 Abs 2 StGB qualifizierender (strafsatzerhöhender) Umstand. Kam es nun - wovon das Erstgericht ersichtlich ausgeht (S 97 und 99 d.A) -
den Angeklagten A und B darauf an, durch ihren eine ernst gemeint scheinende Bombendrohung enthaltenden Telefonanruf in der Hauptschule C bei den Adressaten die mit der Befürchtung einer (unmittelbar drohenden) Sprengmittelexplosion im Schulgebäude in aller Regel verbundene Furcht und Unruhe in der dargelegten Bedeutung hervorzurufen - wobei es keine Rolle spielt, ob sie den Eintritt dieses von ihnen bezweckten Effekts für sicher oder nur für möglich hielten (Leukauf-Steininger, StGB2 § 5 RN 5) -, so erweist sich die Beurteilung ihrer Tat als Vergehen
der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1
und 2 StGB als rechtlich unbedenklich.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Harald B war daher zu verwerfen.
Anmerkung
E03301European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00153.8.0825.000Dokumentnummer
JJT_19810825_OGH0002_0090OS00153_8000000_000