Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 16.September 1981
unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schramm als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan A und andere wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 130, zweiter Fall, StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Gottfried B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 26.Mai 1981, GZ. 7 c Vr 9.841/80-113, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Kerschbaum und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Tschulik zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten Gottfried B angelasteten Tathandlungen sowie in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Gottfried B hat durch die ihm laut den Punkten A I 4, A V und B des Urteilsspruches zur Last fallenden Tathandlungen das Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z 1
und 3, 128 Abs 2, 130, zweiter Fall, StGB begangen und wird hiefür nach dem § 128 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 20 (zwanzig) Monaten verurteilt.
Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Strafverfahrens wird aus dem Ersturteil übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 18.August 1944 geborene Buchdrucker Gottfried B des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 130, zweiter Fall, StGB (Punkte A I 4 und A V des Urteilsspruches) und des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128 Abs 1 Z 4 StGB (Punkt B des Urteilsspruches) schuldig erkannt.
Ihm liegt zur Last, in der Zeit zwischen Sommer 1978 und dem 12.Oktober 1980 in wiederholten Angriffen in Gesellschaft eines oder mehrerer Mitangeklagter der Firma C Waren im Gesamtwert von 678.316,30 S mit dem Vorsatz weggenommen zu haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (Urteilsfakten A I 4 und A V), und überdies in der Zeit von Ende 1979 bis Oktober 1980 in zahlreichen Angriffen seinem Dienstgeber, der Firma D, unter Ausnützung der Gelegenheit, die durch die ihm aufgetragene Arbeit als Bediensteter dieser Firma geschaffen worden war, Sachen im Wert von 22.398 S gestohlen zu haben (Urteilsfaktum B).
Nach den Urteilsfeststellungen hat Gottfried B die wiederholten (jeweils auch für sich allein schweren) Diebstähle zum Nachteil der Firma C in der Absicht verübt, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. Band II, S 331 d.A.).
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Gottfried B mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit a (sachlich Z 10) des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
Mit Beziehung auf den erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund bestreitet er zunächst, die treibende Kraft bei der Begehung der Diebstähle in der Firma C gewesen zu sein. Damit releviert er jedoch keinen für die Unterstellung der Tat unter das Gesetz oder für die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes entscheidenden, sondern lediglich einen für die Strafbemessung bedeutsamen (und daher nur im Rahmen der Berufung beachtlichen) Umstand. Zudem wendet er sich dagegen, daß er an diesen (vorwiegend bereits vor seiner Bekanntschaft mit dem Mitangeklagten Stefan A verübten) Diebstählen 'zu einem derart hohen Prozentsatz' beteiligt gewesen sein soll. Sofern er damit nicht bloß einen - die strafsatzändernde Wertgrenze des § 128 Abs 2 StGB jedenfalls nicht berührenden und daher gleichfalls nicht entscheidungswesentlichen -
Fehler bei der Bewertung des Diebsgutes behauptet, sondern dem Sinn nach auch geltend macht, er habe - ungeachtet seines diesbezüglichen (vollen) Geständnisses in der Hauptverhandlung (vgl. Band II, S 286 d. A.) - nicht sämtliche ihm angelasteten diebischen Angriffe tatsächlich gesetzt, und es hätte demnach ein Teilfreispruch gefällt werden müssen (vgl. SSt 40/16 u.a.), läßt die Mängelrüge eine nähere Präzisierung vermissen, worin der dem Urteil angeblich anhaftende Begründungsmangel gelegen sein und welche Teile seines Schuldspruchs er betreffen soll. Mangels einer deutlichen und bestimmten Bezeichnung der den angerufenen Nichtigkeitsgrund begründenden Tatumstände mangelt es daher auch insoweit an einer prozeßordnungsgemäßen Ausführung dieses Nichtigkeitsgrundes. Der Sache nach aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO bekämpft der Beschwerdeführer die Annahme, er habe die unter seiner Beteiligung verübten Diebstähle zum Nachteil der Firma C gewerbsmäßig begangen, mit der Begründung, daraus keine finanziellen Vorteile erlangt zu haben.
