TE OGH 1981/9/9 11Os183/80

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Veröffentlicht am 09.09.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten Unzucht mit Unmündigen nach den §§ 207 Abs 1 und 15 StGB sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 4. Juli 1980, GZ 35 Vr 1.223/77-105, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Krall und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Strasser zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Sonderschuldirektor Johann A zu Punkt I A und B des Schuldspruches des Verbrechens der teils vollendeten und teils versuchten Unzucht mit Unmündigen nach den §§ 207 Abs 1

(erster Fall) und 15 StGB, zu Punkt II A und B des Schuldspruches des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Mißbrauches eines Autoritätsverhältnisses nach den §§ 212 Abs 1 und 15 StGB schuldig erkannt.

Es liegt ihm zur Last, in der Zeit vom Jahr 1968 bis zum Schuljahr 1976/1977 (einschließlich) während des Schulunterrichtes aus sexueller Motivation insgesamt zwälf seiner Schülerinnen, teils zu wiederholten Malen, davon neun im Alter zwischen zehn und vierzehn Jahren, von diesen eine (Karoline B) gleich drei weiteren Schülerinnen (Marina C, Karin D und Gerlinde E) auch nach Vollendung ihres 14. Lebensjahres, durch Abtasten, Betasten, Streicheln, Ergreifen oder Erfassen der Brüste, die Schülerin Manuela F (Punkt I A 2 des Schuldspruches) auch durch Betasten des Geschlechtsteils, jeweils über der Kleidung, mißbraucht (Punkt I A und II A des Schuldspruches) sowie in vier weiteren Fällen, in denen das Erstgericht davon ausging, daß die Brüste der Mädchen, darunter der bereits erwähnten Karin D, zu den entsprechenden Tatzeiten noch völlig unentwickelt gewesen waren, durch Ergreifen und Streicheln der Brust, ebenfalls über den Kleidern, zu mißbrauchen versucht zu haben (Punkt I B und II B des Schuldspruches).

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 3, 5, 9 lit a, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Dem auf § 281 Abs 1 Z 3 StPO gestützten Beschwerdeeinwand mangelnder Verlesung der Ausdehnung der Anklage laut ON 32/Seite 144/I, ON 51 (in der Beschwerde unrichtig: ON 57) Seite 233/I, ON 85/Seite 205/II in Verbindung mit ON 83/Seite 197/II und ON/93 Seite 245/II ist durch den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 30. Oktober 1980, ON 111, demzufolge das Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 104/Seite 286/II) im Sinn der Verlesung der erwähnten Aktenstellen, in welchen die Anklageausdehnungen beurkundet sind, ergänzt wurde, die Anfechtungsgrundlage entzogen.

Der Auffassung des Beschwerdeführers zuwider ist das Ersturteil auch nicht deshalb mit dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund behaftet, weil in der Hauptverhandlung das im ersten Rechtsgang gefällte Urteil ON 86 mit den in Rechtskraft erwachsenen Freisprüchen zu den Punkten I 1, 2 und (insoweit) II der ursprünglichen Anklage ON 27 (Fakten G und H) nicht verlesen wurde.

Abgesehen davon, daß die erwähnten rechtskräftigen Freisprüche ohnehin aus dem in der Hauptverhandlung verlesenen (ON 104/Seite 290/II) Urteil des Obersten Gerichtshofes ON 96 d.A hervorgehen, ist unter einem gemäß dem § 244 StPO bei sonstiger Nichtigkeit zu verlesenden Erkenntnis, nach welchem ein Anklagepunkt zu entfallen hat (also nicht Gegenstand der Hauptverhandlung und des zu fällenden Urteiles werden soll), nur eine Entscheidung über einen Anklageeinspruch (§ 213 Abs 2 StPO) zu verstehen (vgl auch die Formulierung der analogen Bestimmung des § 307 StPO für das geschwornengerichtliche Verfahren), nicht aber ein rechtskräftiger Freispruch von einem Teil der Anklage.

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs 1

StPO bekämpft der Beschwerdeführer mit der Einwendung teilweiser Aktenwidrigkeit sowie fehlender und unzureichender Begründung vorerst die Urteilsannahme, die unter den Punkten I A und II A des Schuldspruches angeführten Mädchen hätten ihren Angaben nach zu den Tatzeiten bereits entwickelte Brüste gehabt (Urteilsseite 10 = S 300, Bd II d.A).

Die Rüge betrifft keine entscheidenden Tatsachen.

