TE OGH 1981/9/15 9Os138/81

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Veröffentlicht am 15.09.1981
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Oberhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Harry A wegen des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12, 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 31. März 1981, GZ 4 a Vr 9604/ 79-24, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 15. Jänner 1935 geborene Kaufmann Harry A des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §§ 12, 153 Abs 1 und Abs 2

zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hatte er Ende 1974 in Wien dadurch, daß er die im Eigentum der Firma B & Co GesmbH stehende Liegenschaft EZ 187, KG Pichl, im Wert von ca 1,000.000 S um 320.000 S kaufte und vor grundbücherlicher Durchführung des Kaufvertrags Dr. Heinrich Peter C ein Schätzungsgutachten, betreffend die Liegenschaft zwecks Vorlage bei der Volksbank Wien-Mitte zur Aufnahme eines durch Verpfändung der Liegenschaft gesicherten Darlehens in der Höhe von 910.000 S zur Verfügung stellte, zur Ausführung der strafbaren Handlungen des deswegen abgesondert verurteilten Dr. Heinrich Peter C beigetragen, der die ihm durch behördlichen Auftrag, nämlich durch seine vom Handelsgericht Wien erfolgte Bestellung zum besonderen Sachwalter in der Ausgleichssache der Firma B & Co GesmbH (AZ Sa l5/70) eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Ausgleichsschuldnerin zu verfügen, durch den erwähnten Verkauf und die erwähnte Verpfändung der Liegenschaft wissentlich mißbraucht und dadurch der Ausgleichschuldnerin einen 100.000 S übersteigenden, Harry A als Beteiligten gemäß § 12 StGB mit 589.720 S anzulastenden Vermögensnachteil zugefügt hat.

Der vom Angeklagten gegen diesen Schuldspruch erhobenen, die Gründe der Z 5, 9 lit a und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO geltend machenden Nichtigkeitsbeschwerde kommt schon aus dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund Berechtigung zu. Das Erstgericht hatte die den Schuldspruch u.a. konstituierenden Feststellungen, der Angeklagte habe die bezeichnete Liegenschaft ohne tatsächliche Bezahlung von Dr. C zu einem geringeren als dem wertadäquaten Kaufpreis erworben, sodann - im Sinne des vorgefaßten Gesamtplanes - an der Verpfändung des Grundstückes mitgewirkt und schließlich einen Teil des von Dr. C aufgenommenen Hypothekar(kontokorrent)kredites erhalten -

woraus es den Tatsachenschluß zog, Dr. C und der Beschwerdeführer hätten dies von Anfang an zu dem Zweck unternommen, die Liegenschaft nicht im Interesse der Ausgleichschuldnerin bzw deren Gläubiger, sondern im eigenen Interesse zu verwerten - im wesentlichen auf die für glaubhaft befundenen Angaben des Zeugen Dr. C gestützt. Hinsichtlich der Frage der Bezahlung des Liegenschaftspreises vermeinte es der eine solche behauptenden Verantwortung des Angeklagten nicht folgen zu können und begründete dies namentlich damit, er hätte, falls es zuträfe, daß er von seinem Bruder zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Kaufvertrages ein Darlehen in der Höhe von 600.000 S aufnahm - wie er in der Hauptverhandlung behauptete - dies bereits als Zeuge im Strafverfahren gegen Dr. C angegeben (S 484 in Band II).

Rechtliche Beurteilung

Wie der Beschwerdeführer zu Recht aufzeigt, ist dem Erstgericht in diesem Punkt eine klare Aktenwidrigkeit unterlaufen. Denn der Angeklagte hatte im Verfahren gegen Dr. C auf die Frage, woher die 360.000 S für das Grundstück stammten, eben das erklärt, dessen Fehlen das Schöffengericht als Indiz gegen seine Glaubwürdigkeit verwendete, nämlich, daß dieser Betrag von einem Darlehen herrührte, das ihm sein Bruder gewährt habe (S 351 in Band I, bzw S 264 in Band III des Aktes 4 a Vr 6485/79 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien).

Da dieser einen wesentlichen Umstand betreffende, vom Obersten Gerichtshof nicht zu sanierende Mangel nach dem Gesagten für die Gesamtwürdigung des Verhaltens des Beschwerdeführers von essentieller Bedeutung und mithin die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist, war in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde schon bei einer nichtöffentlichen Beratung spruchgemäß zu entscheiden, ohne daß es erforderlich gewesen wäre auf die weiteren, geltend gemachten Nichtigkeitsgründe einzugehen.

Im erneuerten Verfahren wird folgendes zu beachten sein:

Der Vertretene hat dann einen Vermögensnachteil erlitten, wenn der Vergleich des Vermögensstandes, wie er sich als Folge des Mißbrauchs in einem bestimmten Zeitpunkt ergibt, mit der Vermögenslage, wie sie sich ohne den Mißbrauch der Vertretungsmacht durch den Machthaber in diesem Zeitpunkt ergeben würde, eine Differenz zu Ungunsten des Machtgebers ausweist (SSt 41/58 = EvBl 1971/172). Maßgebend für die Schadensberechnung ist hiebei der angemessene, marktgerechte, nicht aber ein überhöhter Preis (LSK 1977/ 130 und 1976/330). Daraus folgt, daß zur Bestimmung der objektiven Schadenshöhe im vorliegenden Fall der Verkehrswert der gegenständlichen Liegenschaft sehr wohl von Bedeutung ist. Selbst wenn nämlich der Vorsatz des Angeklagten dahin gegangen wäre, daß durch den (von ihm unterstützten) Befugnismißbrauch des Dr. C der Firma B bzw deren Gläubigern überhaupt kein Verkaufsentgelt zukommen sollte, könnte der von ihm zu vertretende Schaden nie höher sein als der Verkehrswert der Liegenschaft im Tatzeitpunkt. (Daß der Machthaber auch einen von ihm erzielten, über dem Verkehrswert liegenden Liebhaberpreis zur Gänze dem Vertretenen überlassen muß, ist vorliegend nicht aktuell). Hingegen ist die Höhe des von Dr. C bei der Volksbank Wien-Mitte aufgenommenen Darlehens für die Beurteilung der Frage, in welchem Ausmaß die Firma B geschädigt wurde, belanglos, weil diese Firma im betreffenden Vertrag nicht als Mitschuldnerin aufscheint (S 201 ON 57 des Aktes 4 a Vr 6485/79 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien), sie also über den Wert der verpfändeten Liegenschaft hinaus nicht geschädigt werden konnte. Ging aber der dolus des Angeklagten etwa dahin, die Liegenschaft um den Verkehrswert zu erstehen und den Kaufpreis über Dr. C an die Firma B gelangen zu lassen, wäre mangels angestrebten Vermögensschadens der Tatbestand nach §§ 12, 153 StGB überhaupt nicht gegeben, und zwar auch dann nicht, wenn es in seinem (und in dem des Dr. C) Plan gelegen gewesen sein sollte, den Kaufpreis aus einem von Dr. C persönlich aufgenommenen, unter Belehnung der Liegenschaft erlangten Hypothekarkredit zu entrichten. Denn auch bei dieser Variante hätte ja die Firma B das marktgerechte Äquivalent für das Grundstück erhalten, sie daher im Sinne des oben Gesagten nicht geschädigt werden sollen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E03345

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1981:0090OS00138.81.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19810915_OGH0002_0090OS00138_8100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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