Demgegenüber nahm das Erstgericht auf Grund der (für glaubwürdig erachteten) Angaben des Mitangeklagten Stefan A (vgl. Band I, S 217, Band II, S 283 d.A.) als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer, der in der Hauptverhandlung übrigens ausdrücklich zugab, sich durch die Diebstähle eine zusätzliche Einnahmsquelle verschafft zu haben (vgl. Band II, S 292 d.A.), die ihm (später) von Stefan A kostenlos überlassenen gestohlenen Waren jeweils verkaufte und sodann den Verkaufserlös mit A teilte (vgl. Band II, S 326 d.A.). Die daraus gezogene Schlußfolgerung, daß das innere Vorhaben (auch) des Angeklagten Gottfried B darauf gerichtet war, sich solcherart (mittels Zueignung eines Teiles des Verkaufserlöses) durch wiederholte Begehung jeweils Waren im Wert von über 5.000 S betreffender Diebstähle eine für längere Zeit wirksame, der Sicherung zumindest eines Teiles seines Unterhaltes oder eines zusätzlichen Aufwandes dienende Einkommensquelle (im Sinne eines wiederkehrenden Mittelzuflusses) zu verschaffen, findet demnach in den als Feststellungsgrundlage herangezogenen Verfahrensergebnissen eine zureichende Stütze. Geht man aber von diesen tatsächlichen Konstatierungen aus, so haftet der Beurteilung einer Einkommensquelle, wie sie sich der Beschwerdeführer verschafft hatte, als fortlaufende Einnahme und der auf Erschließung solcher Einnahmen abzielenden Tendenz als auf die gewerbsmäßige Begehung von (snhcn isoliert betrachtet nach dem § 128 Abs 1 Z 4 StGB qualifizierten und damit) schweren Diebstählen gerichtete Absicht auch ein Rechtsirrtum nicht an.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Sie gibt jedoch Anlaß, von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil in Ansehung des Beschwerdeführers mit einer von diesem nicht geltend gemachten, ihm zum Nachteil gereichenden Urteilsnichtigkeit gemäß dem § 281 Abs 1 Z 10 StPO insofern behaftet ist, als Gottfried B des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1, 128 Abs 2, 130, zweiter Fall, StGB und überdies gesondert des Vergehens des schweren Diebstahls nach den §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 3, 128 Abs 1 Z 4 StGB schuldig erkannt worden ist, obwohl zufolge der Vorschrift des § 29 StGB alle in einem Verfahren demselben Täter angelasteten Diebstähle, mögen sie auch weder örtlich noch zeitlich zusammenhängen und jeder Fall für sich rechtlich verschiedener Art sein, bei der rechtlichen Beurteilung zu einer Einheit zusammenzufassen sind; die getrennte Zurechnung solcher Tathandlungen als Vergehen des Diebstahls neben einem Verbrechen des Diebstahls ist somit unzulässig (vgl. ÖJZ-LSK 1978/58 u.a.). Es war daher aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hat, im Ausspruch über die rechtliche Beurteilung der dem Angeklagten Gottfried B angelasteten Tathandlungen sowie in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (ohne die einen Ausspruch sui generis bildende /vgl. ÖJZ-LSK 1976/389 / Anrechnung der Vorhaft) aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu erkennen.
Bei der demnach erforderlichen Neubemessung der Strafe waren die Wiederholung der strafbaren Handlung durch längere Zeit, der Umstand, daß der Angeklagte den Mittäter Stefan A zur Fortsetzung der strafbaren Handlung verführte, der die strafsatzbestimmende Wertgrenze von 100.000 S beträchtlich übersteigende Schaden und die mehrfache Qualifikation als erschwerend, der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten, sein reumütiges Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung aber als mildernd zu werten. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Monaten entspricht dem Unrechtsgehalt der Tat und der Schwere der Schuld des Täters. Sie konnte jedoch nicht bedingt nachgesehen werden, weil es wegen der Zahl der deliktischen Angriffe und des Zeitraumes, über den sie sich erstreckten, jedenfalls an der besonderen Voraussetzung des § 43 Abs 2 StGB mangelt.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf der zitierten Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03314European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0110OS00132.81.0916.000Dokumentnummer
JJT_19810916_OGH0002_0110OS00132_8100000_000