Der Beschwerdeführer irrt, wie auch in teilweiser, vorwegnehmender Behandlung seiner Rechtsrügen klarzustellen ist, über das Wesen der (vollendeten) Mißbrauch eines(r) Unmündigen zur Unzucht begründenden Tathandlung nach dem § 207 Abs 1 erster Fall StGB.

Unter Unzucht bzw unzüchtiger Handlung ist eine Handlung sexueller Art und Tendenz von bestimmter, sozial stärender Erheblichkeit zu verstehen (vgl auch Pallin im Wiener Kommentar, RZ 6 zu § 207 StGB). Vollendeter Mißbrauch zur Unzucht in diesem Sinn kann bei nicht bloß flüchtiger, auch äußerlich auf das Geschlechtliche bezogener Berührung von zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehörigen Körperpartien vorliegen. In der oberstgerichtlichen Rechtsprechung wurde deshalb schon bisher Deliktsverwirklichung nach dem ersten Fall des § 207 Abs 1 StGB bei - wenngleich über den Kleidern stattgefundener - Betastung auch erst ansatzweise entwickelter Brüste unmündiger (in den Anlaßfällen elfbis vierzehnjähriger) Mädchen bejaht (zuletzt ÖJZ-LSK 1980/

27; 11 Os 182/79, 38/80, 12 Os 123/80). Ob die Brustgegend eines unmündigen Mädchens bereits zur unmittelbaren Geschlechtssphäre gehört, deren Berührung auch nach außen hin sexual sinnbezogen erscheinen kann, hängt nicht generell und ausschließlich davon ab, ob die physische Entwicklung eines Mädchens gerade in dieser Körperregion so weit fortgeschritten ist, daß seine Brüste als Sekundärmerkmale weiblicher Geschlechtlichkeit bereits (deutlich) ausgeprägt sind. Vielmehr kommt es für die Bejahung sexuellen Mißbrauches eines, diesem Angriff ja in seiner gesamten Persönlichkeit und nichr loß mit einzelnen Körperteilen unterliegenden unmündigen Mädchens in der Bedeutung des Unzuchtsbegriffes des Tatbildes des § 207 Abs 1 StGB, dessen genereller Schutzzweck in der ungestörten sittlichen und sexuellen Entwicklung von Personen unter vierzehn Jahren gelegen ist (vgl auch EBRV zum StGB, S 349, sowie, bei ähnlicher Rechtslage, Schönke-Schräder20, RN 1 zu § 176 dStGB), nur darauf an, ob das betreffende Mädchen insgesamt eine solche körperliche Reife erreicht hat, daß damit das - nicht bloß flüchtige - Berühren im Brustbereich, welcher diesfalls, ebenso wie bei reifen Frauen, ohne Rücksicht auf die Ausbildung der Brustdrüsen schon biologisch der Geschlechtsregion zuzurechnen ist, sich auch objektiv als Handlung darstellt, deren Beziehung zum Sexualleben nicht nur gedacht, sondern ihrer Art nach gegeben ist, sowie ob sie als solche einem Mädchen bewußt werden kann und, insbesondere im Hinblick auf die abstrakte Eignung zur Gefährdung der sittlichen und sexuellen Entwicklung der Unmündigen, nach der Auffassung von mit rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen gemeiniglich als grob sozialstörend empfunden wird. Den eben entwickelten Kriterien zum Unzuchtsbegriff des § 207 StGB entsprechen aber die vorliegend festgestellten Tathandlungen des Abund Betastens, Streichelns, Ergreifens oder Erfassens der auch noch nicht (voll) entwickelten Brust von bereits im Stadium der Geschlechtsreifung befindlichen Mädchen. Auf das (individuell oft sehr differierende und in seiner Beurteilung häufig auch von verschieden gearteter subjektiver Wertung abhängige) Entwicklungsstadium der Brust allein kommt es in solchen Fällen nicht an.

Demnach ist der von der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt einer Aktenwidrigkeit gerügte Gegensatz zwischen der erstgerichtlichen Annahme entwickelter Brüste und den Angaben der Zeuginnen Manuela F, Marina C und Karin D (Punkte I A 2, II A 1 und II A 3 des Schuldspruches), sie hätten zu den Tatzeiten noch 'keine Brust (Busen)' gehabt, nicht von Bedeutung.

Keine entscheidungswesentlichen Umstände betrifft deshalb auch der einschlägige Beschwerdevorwurf mangelnder Begründung in den Fällen I A 1 und 4 (Monika I und Christine J) sowie unzureichender Begründung zu den Fakten I A 3, 5, 6, 9 und II A 4 (Manuela K, Iris L, Anna M, Monika N und Gerlinde E) des Schuldspruches.

