Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 17.September 1981
unter dem Vorsitz des Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Steininger, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Oberhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A und andere wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, Abs 2 Z. 1, 128 Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1
und 2 StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Karl (Hubert) B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 2.September 1980, GZ. 2 b Vr 3151/80-46, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Taussig und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs 1 StPO. das angefochtene Urteil in dem den Angeklagten Karl B betreffenden Ausspruch über die Vorhaftanrechnung dahin ergänzt, daß gemäß § 38 Abs 1 Z. 1 StGB. dem genannten Angeklagten auch die Vorhaft vom 20. März 1980, 11,00 Uhr, bis zum 21.März 1980, 14,10 Uhr, auf die Strafe angerechnet wird.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten Karl B auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 3.November 1948 geborene, zuletzt beschäftigungslose Karl B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z. 1, 128
Abs 1 Z. 4, 129 Z. 1 und 2 StGB. (Punkte A/I und II/ des Urteilssatzes) sowie des Vergehens des versuchten schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z. 1 StGB.
(Punkt B/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.
Der Schuldspruch wegen Diebstahls erfolgte, weil B zwischen dem 16. und dem 19.März 1980 in Wien in mehreren Angriffen in Gesellschaft des (rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten) Johann A und der abgesondert verfolgten Waltraud C aus drei Fischerhütten und einem Wochenendhaus durch Einbruch bzw. Einsteigen verschiedene Gebrauchsgegenstände im Gesamtwert von 1.670 S und aus der Wohnung des Martin C durch Aufbrechen eines Behältnisses Geld, Silbermünzen und eine Schreckschußpistole samt Patronen im Gesamtwert von 13.000 S gestohlen hat. Dem Schuldspruch wegen (versuchten) Betrugs liegt hingegen die am 20.März 1980 in Villach betrügerisch versuchte Einlösung eines von B auf 2.000 S ausgefüllten und von ihm mit der (nachgemachten) Unterschrift des Berechtigten versehenen Schecks bei der Villacher Sparkasse zugrunde.
Mit seiner ziffernmäßig auf § 281 Abs 1 Z. 5 und 9 lit c StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte B lediglich den Schuldspruch wegen Diebstahls und behauptet zunächst mit Beziehung auf den erstgenannten Nichtigkeitsgrund, die Urteilsbegründung sei unvollständig, weil sie sich mit seiner Verantwortung, gewisse angeblich gestohlene Gegenstände, insbesondere eine Angelrute (Faktum A/I/3), nicht weggenommen zu haben, nicht hinreichend auseinandersetze; das Gericht folge insoweit den belastenden Angaben des Mitangeklagten A, ohne die einzelnen Abweichungen zwischen dessen Verantwortung und jener des Beschwerdeführers kritisch zu prüfen und ohne zu erläutern, warum es die Aussage des Mittäters A für glaubwürdiger als seine Darstellung erachte.
Rechtliche Beurteilung
Damit wird jedoch kein formaler Begründungsmangel dargetan, sondern nur auf eine im Nichtigkeitsverfahren unzulässige Weise die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes bekämpft. Das Erstgericht hat - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - eingehend begründet, warum es den weiterreichenden Angaben des (Mit-)Angeklagten A über die Diebsbeute Glauben geschenkt und die Verantwortung des Beschwerdeführers, derzufolge weniger gestohlen worden sein soll, als unglaubwürdig verworfen hat (S. 251 und 253) und warum insbesondere der vom Beschwerdeführer geleugnete Diebstahl einer Angelrute als erwiesen anzunehmen war (S. 253). Die Begründung ist im Akteninhalt gedeckt und denkrichtig, sodaß ihr ein Mangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z. 5 StPO. nicht anhaftet.
Zum Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 9 lit c StPO. führt der Beschwerdeführer aus, ihm sei im Urteil auch die Diebstahlsqualifikation nach § 129 Z. 2 StGB.
angelastet worden, obgleich eine Anklage in dieser Richtung gar nicht vorgelegen, eine Verurteilung nach dieser Gesetzesstelle daher unzulässig gewesen sei.
Damit wird nicht der angerufene Nichtigkeitsgrund geltend gemacht, weil dieser nur dann vorliegen könnte, wenn das Gericht infolge unrichtiger Beurteilung der Anklagetat rechtsirrig eine öffentliche oder eine private Anklage für notwendig oder nicht notwendig hält oder dem Ankläger rechtsirrig das Strafanklagerecht zu- oder aberkennt (Foregger-Serini, StPO., Erl. V zu § 281 Abs 1 Z. 9 lit c), und der Beschwerdeführer einen derartigen Fehler des Urteils aber nicht einmal behauptet, denn auch er geht ersichtlich davon aus, daß die Anklage vom hiezu berufenen öffentlichen Ankläger (§ 2 Abs 3 StPO.) erhoben wurde; sein Vorbringen kann nur dahin verstanden werden, daß das Gericht die ihm vorliegende Anklage (unter Verletzung der Vorschriften der §§ 262, 263 und 267 StPO.) überschritten habe, was gegebenenfalls den Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs 1 Z. 8 StPO. darstellen würde.
