TE OGH 1981/9/15 10Os110/81

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Veröffentlicht am 15.09.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 1981

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Gerstberger als Schriftführer in der Strafsache gegen Vinzenz A und Helmut B wegen des Vergehens der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung und anderer strafbarer Handlungen über die von beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2. April 1981, GZ 2d Vr 6102/80-58, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen sowie über die von der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Angeklagten erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Bernhauser und Dr. Schmid, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Den Berufungen der Angeklagten wird Folge gegeben und es werden die über sie verhängten Strafen bei Vinzenz A auf 2 (zwei) Jahre und bei Helmut B auf 15 (fünfzehn) Monate herabgesetzt.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 15. November 1951 geborene Vinzenz A und der am 7. Dezember 1954 geborene Helmut B der Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung nach §§ 105 (Abs 1), 15

StGB (Punkt A/I/1 und 2 des Urteilssatzes) und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB (Punkt A/II/ des Urteilssatzes), Helmut B überdies des Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt, weil in Wien A/ Vinzenz A und Helmut B am 12. Juni 1980 im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter I./ den Franz C durch zahlreiche Faustschläge, sohin mit Gewalt, ferner durch Ansetzen eines Messers an die Kehle, durch Androhung eines Bauchstiches, falls er aus seinem Zimmer nicht ausziehe, und durch die Ankündigung von weiteren Tätlichkeiten, als auch durch gefährliche Drohung, 1.) zum Verlassen (und zur Aufgabe) seiner Wohnung in Wien 10., Humboldtplatz 9/2/17, zu nötigen versuchten und 2.) zur Verfassung und Unterfertigung eines Schreibens nachfolgenden Inhalts wirklich nötigten: 'Ich bestätige hiemit, daß ich freiwillig von hier ausziehe, da ich seit März keinen Zins mehr bezahlt habe. Ich bestätige, daß A und B mich nicht dazu gezwungen haben, von hier auszuziehen. Ich bestätige hiemit noch einmal, daß sie alles kontrollierten, was mir gehört und was nicht';

II./ durch die unter Punkt I./ angeführten Tätlichkeiten, die einen Bruch des Nasenbeines mit beträchtlicher Eindrückung des unteren Bruchstückes und Blutunterlaufungen beider Augen, sohin eine an sich schwere Verletzung zur Folge hatten, den Franz C am Körper schwer verletzten;

B/ Helmut B als Alleintäter am 1. Dezember 1980

dem Johann D einen Übergangsmantel und einen Schal im Werte von etwa S 250,-- sowie einen Radiorecorder im Werte von etwa S 500,--, mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Gegen dieses Urteil richten sich die gesondert ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Vinzenz A:

Gestützt auf die Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO bezeichnet A den zu Punkt A/I/2 des Urteilssatzes (wegen Vergehens der vollendeten Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB) gegen ihn ergangenen Schuldspruch mit der Argumentation als rechtlich verfehlt, daß der dem sich als einheitliches Tatgeschehen darstellenden Vorfall vom 12. Juni 1980 zugrundeliegende Täterwille nach den bezüglichen Urteilsannahmen nur darauf gerichtet gewesen sei, Franz C zur Aufgabe seines Quartiers zu nötigen, und durch die vom angefochtenen Teil des Schuldspruchs erfaßte Abnötigung eines Schreibens, welches lediglich zur Deckung (des Beschwerdeführers) dienen sollte, kein weiteres Rechtsgut verletzt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Einwand versagt.

Nach den Urteilsfeststellungen haben der Beschwerdeführer und der Mitangeklagte Helmut B den Franz C nicht nur zur Aufgabe und zum Verlassen seines Quartiers zu nötigen gesucht (vgl S 317 und 318 d. A), sondern den Genannten auch durch die von ihnen angewendeten Mittel der Gewalt und gefährlichen Drohung (mit Erfolg) zur Abfassung und Unterfertigung des erwähnten Schreibens genötigt, das von den Angeklagten nach der weiteren Annahme des Erstgerichts im Falle einer Beschwerde des Franz C zur Absicherung der Angeklagten gegenüber der Bewährungshilfe (die dem Franz C das Zimmer vermietet hatte) Verwendung finden sollte (S 319 d.A). Damit liegen jedoch nach dem Tatentschluß wie auch der Tatausführung keine zusammengehörige Vorgänge vor, die eine Handlungseinheit bilden und nur einen Urteilssachverhalt verwirklichen, sondern - schon vom Tatplan des Beschwerdeführers sowie seines Komplizen und damit von der Verschiedenartigkeit der Zielrichtung der Handlungen ausgehend - zwei selbständig wertbare (realkonkurrierende) Straftaten. Soweit der Angeklagte mit Bezugnahme auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO die Nichtanrechnung der von ihm ab 12. Juni 1980 bei der Fremdenpolizei in Schubhaft verbrachten Zeitspanne (vgl S 39 und 41 d.A; nach dem Inhalt der Beschwerde von angeblich drei Wochen) auf die Freiheitsstrafe bekämpft, ist er deshalb nicht im Recht, weil eine gemäß § 5 Abs 1

FremdenpolizeiG verhängte Schubhaft keine gemäß § 38 Abs 1 StGB anrechenbare Vorhaft darstellt, mag auch das verfahrensgegenständliche gerichtlich strafbare Verhalten des Angeklagten A Anlaß zu ihrer Verhängung gewesen sein (EvBl 1980/94).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Helmut B:

Die auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde B' s wendet sich nur gegen die (ihn betreffenden) Schuldsprüche zu den Punkten A/I/ und II/ des Urteilssatzes (wegen der Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 15 StGB und der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 1 StGB); den Schuldspruch wegen Vergehens des Diebstahls nach § 127 Abs 1 StGB (Punkt B/ des Urteilssatzes) läßt er hingegen unbekämpft.

Zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund wirft er dem Urteil vor, daß es für die Feststellung, A und er hätten (am 12. Juni 1980) beschlossen, Franz C (auch) durch Anwendung von Gewalt zum Verlassen und zur Aufgabe des von ihm bewohnten Zimmers zu zwingen (S 317 d.A) jede Begründung vermissen lasse und die weitere Konstatierung, er (Beschwerdeführer) habe Franz C am Körper festgehalten, während A diesen zahlreiche wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzte (S 317 und 318 d.A), in den gesamten Verfahrensergebnissen keine Deckung finde.

Die behaupteten Begründungsmängel liegen jedoch nicht vor. Das Erstgericht hat ein bewußtes und gewolltes (vorsätzliches) Zusammenwirken der (beiden) Angeklagten A und B im Sinne einer Mittäterschaft, auch soweit es das gewalttätige Vorgehen gegen Franz C bei dem Vorfall am 12. Juni 1980 anlangt, auf Grund des Ablaufes der Ereignisse (in schlüssiger Weise) als erwiesen angenommen (S 322), wobei es den Sachverhaltsfeststellungen über den Hergang des Geschehens die für glaubwürdig erachtete Darstellung des Zeugen C (vgl S 20, 76 f, 226, 307, 308, 310 und 320 d.A) zugrundelegte. Hiernach stürzten beide Angeklagten unmittelbar im Anschluß an ihr gemeinsames Eindringen in das Zimmer des C sogleich auf ihn und es wurde insbesondere auch der Angeklagte B selbst gegen den Genannten handgreiflich, indem er ihn am Körper festhielt, während A dem solcherart wehrlos gemachten Opfer zahlreiche wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzte. Dazu kommt noch, daß der Angeklagte B nach den weiteren, im Einklang mit den Verfahrensergebnissen (vgl Zeuge C, S 76 und 307 d.A) stehenden Urteilsannahmen an seinen Komplizen noch wiederholt die sinngemäße Aufforderung richtete, weiter auf C einzuschlagen (S 323 d.A), und ihn solcherart zu neuen Tätlichkeiten gegen C anspornte (S 318 d.A), was gleichfalls eindeutig auf einen (von vorneherein) auch beim Angeklagten B vorgelegenen, auf die Anwendung von Gewalt gegen C gerichteten Vorsatz hinweist. Die angefochtenen Konstatierungen erweisen sich somit als mängelfrei. Den Subsumtionsirrtum macht der Angeklagte B (sinngemäß) dahin geltend, daß ihm der bei Franz C eingetretene (durch die Schläge des Angeklagten A bewirkte) schwere Verletzungserfolg mangels aktiver Beteiligung an den gegen C gerichteten Tätlichkeiten (des A) strafrechtlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Mittäterschaft zugerechnet werden könne, er unter diesen Umständen vielmehr gar kein Mittäter gewesen sei und äußerstenfalls für eine leichte Körperverletzung hafte.

Diese Rechtsrüge entbehrt einer gesetzmäßigen Ausführung, weil ihre prozeßordnungsgemäße Darstellung einen Vergleich des im Urteil festgestellten Sachverhaltes mit dem darauf angewendeten Strafgesetz erfordern würde, der Beschwerdeführer sich hiebei aber über die Urteilsfeststellung hinwegsetzt, daß auch er durch Festhalten des Franz C (während der Mitangeklagte A diesen in der bereits beschriebenen Art schwer mißhandelte) an dem körperlichen Angriff gegen den Genannten sehr wohl aktiv mitgewirkt hat; wegen diesem einvernehmlichen Zusammenwirken mit A bei der Tatausführung (mit verteilten Rollen) wird seine - vom Erstgericht ohne Rechtsirrtum bejahte - strafrechtliche Haftung als Mittäter für den gesamten eingetretenen Erfolg begründet (ÖJZ-LSK 1976/244).

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden der beiden Angeklagten Vinzenz A und Helmut B waren sohin zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten nach §§ 28, 84 Abs 1 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Vinzenz A zu 2 1/2 Jahren und Helmut B zu 20 Monaten.

Bei der Strafbemessung wertete es als mildernd bei beiden Angeklagten den Umstand, daß es in einem Falle beim Deliktsversuch geblieben ist, ferner bei Vinzenz A das teilweise reumütige Geständnis und eine gewisse Verleitung durch den Angeklagten B, sowie bei letzterem die teilweise Sicherstellung der Diebsbeute, als erschwerend hingegen bei beiden Angeklagten das Zusammentreffen strafbarer Handlungen und die einschlägigen rückfallsbegründenden Vorstrafen, bei A auch den raschen Rückfall und bei B die Verleitung des Angeklagten A hinsichtlich der unter A) des Urteilsspruchs angeführten Fakten.

Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung der Strafen an, während die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung begehrt. Lediglich die Berufungen der Angeklagten sind berechtigt. Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe zwar im wesentlichen richtig erfaßt, doch sind bei Berücksichtigung des wirklichen Schuld- und Unrechtsgehaltes des deliktischen Verhaltens der Angeklagten trotz deren getrübten Vorlebens die über sie verhängten Freiheitsstrafen etwas überhöht; die aus dem Spruch ersichtliche Herabsetzung ist dadurch gerechtfertigt.

Demgemäß war die Staatsanwaltschaft mit ihrer (sonach im Ergebnis unbegründeten) Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03360

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0100OS00110.81.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19810915_OGH0002_0100OS00110_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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