Davon abgesehen ist die Feststellung entwickelter (d h zumindest in Entwicklung begriffener) Brüste in Ansehung der Monika I und Christine J (Punkt I A 1 und 4 des Schuldspruches) in den Aussagen dieser Zeuginnen begründet. Sprachen doch beide davon, daß sie zu den Tatzeiten bereits einen Büstenhalter getragen hatten, Christine J überdies ausdrücklich auch von einem Betasten ihrer 'beiden Brüste' (ON 12, ON 20, ON 32/Seiten 123, 132 f/I, ON 45/Seite 201/I, ON 104/Seiten 288 f/II), was eine entsprechende körperliche Entwicklung der Schülerinnen voraussetzt.

Eine eben solche zumindest ansatzweise Ausbildung der Brüste ist aber mit gleicher Deutlichkeit gerade den von der Beschwerde ins Treffen geführten Zeugenaussagen zu den Fällen laut Punkten I A 3, 5, 6, 9 und II A 4 des Schuldspruches zu entnehmen. Worin der von der Beschwerde gerügte Mangel einer hinreichenden Begründung für die Feststellung entwickelter Brüste der Zeugin Silvia O und für die Annahme der Tatzeit in diesem Fall mit dem Jahre 1968 (Punkt I A 8 des Schuldspruches) gelegen sein soll, ist nicht ersichtlich.

Bekundete doch diese am 16. August 1957 geborene Zeugin, wie die Beschwerde selbst zitiert, einmal im Alter von elf oder zwälf Jahren (also etwa in den Jahren 1968 oder 1969) vom Beschwerdeführer mißbraucht worden zu sein und im Alter von zwälf Jahren bereits eine voll entwickelte Brust gehabt zu haben (ON 78/Seite 184/II in Verbindung mit ON 104/Seite 289/II). Zu diesen Angaben stehen aber die vom Beschwerdeführer bekämpften Feststellungen in keinerlei Gegensatz.

Gleichfalls nicht begründet ist der weitere Vorwurf einer Aktenwidrigkeit der angeblichen Urteilsfeststellung zum selben Schuldspruch (Punkt I A 8), wonach Silvia O angegeben haben soll, der Beschwerdeführer habe während der Unterrichtsstunden ihre Brüste betastet, gestreichelt und fallweise auch gedrückt. Die gerügte Feststellung (Urteilsseite 9 = S 299/II d.A) gibt nämlich lediglich das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers gegenüber einer Reihe von Schülerinnen, ohne Individualisierung des Einzelfalles wieder, wie es sich zum Faktum I A 8 konkret aus dem, in diesem Fall durch die zitierten Aussagen der Zeugin Silvia O (ON 54/Seiten 89, 91/II, ON 78/Seiten 184

f/II in Verbindung mit ON 104/Seite 289/II) voll gedeckten, Urteilsspruch ergibt, der mit den Urteilsgründen eine Einheit bildet und auf den in den Gründen audrücklich verwiesen wird (Urteilsseite 9).

Gegen den Schuldspruch zu Punkt I A 2 wegen mehrmaligen Streichelns der am 23. Oktober 1963 geborenen Manuela F an der Brust sowie wegen Betastens ihres Geschlechtsteils in den Schuljahren 1975/76 und 1976/77, wendet der Beschwerdeführer in Ansehung des Betastens Aktenwidrigkeit im Ausspruch über die Tatzeit sowie sinngemäß Unvollständigkeit der Begründung infolge Unterbleibens einer Erörterung der im Vorverfahren abgelegten Aussagen der Zeugin Manuela F (ON 19) ein, am 'Unterleib' abgegriffen worden zu sein. Der aufgezeigte Widerspruch des Urteils zur Aussage der Zeugin, derzufolge das Betasten ihres Geschlechtsteils in das Jahr 1971 zu verlegen wäre, betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand, weil die zeitliche Divergenz weder für die rechtliche Subsumtion des erwähnten Verhaltens, dessen sexuelle Sinnbezogenheit und sozialer Störwert bei der gegebenen Fallkonstellation außer jedem Zweifel steht, noch für die Verjährungsfrage (siehe hiezu die Ausführungen in dem im ersten Rechtsgang gefällten Urteil des Obersten Gerichtshofes ON 96/Seite 260 f/II) von Bedeutung ist. Zwischen den ersten Angaben der Zeugin Manuela F, der Angeklagte habe sie am 'Unterleib' abgegriffen (ON 19), und deren späteren Depositionen (ON 32/Seite 128 f/I, ON 45/Seite 200/I), wonach ihr der Angeklagte auf den Geschlechtsteil gegriffen habe, besteht kein erörterungsbedürftiger Gegensatz, weil es sich nur um eine Präzisierung der ursprünglichen Darstellung handelt. Fehl gehen aber auch die Rügen einer Aktenwidrigkeit und einer unzureichenden Begründung in bezug auf die den Gegenstand der Schuldspruchfakten I A 7 und II A 2 bildenden Unzuchtshandlungen hinsichtlich Karoline B sowie des Mangels einer Begründung für die festgestellten Tatzeiten aller übrigen Fakten außer den insoweit schon erörterten Punkten I A 2 und 8.