Aber auch ein solcher Fehler ist dem Erstgericht nicht unterlaufen. Das Schöffengericht hat anklagekonform die Angeklagten u.a. schuldig befunden, mit Werkzeugen eine Schrankrückwand und die in diesem Schrank enthaltene Kassette aufgebrochen zu haben (Faktum A/II/) und hat dabei ohne Rechtsirrtum (auch) die Qualifikation des § 129 Z. 2 StGB. für gegeben erachtet. Diese Gesetzesstelle ist in der Anklageschrift (ON. 37) zwar nicht ausdrücklich erwähnt (vgl. S. 193), doch hat gemäß § 262 StPO.
das erkennende Gericht die angeklagte Tat nach allen ihren rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen und das Urteil nach seiner rechtlichen Überzeugung zu schäpfen, ohne an die in der Anklageschrift enthaltene Bezeichnung der Tat gebunden zu sein. Dieser Verpflichtung ist das Erstgericht vorliegend nachgekommen und hat demnach die Tat, die übrigens schon in der Anklageschrift entsprechend beschrieben wird, zu Recht (auch) dem § 129 Z. 2 StGB. unterstellt. Hiedurch wurde die Anklage nicht überschritten, die Identität der angeklagten und der urteilsgegenständlichen Tat nicht berührt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof allerdings davon überzeugt, daß in Ansehung des Angeklagten Karl B bei der Vorhaftanrechnung das Gesetz unrichtig angewendet worden ist (§ 281 Abs 1 Z. 11 StPO.), was vom Beschwerdeführer zwar nicht geltend gemacht wird, sich jedoch zu seinem Nachteil auswirkt, sodaß dieser Verstoß gemäß § 290 Abs 1 StPO. von Amts wegen wahrzunehmen ist. Nach der Aktenlage wurde der Angeklagte Karl B nämlich bereits am 20.März 1980, 11,00 Uhr, zum gegenständlichen Verfahren in Haft genommen (S. 19), während ihm im Urteil die Vorhaft erst ab dem 21.März 1980, 14,10 Uhr, auf die Strafe angerechnet wurde. Die in der Zwischenzeit erlittene Vorhaft wurde dem Angeklagten B weder auf eine andere Strafe angerechnet, noch wurde er dafür entschädigt, weshalb sie kraft der zwingenden Vorschrift des § 38 StGB. auf die über ihn verhängte Strafe anzurechnen ist.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß dieser Umstand auch auf den Angeklagten Johann A zuträfe. Bei ihm ist aber ein Vorgehen nach § 290 Abs 1
StPO. deshalb entbehrlich, weil er die Strafe bereits verbüßt hat und - ohne zusätzliche Vorhaftanrechnung -
das urteilsmäßige Ende seiner Strafe auf (Sonntag, den) 21.Juni 1981, 14,10 Uhr, gefallen wäre, weshalb er gemäß § 148 Abs 2 StVG. bereits am (Freitag, dem) 19.Juni 1981, 8,00 Uhr, entlassen worden ist (ON. 55). Selbst wenn Johann A die Haft zwischen dem 20.März 1980, 11,00 Uhr, und dem 21.März 1980, 14,10 Uhr, zutreffend auf die Strafe angerechnet worden wäre, hätte er nicht früher entlassen werden können, sodaß für ihn durch die fehlerhafte Vorhaftanrechnung ein Nachteil nicht entstanden ist.
Sohin war über die Nichtigkeitsbeschwerde und aus Anlaß derselben gemäß § 290 Abs 1 StPO. wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Karl B nach §§ 28, 129 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 (zwei) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die Wiederholung der Einbruchsdiebstähle, das Vorliegen einschlägiger, die Voraussetzungen des § 39 StGB. erfüllender Vorstrafen und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, als mildernd hingegen das Geständnis, die teilweise Zustandebringung der Diebsbeute und den Umstand, daß der Betrug beim Versuch geblieben ist.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte B die Herabsetzung der Strafe an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Ausgehend von den vom Erstgericht im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen und unter entsprechender Berücksichtigung der kriminellen Vorbelastung des Berufungswerbers - wodurch sich dieser vom Mitangeklagten A unterscheidet - entspricht das vom Erstgericht gefundene Strafmaß sowohl dem Schuldgehalt der dem Berufungswerber zur Last fallenden strafbaren Handlungen als auch seiner Täterpersönlichkeit.
Eine Reduzierung der Strafe kam mithin nicht in Betracht, sodaß auch der Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
Anmerkung
E03332European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1981:0120OS00107.81.0917.000Dokumentnummer
JJT_19810917_OGH0002_0120OS00107_8100000_000