Zunächst gründen sich sämtliche Zeitannahmen auf entsprechende (Ungefähr-)Angaben der im Verfahren vernommenen Schülerinnen und sind schon dadurch gedeckt. Bei dem im Urteilsspruch zu Punkt II A 2 als Beginn des Tatzeitraumes angeführten Jahr 1963 (statt 1973) handelt es sich, wie auch die Beschwerde sinngemäß einräumt, um einen bloßen Schreibfehler. Einer näheren Begründung zu den Tatzeiten bedurfte es angesichts der dem Erstgericht nach dem Gesetz obliegenden gedrängten Darstellung seiner Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) unter diesen Umständen nicht.

Wenn das Erstgericht, ausgehend von den bereits erwähnten Aussagen der Zeugin Silvia O über den Zeitpunkt, zu welchem sie selbst (im Alter von elf oder zwälf Jahren) vom Beschwerdeführer mißbraucht worden war, also etwa in den Jahren 1968 oder 1969, und ihren weiteren Angaben, ungefähr zur gleichen Zeit einen ähnlichen Mißbrauch Karoline B beobachtet zu haben (ON 78/Seite 184/II in Verbindung mit ON 104/Seite 289/II), sowie von der nicht nur aus den früheren Angaben der Zeugin O (ON 54/ Seiten 89 und 91/II in Verbindung mit ON 104/Seite 289/II), sondern auch aus jenen der Zeugin Marina C (ON 71 in Verbindung mit ON 104/Seite 289/II), hervorgehenden Wiederholung des geschlechtlichen Mißbrauchs der Schülerin B derartige Tathandlungen des Beschwerdeführers für die Jahre 1968 bis 1974 (Zeitpunkt der Schulentlassung B laut ON 102: 6. Juli 1974) als erwiesen annahm (Urteilsseiten 3 - 5, 11, 13), so haftet dem Urteil ein Begründungsmangel formaler Natur auch in diesem Zusammenhang nicht an. Daß der Beschwerdeführer nach den Angaben der Zeugin C die Klasse, in welcher sich auch Karoline B befand, nur bis einschließlich des Schuljahres 1972/73 unterrichtet hatte (ON 71/Seite 170 oben/II), demnach richtigerweise das Ende des Tatzeitraumes im Faktum II A 2 mit Sommer 1973 anzusetzen gewesen wäre, stellt sich aus den bereits dargelegten Gründen und weil sie keine Einschränkung der für erwiesen angenommenen, zahlenmäßig nicht erfaßten und zeitlich nur grob eingegrenzten Delinquenz des Angeklagten bedeutet, als nicht entscheidungswesentlich dar und bewirkt daher auch nicht die behauptete formelle Urteilsnichtigkeit. Im übrigen bedurfte es angesichts der im wesentlichen übereinstimmenden Aussagen der Zeugen O und C keiner Erörterung des Umstandes, daß der Mißbrauch Karoline B von anderen Zeugen nicht beobachtet worden war. Denn das Unterbleiben derartiger Beobachtungen von Mißbrauchshandlungen während des Unterrichtes seitens anderer Schülerinnen schließt ein solches Verhalten des Angeklagten keineswegs aus und steht daher einer positiven Wertung der Aussagen der Zeuginnen O und C durch das Erstgericht weder nach der Logik noch nach allgemeiner Erfahrung entgegen. Insofern stellt der einschlägige Beschwerdeeinwand einer Unvollständigkeit der Begründung nichts anderes dar als eine unzulässige Bekämpfung der freien Beweiswürdigung des Schöffengerichtes, welches den Angaben dieser beiden Zeuginnen Glaubwürdigkeit beimaß.

Somit erweist sich die Mängelrüge zur Gänze als nicht stichhältig. Ohne Erfolg müssen aber auch die zum Teil überdies nicht gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrügen bleiben, mit welchen unter Anrufung der Nichtigkeitsgründe der Z 10, 9 lit a und 9

lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht wird, daß (auch) die von den Punkten I A 1 bis 6, 8, 9 und II A 1, 3 und 4 des Schuldspruches erfaßte 'bloß oberflächliche und flüchtige Betastung nicht entwickelter Mädchenbrüste' lediglich den Versuch des Deliktes nach dem § 207 Abs 1 erster Fall StGB bzw des, damit teils in Tateinheit begangenen, Deliktes nach dem § 212 Abs 1 StGB darstelle, eine solche flüchtige Berührung unentwickelter Brüste jedoch straflosen Versuch im Sinn des § 15 Abs 3 StGB bedeute und davon abgesehen der Beschwerdeführer in allen Fällen freiwillig von einer Deliktsvollendung Abstand genommen hätte, sodaß ihm der Strafaufhebungsgrund des § 16 Abs 1 StGB zugute käme. Nicht gesetzmäßig ausgeführt sind diese Rechtsrügen insofern, als der Beschwerdeführer dabei die bereits behandelten mängelfreien Urteilsfeststellungen über die Art der Berührungen außer acht läßt. Die Annahme eines Streichelns, Betastens bzw Abtastens sowie des Erfassens und Ergreifens der Brust schließt aber eine Wertung im Sinn einer bloß flüchtigen Berührung, wie sie der Beschwerdeführer reklamiert, aus (vgl auch 12 Os 123/80, 13 Os 158/80). Darüber hinaus kommt es für die Frage der Abgrenzung des Versuches von der Deliktsvollendung, wie schon erörtert wurde, nicht auf das Stadium der Ausbildung der Brüste der Tatopfer an, sondern nur darauf, ob die Mädchen sich zumindest im pubertären Alter befanden und deshalb die sexuelle Sinnbezogenheit der Berührungen im Brustbereich vom äußeren Entwicklungszustand dieser erogenen Zone unabhängig objektiv zutage trat. Da letzteres in allen schuldspruchgegenständlichen Fällen, und zwar auch in jenen, die das Erstgericht - im Hinblick auf das dem Alter der Schülerinnen zwischen elf und vierzehn Jahren entsprechende allgemeine Entwicklungsstadium in geschlechtlicher Hinsicht rechtsirrtümlich - bloß als Versuch beurteilte (Punkt I B und II B), zutrifft, fällt dem Beschwerdeführer richtigerweise der mit der Begehung der Unzuchtshandlung vollendete (s Pallin aaO RZ 11 zu § 207 StGB) Mißbrauch von Unmündigen zur Unzucht nach dem ersten Fall des § 207 Abs 1

StGB und ein damit in Tateinheit begangener (ebenso vollendeter) Mißbrauch des Autoritätsverhältnisses nach dem § 212 Abs 1 StGB zur Last.

Im wesentlichen die gleichen Erwägungen gelten für den Mißbrauch von Schülerinnen nach der Vollendung ihres 14. Lebensjahres, selbst wenn ihre Brüste noch nicht wenigstens ansatzweise ausgebildet gewesen sein sollten (Punkt II A 1 und 3 des Schuldspruches). Auch hier kommt aus den angeführten Gründen dem festgestellten Streicheln bzw Erfassen der Brust objektive Sexualbezogenheit mit - schon im Hinblick auf die Ausnützung des durch den Schulbesuch begründeten Abhängigkeitsverhältnisses - erheblichem sozialen Störwert zu. Angesichts der somit in allen Fällen stattgefundenen Deliktsvollendung gehen sämtliche, teils absolute Untauglichkeit eines Versuches, teils freiwilligen Rücktritt vom Versuch relevierenden (weiteren) Beschwerdeeinwendungen ins Leere. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Da der Angeklagte seine Berufung nicht rechtzeitig ausführte und es auch bei der Anmeldung dieses Rechtsmittels unterlassen hatte, die Punkte des Erkenntnisses, durch die er sich beschwert findet, deutlich und bestimmt zu bezeichnen, war hierüber gemäß dem § 294 Abs 2 StPO spruchgemäß zu entscheiden.

Der Kostenausspruch beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.

Anmerkung

E03349

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00183.8.0909.000

Dokumentnummer

JJT_19810909_OGH0002_0110OS00183_8000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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